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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde
1. der NB, geboren am 6. November 1960, 2. des CB, geboren am 28. Juni 1981, und 3. der AB, geboren am 20. Juni 1982, sämtliche in Reichenthal, vertreten durch Dr. Doris Hohler-Rössel, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Grazer Straße 90, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 8. Juli 1997, Zl. Fr 597/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerdeführer (der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin sind Kinder der Erstbeschwerdeführerin), rumänische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.
Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen wie folgt: Die Beschwerdeführer seien am 21. Juli 1990 unter Umgehung der Grenzkontrolle von Ungarn kommend in das Bundesgebiet eingereist.
Ihr am 30. September 1990 gestellter Asylantrag sei in zweiter Instanz mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Dezember 1996 abgewiesen worden; dieser Bescheid sei am 7. Jänner 1997 in Rechtskraft erwachsen. Vor rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens sei den Beschwerdeführern eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zugekommen, jedoch nicht mehr nach Abschluss des Asylverfahrens. Die Beschwerdeführer verfügten über keine sonstige Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet. Trotz Bestrafung wegen Übertretung des Fremdengesetzes hätten sie den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet fortgesetzt. Der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin sei zwar in Österreich aufhältig, jedoch mit rechtskräftigem Bescheid vom 29. Dezember 1994 aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden. Die Beschwerdeführer hätten somit keine familiären Bindungen zu rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen Personen, weshalb der Eingriff in ihr Familienleben nicht gravierend sei, wenn auch auf Grund der Dauer des Aufenthalts von einer gewissen Integration ausgegangen werden könne. Das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen sei höher zu bewerten als der Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht
auf die Erstattung einer Gegenschrift vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zu Grunde liegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde. Die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt vorliegend daher nicht zum Tragen.
Die Beschwerdeführer treten der Feststellung der belangten Behörde, dass ihr Asylverfahren rechtskräftig abschlägig beendet sei, nicht entgegen. Indem sie aber auf eine noch unerledigte Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gegen den ihren Asylantrag abweisenden Bescheid hinweisen, zeigen sie einen relevanten Verfahrensmangel auf.
In den Verwaltungsakten erliegt der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes zur Zl. AW 97/01/0097 vom 7. Februar 1997, mit dem der Beschwerde gegen den letztinstanzlichen Ministerialbescheid vom 27. Dezember 1996 betreffend Asylgewährung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Obwohl die Beschwerdeführer in ihrer Berufung vom 13. Februar 1997 gegen den erstinstanzlichen Ausweisungsbescheid auf die Einbringung einer Beschwerde - verbunden mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - gegen den genannten Asylbescheid aufmerksam gemacht hatten, und - wie erwähnt - ein entsprechender verwaltungsgerichtlicher Beschluss in den Verwaltungsakten erliegt, unterließ die belangte Behörde Feststellungen, die beurteilen ließen, ob den Beschwerdeführern zum Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides eine asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukomme. Da eine solche der Ausweisung entgegenstünde, liegt die Relevanz dieses Verfahrensmangels auf der Hand.
Demnach war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung an Gebühren lediglich S 420,-- (drei
Beschwerdeausfertigungen S 360,-- und eine Bescheidausfertigung S 60,--) angefallen sind.
Wien, am 16. Juni 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997210499.X00Im RIS seit
21.11.2000