TE Bvwg Beschluss 2017/12/28 W234 2151085-1

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Veröffentlicht am 28.12.2017
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Entscheidungsdatum

28.12.2017

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §17 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W234 2151079-1/13Z

W234 2151085-1/13Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Russische Föderation, vertreten durch RA Mag. Hubert Wagner, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2017, Zl. 309595309 / 160801496:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2017, Zl. 82120019 / 160801666:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Die Beschwerdeführer, ein Ehepaar und Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe, reisten am 29.04.2003 gemeinsam mit zwei minderjährigen Kindern in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten noch am selben Tag unter anderen Verfahrensidentitäten Anträge auf die Gewährung von Asyl. Diese Anträge begründeten sie ausschließlich mit der Verfolgung des Erstbeschwerdeführers XXXX (im Folgenden BF1). Die Zweitbeschwerdeführerin XXXX (im Folgenden BF2) stellte für sich und die gemeinsamen Kinder Anträge auf Erstreckung des dem BF1 zu gewährenden Schutzstatus. Vom BF1 unabhängige Fluchtgründe behauptete die BF2 nicht.

In einer Einvernahme beim Bundesasylamt am 30.04.2003 schilderte der BF1 im Wesentlichen, dass sein jüngerer Bruder 2002 von russischen Soldaten verschleppt worden sei und er das Land zusammen mit seiner Familie verlassen habe, damit ihm dies nicht auch widerfahre. Dokumente zum Nachweis seiner Identität könne er nicht vorlegen.

Bei seiner Einvernahme am 20.10.2004 vor dem Bundesasylamt brachte der BF1 im Wesentlichen vor, er habe bei seiner Einvernahme am 30.04.2003 falsche persönliche Daten angegeben und führte weiters aus, sein richtiger Name sei XXXX und er sei in Wahrheit am XXXX .1975 geboren. Seit Beginn des ersten Tschetschenienkrieges im Jahr 1994 habe er sich an kriegerischen Handlungen beteiligt, habe unter XXXX gekämpft und sei Kommandant einer Einheit von zwölf Personen gewesen. Er habe seinen Herkunftsstaat, wo er vor seiner Ausreise in den Bergen gelebt habe, illegal verlassen, da er von einer Spezialeinheit der Russischen Föderation gesucht und verfolgt werde, weil er Tschetschene und ein Anhänger von XXXX sei. Seine Schwester sowie andere Verwandte würden in Norwegen leben. Da er mit ihnen zusammen sein wollte, habe er das Land verlassen und deshalb – und um seine Identität zu verschleiern – bei seiner ersten Befragung in Österreich nicht die Wahrheit angegeben. Der BF1 schilderte zu seiner Festnahme im Jahr 2001, dass er gefoltert worden sei und sich nach seiner Freilassung bis zur Ausreise im Wald versteckt hätte.

Mit Bescheiden des Bundesasylamts vom 21.12.2004 wurden die Asylanträge der Beschwerdeführer abgewiesen, die Zulässigkeit ihrer Abschiebung gem. § 8 Abs. 1 AsylG aF festgestellt und beide Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Berufung erhoben, die letztlich als Beschwerden an den Asylgerichtshof behandelt wurden.

Mit Erkenntnissen vom 07.06.2010 wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdeführer in die Russische Föderation ausgewiesen. Dies begründete der Asylgerichtshof im Wesentlichen damit, dass das Fluchtvorbringen des BF1 nicht glaubhaft gemacht worden sei. Auch sonst habe keine Gefährdung der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation festgestellt werden können. Sie würden auch nicht Gefahr laufen, in ihren Rechten nach der EMRK verletzt zu werden.

Diese Erkenntnisse vom 07.06.2010 erwuchsen in Rechtskraft.

2. Am 06.12.2010 stellten BF1 wie BF2 neuerlich Anträge auf internationalen Schutz. Diese wurden mit Bescheiden des Bundesasylamts vom 02.02.2011 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofs vom 17.03.2011 als unbegründet abgewiesen. Diese Erkenntnisse erwuchsen in Rechtskraft.

3. Am 01.06.2011 stellte der BF1, am 04.09.2012 die BF2 neuerlich Anträge auf internationalen Schutz. Diese wurden mit Bescheiden bis Bundesasylamts vom 27.10.2012 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofs vom 22.11.2012 als unbegründet abgewiesen. Diese Erkenntnisse erwuchsen in Rechtskraft.

4. Am 08.06.2016 stellten BF1 wie BF2 abermals Anträge auf internationalen Schutz; auf diese bezieht sich dieses Verfahren.

5. Mit den hier angefochtenen Bescheiden des Bundesamts vom 07.03.2017 – zugestellt am 13.03.2017 – wurden die Anträge der Beschwerdeführer vom 08.06.2016 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurden ihnen nicht erteilt und Rückkehrentscheidungen gegen die Beschwerdeführer erlassen. Ferner wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Schließlich wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.

