TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/2 LVwG-2017/31/2692-1

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Veröffentlicht am 02.01.2018
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Entscheidungsdatum

02.01.2018

Index

L10017 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

GdO Tir 2001 §17
AVG §17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Hengl über die Beschwerde der AA und des BA, wohnhaft in Adresse 1, Z, beide vertreten durch CC Rechtsanwälte OG, nunmehr Adresse 2, Y, gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Z vom 08.11.2017, ohne Zahl, mit dem der Antrag auf Erlassung eines förmlichen, verfahrensrechtlichen Bescheides gemäß § 17 AVG iVm § 63 Abs 2 AVG zurückgewiesen wurde,

zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Ausgangssituation:

Mit den Bescheiden jeweils vom 12.09.2015, ohne Zahlen, wurden B und AA, ADir DD und EE jeweils der Betrieb ihrer Heizungsanlage in der Wohnanlage Adresse 3 auf GSt .**1 und **2 KG Z untersagt und diesen jeweils aufgetragen, die Öllagereinrichtungen umgehend zu beseitigen. Gegen den Bescheid vom 12.09.2015 erhoben A und BA Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 28.12.2016 wurde der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Beseitigungsanordnung der Öllagereinrichtungen samt den Leitungen ersatzlos behoben wurde.

Mit Schreiben vom 04.10.2016 monierten die Beschwerdeführer, dass ihnen auf Anweisung des Dipl. Ing. FF ein offensichtlich mehrfach unvollständiger Akt mit der Bezeichnung „A/D/E-Verfahren nach dem TGHKG und Feuerpolizeigesetz“ vorgelegt worden sei und ersuchten um rasche Übersendung der die Unvollständigkeit des Aktes betreffenden Dokumente bzw um Mitteilung wann und wo in diese Einsicht genommen werden könnte. Die Unvollständigkeit des Aktes betreffe das Rechtsgutachten, das der belangten Behörde am 02.09.2015 vorgelegt und im Schreiben vom 07.09.2015 an die Beschwerdeführer erwähnt worden sei sowie die Lichtbilddokumentation des Amtssachverständigen der belangten Behörde, welche dem an ADir DD gerichteten Bescheid vom 12.09.2015 zugrunde gelegen worden sei und den von Dipl. Ing. FF in seinem E-Mail vom 24.11.2015 an das Landesverwaltungsgericht Tirol angeführten „Durchschlag eines behördlichen Auftrages an den Vorbesitzer der Wohnung der Eheleute A, ausgestellt an GG, datiert vom 21.05.1974, den Dipl. Ing. FF im Rahmen der bezüglichen Ermittlungen“ „gesichtet habe“.

Mit Stellungnahme vom 10.10.2016, ohne Zahl, führte die belangte Behörde aus, dass das angesprochene Rechtsgutachten nicht in Vorlage gebracht werde, da es sich um ein internes Dokument der Stadtgemeinde Z handle, welches Ausführungen zu verschiedenen Sachverhalten enthalte und daher für den Akt nicht von Bedeutung sei. Weiters seien die angesprochenen Lichtbilder in die jeweiligen Bescheide (D, A, E) eingearbeitet worden und darüber hinaus gebe es keine weiteren Lichtbilder. Die die Beschwerdeführer betreffenden Lichtbilder seien somit in jenem Bescheid enthalten gegen den sie Beschwerde ergriffen hätten. Der im Schreiben der Beschwerdeführer vom 04.10.2016 angeführte Durchschlag wurde diesen in der gegenständlichen Stellungnahme vom 10.10.2016 anbei übermittelt.

Mit Eingabe vom 02.11.2016 wiesen die Beschwerdeführer die belangte Behörde auf ihre Verpflichtung hin, im Falle der Nichtstattgebung der Ersuchen vom 04.10.2016 einen förmlichen, verfahrensleitenden Bescheid zu erlassen.

Mit Schreiben vom 13.02.2017 beantragten die Beschwerdeführer den Bescheid der Stadtgemeinde Z vom 12.09.2015, insofern dieser nicht bereits mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 28.12.2016, LVwG-2015/31/2658, behoben wurde, auch hinsichtlich der ausgesprochenen Untersagung des Betriebes der Anlage der Beschwerdeführer ersatzlos aufzuheben. Weiters begehrten sie, dass gemäß § 18 Abs 2 zweiter Fall AVG sämtliche Erledigungen in dieser Verwaltungssache schriftlich erfolgten.

II.      Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 27.04.2017, ohne Zahl, hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde Z den Antrag der Beschwerdeführer vom 02.11.2016 auf Erlassung eines förmlichen, verfahrensrechtlichen Bescheides gemäß § 17 AVG iVm § 63 Abs 2 AVG zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass das Verfahren, in das die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 04.10.2016 Akteneinsicht begehrt hätten, nach wie vor anhängig sei und die Verweigerung der Akteneinsicht im Zuge eines anhängigen Verfahrens eine Verfahrensanordnung im Sinne des § 63 Abs 2 AVG sei, die erst im Rechtsmittel gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid geltend gemacht werden könne.

