TE Lvwg Erkenntnis 2017/12/19 LVwG-2017/16/2242-5

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Veröffentlicht am 19.12.2017
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Entscheidungsdatum

19.12.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VVG §4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Christoph Lehne über die Beschwerde des Herrn AA, Z, vertreten durch RA Mag. BB, Adresse 1, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 11.08.2017, Zl ****, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,

zu Recht erkannt:

1.   Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde hinsichtlich des Spruchteils II des angefochtenen Bescheides Folge gegeben und wird der Betrag für die Kosten der Ersatzvornahme von Euro 2.670,00 entsprechend der Berechnung des forsttechnischen Amtssachverständigen auf Euro 856,00, herabgesetzt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Begründung:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde im Vollstreckungsverfahren für den Bescheid der BH W vom 01.06.2010, **** unter Spruchabschnitt I die Ersatzvornahme der genannten Maßnahme (Nebenbestimmung 9 des Spruchpunktes I dieses Bescheides) angeordnet und unter Spruchabschnitt II die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von Euro 2.670,00.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde bestritt der Beschwerdeführer, dass er bisher die Auflage nicht erfüllt habe und beantragte die Einholung eines forsttechnischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass die Erfüllung der in Vollstreckung befindlichen Angelegenheit „unmöglich“ sei. Eine mündliche Beschwerdeverhandlung wurde beantragt und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurde Beweis aufgenommen durch die Verlesung des erstinstanzlichen Aktes und die Einholung eins forsttechnischen Gutachtens des Amtssachverständigen DI DD (Gutachten vom 17.10.2017, *****. Dieses Gutachten wurde zu folgenden Fragen erstattet:

Es geht hier um die rechtskräftige Nebenbestimmung 9, auf einer Teilfläche der *1 und *2, KG Y, im Südosten, auf der hiebsunreifer Bestand illegal entfernt wurde, Bergahorngruppen zu jeweils 5 Stück gruppenartig so zu pflanzen, dass auch hier etwa eine 20%ige Überschirmung gegeben sei. Die Ahorne sind mit Pflöcken und Monoschutzhüllen zu versehen und gegen Weidevieh abzuzäunen.

Die Fragestellung lautet, ob diese Bepflanzung möglich ist, wobei der Untergrund berücksichtigt werden muss und die Tatsache, dass die bisherigen Bepflanzungsversuche ergebnislos geblieben sind.

Das Gutachten lautete:

„BEFUND

Die Teilfläche befindet sich großlandschaftlich im forstlichen Wuchsgebiet 2.1 Nördliche Zwischenalpen-Westteil auf 600 m Seehöhe (submontane Höhenstufe). Klimatisch handelt es sich um den Übergangsbereich von subkontinental-trockenem Innenalpenklima zu den kühl-humiden Randalpen. Aus den Klimadaten der ZAMG-Wetterstation Z lässt sich für den Zeitraum 1971 bis 2000 ein mittlerer Jahresniederschlag von 1.177 mm mit einem ausgeprägten Sommermaximum ableiten. Gemäß Waldtypisierung Tirol liegt die Teilfläche im Übergangsbereich zwischen den Waldtypen Reicher Lehm-Edellaubholz-Buchenwald und Mäßig frischer Karbonat- und Lehm-Buchenwald. Beide sind potentiell laubholzdominiert, wobei der Edellaubholzanteil (Berg- und Spitzahorn, Bergulme, Esche u.a.) im erstgenannten Waldtyp höher anzusetzen ist.

Die Teilfläche ist hinsichtlich der Bodenausprägung als inhomogem einzustufen. Teilweise sind mittelgründige karbonathaltige Braunerden auf karbonatisch-silikatischen Lockergesteinen (Moräne, Stauschotter) ausgeprägt, vor allem im unteren Bereich der Teilfläche ist jedoch nur eine dünne humose Schicht auf den Lockergesteinen vorzufinden. Der Oberboden ist geprägt von einem hohen Ton- und Schluffgehalt, wodurch trotz des hohen bis sehr hohen Skelettgehaltes eine entsprechende Wasserspeicherfähigkeit gegeben ist. Bedingt durch die landwirtschaftliche Nutzung fehlt eine für Waldböden typische Humusausprägung (Mull bis Moder). Zusammenfassend ist auf Grund der Bodeneigenschaften vor Ort der ärmere Waldtyp Mäßig frischer Karbonat- und Lehm-Buchenwald zutreffend, in dem Edellaubhölzer in der Regel vereinzelt vorkommen.

