Entscheidungsdatum
04.01.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I419 2152158-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 24.11.2017, Zl. XXXX, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,
dass der erste Satz des zweiten Absatzes des Spruchs wie folgt zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt."
und dass es in diesem Absatz "§ 52 Abs. 2 Z. 2" statt "§ 52 Absatz 3” zu lauten hat.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer nigerianischer Staatsangehörigkeit reiste illegal ein und stellte am 05.10.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, dass er sich geweigert habe, die Stelle seines Vaters als Orakelpriester zu übernehmen, wogegen ihn die Dorfbewohner dazu zwingen wollten. Diese hätte ihn mit dem Umbringen bedroht und mehrmals verprügelt, weshalb er seine Heimat habe verlassen müssen. Sein Vater sei Hohepriester des Orakels gewesen, dagegen hätte er wie seine Mutter und sein Bruder nicht daran geglaubt, weil sie die Kirche besucht hätten. Bei einer Rückkehr habe er Angst, getötet zu werden.
Probleme mit den Behörden seines Herkunftslandes habe er nie gehabt.
Mit Bescheid vom 23.12.2016 hat das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezogen auf den Asyl- und den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Nigeria abgewiesen und ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Zudem wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Gleichzeitig wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.
Die Beschwerde dagegen hat dieses Gericht am 11.04.2017 als unbegründet abgewiesen.
2. Am 21.08.2017 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er erstbefragt angab, dass er von den "Leuten vom Geheimbund" gesucht werde, dem auch sein Vater angehört habe, und zwar, weil er sich geweigert habe, dessen Nachfolge in diesem Bund anzutreten. Sein Bruder habe ihm am 06.07.2017 mitgeteilt, dass aufgrund dessen seine Mutter von Mitgliedern dieses Bundes getötet worden sei. Der Bruder habe zudem erklärt, "wegen desselben Problems" auch auf der Flucht zu sein.
Weitere Gründe für seinen Antrag und seine Reise nach Österreich habe er nicht.
Nach Rechtsberatung ergänzte er in der Einvernahme am 23.11.2017, seit der Zeit vor seiner Ausreise aus Nigeria ein weiteres "Problem" zu haben, "das Biafra Problem IPOB". [Anmerkung: Indigenous People of Biafra; autochthones Volk/Einheimische von Biafra] Der östliche Teil Nigerias wolle seine Freiheit bekommen. Er komme aus dem Osten. Über Vorhalt ergänzte er, er komme aus Enugu State, um dessen Freiheit Biafra kämpfe. Wenn dieser im Süden und nicht im Osten liege, dann sei das ein Fehler von ihm gewesen. Das Problem mit Biafra bestehe überall in Nigeria, weshalb es keinen Ort gebe, wo er sich niederlassen könne.
Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid des BFA wurde der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz nach § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Absatz 1 des Spruches).
Im zweiten Absatz des Spruchs wurde eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz nicht erteilt, und zwar mit den Worten: "Ihr Antrag auf Erteilung einer ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ vom 21.08.2017 wird gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen."
Weiters wurde in diesem Absatz gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 3" FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Kern vorgebracht wird, dem Beschwerdeführer sei es bislang schwergefallen, über seine ehemalige Mitgliedschaft bei IPOB und seine daraus resultierenden Probleme zu sprechen. Das sei in Anbetracht der "Verfolgung bzw. auch Tötung" von Mitgliedern der IPOB verständlich und hätte vom BFA berücksichtigt werden müssen.
Als Angehöriger der Volksgruppe Igbo, aus welcher die IPOB sich hauptsächlich rekrutiere, sei er glaubwürdig, auch wenn er aus dem Enugu State im Süden Nigerias stamme, weil es auf Letzteres nicht ankomme. Bei seiner Einvernahme sei der Beschwerdeführer auch gehemmt gewesen und habe Angst gehabt, da ihm mit Schubhaft gedroht worden sei.