Die Zurückweisungen wegen entschiedener Sache begründete das Bundesamt im Wesentlichen damit, dass die Angaben des BF1 zu seinen Problemen in der russischen Föderation im Zuge seiner früheren Asylverfahren nicht glaubhaft gewesen seien. Der BF1 habe keinen Sachverhalt vorgebracht, welcher nach dem rechtskräftigen Abschluss seines Erstverfahrens neu entstanden sei. Weder in der Erstbefragung noch in seiner Einvernahme hätte er neue Fluchtgründe vor- oder neue Beweismittel beigebracht, sondern lediglich auf das Vorkommnis seines Bruders mit den FSB-Beamten verwiesen. Letztlich hätte er selbst angegeben, dass sich seine Fluchtgründe seit den rechtskräftigen Entscheidungen der bereits abgeschlossenen Verfahren nicht geändert hätten und immer noch aufrecht seien. Insgesamt seien weder neue Fluchtgründe vorgebracht worden, noch hätten sich die tatsächlichen Umstände seit den Vorverfahren maßgeblich geändert. Auch seien die Rechtsvorschriften nicht maßgeblich geändert worden, sodass die Rechtskraft der Erkenntnisse vom 03.12.2012 neuerlichen Anträgen entgegenstehen würde, weswegen das Bundesamt zur Zurückweisung verpflichtet sei. Die BF2 wiederum hätte wie schon zuvor lediglich die Fluchtgründe des BF1 ins Treffen geführt, sodass auch ihr Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sei.

6. Gegen diese Bescheide richten sich die gleichlautenden Beschwerden, welche am 21.03.2017 per E-Mail beim Bundesamt einlangten. Darin rügen die Beschwerdeführer im Wesentlichen, dass der BF1 über seinen Bruder in Tschetschenien bedroht worden sei und es sich dabei um eine neue Bedrohung handle, über die noch nicht abgesprochen worden sei. Während des seit der letzten Sachentscheidung vergangenen Zeitraumes hätten sich die örtlichen Gegebenheiten in Tschetschenien so sehr geändert, dass schon dies eine inhaltliche Behandlung der neuen Anträge auf internationalen Schutz gebiete. Denn nunmehr würden die Gegner des BF1 während der beiden Tschetschenienkriege XXXX nahestehen. Auch sei der BF1 – selbst in Österreich – in jüngster Zeit wegen seiner hier gesetzten Verhaltensweisen durch näher genannte Angehörige der tschetschenischen Obrigkeit wiederholt bedroht worden. Hätte das Bundesamt den BF1 zu seinen Fluchtgründen detailliert befragt, wären diese als nach der letzten Sachentscheidung neu entstanden erkannt worden. Letztlich sei die Befragung des BF1 zu seinen neuen Fluchtgründen oberflächlich geblieben. Auch sei eine schriftliche Eingabe nicht näher auf ihre Relevanz geprüft worden. Bei hinreichender Erhebung des Sachverhalts wäre offenbar geworden, dass die Anträge auf internationalen Schutz vom 08.06.2016 nicht wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, sondern in der Sache zu behandeln seien. Schließlich verfüge der BF1 nicht einmal über einen russischen Pass, weshalb sich auch die Feststellung der Zulässigkeit seiner Abschiebung in die Russische Föderation als rechtswidrig erweise. Zum Beleg stellte die Beschwerde die Vorlage eines Reisepasses anderer Nationalität binnen weniger Tage in Aussicht.

Für diese Beschwerden ist auch beantragt, ihnen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Diese Beschwerden langten am 24.03.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Am 28.03.2017 langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführer ein, mit welcher sie Kopien von Reisepässen mit Identitätsdaten vorlegten, welche mit ihren hier herangezogenen Verfahrensidentitäten übereinstimmen. Als ausstellender Staat dieser Pässe ist in der englischsprachigen Angabe die "Chechen Republic of Ichkeria" und als Ausstellungsdatum der 17.03.2017 vermerkt. Der Stellungnahme nach leiten die Beschwerdeführer aus diesen Beweismitteln ab, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation mangels Zugehörigkeit zu diesem Staat jedenfalls unzulässig wäre.

8. Am 27.03.2017 langten beim Bundesamt Beschwerden von manchen der - allesamt minderjährigen - Kinder von BF1 und BF2, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien als Kinder- und Jugendhilfeträger per E-Mail ein.

Denn am 08.06.2016 hatten BF1 und BF2 auch für ihre Kinder (erneute) Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Auch die Anträge der Kinder wurden mit Bescheiden vom 07.03.2017 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurden auch den Kindern nicht erteilt und Rückkehrentscheidungen gegen sie erlassen. Ferner wurde auch für die Kinder festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei; schließlich wurde auch für sie festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 bestehe.

Gegen diese Bescheide richteten sich die Beschwerden der Kinder.

9. Mit Entscheidungen vom 30.03.2017 gab das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerden von BF1 und BF2 "gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG iVm § 68 Abs 1 AVG" statt und behob die hier angefochtenen Bescheide; wegen des zeitlichen Ablaufes blieben die Beschwerden ihrer Kinder in der betreffenden Erledigung unberücksichtigt.

