TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/4 W228 2172910-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.01.2018
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Entscheidungsdatum

04.01.2018

Norm

ASVG §341
ASVG §345
ASVG §410
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W228 2172910-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael SCHRIEFL, Dr. Anna BUCSICS, Dr. Johannes ZAHRL und Dr. Werner SCHRÖDER als Beisitzer über die Beschwerde des Dr. XXXX, vertreten durch Mag. XXXX, XXXX, 6911 Lochau, gegen den Bescheid der Paritätischen Schiedskommission vom 09.08.2017, Zl. XXXX, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen, mit der Maßgabe dass der Spruch des Bescheides zu lauten hat: "Das Begehren des Inhalts, zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin werde festgestellt, dass für die Verrechnung der Position 12 ein persönlicher Kontakt zwischen Antragsteller und bei der Antragsgegnerin versicherten Patienten nicht erforderlich ist, sondern vielmehr Voraussetzung für die Abrechnung der Position 12 eine ärztliche Leistung für Diagnose und Therapie des Patienten in der Ordination des Antragstellers ist, wird mangels Feststellungsinteresse zurückgewiesen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Am 09.08.2017 erging folgender Bescheid:

"[...] Das Begehren des Inhalts, zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin werde festgestellt, dass für die Verrechnung der Position 12 ein persönlicher Kontakt zwischen Antragsteller und bei der Antragsgegnerin versicherten Patienten nicht erforderlich ist, sondern vielmehr Voraussetzung für die Abrechnung der Position 12 eine ärztliche Leistung für Diagnose und Therapie des Patienten in der Ordination des Antragstellers ist, wird zurückgewiesen.

Begründung: Der Antragsteller (ASt) ist Vertragsarzt der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (AGin). Er stellte das aus dem Spruch ersichtliche Begehren und brachte vor, die Antragsgegnerin stehe seit Jahren auf dem Standpunkt, Position 12 könne nur dann verrechnet werden, wenn ein persönlicher Kontakt - "von Angesicht zu Angesicht" zwischen Vertragsarzt und Patient stattfinde. Diese Rechtsansicht könne den Bestimmungen der Honorarordnung aber nicht entnommen werden: Die Definition der Position 12 stelle von ihrem Sinn und Zweck wohl eindeutig auf eine vom Arzt persönlich in der Ordination erbrachte ärztliche Leistung (zur Diagnose und Therapie) ab, nicht aber auf einen persönlichen Kontakt zum Patienten. Wäre von den Vertragsparteien gewollt gewesen, dass ein persönlicher Kontakt zum Patienten als Verrechnungsvoraussetzung für die Position 12 normiert wird, wäre dies ausdrücklich erfolgt. Vielmehr sei aus einem Vergleich mit dem Wortlaut der Bestimmung für Position 9 (die auch keinen persönlichen Kontakt erfordere) abzuleiten, dass der Unterschied zwischen beiden Leistungspositionen jener ist, dass Position 9 von Angestellten des Arztes erbracht werden können, Position 12 jedoch eine ärztliche Leistung (also Anamnese, Diagnose, Therapie etc) erfordere, ohne dass dafür allerdings ein persönlicher Kontakt zum Patienten erforderlich sei. Es sei daher nicht auf den persönlichen Kontakt abzustellen, sondern darauf, ob eine ärztliche Leistung erbracht wird (Position 12), oder ob eine organisatorische Leistung (Position 9) erbracht wird. Diese Auslegung bedeute, dass jede bisher als Position 12 verrechnete ärztliche Leistung weiterhin als Position 12 verrechnet werden könne. Als Position 12 dürfe der ASt aber auch jede in der Ordination des Arztes erbrachte Leistung für Anamnese, Diagnose, Therapie etc verrechnen, die ohne Patientenkontakt stattfinde resp stattfinden könne (zB Durchsicht von eingelangten Fremdbefunden samt Entscheidung, ob der Patient einzuberufen ist bzw welche Maßnahmen zu setzen sind; Vorbereitung von Transportscheinen, wenn die ärztliche Entscheidung zu treffen sei, ob der Transport sitzend durchgeführt werden kann oder liegend durchgeführt werden muss; formularmäßige Vorbereitung, welche Laborparameter erhoben werden sollen etc). Der ASt habe die AGin mit Schreiben vom 6. 4. 2016 aufgefordert, diese Auslegung anzuerkennen. Dies habe die AGin abgelehnt. Die AG scheine auch die Richtigkeit der Rechtssicht des Antragstellers zu erkennen, habe sie doch: gemeinsam mit der Ärztekammer für NÖ in einem Rundschreiben vom Dezember klarzustellen versucht, dass nur der "direkte persönliche Kontakt" mit dem Patienten die Verrechnung einer Position 12 rechtfertige. Der Inhalt des Rundschreibens vom Dezember 2016 sei aber weder normativ noch verbindlich, noch könne die Antragsgegnerin gemeinsam mit der Ärztekammer für NÖ eine verbindliche Auslegung von Gesamtvertragsnormen vornehmen. Eine derartige Kompetenz käme nur den Gesamtvertragsparteien zu. Die AGin sei jedoch nicht Gesamtvertragspartei. Die AGin brachte vor, beim Begehren des Antragstellers handle es sich um eine Auslegung der Leistungspositionen 9 und 1 2 der Honorarordnung. Gemäß § 345 Abs. 2 Z 1 ASVG sei für die Entscheidung von Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrags die Landesschiedskommission zuständig. Antragslegitimiert seien in diesem Zusammenhang jedoch nur die Parteien eines Gesamtvertrags, sohin die Ärztekammer für NÖ und die AGin. Das Feststellungsbegehren sei daher mangels Zuständigkeit der angerufenen Schiedskommission sowie mangels Antragslegitimation des ASt zurückzuweisen. Ergänzend dazu wies die AGin darauf hin, dass keine vom Gesamtvertrag abweichenden bzw. ergänzenden Sonderregelungen der Vertragspartner des Einzelvertrages zulässig seien. In der Sache wurde das Vorbringen des ASt bestritten und in eventu die Abweisung des Antrags begehrt. Es entspreche dem übereinstimmenden Willen der Parteien des Gesamtvertrags, nämlich der Ärztekammer für Niederösterreich und der AG, dass die Verrechnung der Pos 12 einen direkten Kontakt zwischen Arzt/Ärztin und Patient/in voraussetzt. Diese im Rundschreiben vom Dezember 2016 zum Ausdruck gebrachte Auslegung entspreche der regelmäßigen Übung zwischen den Parteien des Gesamtvertrags, die bereits seit Jahrzehnten existiere. Diesen Erläuterungen des Gesamtvertrags komme für die Auslegung maßgebliche Bedeutung zu. Aus Sicht der AG stehe im Einvernehmen mit der Standesvertretung des ASt unmissverständlich fest, dass die Abrechnung von Pos. 12 einen Arzt/Ärztin-Patienten/Patientinnen-Kontakt erforderlich mache. Der Bescheidantrag des Antragstellers stelle lediglich einen Versuch dar, eine unstrittige Interpretation zu seinen Gunsten zu verändern.