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt habe sich somit entgegen der Ansicht des BFA geändert, weshalb nicht zurückgewiesen hätte werden dürfen. Beantragt werde Aufhebung und Zurückverweisung, eventualiter Gewährung internationalen Schutzes.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers
Der einkommens- und vermögenslose Beschwerdeführer ist volljährig, gesund, erwerbsfähig und Staatsangehöriger von Nigeria der Volksgruppe Igbo. Er spricht deren Sprache und Englisch, ist nicht verheiratet und Christ. In Nigeria hat er zwölf Jahre die Schule besucht und seinen Lebensunterhalt als Maurer verdient.
Seine Identität steht nicht fest. Er hat keine familiären Bindungen in Österreich. Der Beschwerdeführer übte in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus und ist hier nicht selbsterhaltungsfähig. Er konnte auch keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen und spricht ein wenig Deutsch. Eine Sprachprüfung darüber hat er nicht nachgewiesen.
Das LG für Strafsachen Wien hat ihn wegen des Vergehens des versuchten Unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften als Jugendstraftat am 10.02.2016 zu sechs Wochen Freiheitsstrafe verurteilt, die bedingt nachgesehen wurden.
Ein über die Zugehörigkeit zur Kirche, der auch sein Mitbewohner angehört, und die sich durch die alltäglichen Verrichtungen ergebenden Kontakte hinausgehendes Privatleben des Beschwerdeführers kann nicht festgestellt werden. Er ist in Österreich außer in der Kirche in keiner Organisation Mitglied.
1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat
Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vom 02.09.2016 mit Stand 08.05.2017 zitiert. Aktuell liegen Länderinformationen mit Stand 07.08.2017 vor, die in der vorliegenden Rechtssache keine Änderung der entscheidenden Sachverhaltselemente beinhalten. Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:
1.2.1 Behandlung nach Rückkehr
Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).
Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zu-rückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).
Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere
außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).
Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vor-schriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwen-dung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).
Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z. B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 21.11.2016).
1.2.2 Sicherheitsbehörden
Die allgemeinen Polizei- und Ordnungsaufgaben obliegen der rund 360.000 Mann starken (Bundes-) Polizei, die dem Generalinspekteur der Polizei in Abuja untersteht (AA 21.11.2016). Der Generalinspekteur ist für die Durchsetzung der Gesetze verantwortlich. Zusätzlich zu der üblichen polizeilichen Verantwortung der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung in den Bundesstaaten und Federal Capital Territory (FCT), überwacht der Generalinspekteur die Strafverfolgungsbehörden im ganzen Land, die mit Grenzschutz, Marineangelegenheiten (Navigation) und Terrorismusbekämpfung involviert sind. Der Generalinspekteur nominiert einen Polizeikommissar, der die National Police Force (NPF) in jedem Bundesstaat und FCT befehligt (USDOS 3.3.2017). Etwa 100.000 Polizisten sollen als Sicherheitskräfte bei Personen des öffentlichen Lebens und einflussreichen Privatpersonen tätig sein (AA 21.11.2016).
Neben der Polizei werden im Inneren auch Militär, Staatsschutz sowie paramilitärische Einheiten (sogenannte Rapid Response Squads) eingesetzt (AA 21.11.2016). Die Innere Sicherheit liegt also auch im Zuständigkeitsbereich des Department of State Service (DSS), das dem Präsidenten via nationalen Sicherheitsberater unterstellt ist. Die Polizei, das DSS und das Militär sind zivilen Autoritäten unterstellt, sie operieren jedoch regelmäßig außerhalb ziviler Kontrolle (USDOS 3.3.2017). Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA, in deren Zuständigkeit Dekret 33 fällt, wird Professionalität konstatiert (ÖBA 9.2016).