Durch Großviehweide ist der Oberboden auf Grund des hohen Ton- und Schluffanteiles stellenweise verdichtet und es kommt zu hohen Nährstoffeinträgen. Die vorkommende Gehölzvegetation unterliegt einem starken Verbissdruck und es kommt stellenweise zu Trittschäden.

In den angrenzenden Waldbeständen dominieren aktuell Rotbuche und Fichte, vereinzelt kommen Esche, Lärche, Stieleiche, Birke, Vogelkirsche und Bergahorn vor. Durch Bepflanzungen im Zuge des damaligen Autobahnbaus stocken neben der Teilfläche auch sekundäre Nadelwälder mit Lärche und Schwarzkiefer. Auf der Teilfläche selbst hat sich neben den Bepflanzungen inzwischen auch Naturverjüngung eingestellt. Es kommen typische Pioniergehölze wie Birke, Lärche, Roter Holunder und Gelbroter Hartriegel sowie die für den Standort typische Baumarten Fichte und Buche vor. Vereinzelt kommen trotz der intensiven Weidenutzung auch Bergahorn und Esche auf, bei entsprechenden Wasserzügen im Boden und hohem Ton- und Schluffgehalt auch Schwarzerle.

In den vergangenen Jahren wurde laut Auskunft des Beschwerdeführers mehrmalig Bergahorn gemäß den Bestimmungen im Rodungsbescheid gepflanzt, zuletzt im Frühjahr 2017. Viele dieser Pflanzen sind mittlerweile abgestorben. Stellenweise wurden auch Flächen gegen Weideeinfluss abgezäunt, was am scharf abgegrenzten Brombeeraufwuchs innerhalb erkennbar ist. Laut Auskunft des Beschwerdeführers handelte es sich dabei um einen Elektrozaun, welcher über mehrere Monate lang gespannt war. An vielen Pflanzen wurde starker Seitentriebverbiss festgestellt, wobei teilweise Wiederaustrieb an der Triebbasis erkennbar ist. Einzelne offensichtlich schon vor einigen Jahren gepflanzte Pflanzen (erkennbar am Stammdurchmesser und an der Pflanzengröße) sind gut angewachsen. Im Allgemeinen auffallend ist die geringe Blattmasse pro Baum (Belaubung) und der teilweise starke Befall mit Rotpustelpilz (Nectria cinnabarina).

GUTACHTEN

Die Baumart Bergahorn ist zweifelsfrei Bestandteil der potentiell natürlichen Vegetation am Standort. Wenngleich insbesondere der Oberboden vor allem auf Grund der landwirtschaftlichen Nutzung (fehlende typische Humusausprägung, Nährstoffeinträge, Bodenverdichtung) nicht vollends natürlich entwickelt und auch innerhalb der Teilfläche inhomogen ausgeprägt ist, ist eine Bepflanzung mit Bergahorn auf der gegenständlichen Teilfläche möglich. Dies wird letztlich vor allem auch dadurch untermauert, dass einzelne Pflanzen auch im unteren Bereich der Teilfläche mit nur geringer humoser Auflage gut angewachsen sind.

Aufgrund des hohen Weidedrucks (Verbiss, Trittschäden) ist es aus Sicht des Unterfertigten jedoch unerlässlich, dass unmittelbar nach Bepflanzung, welche vorzugsweise im Frühjahr durchgeführt werden sollte, eine gegen Weidevieh sichere Abzäunung der Baumgruppen bis zur Sicherung der Kultur erfolgt. Im Sinne des Forstgesetzes bedeutet dies, dass die Pflanzen durch mindestens drei Wachstumsperioden angewachsen sind und keine erkennbare Gefährdung der weiteren Entwicklung vorliegt. Bergahornpflanzen sind in der Baumschule zumeist sehr dicht aufgewachsen und besitzen relativ wenig an Blattmasse, sodass diese in der Anwuchsphase besonders empfindlich auf Blatt- und Triebverluste durch Verbiss reagieren.