10. Ebenso am 30.03.2017 langten beim Bundesverwaltungsgericht die erwähnten Beschwerden von manchen der minderjährigen Kinder von BF1 und BF2 ein. Mit Blick auf § 16 Abs. 3 BFA-VG erachtete das Bundesverwaltungsgericht die zurückweisenden Bescheide des Bundesamts vom 07.03.2017 für sämtliche minderjährige Kinder von BF1 und BF2 als in Beschwerde gezogen.

Sämtlichen Beschwerden der minderjährigen Kinder von BF1 und BF2 wurde mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.04.2017 "gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG iVm § 68 Abs 1 AVG" stattgegeben und die angefochtenen Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2017 behoben.

Mit dieser Entscheidung wurden die Beschwerden folgender Beschwerdeführer erledigt und die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2017 betreffend folgende Adressaten behoben: XXXX (alias XXXX alias XXXX ; geb. XXXX .2000 ), XXXX (alias XXXX ; geb. XXXX .2001 ), XXXX (geb. XXXX .2004 ), XXXX (geb. XXXX .2007 ) und XXXX (geb. XXXX .2010 ).

11. Mit Schriftsatz vom 12.05.2017 erhob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl außerordentliche Revision gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2017, mit welcher den Beschwerden von BF1 und BF2 stattgeben und die diese betreffenden Bescheide des Bundesamts vom 07.03.2017 behoben worden war.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.04.2017 wurde nicht in Revision gezogen, sodass sie in Rechtskraft erwuchs.

12. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.11.2017 wurde die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2017 (betreffend nur den BF1 und die BF2) wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts behoben.

Denn die Verfahrensbestimmung gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG, auf welche das Bundesverwaltungsgericht die Behebung der angefochtenen Bescheide gestützt habe, sei im Zulassungsverfahren, nicht aber im zugelassenen Asylverfahren anwendbar. Deswegen hätte sie das Bundesverwaltungsgericht nicht heranziehen dürfen; dass das Bundesverwaltungsgericht die Behebung der angefochtenen Bescheide auf die genannte Bestimmung stützte, belaste den in Revision gezogenen Beschluss mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Zudem hätte das Bundesverwaltungsgericht die Vorlage der "Reisepässe der Tschetschenischen Republik Itschkerien" nicht für die Beurteilung berücksichtigen dürfen, ob die Anträge von BF1 und BF2 auf internationalen Schutz vom 08.06.2016 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen waren. Denn diese Beweismittel seien erst mit der Beschwerde und nicht schon vor dem Bundesamt vorgelegt worden.

Infolge dieser Aufhebung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2017 sind die Beschwerden von BF1 und BF2 gegen die an sie adressierten Bescheide des Bundesamts vom 07.03.2017 wieder unerledigt.

II. Feststellungen

Das Bundesverwaltungsgericht stellt den unter Pkt. I. ausgeführten Hergang als für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgeblichen Sachverhalt fest.

Zudem wird festgestellt, dass die Anträge auf internationalen Schutz der minderjährigen Kinder von BF1 und BF2 (dies sind XXXX [alias XXXX alias XXXX ; geb. XXXX 2000 ], XXXX [alias XXXX ; geb. XXXX .2001 ], XXXX [geb. XXXX .2004 ], XXXX [geb. XXXX .2007 ] und XXXX [geb. XXXX .2010 ]) vom 08.06.2016 nach wie vor zur Erledigung beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig sind.

III. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt geht unzweifelhaft aus dem Verwaltungsakt hervor.

Insbesondere geht aus Auszügen aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister vom 22.12.2017 hervor, dass die Anträge auf internationalen Schutz der minderjährigen Kinder von BF1 und BF2 vom 08.06.2016 nach wie vor zur Erledigung beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig sind.

IV. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

§ 17 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF I 145/2017 lautet auszugsweise:

"Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 17. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und

1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder

2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht

[ ] jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

[ ]

(4) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 1 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

Zu A)

Gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, die aufschiebende Wirkung unter anderem dann zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Konsequenzen der Vollstreckung der Rückkehrentscheidung in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Die Anträge auf internationalen Schutz der minderjährigen Kinder von BF1 und BF2 vom 08.06.2016 sind nach wie vor beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Erledigung anhängig. Sollte den Kindern in diesen Verfahren eine Aufenthaltsberechtigung erteilt werden, wäre mit der zwischenzeitlichen Beendigung des Aufenthalts von BF1 und BF2 im Bundesgebiet zweifellos ein Eingriff in das Familienleben mit ihren minderjährigen Kindern gemäß Art. 8 EMRK verbunden, der nicht schon in einer Grobprüfung gerechtfertigt erscheint.

Für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedeutet dies, dass es nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist, dass Art. 8 EMRK der Abschiebung von BF1 und BF2 in die Russische Föderation nicht entgegensteht, sodass den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist.

Das Bundesverwaltungsgericht betont ausdrücklich, dass in der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keinerlei Vorentscheidung der Beschwerden in der Sache liegt, zumal der Vollzug der angefochtenen Entscheidung die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens im Beschwerdeverfahren wesentlich erschwert hätte.

Daher war der Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W234.2151085.1.01

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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