Die NPF und die Mobile Police (MOPOL) zeichnen sich hingegen durch geringe Professionalität, mangelnde Disziplin, Willkür und geringen Diensteifer aus (ÖBA 9.2016). Die Polizei ist durch niedrige Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet. Die staatlichen Ordnungskräfte sind personell, technisch und finanziell nicht in der Lage, die Gewaltkriminalität zu kontrollieren bzw. einzudämmen. Zudem sind nach all-gemeiner Auffassung die Sicherheitskräfte teilweise selbst für die Kriminalität verantwortlich (AA 21.11.2016). Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee (USDOS 3.3.2017). Jedoch sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten (UKHO 8.2016b).
1.2.3 Opposition inkl. MASSOB und IPOB
Die politische Opposition kann sich grundsätzlich frei betätigen. Das gilt auch für die seit 1999 regierende PDP, die seit den letzten Wahlen im März 2015 nun zum ersten Mal in der Opposition ist (AA 21.11.2016). Die Verfassung und die Gesetze erlauben die freie Bildung politischer Parteien (USDOS 3.3.2017).
Gelegentlich sind jedoch Eingriffe seitens der Staatsgewalt zu verzeichnen. Dies betrifft vor allem Gruppen mit sezessionistischen Zielen. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkennt-nisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung vor (AA 21.11.2016).
Im Süden und Südosten Nigerias kommt es zu Demonstrationen, bei denen ein unabhängiger Staat Biafra gefordert wird (AI 24.2.2016). Gegen die Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB), deren Mitglieder der Ethnie der Igbo angehören und die größere Selbständigkeit für den Südosten des Landes reklamiert, gingen die Sicherheitsorgane in der Vergangenheit teilweise massiv vor (AA 21.11.2016). Weiters gibt es auch die separatistische Biafra-Bewegung Indigenous People of Biafra (IPOB), die im Jahr 2012 gegründet wurde (NZZ 30.5.2017).
Seit dem Regierungswechsel 2015 und der zwischenzeitlichen Verhaftung eines der Führer der Biafra-Bewegung, dem Direktor des in London ansässigen und inzwischen in Nigeria verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" Nnamdi Kanu im Oktober 2015, kommt es verstärkt zu politischen Demonstrationen von Anhängern der Biafra-Bewegung, denen die Regierung gewaltsam begegnet sein soll (AA 4.2017a).
Amnesty International berichtet, dass nigerianische Sicherheitskräfte mindestens 150 Menschen töteten (AI 24.11.2016) und Hunderte willkürlich verhafteten (USDOS 3.3.2017), die im Südosten des Landes zwischen August 2015 und August 2016 für die Unabhängigkeit Biafras von Nigeria demonstrierten. Eingeschlossen ist die Zahl von Biafra-Aktivisten, die am 30.5.2016, dem Biafra-Gedenktag, getötet wurden. An dem Tag trafen sich in Onitsha im Bundesstaat Anambra rund 1.000 Unterstützer der IPOB. Sicherheitskräfte erschossen an mehreren Orten willkürlich Menschen. In der Nacht vor der Versammlung stürmten Sicherheitskräfte Häuser und eine Kirche, in denen IPOB-Mitglieder übernachteten. Amnesty Inter-national geht davon aus, dass an den beiden Tagen insgesamt mindestens 60 Menschen getötet, 79 verletzt (AI 24.11.2016). Mit Stand Dezember 2016 wurden diese Vorfälle von der Regierung noch nicht untersucht (USDOS 3.3.2017).
Am 30.5.2017 jährte sich die Erklärung einer unabhängigen Republik Biafra im Südosten Nigerias, die den nigerianischen Bürgerkrieg ausgelöst hatte, zum fünfzigsten Mal. Gemäß AFP blieben Läden, Schulen und Geschäfte im Südosten Nigerias geschlossen, und die staatlichen Sicherheitskräfte waren sichtbar präsent. Der Anführer der Bewegung, Nnamdi Kanu, erklärte, es ginge ihm um zivilen Ungehorsam, um ein Referendum über die Selbstbestimmung der Region herbeizuführen. Die nigerianische Polizei hatte angekündigt, bei einem Bruch des Friedens oder unrechtmäßigen Protesten entschieden zu handeln. Gemäß einem von AFP zitierten Sprecher der Armee seien die Sicherheitsvorkehrungen im Südosten an tatsächlichen oder möglichen Krisenherden verstärkt worden. Laut Amnesty International wurden mehr als 100 Mitglieder zweier Pro-Biafra-Gruppen, des MASSOB und des Biafra Independent Movement (BIM), in den Staaten Enugu, Ebonyi und Cross Rivers am 22.5.2017 während Feiern im Vorfeld des Jahrestages festgenommen (SFH 22.6.2017).
