TE Bvwg Erkenntnis 2017/12/22 I415 2171606-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.12.2017
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Entscheidungsdatum

22.12.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §18 Abs1 Z5
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

I415 2171606-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch die "Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH" und durch die "Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH" Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.09.2017, Zl. 1101615407/160055985, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 12.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei seiner schriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer unter der Rubrik "Fluchtgrund" Folgendes an:

"Es gibt in meinem Heimatland eine Krise zwischen Moslem und Christen. Es werden gegenseitig viele Leute umgebracht. Dabei wurden auch meine Eltern 2014 getötet. Mein Leben war nicht mehr sicher. Ich hatte Angst um mein Leben und deshalb bin ich geflüchtet. "

2. Es wurde aufgrund der behaupteten Minderjährigkeit des Beschwerdeführers ein gerichtsmedizinisches Sachverständigengutachten zur Altersfeststellung in Auftrag gegeben, das mit Datum vom 29.04.2016 zum Schluss kam, dass als ‚fiktives‘ Geburtsdatum des Beschwerdeführers der XXXX in Frage kommt und der Beschwerdeführer folglich zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig war. Entgegen den Angaben des Beschwerdeführers, der bei der Erstbefragung sein Geburtsdatum mit XXXX angegeben hatte, wurde das fiktive Geburtsdatum mit dem XXXX festgesetzt.

3. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 39 Abs. 2 AVG und § 7 VwGVG vom 12.05.2016 wurde als Geburtsdatum des Beschwerdeführers der XXXX festgesetzt und ihm die Möglichkeit, eine Stellungnahme zum festgestellten Geburtsdatum einzubringen, gewährt.

4. Bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde am 11.05.2017 bestätigte der Beschwerdeführer die Richtigkeit seines bisherigen Vorbringens und gab neuerlich befragt nach seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass er Christ sei und aufgrund der religiösen Streitigkeiten zwischen Christen und Muslimen das Land verlassen habe. Er habe in Jos, einem christlichen Dorf gelebt und mit eigenen Augen gesehen, wie Leute mit Messern ermordet worden seien. Eines Tages sei er in einer Kirche gewesen und die Moslems haben ihn attackiert und er habe sogar zwei Mal zu einem Soldatencamp fliehen müssen, um Schutz zu bekommen. Befragt, ob er jemals persönlich, von Angesicht zu Angesicht, bedroht worden sei, meinte er: "Nein, ich hatte mit niemandem persönlich Probleme. Die Christen werden als Allgemeinheit verfolgt." Schließlich führte er noch an, dass er aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit - Ika - diskriminiert worden sei, da die Einheimischen in Jos Hausa und Fulani seien und eine andere Religion hätten. Die Ika würden aus Delta State kommen, wo er auch in Sicherheit leben könnte, allerdings habe er dort keine Verwandten.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 08.09.2017, Zl. 1101615407/160055985, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Sie erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für eine freiwillige Auseise erkannte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nicht zu (Spruchpunkt IV.) Zugleich erkannte sie einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.). Schließlich hielt sie noch fest, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 08.02.2017 verloren hat (Spruchpunkt VI.).

6. Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 08.09.2017 wurde dem Beschwerdeführer die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, in 1170 Wien als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

7. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtberatung vom 22.09.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Widersprüche bezüglich des Alters und der Namen seiner Brüder sowie bezüglich seines Reisepasses hätte die belangte Behörde durch eine nähere Befragung und Ermittlung des Sachverhaltes ausräumen können, aber sie sei ihrer Ermittlungspflicht nicht nachgekommen. Außerdem habe sich die belangte Behörde auch nicht mit den Länderfeststellungen und der tatsächlichen Situation des Beschwerdeführers im Herkunftsland beschäftigt. Es wurde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V.) ersatzlos beheben; jedenfalls eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG inklusive nochmaliger Einvernahme des Beschwerdeführers anberaumen und den hier angefochtenen Bescheid beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG zuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid bezüglich des Spruchpunktes II. beheben und dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG Abs. 1 Z 1 zuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid bezüglich des Spruchpunktes

III. aufheben bzw. dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben, die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt wird; in eventu den angefochtenen Bescheid - im angefochtenen Umfang - ersatzlos beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund, ledig, kinderlos, Angehöriger der Volksgruppe der Ika, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er hält sich seit (mindestens) 12.01.2016 in Österreich auf. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer genoss eine mehrjährige Schulbildung. In seinem Herkunftsstaat ging der Beschwerdeführer keiner Beschäftigung nach und verdiente sich sein Auskommen durch die finanzielle Zuwendung seitens seiner Familie. Seine Eltern sind verstorben, seine Geschwister leben in China und lediglich seine Cousins, zu welchen allerdings kein Kontakt besteht, leben noch in Nigeria.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen und weist er auch keine relevante Integration auf, jedenfalls keine die über das hinausgeht, was man allein aufgrund der Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet erwarten kann.