Die Paritätische Schiedskommission hat erwogen: Gemäß § 344 ASVG ist die Paritätische Schiedskommission zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, zuständig.. Antragsberechtigt im Verfahren vor dieser Behörde sind die Parteien des Einzelvertrages. Gemäß § 345 Abs 2 Z 1 ASVG fällt Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Gesamtvertrages über die Auslegung oder die Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrages in die Kompetenz der Landesschiedskommission. § 341 Abs 3 ASVG normiert, dass der Inhalt des Gesamtvertrages auch Inhalt des zwischen dem Krankenversicherungsträger und dem Arzt abzuschließenden Einzelvertrages ist und Vereinbarungen zwischen dem Krankenversicherungsträger und dem Arzt im Einzelvertrag unwirksam sind, soweit sie gegen den Inhalt des jeweils geltenden Gesamtvertrages verstoßen. Der normative Teil der Gesamtverträge ist demnach zweiseitig zwingend, das heißt, dass abweichende einzelvertragliche Regeln auch nicht zugunsten der Ärzte zulässig sind (so auch die ganz herrschende Meinung: vgl nur die Nachweise bei Kletter in Sonntag (Hrsg), ASVG5 (2014) § 341 Rz 29, sowie Mosler in Grillberger/Mosler, Ärztliches Vertragspartnerrecht (2012)