1.3 Zum Fluchtvorbringen
In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers in seinem nunmehrigen Folgeverfahren und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird. Es ist speziell nicht anzunehmen, dass er wegen Unterstützung der Biafra-Bewegung oder Mitgliedschaft bei IPOB verfolgt werden wird.
2. Beweiswürdigung:
2.1 Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts, einschließlich dessen des ersten Beschwerdeverfahrens, I416 2152158-1. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.
2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:
Soweit Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der vorliegenden Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Mangels vorgelegter Dokumente war die Identität nicht feststellbar.
Die Feststellung betreffend die strafgerichtliche Verurteilung beruht auf dem Strafregister, jene zur Gesundheit auf dem insoweit unbestrittenen Bescheidinhalt (S. 39, AS 497). Daraus und aus dem Alter folgte die gegebene Arbeitsfähigkeit.
Darüber hinaus konnten die Feststellungen dieses Gerichts im ersten Beschwerdeverfahren herangezogen werden, die unbestritten blieben, um die nunmehrigen Feststellungen zur Person zu vervollständigen.
2.3 Zu den Fluchtgründen
Im Kern stützt der Beschwerdeführer den vorliegenden Folgeantrag – neben den im vorigen Verfahren behaupteten und bereits abgehandelten Vorgängen, wegen derer er Angst habe, umgebracht zu werden – auf die Behauptung, er sei nun aufgrund seiner Mitgliedschaft bei der separatistischen Biafra-Bewegung in Gefahr, bei einer Rückkehr staatlicher Verfolgung ausgesetzt zu sein. Dies deshalb, weil ihm wegen seiner ehemaligen Mitgliedschaft bei der IPOB keine innerstaatliche Örtlichkeit offenstehe, wo er sich niederlassen könne.
Das Gericht schließt sich der Auffassung des BFA an, dass dieses Vorbringen nicht glaubhaft ist (S. 10 des Bescheids, AS 296). Die Behauptung des Beschwerdeführers in der Beschwerde, es sei ihm bislang schwergefallen, über seine ehemalige Mitgliedschaft bei IPOB und seine daraus resultierenden Probleme zu sprechen, und zwar wegen der Verfolgung und Tötung anderer Mitglieder, vermag nicht zu erklären, warum ihm konkret nun, nicht in der Erstbefragung sondern in der Einvernahme nach der Rechtsberatung die Artikulation dieses Fluchtgrundes leichter fiel, wo er zudem das späte Vorbringen wenig einleuchtend so erklärte: "Ich dachte, dass ich nun frei bin[,] und aus diesem Grund habe ich es nicht erwähnt." (AS 267)
Ebenso wenig erklärt sie, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme entgegen seinen vorangegangenen Angaben zunächst behauptete, aus dem Osten Nigerias zu stammen, dann über Vorhalt der Lage von Enugu State einlenkte und angab: "Ich meine, das war von mir ein Fehler." (AS 269)
Schuldig bleibt er Beschwerdeführer auch eine Erklärung, warum er die Flagge von Biafra mit schwarz-gelb-schwarz völlig unzutreffend zeichnete (AS 261, 269) und die anschließende Aufklärung mit Schweigen und dem Bemerken quittierte: "Mir geht das alles auf die Nerven, ich habe die Nase voll von dem." (AS 271)
Das erklärt sich auch nicht daraus, dass dem Beschwerdeführer angekündigt wurde, angesichts mehrfacher erfolgter Verletzungen der Mitwirkungspflicht werde er bei einem neuerlichen solchen Vorkommnis mit Schubhaft rechnen müssen (AS 263). In der konkreten Einvernahme war er ja soeben dabei, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen.