Einzelne Pflanzenausfälle sind als natürlich zu betrachten und können nicht ausgeschlossen werden. Die im Bescheid vorgeschriebene Pflanzenanzahl (lockere gruppenartige Bepflanzung zu je 5 Stück) ist diesbezüglich als sehr gering zu betrachten. Um das Ausfallrisiko beim Anwuchs weiter zu reduzieren, ist die Verwendung von kleineren Pflanzen (z.B. zweijährig verschulte Pflanzen der Größe 60/100) sinnvoll und Bereiche mit einer sehr hohen Bodenverdichtung (Viehsteige) sind auszusparen.

Zu den bisher weitgehend ergebnislosen Bepflanzungsversuchen ist außerdem anzumerken, dass die Anwuchsbedingungen 2017 für Frühjahrsaufforstungen meteorologisch nicht ideal waren. Bedingt durch die warme und sehr trockene Witterung kam es im Allgemeinen landesweit zu hohen Pflanzenausfällen in Forstkulturen. Bergahorn gilt hier noch dazu als anspruchsvoll unter den heimischen Baumarten.

Mit freundlichen Grüßen

DD“

Das Gutachten hielt der Amtssachverständige in der Beschwerdeverhandlung vom 07.12.2017 aufrecht und übergab anschließend eine Berechnung der notwendigen Kosten, wobei er zu einem Gesamtbetrag von Euro 856,00 kommt. Erklärt er dazu im Wesentlichen die ursprünglichen Kosten würden mit den damaligen Auflagen übereinstimmen. Sie würden allerdings nicht mit der eingeschränkten Fläche übereinstimmen. Aus der Chronologie des Aktes ersehe man, dass man mit der geforderten Fläche zurückgegangen sei und es durch den Verfahrenslauf zu einer Änderung gekommen sei. Somit seien die Kosten der Rodungsabgabe den aktuellen Rahmenbedingungen anzupassen. Die Kosten seien deswegen niedriger, weil er die Verwendung von kleineren Kosten für richtiger halte. Bezüglich der Schutzmaßnahmen sei festgehalten, dass es wesentlich erscheine, einen mehrjährigen Schutz gegen Weidevieh sicherzustellen, ebenso, dass bei Einhaltung der geforderten Auflagen die Bäume eine gewisse Größe erreichen und eine Überschirmung. Müssten 20 % Überschirmung erreicht werden bzw nicht überschritten werden. Es werde die Bepflanzung von drei Teilflächen mit einer jeweiligen Größe von 67 m² empfohlen, was sich aus den geforderten 200 m² ergebe, in einer hinreichenden Pflanzenzahl jedoch mit kleineren Pflanzen und unter einem mehrjährigen Schutz gegen Weidevieh. Die Beilag./A der Verhandlungsschrift zur Kostenaufstellung des Amtssachverständigen wird verwiesen.

Sachverhaltsfeststellungen:

Es ergibt sich somit, dass die Auflage in der abgeänderten Form, die sich durch die Chronologie des Verfahrens ergibt, erfüllt werden kann, wozu aber die nachhaltige Absicherung gegenüber dem Weidevieh notwendig ist. Die Kosten für diese Ersatzvornahme betragen Euro 856,00.

Beweiswürdigung:

Das Gutachten des Amtssachverständigen wurde in keinster Weise in Frage gestellt. Auch die Kostenberechnung des Amtssachverständigen wurde akzeptiert.

„Allgemeine Grundsätze

§ 1 VVG

(1) Vorbehaltlich des § 3 Abs. 3 obliegt den Bezirksverwaltungsbehörden

1.       die Vollstreckung der von ihnen selbst und von den ihnen übergeordneten Behörden erlassenen Bescheide;

Erzwingung anderer Leistungen und Unterlassungen

a) Ersatzvornahme

§ 4 VVG

(1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.“

Infolge der Feststellungen des Beschwerdeverfahrens war Spruchpunkt I über die Ersatzverordnung der Ersatzvornahme zu bestätigen. Es war aber Spruchpunkt II hinsichtlich der notwendigen Kosten abzuändern.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Christoph Lehne

(Richter)

Schlagworte

Ersatzaufforstung; Auflage; Ersatzvornahme;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.16.2242.5

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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