82. Mit der 72. Novelle zum ASVG (als Teil des Bundesgesetzes zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung, BGBI I Nr 61/2010) wurde in § 343 Abs 1 dritter Satz ASVG eine Ermächtigung für die Einzelvertragsparteien geschaffen, abweichend von § 341 Abs 3 ASVG mit Zustimmung der zuständigen Ärztekammer ergänzende oder abweichende Regelungen hinsichtlich Art, Umfang und Honorierung der vertragsärztlichen Tätigkeit insbesondere im Zusammenhang mit der Festlegung der Öffnungszeiten, für Spitalsambulanzen entlastende Leistungen, oder für dislozierte Standorte zu treffen. An der grundsätzlichen Unabdingbarkeit der gesamtvertraglichen Regelungen sollte aber nichts geändert werden: § 343 Abs 1 dritter Satz ASVG ist als Ausnahmebestimmung konzipiert und lässt nur im Einzelfall Abweichungen bzw Ergänzungen zu, wofür es jeweils eine besondere Rechtfertigung in der Art der im Gesetz demonstrativ aufgezählten Gründe geben muss (SSV-NF 29/B1). Dies bedeutet, dass grundsätzlich die gesamtvertraglichen Honorarregelungen ohne Unterschied in gleicher Weise auf alle Vertragsärzte anzuwenden sind. Die Auslegungsfrage bezüglich der Bestimmungen der Honorarordnung kann nicht zwischen den Parteien des Einzelvertrags erfolgen, weil die Feststellung einer von der üblichen Vorgangsweise abweichenden für der Honorarabrechnung einer Sonderregelung im Verhältnis zu diesem Vertragsarzt gleichkäme, die aber nach § 341 Abs 3 ASVG nicht zulässig ist. Allgemeine Auslegungsfragen betreffend die Bestimmungen der Honorarordnung sind dem Verfahren gemäß § 345 Abs 2 Z 1 ASVG vorbehalten, an dem die Parteien des Gesamtvertrags beteiligt sind und dessen Ergebnis dann für alle Vertragsärzte Geltung hat, was auch dem Grundsatz des § 341 Abs 3 ASVG gerecht wird. Soweit es Honorarfragen betrifft fällt in die Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission nur die Überprüfung einer konkreten Honorarabrechnung im Streitfall (§ 32 Abs 2 Gesamtvertrag); das Begehren auf Feststellung einer bestimmten Auslegung einer gesamtvertraglichen Bestimmung überschreitet jedoch den Rahmen des § 344 ASVG und war daher zurückzuweisen. [...]"

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20.09.2017 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und bekämpfte den Bescheid mit folgenden Ausführungen: "[...] 1.) Richtig ist, dass nach der Konzeption des ASVG die jeweilige Landesschiedskommission zur Auslegung von Gesamtverträgen berufen ist. Einen diesbezüglichen Antrag können aber nur die beteiligte Ärztekammer (also eine der Länderärztekammern oder die Österreichische Ärztekammer) und der beteiligte Sozialversicherungsträger stellen. Darauf, dass die zuständige Ärztekammer einen solchen Antrag stellt, hat der einzelne Vertragsarzt keinen Rechtsanspruch, sondern allenfalls nur ein Anregungsrecht. 2.) Vorliegendenfalls wäre selbst ein Anregungsrecht völlig wirkungslos, weil die Ärztekammer für NÖ und die NÖGKK im Hinblick auf den drohenden Rechtsstreit eine vermeintlich wirksame Gesamtvertragsauslegung mittels gemeinsamen Rundschreibens vorgenommen haben, die dem Antrag des Antragstellers konträr entgegen gesetzt ist. Angesichts dieses Umstands wäre daher nicht zu erwarten, dass die Ärztekammer für NÖ einer entsprechenden Anregung des Antragstellers auf Einleitung eines Vertragsauslegungsverfahrens nachkäme. 3.) Der Inhalt der jeweiligen Gesamtverträge wird nach der Konzeption des ASVG unmittelbar Inhalt der jeweiligen kurativen Einzelverträge, ohne dass - nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs - inhaltliche Abweichungen oder Sondervereinbarungen zulässig wären. 4.) Der Inhalt der jeweiligen kurativen Einzelverträge bestimmt sich daher zwar nach dem Inhalt der jeweiligen Gesamtverträge, dennoch ist und bleibt ein kurativer Einzelvertrag ein eigenständiger Vertrag zwischen Vertragsarzt und Sozialversicherungsträger, wenn auch mit für den Vertragsarzt "fremdbestimmtem" und "fremdbestimmbarem" Inhalt. 5.) Zur Entscheidung von Streitigkeiten aus dem kurativen Einzelvertragsverhältnis ist nach der Konzeption des ASVG die jeweilige paritätische Schiedskommission berufen. 6.) Gegenständlich liegt eine solche Streitigkeit vor: Der Antragsteller steht unbestrittenermaßen in einem kurativen Einzelvertragsverhältnis zur Antragsgegnerin und macht im gegenständlichen Verfahren (Feststellungs-) Ansprüche aus diesem kurativen Einzelvertragsverhältnis geltend. Streitteile sind gegenständlich daher nicht die Gesamtvertragsparteien, sondern die Vertragsteile des kurativen Einzelvertrages. 7.) Die Paritätische Schiedskommission ist daher zur Entscheidung über den vorliegenden Antrag zuständig. 8.) Verneinte man dies, drohte dem Antragsteller eine Verweigerung der Zugangs zu Gericht: Wie sonst sollte er (Feststellungs-) Ansprüche aus dem kurativen Einzelvertragsverhältnis gegen seine Vertragspartnerin geltend machen als mit dem gegenständlichen Antrag? 9.) So judiziert der Verfassungsgerichtshof folgerichtig, dass selbstverständlich die Paritätischen Schiedskommissionen bei der Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten aus dem kurativen Einzelvertrag die Bestimmungen der Gesamtverträge zumindest vorfrageweise auszulegen haben. Eine Weigerung dies zu tun, wurde vom Verfassungsgerichtshof bisher stets als Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter angesehen. 10.) Nichts anderes kann gelten, wenn - wie hier ausnahmsweise - die Frage der Auslegung einer Gesamtvertragsbestimmung Hauptfrage eines Rechtsstreits ist. Erstens erfolgte eine solche Auslegung nicht für andere Paritätische Schiedskommission bindend (wie eine Auslegung durch die Landesschiedskommission, deren Auslegung kraft gesetzlicher Anordnung alle Paritätischen Schiedskommissionen binden würde), sondern wäre nur zwischen den Streitteilen verbindlich. Zweitens müsste die Paritätische Schiedskommission die gegenständliche Frage jedenfalls dann als Vorfrage klären, wenn der Antragsteller in Hinkunft nach seiner Auslegung abrechnen würde und die Antragsgegnerin Rückforderungen gegen ihn stellen würde, ein "Umweg", der dem Antragsteller nicht zumutbar ist. Drittes gebietet Art 6 der Menschenrechtskonvention den Zugang zu Gericht, also auch den Zugang zu einem Gericht, das zivilrechtliche (ständige Judikatur Verfassungsgerichtshof und Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) Feststellungsansprüche zwischen Vertragsparteien entscheidet. 11.) Zur Vermeidung einer Verweigerung des ordnungsgemäßen Zugangs zu Gericht muss - auch in verfassungskonformer Interpretation der einschlägigen Bestimmungen des ASVG - daher die Paritätische Schiedskommission zur Entscheidung des vorliegenden Feststellungsantrages zuständig sein. Der eingangs gestellte Antrag ist daher begründet."