Das Gericht gelangt daher wie das BFA zur Überzeugung, dass die im Folgeverfahren erstmals vorgebrachten Fluchtgründe nicht festgestellt werden können, weshalb kein wesentlich geänderter entscheidungsrelevanter Sachverhalt vorlag (S. 10, 36 ff des Bescheids, AS 296, 322 ff). Auf den Widerspruch zwischen dem Vorbringen, es gäbe keine innerstaatliche Fluchtalternative, und den gerichtsnotorischen Länderinformationen dazu (S. 26 f des Bescheids, AS 312 f) braucht unter diesen Umständen nicht weiter eingegangen zu werden.
Demgemäß war festzustellen, dass für den Beschwerdeführer im Rückkehrfall keine asylrelevante Verfolgung oder sonstige existentielle Bedrohung zu befürchten ist, wobei er im Speziellen keine Verfolgung wegen Zusammenhängen mit der Biafra-Bewegung zu erwarten hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1 Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Absatz 1 des Spruches):
Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Letzteres betrifft die amtswegige oder aufsichtsbehördliche Bescheidänderung oder -aufhebung. Die §§ 69 und 71 AVG bezeichnen die Rechtsinstitute der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die beide hier nicht anwendbar sind.
Die Anordnung, dass Anbringen unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 AVG nicht inhaltlich behandelt, sondern zurückgewiesen werden, soll die wiederholte Befassung der Behörde mit einer bereits entschiedenen Sache vermeiden, wobei es auf die unveränderte Sach- und Rechtslage ankommt.
Mit einer behaupteten Sachverhaltsänderung hat sich die Behörde bei der Prüfung der Zulässigkeit der Antragstellung insoweit auseinander zu setzen, als sie – wenn nötig durch ein Ermittlungsverfahren – feststellen muss, ob die neu vorgebrachten Tatsachen zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, der für die Entscheidung Bedeutung hat, und an den eine Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass entgegen den Behauptungen keine Sachverhaltsänderung eingetreten ist, wegen der eine andere Beurteilung als bisher nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, ist der Antrag zurückzuweisen.
Das – gesteigerte – Vorbringen zum Fluchtgrund des vorangegangenen Verfahrens, wonach er zusätzlich Verfolgung wegen seiner vormaligen Mitgliedschaft bei IPOB zu erwarten habe, beinhaltet weder einen neuen noch einen neu hervorgekommenen Sachverhalt. Es erwies sich auch nicht als glaubhaft. Für das BFA lag somit kein Anlass für eine Überprüfung der seinerzeitigen Erledigung vor.
Demgemäß liegt weder ein Vorbringen vor, das einen glaubhaften Kern aufwiese, der für die Entscheidung Bedeutung hätte, noch eine Sachverhaltsänderung, wegen der eine andere Beurteilung als bisher nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint.
Da die belangte Behörde demnach den Folgeantrag des Beschwerdeführers zutreffend gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, war die Beschwerde hinsichtlich des ersten Absatzes des Spruchs nach § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.1.2 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (zweiter Absatz des Spruchs):
Im ersten Satz des zweiten Absatzes sprach das BFA aus, dass der "Antrag" des Beschwerdeführers "auf Erteilung einer ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ vom 21.08.2017" nach § 57 AsylG 2005 abgewiesen werde.
Von den alternativen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 liegt hier keine vor und wurde vom Beschwerdeführer auch keine behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.
Die "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" kann nach § 57 Abs. 1 erster Satz AsylG 2005 sowohl auf Antrag als auch von Amts wegen erteilt werden. Ein darauf gerichteter Antrag ist im vorliegenden Fall indes nicht aktenkundig und bleibt auch im auf diesen Spruchpunkt bezogenen Teil der Bescheidbegründung (S. 44, AS 330) unerwähnt.
