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32/04 Steuern vom Umsatz;Norm
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der S KG in M, vertreten durch Dr. Wolfgang Mayrhofer, Rechtsanwalt in 4310 Mauthausen, Poschacherstraße 3, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 21. Dezember 2016, Zl. RV/5100613/2008, betreffend Umsatzsteuer 2004 bis 2006, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht Berufungen (nunmehr Beschwerden) der Revisionswerberin - einer KG, die im Streitzeitraum unter dem Namen "(X) Nightclub" ein Nachtlokal mit Barbetrieb geführt hat - gegen die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2004 bis 2006 keine Folge. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass die im Verfahren strittigen Umsätze (aus Prostitution und Getränkeverkauf) dem Unternehmen der Revisionswerberin zuzurechnen seien. Diese habe - entgegen ihrem Vorbringen - nicht bloß Zimmer an Prostituierte vermietet, sondern durch eine von ihr aufgebaute Organisation das Zusammentreffen von Kunden und Prostituierten erst möglich gemacht. Die Werbung für das Nachtlokal der Revisionswerberin (Zeitung, Internet, Firmenbus etc.) sei ein Hinweis dafür, dass die Prostituierten im Rahmen des Unternehmens der Revisionswerberin tätig seien. Die Revisionswerberin überwache die Dauer der Zimmeraufenthalte, schließe Verträge mit Kreditkartenunternehmungen ab, übernehme das Disagio bezüglich der Kreditkartenabrechnungen, führe den Getränkeeinkauf durch und stelle die Dekoration (Kerzen usw.) zur Verfügung. Das Gesamtbild der Verhältnisse spreche nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes dafür, dass die Revisionswerberin den Betrieb und den Ablauf bestimmend beherrsche und ihr daher die Umsätze aus Prostitution und Getränkeverkauf zuzurechnen seien.
2 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nicht zulässig, weil es zur Frage, ob die Prostituierten unternehmerisch tätig gewesen seien oder ob deren Leistungen der Revisionswerberin zuzurechnen seien, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gebe, die im Erkenntnis berücksichtigt worden sei.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Zur Zulässigkeit wird in der Revision vorgebracht:
"Aus den vom Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis festgestellten Sachverhalt ergibt sich nicht, dass die Prostituierten, die von der Revisionswerberin Zimmer angemietet haben Weisungen der Revisionswerberin befolgt haben oder zu befolgen verpflichtet gewesen wären, sodass bei ihnen eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit, die selbständig ausgeübt wird, vorliegt.
Das Bundesfinanzgericht weicht in seinem Erkenntnis auch von der diesbezüglichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, soweit es in dem im Erkenntnis festgestellten Sachverhaltes davon ausgeht, dass die Prostituierten dem Unternehmen der Revisionswerberin zuzuordnen sind und daher die von den Prostituierten erbrachten Leistungen und vereinnahmten Entgelte umsatzsteuerlich dem Unternehmen der Revisionswerberin zuzuordnen sind, sodass die Revisionswerberin eine Steuerlast für gar nicht vereinnahmte Entgelte treffen würde. (...)
Der im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes festgestellte Sachverhalt über die Art und Weise der Beschäftigung der Prostituierten und über die Zahlungsweise der Leistungen der Prostituierten stützt sich im Wesentlichen auf die angebliche Zeugenaussage einer unbekannt gebliebenen Prostituierten vom 18.02.2005.
Beachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Prostituierte in der Niederschrift vom 18.02.2015 ihrem Namen und ihrer Anschrift nach völlig unbekannt geblieben ist und in der vom Zollamt Linz aufgenommenen Niederschrift vom 18.02.2005 nicht nur der Name und die Anschrift sondern auch eine Unterschrift dieser vollkommen unbekannt gebliebenen Prostituierten fehlen.
Soweit dies von der Revisionswerberin beurteilt werden kann, fehlt eine Rechtsprechung dazu, ob derartige Zeugenaussagen, bei denen es sich nicht um eine Zeugenaussage im Rechtsinn gem. § 48 ff AVG handelt, um ein taugliches und verwertbares Beweismittel nach § 45 ff AVG handelt, zumal jegliche schlüssige Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit fehlt und hierdurch auch eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes vorliegt."
8 Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
9 Zum Zulässigkeitsvorbringen, mangels gegenteiliger Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes sei davon auszugehen, dass die im Nachtlokal der Revisionswerberin tätigen Prostituierten eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausgeübt hätten, genügt es darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, dass bei einem Barbetrieb mit angeschlossenen Separees die Leistung des Barbetreibers nach der Kundenerwartung nicht nur im Getränkeausschank, sondern entscheidend auch in der Gelegenheit zum Separee-Besuch besteht. Vom Betreiber eines solchen Lokals wird allgemein angenommen, dass er zu diesem Zweck "Mädchen offeriert", welche mit den Barbesuchern die Separees aufsuchen, um dort die sexuellen Wünsche der Gäste zu erfüllen. In einer solchen Fallkonstellation kann nicht gesagt werden, dass der Lokalbetreiber außerhalb eines nur zwischen den Mädchen und den Gästen stattfindenden Leistungsaustausches stünde, was aber Voraussetzung wäre, um das Vorliegen durchlaufender Posten bejahen zu können (vgl. z.B. VwGH 15.6.2005, 2002/13/0104; 22.9.2005, 2003/14/0002; 23.9.2005, 2003/15/0147; 24.1.2007, 2003/13/0138, und 19.4.2007, 2004/15/0037). Ob die "Mädchen" ihre Leistungen als Dienstnehmerinnen des Lokalbetreibers oder als selbständig Tätige erbringen, macht - entgegen der von der Revisionswerberin vertretenen Ansicht - bei der steuerlichen Beurteilung keinen entscheidenden Unterschied (vgl. VwGH 24.1.2007, 2003/13/0138).
10 Mit dem Zulässigkeitsvorbringen, das Bundesfinanzgericht weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wird der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht entsprochen, wonach in den gesonderten Gründen zur Zulässigkeit der Revision - bezogen auf den vorliegenden Fall - konkret darzulegen ist, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. dazu z.B. VwGH 2.11.2016, Ra 2014/06/0010, mwN).
11 Das Bundesfinanzgericht kam im Rahmen der freien Beweiswürdigung zur Überzeugung, die Revisionswerberin habe - entgegen ihrem Vorbringen - nicht bloß Zimmer an Prostituierte vermietet, sondern durch eine von ihr aufgebaute Organisation das Zusammentreffen von Kunden und Prostituierten erst möglich gemacht. Diese Feststellung stützte es u.a. darauf, dass die Revisionswerberin in Zeitungen, im Internet und auf dem Firmenbus für ihr Nachtlokal geworben, die Dauer der Zimmeraufenthalte überwacht, mit Kreditkartenunternehmungen Verträge abgeschlossen, das Disagio bezüglich der Kreditkartenabrechnungen übernommen, den Getränkeeinkauf durchgeführt und die Dekoration (Kerzen usw.) zur Verfügung gestellt habe. Ausschlaggebend für die getroffene Feststellung war das Gesamtbild der Verhältnisse. Das Vorbringen, das Bundesfinanzgericht habe seine Beweiswürdigung im Wesentlichen auf die "angebliche Zeugenaussage einer unbekannt gebliebenen Prostituierten vom 18.02.2005" gestützt, erweist sich als aktenwidrig.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 18. Dezember 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017150026.L00Im RIS seit
12.01.2018Zuletzt aktualisiert am
08.03.2018