TE Bvwg Beschluss 2018/1/2 W182 2180974-1

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Veröffentlicht am 02.01.2018
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Entscheidungsdatum

02.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W182 2180974-1/2Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Republik der Philippinen, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.12.2017, Zl. IFA 40306809 – 171226560 (EAM), beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Der beschwerdeführenden Partei (im Folgenden: BF) wurde mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenrecht und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen sie gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, erlassen (Spruchpunkt II.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF "nach Serbien" gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde unter den Spruchpunkten IV. und V. ausgeführt, dass einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wird und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise der BF bestehe. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 + 7 FPG idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Dazu wurde u.a. festgestellt, dass die BF philippinische Staatsbürgerin sei und ihre Identität feststehe. Sie halten sich seit dem Jahr 2003 in Österreich auf, sei nach Ablauf Ihres Visums weiterhin illegal in Österreich verblieben und habe nie über ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt. Sie sei in Österreich einer unerlaubten Beschäftigung nachgegangen und sei lediglich vom 30.07.2003 bis zum 12.11.2003 im Bundesgebiet gemeldet gewesen. Sie habe ihren Aufenthalt im Verborgenen geführt. Sie habe somit die Bestimmungen nach dem FPG, dem AuslBG, dem SGK und dem SDÜ übertreten und liege ein unrechtmäßiger Aufenthalt im Schengen Raum bzw. im Bundesgebiet vor. Sie habe in Österreich keine Angehörigen. Hier lebe nur ihre Schwester. Ihre ganze Familie lebe auf den Philippinen. Sie sei verheiratet und habe zwei erwachsene Kinder. Sie sei auf den Philippinen geboren, aufgewachsen und habe dort Ihre gesamte schulische Ausbildung absolviert. Anschließend haben Sie als Sekretärin gearbeitet. Sie spreche unzureichend Deutsch. Sie sei gesund und arbeitsfähig. Sie sei in Österreich nicht derart integriert, als dass eine Rückkehrentscheidung unzulässig wäre. Es bestehe kein Privatleben, welches derart schützenswert wäre, als dass es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstehen würde. Sie habe in der Einvernahme vom 05.12.2017 selbst angegeben, erwerbstätig zu sein, obwohl sie sich sehr wohl bewusst sei, dass sie dazu nicht berechtigt sei. Trotzdem habe sie es nicht unterlassen, einer Beschäftigung nachzugehen. Sie habe massiv die Bestimmungen nach dem FPG, NAG, dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem SGK/SDÜ übertreten und stelle dieses Verhalten eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar.

Zur rechtlichen Begründung zu Spruchpunkt III. (Zulässigkeit der Abschiebung) wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass weder aus den Informationen zur Lage im Zielstaat, noch aus dem Vorbringen der BF sich eine Gefahr einer Verletzung der durch Art. 2 oder 3 der EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe geschützten Rechte ergebe. Solche Gründe seien nicht ersichtlich und seien von der BF auch nicht behauptet worden, weshalb auszusprechen gewesen sei, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen die Abschiebung der BF nach "Serbien" zulässig sei.

Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat der BF wurden nicht getroffen bzw. wurden solche der BF im Verfahren auch nicht zu Kenntnis gebracht.

Mit Verfahrensordnung nach § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 06.12.2017 wurde der BF ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

Gegen den Bescheid des Bundesamtes wurde für die BF seitens ihrer Rechtsvertretung binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Darin wurde der gegenständliche Bescheid in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, der Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie insbesondere mangelhafter Ermittlungen zum Herkunftsstaat der BF bekämpft. Ausdrücklich wurde auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bekämpft und eine mündliche Verhandlung zur Klärung des Sachverhaltes beantragt. Dazu wurde u.a. ausgeführt, dass nicht ersichtlich sei, weshalb die BF, eine philippinische Staatsangehörige, nach Serbien abgeschoben werden solle. Dem bekämpften Bescheid seien zudem keine Feststellungen zum Zielland Serbien (oder den Philippinen) zu entnehmen, noch seien der BF diesbezüglich Länderfeststellungen im Sinne des Parteiengehörs zu Kenntnis gebracht worden. Da es dem bekämpften Bescheid an Feststellungen zum Zielland mangle, wäre der bekämpfte Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt II. jedenfalls aufzuheben. Das Bundesamt habe im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur bloß ansatzweise ermittelt. Diesbezüglich werde auf das Erkenntnis des BVwG zu L525 2135452-1/6E vom 24.10.2016 verwiesen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Abschiebung der BF in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde. Dies umso weniger, da die BF nach dem Wortlaut des gegenständlichen Bescheides nach Serbien abgeschoben werden sollte, ein Land, in dem die BF noch nie gewesen sei und wo sie auch keinerlei Bezugspunkte habe. In weiteren Ausführungen wurde die Rechtmäßigkeit der Rückkehrentscheidung, des Einreiseverbotes und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bestritten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Parteien als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden, zumal keinerlei nachvollziehbare Feststellungen zum Zielstaat der Abschiebung bzw. Rückehrentscheidung sowie zum Herkunftsstaat der BF getroffen bzw. dieser zu Kenntnis gebracht wurden, wobei der im bekämpften Bescheid im Spruch sowie in der diesbezüglich übereinstimmenden rechtlichen Begründung ausdrücklich genannte Zielstaat "Serbien" nicht mit der gleichfalls festgestellten philippinischen Staatsangehörigkeit der BF übereinstimmt. Bei einer Grobprüfung kann daher nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden, dass der BF ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen (Art. 3 EMRK) hinsichtlich einer Abschiebung in den Zielstaat droht.

Daher war der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W182.2180974.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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