Die Formulierung ist als offenkundig auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG zu qualifizieren, nämlich dem Versehen der nicht angepassten Verwendung eines Textbausteins, was das Gericht zum Anlass nahm, dem durch die Richtigstellung des Spruchs im Sinne einer amtswegigen "Nichterteilung" Rechnung zu tragen.
Für die Rückkehrentscheidung nach einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache bildet § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG die Rechtsgrundlage (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082). Dem war gleichfalls durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.
Da der Folgeantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war, ist im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.
Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.
Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandes-bringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.
Der Beschwerdeführer hat unstrittig kein Familienleben im Bundesgebiet. Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in sein Privatleben. Unter den gegebenen Umständen kann vom Vorhandensein eines Privatlebens über die Unterkunft, den alltäglichen Umgang beim Einkaufen oder bei Behördenkontakten und den allfälligen Gottesdienstbesuch hinaus kaum ausgegangen werden, zumal der Beschwerdeführer kein sonstiges Privatleben vorbringt und abgesehen von der Kirche nicht Mitglied einer Organisation oder eines Vereins ist.
Im Hinblick auf Art. 8 EMRK zu berücksichtigen ist, dass der Aufenthalt des - volljährigen und arbeitsfähigen - Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise gut zwei Jahre gedauert hat. Von einer "Aufenthaltsverfestigung" kann daher und schon unabhängig davon keine Rede sein, dass er sich seines unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste. Außerdem fußte der Aufenthalt auf einem Asylantrag, der unbegründet und im Anschluss an eine illegale Einreise gestellt worden war, und seit mehr als einem Jahr auf der Nichtbefolgung der Ausreisepflicht.
Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen solchen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. Der Beschwerdeführer übte in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er konnte auch keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen. Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.
Es würde eine Benachteiligung jener Fremden, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, gleichkommen, wenn sich der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seine faktische Einreise und einen unzulässigen Asylantrag erzwungen hat und dann entgegen der Ausreiseverpflichtung fortsetzte. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.
Im Fall des Beschwerdeführers kommt neben dem mangelnden Vorweis von Integrationsschritten in Österreich hinzu, dass er bereits vier Monate nach seiner Einreise durch die begangene Straftat ein Verhalten gesetzt hat, das keine Achtung der rechtlich in Österreich geschützten Werte zeigt.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.
Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.
§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.
Auch fehlt es an jedem Indiz, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde.
Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.
Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Nigeria zumindest notdürftig leben zu können. Er ist dort aufgewachsen und hat nach eigenen Angaben den Großteil seines Lebens dort verbracht, nämlich 17 von 19 Jahren, und zwölf Jahre die Schule besucht sowie bereits gearbeitet. Er spricht neben Englisch eine weitere Landessprache und hat wenn schon keine ihm derzeit bekannten Verwandten im Heimatland, so doch Kontakte in der christlichen Gemeinschaft, durch die er bei Bedarf Hilfe erwarten kann.
Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich – auch oh-ne Straftaten – wirtschaftlich besser leben kann als in Nigeria, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Zudem besteht in Nigeria keine so extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.
Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Nigeria das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht festgestellt worden.
Eine der Abschiebung nach Nigeria entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.
Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.
Die Beschwerde war daher – von den beiden Richtigstellungen abgesehen – auch betreffend den zweiten Absatz des Spruchs abzuweisen.
3.2 Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu gesteigertem Fluchtvorbringen und Neuerungen im Folgeantrag oder zu den Voraussetzungen der Zurückweisung nach § 68 Abs. 1 AVG.
Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist – aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht knapp sechs Wochen liegen – die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen.
Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.
Schlagworte
Folgeantrag, Glaubwürdigkeit, Interessenabwägung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I419.2152158.2.00Zuletzt aktualisiert am
12.01.2018