Am 10.10.2017 langte die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Am 04.07.2017 gewährte das Bundesverwaltungsgericht dem Rechtsvertreter Beschwerdeführers Parteiengehör mit folgenden Ausführungen: "In Ihrer Beschwerde machen Sie geltend, dass eine Entscheidung der PSK und des Bundesverwaltungsgerichtes im Verfahrensgegenstand aufgrund des Feststellungsantrages notwendig ist, da 1.) sich keine Bindung für andere PSK ergeben würden, sondern die Entscheidung nur zwischen Streitteilen verbindlich wäre;

2.) wenn der BF abrechnen würde, müsste PSK sowieso Vorfrage GV klären. Die NÖGKK würde dann Rückforderungen stellen und dieser Umweg sei dem Antragsteller nicht zumutbar; 3.) Art. 6 EMRK Zugang zu Gericht gewährleisten soll, das zivilrechtliche Feststellungsansprüche zwischen Vertragsparteien entscheidet. Ad 1.) ist auszuführen, dass aus derzeitiger Sicht des Vorsitzenden Richters gerade dieses Vorbringen gegen eine Entscheidungszuständigkeit der PSK spricht. Dieses Vorbringen führte unweigerlich zum Zerklüften des Gesamtvertrages. Viel eher wäre, falls ein Feststellungsrecht überhaupt zulässig wäre, diese im Zuständigkeitsrahmen der LSK anzusiedeln. Diesbezüglich ist auf die Ausführungen in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, §56, Rz 83f, zu verweisen. Wenn dem AMS nicht über die Flüchtlingseigenschaft einer Person ein Feststellungsrecht zukommt und die "Erlassung eines Feststellungsbescheides in die Zuständigkeit jener Behörde fällt, "zu deren Wirkungsbereich der engste sachliche Zusammenhang besteht"", wird durch den Vorsitzenden Richter derzeit die Schlussfolgerung gezogen, dass der engste sachliche Zusammenhang zur LSK besteht, zumal es ja nicht um einen Leistungsanspruch geht, sondern um einen Feststellunganspruch und somit eine Auslegungsfrage, und somit nicht die PSK entscheiden darf. Ad 2.) Zuvor hat der Vorsitzende Richter schon angedeutet, dass auch noch nicht geklärt ist, ob ein Feststellungsanspruch überhaupt besteht. Dieser ist nämlich nur subsidiär zulässig (siehe Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, §56, Rz 77ff). Hier stellt sich das Vorbringen der Unzumutbarkeit des Rechtsweges über die Abrechnung durch den Beschwerdeführer und die Rückforderung durch die NÖGKK als derzeit unsubstantiiert dar. Ad

3.) Der Vorsitzende Richter verweist hier auf Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, §56, Rz 77f, und darauf, dass dieses Vorbringen nach derzeitiger Sicht nur eine ältere Judikatur des VfGH und lediglich einen Teil der Lehrmeinungen darstellt. Dieses Vorbringen findet jedoch nicht mit der Entscheidung im verstärkten Senat des VwGH vom 04.11.1992, Zl. 86/17/0162, Deckung. [...]".