Er hat in Österreich auch keine Kernfamilie oder sonstige Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. ein besonderes Naheverhältnis besteht. Der Beschwerdeführer ist am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert. Mangels vorgelegter Nachweise, kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer einen Deutschkurs besucht, oder eine Deutschprüfung erfolgreich abgelegt hat.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer seit ca. einem Jahr eine Freundin in Österreich, selbst Asylwerberin aus Nigeria, hat, welche jedoch nicht mit dem Beschwerdeführer in einem gemeinsamen Haushalt lebt.

Seinen Aufenthalt in Österreich bestreitet der Beschwerdeführer aus Mitteln der Grundversorgung.

Mit Urteil vom 08.02.2017, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht XXXX wegen § 27 Abs. 1 8. Fall SMG iVm § 15 StGB sowie wegen § 15 StGB iVm § 27 Abs. 2a 1.2. Fall SMG zu einer bedingt nachgelassenen Freiheitsstrafe in der Höhe von fünf Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

1.2. Zu den Fluchtmotiven ders Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde.

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 08.09.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist im Hinblick auf die aktuelle Fassung (07.08.2017) der obgenannten Länderberichte der Staatendokumentation auch keine maßgebliche Änderung eingetreten, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt. Das Bundesverwaltungsgericht stellt zusammengefasst fest, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet und haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben.

Es wird weiters festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Nigeria, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten sollte, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann, zumal er jung, gesund und arbeitsfähig ist. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl können nicht festgestellt werden.

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Herkunftsstaat Nigeria unzulässig wäre.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz, in das Zentrale Melderegister sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 07.08.2017 und in das medizinische Sachverständigengutachten der XXXX vom 29.04.2016 sowie durch eine Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand, seinem Familienstand, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Staatsangehörigkeit und seiner Konfession gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen zu seinem Alter gründen sich auf das im Akt enthaltene medizinische Sachverständigengutachten zur Altersfeststellung der XXXX vom 29.04.2016.

Die Feststellung über seine Schulbildung, seinen bisherigen Verdienst des Lebensunterhaltes sowie seinen familiären Anknüpfungspunkten in Nigeria ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde vom 11.05.2017.

Zuletzt bestätigte der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 11.05.2017, dass er in Österreich kein schützenswertes Familienleben führt, unverheiratet ist, sich in keiner Lebensgemeinschaft befindet und keine Kinder hat.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Aufenthaltsdauer über keinen maßgeblichen Grad an Integration verfügt, ergibt sich ebenfalls aus seinen Angaben. Demnach hat er in Österreich zu keiner Person, abgesehen von seiner Freundin, eine besonders enge Beziehung und steht er auch zu niemandem in einem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis. Glaubhaft ist, dass er in Österreich eine aus Nigeria stammende Freundin hat. Die Mitgliedschaft in einem Verein oder einer sonstigen Organisation verneinte der Beschwerdeführer. Allfällige Dokumente die seine integrative und soziale Verfestigung belegen würden, legte der Beschwerdeführer nicht vor.

Die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers als junger Erwachsener resultiert aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 20.12.2017.

2.3. Zu den vorgebrachten Fluchtgründen:

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er Nigeria aufgrund der religiös motivierten Spannungen zwischen Christen und Muslimen verlassen habe, verkennt der erkennende Richter nicht die Tatsache, dass es sich hierbei um keine von staatlichen Organen ausgehende Verfolgung handelt, sondern er eine private Verfolgung befürchtet. Eine von den staatlichen Behörden, Gerichten oder Polizei ausgehende Verfolgung verneinte der Beschwerdeführer auf Nachfragen auch explizit.

Ungeachtet dessen, erachtet der erkennende Richter das Vorbringen des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft. Denn nach allgemeiner Lebenserfahrung ist nämlich davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend schildert, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist.

