Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Dehn und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. R*****, vertreten durch Gerlach Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S***** AG *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 80.126,11 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. März 2017, GZ 10 Ra 77/16s-26, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger war bis 31. 12. 2011 bei der Beklagten beschäftigt. Er hat Anspruch auf eine Betriebspension aus einer beitragsorientierten Pensionskassenzusage. In einer Betriebsvereinbarung hatte sich die Beklagte verpflichtet, mindestens 75,1 % am Grundkapital der überbetrieblichen Pensionskasse zu halten. 2012 stimmte der Betriebsrat dem Entfall dieser Mindestanteilsklausel gegen Zahlung eines Sonderbeitrags in die Deckungsrückstellung der aktiven Arbeitnehmer zu.
Der Kläger begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, an die Pensionskasse in seine Deckungsrückstellung einen entsprechenden Betrag zu zahlen. Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers ist nicht zulässig.
1. Bei Eingriff durch einen Kollektivvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ist im Wege des § 879 ABGB der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz anzuwenden (RIS-Justiz RS0052705). Da der Zeitfaktor im betrieblichen Geschehen eine bedeutende Rolle spielt, werden auf dieser Basis
– etwa durch Stichtagsregelungen – vorgenommene Differenzierungen als sachlich gerechtfertigt anerkannt (vgl 9 ObA 24/02y mwN; 9 ObA 601/90 mwN). Mehrfach wurde in der Judikatur auch darauf verwiesen, dass es offenkundig sei, dass eine Regelung, die zwischen Bediensteten des Aktivstandes und solchen des Ruhestandes unterscheidet, mit dem Gleichheitsgebot grundsätzlich vereinbar ist, weil hier nicht Gleiches, sondern Ungleiches geregelt wird (8 ObA 161/98d; 9 ObA 601/90; 4 Ob 123/84; vgl auch VfGH G 128/92). Bei Einschränkung oder Widerruf von Pensionsanwartschaften der Aktiven und Leistungen an Pensionisten begründen unsachliche Differenzierungen einen Angleichungsanspruch (§ 18 Abs 1, 3 BPG). Eine solche Maßnahme liegt aber hier nicht vor.
Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass eine einmalige Sonderdotierung zur Deckungsrückstellung nur für zu einem bestimmten Stichtag aktive Arbeitnehmer keine unsachliche Ungleichbehandlung darstellt, ist daher nicht korrekturbedürftig.
Es muss dementsprechend auch nicht geprüft werden, inwieweit § 18 Abs 2 BPG überhaupt auf den Fall einer einmaligen Sonderdotierung Anwendung findet.
2. Der Oberste Gerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Betriebsparteien aufgrund der ihnen nach dem ArbVG zukommenden Kompetenz nicht mehr in die den ausgeschiedenen Arbeitnehmern kraft einer Betriebsvereinbarung zustehenden Ruhegeldansprüche eingreifen können (8 ObA 170/00h mwN). Selbst aus einer Änderung dieser Rechtsprechung wäre für den Kläger aber nichts zu gewinnen, weil die Betriebsvereinbarung ihren persönlichen Geltungsbereich in § 2 ausdrücklich dahingehend regelt, dass sie nicht auf Arbeitnehmer anzuwenden ist, die – wie der Kläger – zum Zeitpunkt des Closings nicht mehr in einem aufrechten Dienstverhältnis zur Beklagten stehen.
Wenn der Kläger damit argumentiert, dass der Betriebsrat im vorliegenden Fall eine Regelung zu Lasten der Leistungsberechtigten getroffen hat, ist nicht ersichtlich, woraus sich eine Verschlechterung der Rechtsposition des Klägers ergibt. Ein Anspruch des Klägers auf bestimmte Beteiligungsverhältnisse an der Pensionskasse besteht nicht.
3. Bisher als Inhaltsnorm wirkende Pensionszusagen in einer Betriebsvereinbarung wandeln sich im Augenblick des Ausscheidens des zukünftigen Pensionisten aus dem Betrieb in einen vertraglichen Anspruch gegen den ehemaligen Arbeitgeber (RIS-Justiz RS0021499).
Für einen Eintritt in die schuldrechtlichen Verpflichtungen der Parteien der Betriebsvereinbarung besteht keine rechtliche Grundlage. Auf die entsprechenden Ausführungen in der Revision muss aber schon deshalb nicht eingegangen werden, weil, wie der Revisionswerber selbst erkennt (S 15), ihm aus einer Vertragsverletzung des Arbeitgebers nur Erfüllungs- oder Schadenersatzansprüche zustehen könnten. Beides wird jedoch nicht geltend gemacht. Ein Anteil am „Gewinn“ aus der Veräußerung der Anteile der Beklagten an der Pensionskasse lässt sich damit nicht begründen.
4. Ebenso wenig lässt sich aus einer allfälligen Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung über die Sonderdotierung mangels ordnungsgemäßer Kundmachung für den Kläger ein Anspruch auf aliquote Beteiligung am Veräußerungsgewinn ableiten.
5. Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
Textnummer
E120326European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00064.17B.1128.000Im RIS seit
12.01.2018Zuletzt aktualisiert am
28.05.2018