Am 22.10.2017 wurde folgende Stellungnahme des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers an das Bundesverwaltungsgericht gefaxt, da

Probleme mit dem ERV bestanden: "[...] a.) § 341 Abs 1 Satz 1 und 2

ASVG lautet: Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten sowie den Gruppenpraxen werden jeweils durch Gesamtverträge geregelt. Diese sind für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen. § 341 Abs 3

ASVG lautet: Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes oder für den Sitz der Gruppenpraxis geltenden Gesamtvertrages verstoßen. Die Ähnlichkeit des Rechtsinstituts des kurativen Gesamtvertrages zum arbeitsrechtlichen Kollektivvertrag wird in der Lehre und Rechtsprechung zu Recht betont: Beim kurativen Gesamtvertag handelt es sich um einen "Normenvertrag", der kraft der gesetzlichen Anordnung des § 341 Abs 3 Satz 1 ASVG gleichzeitig der Vertragsinhalt des kurativen Einzelvertrags darstellt (unstrittig in Lehre und Rechtsprechung). Er wird - wie ein Kollektivvertrag von kollektivvertragsfegen Parteien - von den Gesamtvertragsparteien abgeschlossen, also der jeweils zuständigen gesetzlichen Interessensvertretung der Ärzte sowie für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. Ein Unterschied zur Wirkungsweise des Kollektivvertrags besteht darin, dass einem Gesamtvertrag widersprechende Einzelvereinbarungen zwischen den Parteien des kurativen Einzelvertrags (Arzt und Sozialversicherungsträger) unzulässig sind, was seinen Grund in der gebotenen Gleichbehandlung aller Vertragsärzte findet. Dass Gegenstand des kurativen Einzelvertragsverhältnisses "civil rights" im Sinne des Art 6 EMRK sind, ist in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unstrittig anerkannt (letzterer in den Entscheidungen Stechauner vs. Austria, Fragner vs. Austria, Thaler vs. Austria, Pechstein vs. Austria). Dasselbe gilt offenkundig auch für das (nicht hoheitliche) Arbeitsverhältnis. § 1 JN weist die Gerichtsbarkeit in zivilrechtlichen Angelegenheiten den ordentlichen Gerichten zu. Von diesem allgemeinen Grundsatz abweichend sind im kurativen Kassenvertragsrecht gemäß §§ 344 ASVG Sonderverwaltungsbehörden zur Gerichtbarkeit berufen: Da Leistungsstreitigkeiten zwischen den Gesamtvertragsparteien naturgemäß nicht vorkommen können, ist die Landesschiedskommission - abgesehen von hier nicht interessierenden Zuständigkeiten (zB im Kündigungsanfechtungsverfahren) - zur "Auslegung" (also zur Feststellung des Inhalts) von Gesamtvertragsbestimmungen berufen, während die Paritätischen Schiedskommissionen zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten aus dem kurativen Einzelvertrag berufen sind. Die Parteien des Verfahrens vor der Landesschiedskommission sind die Gesamtvertragsparteien, also Ärztekammer und Sozialversicherungsträger, die Parteien im Verfahren vor den Paritätischen Schiedskornmissionen die Parteien des kurativen Einzelvertrags, also Arzt und Sozialversicherungsträger. Eine der Parteien des kurativen Einzelvertrags, nämlich der Sozialversicherungsträger, kann daher jedenfalls bei der Landesschiedskommission einen Antrag auf Auslegung einer Gesamtvertragsbestimmung stellen, wobei die Landesschiedskommission gemäß § 347 Abs 3 ASVG mit erweiterter Bindungswirkung nach hL auch bindend für die Paritätischen Schiedskommissionen entscheidet. Der andere Vertragspartner des kurativen Einzelvertrags, der einzelne Arzt, kann zwar ein Verfahren gegen den Sozialversicherungsträger vor der Paritätischen Schiedskommission einleiten, da er aber nicht Gesamtvertragspartei ist, kein Auslegungsverfahren vor der Landesschiedskommission einleiten. Verträte man die Rechtsansicht, der einzelne Arzt habe keinen Anspruch auf Einleitung eines "Auslegungsverfahrens" gegen seinen Vertragspartner, den Sozialversicherungsträger, vor der Paritätischen Schiedskommission, verstieße dies gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen Art 6 EMRK:

Sowohl dem innerstaatlichen Gleichheitsgrundsatz als auch Art 6 ERMK ist unbestrittenermaßen der Grundsatz der "Waffengleichheit der Parteien" zu entnehmen. Eine Interpretation von gesetzlichen Bestimmungen, wonach einem Vertragspartner eines zivilrechtlichen Vertrags, gegenständlich dem Sozialversicherungsträger, ein Rechtsanspruch auf "Auslegung" von Vertragsbestimmungen zukommt, dem anderen Vertragspartner dieses zivilrechtlichen Vertrags, dem Vertragsarzt, jedoch nicht, verstößt gegen den Grundsatz der Waffengleichheit der Parteien. Folgte man der vorläufig vom Gericht geäußerten Rechtsansicht, würde dies plakativ formuliert bedeuten, dass die NÖGKK die gegenständliche Auslegungsfrage (ohne weitere Prozessvoraussetzungen!) wohl mit Bindungswirkung für die Paritätische Schiedskommission vor das Bundesverwaltungsgericht als II. Instanz (über die Landesschiedskommission) bringen kann, der Beschwerdeführer hingegen nicht. Dies verstößt nicht nur gegen den Grundsatz der Waffengleichheit der Parteien, sondern verstößt auch gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter, indem dem Beschwerdeführer "Zugang zu Gericht verweigert" wird. In verfassungskonformer Interpretation muss daher einem Vertragsarzt ein Rechtsanspruch auf Einleitung eines "Auslegungsverfahrens", also ein Rechtsanspruch auf einen Feststellungsantrag, eingeräumt sein. Ein solches Verfahren kann nur vor der Paritätischen Schiedskommission eingeleitet werden, weil der einzelne Vertragsarzt nur Verfahrenspartei des dortigen Verfahrens sein kann. Die so erfolgte Auslegung von Gesamtvertragsbestimmungen entfaltet nur zwischen den Vertragsparteien Bindungswirkung. Wenn dem Sozialversicherungsträger ein solches Recht unbeschränkt eingeräumt ist, muss dies auch für den Vertragsarzt - zB unabhängig von Umwegszumutbarkeitserwägungen - gelten. Da jedenfalls ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers an der begehrten Feststellung besteht - immerhin bestreitet der Vertragspartner NOGKK die Auslegung bestimmter Vertragsbestimmungen durch den Beschwerdeführer, ist der gegenständliche Feststellungsantrag auch zulässig. Selbst wenn man davon ausginge, dass auch Umwegszumutbarkeitserwägungen anzustellen seien, wäre nichts gewonnen: Eine Abrechnung gegen Vertragsbestimmungen könnte dem Beschwerdeführer als beharrliche Vertragsverletzung im Sinne des § 343 Abs 4 ASVG angelastet werden und könnte der Sozialversicherungsträger gestützt auf die genannte Bestimmung das kurative Einzelvertragsverhältnis aufkündigen. Zwar stünde dem Beschwerdeführer dann das Kündigungsanfechtungsverfahren gemäß § 343 Abs 4 ASVG offen; ein solche Verfahren mit allenfalls offenem Ausgang zu riskieren ist dem Beschwerdeführer aber jedenfalls nicht zumutbar, weil der kurative Einzelvertrag seine wirtschaftliche Existenzgrundlage bildet. Seine Ordination ist als Kassenordination aufgebaut (Lage, Größe, Schwerpunkt); als Wahlarzt könnte der Beschwerdeführer wirtschaftlich nicht erfolgreich agieren. Auch diese Erwägungen sprechen letztlich für die Zulässigkeit des gegenständlichen Feststellungsantrags. [...] c.) Da wie ausgeführt - ohne die Sonderbestimmungen des ASVG - nach § 1 JN ordentliche Gericht zur Entscheidung von Streitigkeiten aus dem kurativen Einzelvertrag berufen wären und die ZPO ein kontradiktorisches Verfahren normierte, während das AVG gerade kein kontradiktorisches Verfahren, sondern ein (zumeist) amtswegiges, vom Untersuchungsgrundsatz geprägtes Verfahren ist, ist bei der Auslegung der Bestimmungen des ASVG zudem auf Grundsätze der ZPO zurückzugreifen und nicht auf die Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu Verfahrensfragen in typischen amtswegig nach Untersuchungsgrundsatz geführten Verfahren. Dass der gegenständliche Feststellungsantrag nach den Grundsätzen der ZPO jedenfalls zulässig ist, wird wohl nicht bestritten werden. d.) Bestritten wird auch, dass die Landesschiedskommission mit Bindungswirkung für die Paritätischen Schiedskommissionen entscheiden kann: Diesfalls wäre dem Beschwerdeführer sogar in dem Fall, dass ihm der Umweg über eine Verrechnung der strittigen Leistungen zugemutet werden würde, der Weg zur "Auslegung" der Bestimmungen seines kurativen Einzelvertrages gänzlich verwehrt, wenn sein Vertragspartner Sozialversicherungsträger eine bindende Auslegung durch die Landesschiedskommission erwirkt. Wie diese Auslegung im konkreten Fall erfolgen würde, haben die Gesamtvertragsparteien bereits in dem im Verfahren vorgelegten gemeinsamen Rundschreiben dargestellt. Da die Gesamtvertragsparteien zudem vier "Richter" in die Landesschiedskommission entsenden können; die den vorsitzenden "echten" Richter überstimmen können, und nur den Gesamtvertragsparteien ein Beschwerderecht gegen die Entscheidung der Landesschiedskommission zukommt, der Beschwerdeführer aber gar nicht am Verfahren teilnehmen darf, ist eine Entscheidung gegen die Interessen des Beschwerdeführers vorprogrammiert. Dem Beschwerdeführer wäre auch diesfalls der Zugang zu Gericht verwehrt, er wäre rechtlos gestellt. e.) Wie man es dreht und wendet: In verfassungskonformer Interpretation aller relevanten Bestimmungen muss der gegenständliche Feststellungsantrag zulässig sein."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer begehrt per Feststellungsantrag die Auslegung der Bestimmung der Positionsnummer 12 der Honorarordnung im Sinne dessen, dass eine Verrechnung auch zulässig sei, wenn kein persönlicher Kontakt zwischen Arzt und Patient stattfand.