Im gegenständlichen Verfahren ist dies nicht der Fall: Die eigenständige Schilderung der Vorfälle blieben im vagen, allgemein gehaltenen und abstrakten Bereich. So begrenzte sich die Darlegung des Beschwerdeführers im Rahmen der Befragung vor der belangten Behörde lediglich auf einige Eckpunkte einer Rahmengeschichte, ohne diese durch die Präsentation spezifischer detaillierter Angaben anzureichern ("F: Warum stellen sie einen Asylantrag? Nennen Sie bitte konkret und detailliert alle ihre Gründe für das Verlassen ihres Herkunftslandes! A: Es gab religiöse Streitigkeiten in Nigeria. Das war im Norden. Viele Leute wurden auf der Straße getötet. Mein Vater wollte mich und meine Brüder aus dem Land bringen. Meine beiden Brüder hatten mehr Glück als ich und haben das Visum für China bekommen. Sie haben vor mir das Visum beantragt. Weil viele weitere Personen ermordet wurden, hatte ich Angst um mein Leben und habe das Land verlassen."). Nähere Angaben zu seinem Fluchtvorbringen nannte der Beschwerdeführer jeweils erst auf explizites Nachfragen durch die belangte Behörde in der niederschriftlichen Einvernahme. Auch diese näheren Ausführungen erwiesen sich äußerst detailarm, unsubstantiiert und blieben eigene Wahrnehmungen und Empfindungen sowie konkrete Datums- und Zeitangaben vollkommen ausgespart ("F: Das sind vage Angaben. Schildern Sie konkrete und detaillierte Ereignisse mit Datum, Vorfallsörtlichkeiten, Angaben zu konkreten Bedrohungen! A: Jos war ein christliches Dorf, es lebten nur Christen dort. 2010 haben die Christen gegen die Moslems gekämpft. Niemand durfte zu einem muslimischen Ort gehen, sonst wäre man getötet worden. 2010 und 2011 habe ich mit meinen Augen gesehen, wie Leute mit einem Messer ermordet wurden. Ich war auch eines Tages in einer Kirche, XXXX in Jos, XXXX, und die Moslems haben uns attackiert. Zwei Mal mussten wir sogar zu einem Soldatencamp fliehen um Schutz zu bekommen. F:

Wiederholung der Aufforderung! A: 2011 und 2012 gab es massive Attacken und es wurden viele Leute getötet. Es ist schon lange her, ich kann mich nicht genau erinnern. Es waren nur Moslems, wer weiß ich nicht.").

Wenn die belangte Behörde im Bescheid weiters anführt, dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers äußerst widersprüchlich darstellt und deswegen nicht glaubwürdig ist, ist dem beizupflichten. So gab der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 12.01.2016 an, am XXXX geboren zu sein. Das medizinischem Gutachten zur Altersfeststellung hat allerdings zum Ergebnis geführt, dass der Beschwerdeführer spätestens am XXXX geboren sei. Diesbezüglich sei noch erwähnt, dass er bei seiner Asylantragstellung in Italien den XXXX als Geburtsdatum anführte. Auch widerspricht sich der Beschwerdeführer bei den Angaben zu seinen Brüdern, welche bei seiner Erstbefragung XXXX hießen und ca. 24 und 20 alt waren, bei seiner Einvernahme bei der belangten Behörde, dann aber XXXX hießen und ca. 22 und 19 Jahre alt waren.

Des Weiteren erscheint es nicht nachvollziehbar, wenn der Beschwerdeführer - von der belangten Behörde zu seinen Fluchtgründen befragt - angab, dass er in Jos gelebt habe und es 2010 zu Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems gekommen sei, er 2010 und 2011 mit eigenen Augen gesehen habe, wie Leute mit einem Messer getötet worden seien und es 2011 und 2012 massive Attacken und Tötungen gegeben habe, er und seine Eltern jedoch bis zu seiner Ausreise im Juli 2014 in Jos wohnhaft geblieben seien, obwohl durch diese religiösen Auseinandersetzungen doch ihr Leben in Gefahr gewesen sein müsste.

Außerdem ist es auch nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer am Tag seiner Ausreise zu seinem Onkel nach Niger State, welcher ihm dann 50.000 Neira gegeben habe, gefahren und dann wieder nach Jos zurückgekehrt sein soll, wenn er in Jos doch einer lebensbedrohlichen Situation ausgesetzt gewesen sein soll.

Mit seinem Fluchtvorbringen erstattete der Beschwerdeführer auch keine konkrete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr seiner Person im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Dies gesteht der Beschwerdeführer im Weiteren auch ein, wenn er in der Einvernahme auf Nachfrage der belangten Behörde, ob er jemals persönlich, von Angesicht zu Angesicht, bedroht worden sei, antwortete: "Nein, ich hatte mit niemandem persönlich Probleme. Die Christen werden als Allgemeinheit verfolgt."