Gegen diesen Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Z vom 27.04.2017 wurde fristgerecht eine Berufung an den Stadtrat der Stadtgemeinde Z eingebracht und beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Gewährung einer dem Gesetz entsprechenden Akteneinsicht an einen unbefangenen Organwalter der erstinstanzlichen Behörde zurückzuverweisen, in eventu zu einer neuerlichen Erlassung eines verwaltungsverfahrensrechtlich korrekten Bescheides an einen unbefangenen Organwalter der erstinstanzlichen Behörde zurückzuverweisen, in eventu die vorliegende Berufung als Beschwerde iSd Art 130 Abs 1 Z 1 und Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG zu betrachten und, soweit keine Beschwerdevorentscheidung erfolgt, dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Sachentscheidung vorzulegen.

Mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Z vom 08.11.2017, ohne Zahl, hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin vom 08.05.2017 gemäß § 66 Abs 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Berufung gegen Bescheide der Gemeinde in den landesgesetzlich geregelten Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches ausgeschlossen sei und lediglich eine Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben werden könne.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde brachten die Beschwerdeführer vor, dass davon auszugehen sei, dass die belangte Behörde sämtliche Begehren der Beschwerdeführer zurückgewiesen habe. Dies sei insbesondere hinsichtlich des zweiten Eventualbegehrens unzulässig. Darüber hinaus macht die Beschwerdeführerin geltend, dass es sich gegenständlich ausschließlich um die (Nicht-)Vollziehung von Verfahrensvorschriften, somit um eine bundesgesetzlich geregelte Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches handle und daher ein Instanzenzug vom Bürgermeister zum Gemeinderat bestehe.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die im Übrigen gar nicht beantragt wurde, konnte aufgrund des § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden.

Der maßgebliche Sachverhalt steht unbestritten fest. Es waren keinerlei Fragen der Beweiswürdigung sondern ausschließlich Rechtsfragen zu klären und haben die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der Charter der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

III.    Rechtslage:

Im Gegenstandsfall ist folgende Bestimmung der Tiroler Gemeindeordnung, BGBl Nr LGBl. Nr. 36/2001 idF LGBl. Nr. 77/2017, von Relevanz:

„§ 17

Besorgung des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde; Ausschluss des Instanzenzuges

(1) Die Gemeinde hat die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes, in eigener Verantwortung, frei von Weisungen und unter Ausschluss eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen.

(2) Gegen Bescheide der Gemeinde in den landesgesetzlich geregelten Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches ist unbeschadet des § 31 Abs. 2 die Berufung ausgeschlossen. Die in den verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse werden vom Gemeindevorstand ausgeübt.“

Im Gegenstandsfall ist folgende Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG, BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 161/2013, von Relevanz:

„§ 17

(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.

(2) Allen an einem Verfahren beteiligten Parteien muß auf Verlangen die Akteneinsicht in gleichem Umfang gewährt werden.

(3) Von der Akteneinsicht sind Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.

(4) Die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei eines anhängigen Verfahrens erfolgt durch Verfahrensanordnung.“

IV.      Rechtliche Erwägungen:

§ 17 Abs 2 Tiroler Gemeindeordnung normiert, dass gegen Bescheide der Gemeinde in den landesgesetzlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches unbeschadet des § 31 Abs 2 die Berufung ausgeschlossen ist.

Wenn die Beschwerdeführer vorbringen, dass es sich gegenständlich ausschließlich um die (Nicht-)Vollziehung von Verfahrensvorschriften und somit um eine bundesgesetzlich geregelte Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches handle, weshalb ein innergemeindlicher Instanzenzug vorgesehen sei, so muss dieser Rechtsansicht entgegengehalten werden, dass der Instanzenzug gegen verfahrensrechtliche Bescheide sich in Ermangelung einer ausdrücklichen anderen Regelung nach dem Instanzenzug in der Sache richtet (vgl. die Nachweise bei Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht, S 252; VwGH vom 28.02.2005, 2001/10/0223).

Sache des dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahrens war die Untersagung des Betriebs der Heizungsanlage und die Auftragung der Beseitigung von „Öllagereinrichtungen samt den Leitungen“. Gegenständlich kommen somit die Bestimmungen des Tiroler Gas-, Heizungs- und Klimaanlagengesetz 2013 zur Anwendung. Der Instanzenzug in gegenständlicher Angelegenheit richtet sich daher nach dem Instanzenzug, welcher für Verfahren nach dem TGHGK 2013 vorgesehen ist. Beim TGHKG 2013 handelt es sich gemäß § 41 leg cit um eine Angelegenheit, welche zum eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zählt.

Wie bereits eingangs erwähnt, ist gemäß § 17 Abs 2 Tiroler Gemeindeordnung die Berufung gegen Bescheide der Gemeinden in den landesgesetzlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches ausgeschlossen. Die bescheidmäßig erfolgte Zurückweisung der Berufung als unzulässig war daher zu bestätigen.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass aufgrund der Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol der in der „Berufung“ gegen den verfahrensrechtlichen Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Z vom 27.04.2017 enthaltene Eventualantrag, wonach die vorliegende Berufung als Beschwerde iSd Art 130 Abs 1 Z 1 und Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG zu betrachten ist, dem Richter Mag. Peinstingl zu Zahl LVwG-2017/32/1769 zur Entscheidung zugewiesen wurde und die Entscheidung in dieser Angelegenheit in den kommenden Tagen ergehen wird.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, Y, oder ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Hengl

(Richter)

Schlagworte

Versagung der Akteneinsicht; Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches; innergemeindlicher Instanzenzug ausgeschlossen;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.31.2692.1

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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