Eine Verrechnung der Position an die NÖGKK ohne diesen persönlichen Kontakt hat der Beschwerdeführer bisher nicht vorgenommen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere den Eingaben des Beschwerdeführers und sind unstrittig. Es geht um die Beurteilung der Rechtsfrage der Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

§ 347b Abs. 2 ASVG bestimmt, dass im Falle von Beschwerden gegen Bescheide der Paritätischen Schiedskommissionen Versicherungsvertreter / Versicherungsvertreterinnen und Arbeitnehmer / Arbeitnehmerinnen jenes Versicherungsträgers sowie Angehörige und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen jener Ärztekammer, die Vertragsparteien des Gesamtvertrages sind, auf dem ein streitgegenständlicher Einzelvertrag beruht, im jeweiligen Verfahren nicht Laienrichter/Laienrichterin sein dürfen; das Gleiche gilt für Personen, die bei der Erarbeitung der Richtlinie nach § 347 Abs. 5 mitgewirkt haben, wenn in einem Verfahren die Richtlinie anzuwenden ist.

Im vorliegenden Fall liegt demnach Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Abweisung mangels Feststellungsinteresse

Sachnähere Behörde:

Vorerst ist zu erörtern, ob der Feststellungsantrag bei der sachnächsten Behörde gestellt wurde. Diesbezüglich sind folgende Entscheidungen zu erwähnen:

OGH vom 16.11.1988, Zl. 9 Ob A 515/88: "Es ist daher vorerst zu prüfen, ob das den Gegenstand des besonderen Feststellungsverfahrens bildende Recht oder Rechtsverhältnis eine Arbeitsrechtssache im Sinne des § 50 ASGG ist. Streitigkeiten über den obligatorischen Teil eines Kollektivvertrages gehören nämlich nicht zu den Arbeitsrechtssachen nach dieser Gesetzesstelle (vgl. Kuderna, ASGG § 54 Erl. 12)."

BVwG vom 31.08.2017, Zl. W201 2011241-1 "Der Gesamtvertrag setzt sich aus dem Rahmenvertrag mit den grundsätzlichen und allgemeinen Regelungen und den Anhängen, zu denen auch die Honorarordnung und die e-card-Vereinbarung zählen, zusammen. Bei den Normen des Gesamtvertrages samt Anhängen ist zwischen dem obligatorischen Teil und dem normativen Teil zu unterscheiden. Dem obligatorischen Teil werden jene Normeninhalte zugeordnet, die nur das Rechtsverhältnis zwischen den Gesamtvertragsparteien regeln und deren kollektives Ziel betreffen [vgl Reinhard Resch, Obligatorische (schuldrechtliche) Abreden zwischen Gesamtvertragsparteien, RdM 2012/138, 244]. Der normative Teil erfasst jene Bestimmungen, die sich auf Individualinteressen der Vertragsärzte beziehen und auch einer Regelung im Einzelvertrag zugänglich sind. Diese betreffen die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte und deren Honorierung [vgl Kletter in Sonntag (Hrsg), ASVG (2016), § 341 Rz 17f]. [...] Da es sich bei der einen Bestandteil des Gesamtvertrages bildenden Honorarordnung um eine dem normativen Teil zuzuordnende Bestimmung handelt, [...]"

BVwG vom 02.12.2014, W178 2005755-1: "[...] Wie der BF in seinem Rechtsmittel anführt, hat der OGH mit Beschluss vom 30. Mai 2012, 7 Ob 52/12s, festgestellt, dass für die geltend gemachten Ansprüche, die sich auf Honorarforderungen aus dem Einzelvertrag bezögen, der Rechtsweg unzulässig sei. Gemäß § 344 Abs 1 ASVG sei zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die mit dem Einzelvertrag in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang stünden, die Paritätische Schiedskommission berufen. Diese Bestimmung sei weit auszulegen. Selbst wenn die Zusatzvereinbarung als echter Vertrag zugunsten Dritter zu qualifizieren wäre, würde ein derartiger rechtlicher oder zumindest tatsächlicher Zusammenhang der konkreten Streitigkeit zum Einzelvertrag vorliegen, sodass es weiterhin bei der Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission bliebe. Für Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, ist gemäß § 344 Abs 1 ASVG die paritätische Schiedskommission berufen. [...]"