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen die Angaben des Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Generell ist zu einem Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Beschwerdeführer den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen. Diesen Anforderungen werden die Angaben des Beschwerdeführers, wie oben dargelegt, nicht gerecht.

Generell drängt sich nach der Durchsicht der Einvernahmeprotokolle dem Bundesverwaltungsgericht der Eindruck einer gesamthaft nicht nachvollziehbaren Darstellung auf und erachtet der erkennende Richter das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, wonach er in seinem Herkunftsstaat einer religiös motivierten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und deshalb Nigeria verlassen habe, als nicht glaubhaft.

Darüberhinaus ist auszuführen, dass selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung des Vorbringens, es sich - wie oben angeführt - um eine Verfolgung durch Privatpersonen handeln würde, dieser hätte er durch Inanspruchnahme von Schutz seitens der staatlichen Behörden begegnen können, zumal er selbst anführte, dass er mit den Behörden in Nigeria keine Probleme gehabt und er Schutz von Soldaten erhalten habe.

Wenn der Beschwerdeführer gegen Ende seiner Einvernahme noch anführt, dass er in Nigeria auch aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Ika diskriminiert worden sei, da die Einheimischen in Jos Hausa und Fulani wären und eine andere Religion hätten, dann ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich kein konkretes Vorbringen erstattete und selbst anführte, dass er in Delta State, wo Angehörige seiner Volksgruppe vorwiegend leben würden, leben könnte. Außerdem sind die Ika eine Untergruppe der Igbo

(https://en.wikipedia.org/wiki/Ika_people), eine der größten ethnischen Gruppen Nigerias. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass, wie der Beschwerdeführer auch selbst angab, Jos wie der restliche Middle Belt von kleinen christlichen Ethnien dominiert wird.

Sofern im Beschwerdeschriftsatz zum Ausdruck gebracht wird, dass die Behörde, um ihrer Pflicht zur Erforschung des wahren Sachverhaltes und der Wahrung des Parteiengehörs zu genügen, Ermittlungen durchführen hätte müssen, ist dem insofern entgegenzutreten, dass es grundsätzlich dem Asylwerber zukommt, die Gründe seiner Furcht vor Verfolgung konkret und substantiiert vorzubringen (VwGH 21.11.1996, Zahl 95/20/0334). Dem Beschwerdeführer wurde im vorliegenden Fall im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme ausreichend Gelegenheit eingeräumt, alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände anzuführen, wobei zusammengefasst festzuhalten ist, dass sein Schildern der angeführten Gründe vage und unkonkret geblieben ist.

Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass es dem Asylwerber obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (VwGH 20.1.1993, 92/01/0752; 19.5.1994, 94/19/0465 mwN.) und dass die erstinstanzliche Behörde nicht verpflichtet ist, den Antragsteller derart anzuleiten, dass sein Antrag von Erfolg gekrönt sein muss. Dieses Vorbringen in der Beschwerde ist im Ergebnis nicht dergestalt, um damit der behördlichen Beweiswürdigung konkret und substantiiert entgegen zu treten. Wenn folglich in der Beschwerde angeführt wird, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme einen anderen Namen für seinem Bruder, nämlich "Jerry" angegeben habe, sein indigener Name aber wie in der Erstbefragung angegeben "Ukpere" sei oder, dass mit den unterschiedlichen Altersangaben seiner Brüder ein ungefähres Alter (von bis) gemeint gewesen sei, dann ist dem entgegenzuhalten, dass es dem Beschwerdeführer offen gestanden hätte, diese Angaben in der Einvernahme ergänzend anzuführen.

Der erkennende Richter kommt daher - wie auch die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt bzw. dass sein Vorbringen hinsichtlich der angeblichen Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht. Dies auch insbesondere, da der Beschwerdeführer, wie oben angeführt, hinsichtlich der Geschehnisse nur vage Angaben machte und erst auf Nachfrage konkreter Erlebnisse schilderte und sich dabei wiederholt widersprach.

Daher gelangt das Bundesverwaltungsgericht – wie auch die belangte Behörde – zu dem Schluss, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Asylrelevanz zukommt.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation: Nigeria,

3. Quartal 2016: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 8. November 2016, herangezogen.

Im Länderbericht ergibt die geschilderte allgemeine Sicherheitslage keine konkrete gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgungsgefahr, die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land, sodass sich Bürger in jedem Teil des Landes niederlassen können. Es besteht daher auch für den Beschwerdeführer die Möglichkeit Repressionen Dritter, durch Umzug in einen anderen Teil des Landes, der von einer christlichen Mehrheit bevölkert wird, auszuweichen.

Hinsichtlich der Problematik der Konflikte zwischen Muslimen und Christen ist auszuführen, dass in Nigeria rund 50 Prozent der Bevölkerung Muslime, 40-45 Prozent Christen und 5-10 Prozent Anhänger von Naturreligionen (CIA 7.6.2017; vgl. GIZ 7.2017b) sind. Der Norden ist überwiegend muslimisch, der Süden überwiegend christlich bzw. "christlich-animistisch" (AA 21.11.2016). Allerdings gibt es im Norden, wo die moslemischen Hausa-Fulani überwiegen, auch signifikante Anteile christlicher Bevölkerung. In Zentralnigeria, in Abuja und in den süd-westlichen Yoruba-Bundesstaaten halten sich die Anteile an Muslimen und Christen die Waage (USDOS 10.8.2016).

Der Middle Belt inkl. Jos/Plateau bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Die Region wird von kleinen christlichen Ethnien dominiert, die eine lange Tradition des Widerstandes gegen die muslimischen Ethnien aus dem Norden haben. Die Spannungen im Middle Belt sind mit dem Problem der "Indigenität” verbunden: Jeder Bundesstaat und jede LGA in Nigeria unterteilt seine Bevölkerung in "indigene” und "nicht-indigene” Bürger, oder "Einheimische” und "Siedler”. Im Middle Belt genießen vorwiegend die o.g. kleinen christlichen Ethnien den Status der Indigenen, während die muslimischen Hausa und Fulani als Siedler eingestuft werden (DACH 2.2013; vgl. WWR 20.3.2015; IRIN 13.6.2017).

Auch wenn man aufgrund der aktuellen Länderberichte davon ausgeht, dass das Verhältnis zwischen Muslimen und Christen äußerst gespannt ist, da oft ein geringer Anlass genügt, um blutige Unruhen auszulösen, ist zu berücksichtigen, dass zwar ein Teil des Landes stark von Verfolgung betroffen ist (der Teil, der überwiegend von Muslimen bewohnt wird), wohingegen der andere, überwiegend von Christen bewohnte, Landesteil überhaupt nicht beeinträchtigt ist.

In Nigeria sind drei Kategorien von einheimischen Christen (historisch gewachsenen Kirchen, protestantische Freikirchen, und Gemeinden mit Christen muslimischer Herkunft) an-zutreffen. Alle drei erleiden in den nördlichen Staaten Verfolgung. Besonders in den Scharia-Staaten ist eine Abkehr vom Islam hin zum christlichen Glauben gefährlich und kann viele Nöte nach sich ziehen. Christen werden in den Ausbildungseinrichtungen oft als Bürger zweiter Klasse betrachtet und dementsprechend behandelt.

Jene Personen, die sich vor einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure fürchten, sollten in der Lage sein, Schutz bei Behörden zu suchen oder eine innerstaatliche Relokationsmöglichkeit in Anspruch zu nehmen (UKHO 8.2016).

Es besteht daher für den Beschwerdeführer zudem die Möglichkeit einen Wohnsitz in einem anderen Bundesstaat zu nehmen.

Es besteht auch wie im Länderbericht ausgeführt, keine Gefahr dahingehend, dass der ob eines abgelehnten Asylantrages rückgeführte Asylwerber bei seiner Rückkehr nach Nigeria mit staatlichen Repressionen zu rechnen habe.

Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria – Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/D3.8.2016, Zugriff 22.6.2017

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 4.7.2017

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DACH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (27.2.2013):

D-A-CH Factsheet zu Nigeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1361973048_dach-nigeria-factsheet-gr-2013-02.doc, Zugriff 27.7.2017

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IBT - International Business Times (26.5.2015): Nigeria Bans Female Genital Mutilation: African Powerhouse Sends ‘Powerful Signal’ About FGM With New Bill, http://www.ibtimes.com/nigeria-bans-female-genital-mutilation-african-powerhouse-sends-powerful-signal-about-1938913, Zugriff 4.7.2017

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IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (13.9.2016):

Responses to Information Requests, http://www.irb.gc.ca/Eng/ResRec/RirRdi/Pages/index.aspx?doc=456691&pls=1, Zugriff 22.6.2017