Die erstzitierte Entscheidung ist zwar nicht direkt einschlägig, da es sich um eine Entscheidung des Zivilgerichtes handelt, zeigt aber schon in Grundsätzen, die Struktur der Zuständigkeitsfragen und die Ähnlichkeit des Kollektivvertragsrechtes mit dem hier anzuwenden Recht.

Die beiden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes stellen die Untergliederung des Gesamtvertrages in obligatorischen Teil und normativen Teil dar. Weiters verweisen diese darauf, dass der normative Teil einer Regelung im Einzelvertrag zugänglich ist. Aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Aktiv- und Passivlegitimation ist dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers daher zuzugestehen, dass grundsätzlich die Paritätische Schiedskommission als sachnähere Behörde zu werten ist und nicht die Landesschiedskommission, da Ärzte keine Parteistellung vor der LSK in Fragen der Auslegung der Honorarbestimmung haben. Somit ist weiters zu prüfen, ob eine Umwegsunzulässigkeit vorliegt.

Umwegszulässigkeit:

Hinsichtlich der Unzulässigkeit des Umwegs bringt der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vor, dass eine Verrechnung der Positionen entgegen der Ansicht des Sozialversicherungsträgers zu einer beharrlichen Pflichtverletzung und somit zu einer Kündigung des Einzelvertrages führen würde.

Bezüglich dieses Vorbringens ist auf die in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, §56, Rz 77ff zitierte VwGH Judikatur zu verweisen. Ein drohendes Disziplinarverfahren kann nicht zu einem gesonderten Feststellungsinteresse führen. Nun versucht der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers einen noch größeren Eingriff als ein reines Disziplinarverfahren geltend zu machen, in dem er auf die Kündigung des Einzelvertrages verweist.

Jedoch steht die Kündigung des Einzelvertrages erst am Ende einer "beharrlichen" Pflichtverletzung. Wenn der Beschwerdeführer die Frage zu einer Verrechnungsposition geklärt haben möchte, muss er diese nicht dauerhaft und stur gegen die Ansicht des Sozialversicherungsträgers verrechnen, sondern nur solange, bis er ein Musterverfahren führen kann. Somit würde es dann jedenfalls an der Beharrlichkeit mangeln. Wieso es daher zu einer beharrlichen Pflichtverletzung und somit zur Kündigung des Einzelvertrages kommen sollte, ist seitens des Senates nicht nachvollziehbar.

Daher ist dem Beschwerdeführer der Umweg über eine Verrechnung zumutbar und kein Feststellungsinteresse gegeben.

Sonstige Argumente des Beschwerdeführers:

Der Senat verweist hinsichtlich des Arguments des Art. 6 EMRK bezüglich Zugang zu Gericht auf Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, §56, Rz 77f, und darauf, dass dieses Vorbringen nur eine ältere Judikatur des VfGH und lediglich einen Teil der Lehrmeinungen darstellt. Dieses Vorbringen findet jedoch nicht in der Entscheidung im verstärkten Senat des VwGH vom 04.11.1992, Zl. 86/17/0162, Deckung. Außerdem ist über den Umweg der Verrechnung ein Zugang zu Gericht gewahrt.

Hinsichtlich der Argumentation bei der Besetzung der Landesschiedskommission und der verwendeten Diktion "[...] zudem vier "Richter" in die Landesschiedskommission entsenden können; die den vorsitzenden "echten" Richter überstimmen können [...]" darf der gegenständliche Senat, der die Entscheidung der Paritätischen Schiedskommission überprüft und ebenfalls mit 4 Laienrichtern besetzt ist, darauf hinweisen, dass auch dieser aus nur einem "echten" Richter besteht. Die Formulierung erscheint dem Senat unglücklich und unzweckmäßig gewählt, da das Infragestellen der Laiengerichtsbarkeit grundsätzlich an den Gesetzgeber zu richten ist. Verfassungsrechtliche oder einfachgesetzliche Problemstellungen, welche die Ausnahme zum Grundsatz darstellen könnten, sind für den gegenständlichen Fall jedenfalls keine zu erkennen, zumal beide Schiedskommissionen als auch die Rechtsmittelsenate in Senatsform mit Laienrichtern entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Unzulässigkeit des Umwegs betreffend Feststellungsinteressen ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Feststellungsantrag, Feststellungsinteresse, Gesamtvertrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W228.2172910.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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