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IRIN - IRIN News (13.7.2017): The deadly conflict tearing Nigeria apart (and it’s not Boko Haram), https://www.irinnews.org/analysis/2017/06/13/deadly-conflict-tearing-nigeria-apart-and-it%E2%80%99s-not-boko-haram, Zugriff 27.7.2017

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NHW - Nigerian Healthwatch (10.5.2016): Five big issues at the International Conference of Midwives in Abuja, http://nigeriahealthwatch.com/five-big-issues-at-the-international-conference-on-midwives-in-abuja/, Zugriff 4.7.2017

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UKHO - United Kingdom Home Office (2.2.017): Country Policy and Information Note Nigeria: Female Genital Mutilation (FGM), https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595458/CPIN_-_NGA_-_FGM_-_v_1_0.pdf, Zugriff 23.6.2017

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UKHO - United Kingdom Home Office (12.2013): Operational Guidance Note - Nigeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1387367781_nigeria-ogn.pdf, Zugriff 4.7.2017

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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Prac-tices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017

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WWR - World Watch Research (30.3.2015): Migration and Violent Conflict in Divided Societies, Non-Boko Haram violence against Christians in the Middle Belt region of Nigeria, https://www.worldwatchmonitor.org/wp-content/uploads/2015/07/Migration-and-Violent-Conflict-in-Divided-Societies-March-2015-1.pdf, Zugriff 27.7.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen, auch in der Beschwerde findet sich kein substantiiertes Vorbringen, welches die Richtigkeit der, der Entscheidung zugrunde gelegten, Länderberichte in Zweifel ziehen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1, § 8 Abs. 1 Z 1 sowie Abs. 2 und 3, § 10 Abs. 1 Z 3, § 13 Abs. 2 sowie § 57 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:

"Status des Asylberechtigten

§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) (3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. ....

(4) Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. ,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

(3a) Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. 3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) (4) Aufenthaltsrecht

§ 13. (1) (2) Ein Asylwerber verliert sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn

1. dieser straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3),

2. gegen den Asylwerber wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist,

3. gegen den Asylwerber Untersuchungshaft verhängt wurde (§§ 173 ff StPO, BGBl. Nr. 631/1975) oder

4. der Asylwerber bei der Begehung eines Verbrechens (§ 17 StGB) auf frischer Tat betreten worden ist.

Der Verlust des Aufenthaltsrechtes ist dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Wird ein Asylwerber in den Fällen der Z 2 bis 4 freigesprochen, tritt die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurück (§§ 198 ff StPO) oder wird das Strafverfahren eingestellt, lebt sein Aufenthaltsrecht rückwirkend mit dem Tage des Verlustes wieder auf.

(3) (4) Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) ".

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 50, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 sowie § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:

"Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) (2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. 2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ...

4. und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) (9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) (1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) - (5) "

3.1.3. Die maßgebliche Bestimmung des § 18 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lautet:

"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. 2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. 4. 5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. 7. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) "

A) Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg.cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 Asylgesetz 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.10.1999, 99/01/0279).

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr iSd Genfer Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.10.2000, 98/20/0233).

Wie umseits in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.3. bereits ausführlich dargelegt, vermochte der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keine wohlbegründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen.

Abgesehen davon rechtfertigt das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers – vor dem Hintergrund der unbedenklichen Länderberichte über Nigeria – aber auch aus folgenden Gründen nicht die Stattgabe seines Antrages auf internationalen Schutz:

Selbst bei Wahrunterstellung ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers entgegenzuhalten, dass die staatlichen Behörden in Nigeria grundsätzlich schutzfähig und schutzwillig sind (vgl. dazu exemplarisch für die dortige ständige Rechtsprechung das Urteil des Schweizerischen Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2015, E-2000/2015). Anstatt also sofort das Land zu verlassen, wäre es daher am Beschwerdeführer gelegen gewesen, die staatlichen Behörden um ihren Schutz und ihre Hilfeleistung zu ersuchen, zumal er bei seiner Einvernahme bei der belangten Behörde selbst anführte, dass die Polizei ihnen zwar nicht helfen können habe, aber die Soldaten sie schützen können haben und sie auch zwei Mal in ein Soldatencamp geflohen seien.

Außerdem besteht in Nigeria – selbst bei Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung in einem Teil des Landes – grundsätzlich in anderen Teilen des Landes eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 Asylgesetz 2005, die im Allgemeinen auch zumutbar ist (zu diesem Erfordernis vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.03.2011, 2008/01/0047); im Besonderen wäre es vor allem dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, innerhalb Nigerias – etwa in den christlic

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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