Norm
BDG 1979 §44 Abs1Schlagworte
Verstoß gegen das Alkoholverbot; Entzug der Lenkerberechtigung; Lenken eines Dienstfahrzeuges im alkoholisiertem Zustand und Verursachen eines VerkehrsunfallsText
Verstoß gegen Alkoholverbot; Entzug der Lenkerberechtigung; Lenken eines Dienstfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand und Verursachen eines Verkehrsunfalls
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Dr. Gottfried Nowak als Senatsvorsitzenden sowie ZI Johann Loibichler und ZI Christian Hofer als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates VI nach der am 17. Oktober 2016 in Anwesenheit der Disziplinaranwältin Dr. Gerda Minarik und des Beschuldigten NN sowie seines Verteidigers Kurt Friedl, Beamter, durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
NN
Zusteller in der Zustellbasis XX
ist
s c h u l d i g.
Er hat
1. am 2. April 2016 um 5:00 Uhr, seinen Samstagsdienst mit einem Restalkoholwert von ca. 2 Promille angetreten, anschließend in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand sein Dienstfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen PT .. in Betrieb genommen, gelenkt und einen Verkehrsunfall – Beschädigung des Dienst-PKWs und eines Zaunes durch Kollision mit einer Zaunsäule – verursacht, sowie
2. durch die darauf erfolgte Entziehung seiner Lenkerberechtigung aufgrund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft S vom 18. April 2016, Zl. .. für die Dauer von sechs Monaten, die für die Ausübung seines zugewiesenen Arbeitsplatzes unbedingt erforderliche Lenkerberechtigung verloren.
NN hat dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 nämlich bezüglich des Spruchpunktes 1.
seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979)
und bezüglich beider Spruchpunkte
in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 BDG 1979)
schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.
Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 die
Disziplinarstrafe der
G e l d b u ß e
in Höhe von EUR 600,-- (Euro sechshundert)
verhängt.
Gemäß § 127 Abs. 2 BDG 1979 wird die Abstattung der Geldbuße in 12 Monatsraten zu EUR 50,-- bewilligt.
Verfahrenskosten sind keine angefallen.
B e g r ü n d u n g
NN steht seit 1986 im Postdienst und wird bei der Zustellbasis XX als Zusteller in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell verwendet. Mit 1. Juli 1990 wurde er zum Beamten ernannt.
Sein Bruttomonatseinkommen beträgt EUR ... Der Beschuldigte ist ledig und hat Sorgepflichten für eine ..-jährige Tochter. An Alimente leistet er monatlich EUR 205,--. Der Beschuldigte hat keine zusätzlichen Einkommen.
NN befindet sich seit 15. April 2016 im Krankenstand und hat am 7. April 2016 beantragt, ihn aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand zu versetzen.
Aus der Dienstbeurteilung vom 27. Juni 2016 geht im Wesentlichen hervor, dass der Beamte seine dienstlichen Aufgaben „stets beflissen, mit gebotener Sorgfalt und Effizienz zur allgemeinen Zufriedenheit“ erledigt habe. Er war zu Kollegen zuvorkommend und hilfsbereit, gegenüber seinen Vorgesetzten stets loyal und kooperativ.
Zum Sachverhalt:
NN wurde am 4. April 2016 von seinem Vorgesetzten, Distributionsleiter L, zu dem Vorfall niederschriftlich einvernommen und hat zugegeben, dass er am Vorabend des 2. April 2016, demnach am 1. April 2016, alkoholische Getränke konsumierte, wobei sich die Konsumation des Alkohols über die ganze Nacht erstreckte.
Trotz seines durch Alkohol stark beeinträchtigten Zustandes begab sich NN am 2. April 2016 in die Zustellbasis, um seinen Samstag-Zeitungsdienst zu versehen, wobei er den Weg dorthin in seinem Privat-PKW zurücklegte.
Laut eigener Aussage fuhr NN im Zuge des Zustellganges mit dem Dienst-PKW im Rückwärtsgang gegen eine Zaunsäule, wobei einige Zaunschindeln beschädigt wurden und die Rückscheibe des Dienst-PKWs zerbarst. Mit dem Eigentümer des Zaunes habe er noch vor Ort die Begleichung des Schadens mittels privater Rechnungslegung vereinbart und seinen Zustellgang fortgesetzt.
Nach Beendigung der Zustellung fuhr der Beamte über die A10 Tauernautobahn in Richtung Zustellbasis XX, als er bei der Abfahrt P von einer Polizeistreife angehalten wurde. Ein von der Exekutive durchgeführter Alkoholtest ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,03 mg/l Atemluftalkoholgehalt (= 2,06 Promille), worauf NN der Führerschein von der Exekutive umgehend abgenommen wurde.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 18. April 2016, Zl. .., wurde NN die Lenkerberechtigung im gesamten Berechtigungsumfang für die Dauer von sechs Monaten, ab Zeitpunkt der vorläufigen Abnahme des Führerscheins am 2. April 2016 bis 2. Oktober 2016, entzogen. Des Weiteren wurde eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker bei einer behördlich hierzu ermächtigten Stelle, ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme angeordnet.
Da der weitere dienstliche Einsatz des Beamten für die Dauer des Führerscheinentzuges zu klären war, wurde dieser ab 4. April 2016 vorerst nicht zum Dienst zugelassen. Am 7. April 2016 wurde auf Antrag des Beamten ein Ruhestandsversetzungsverfahren gemäß § 14 BDG 1979 eingeleitet.
Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 4. April 2016 gab der Beschuldigte an, dass ihm der Vorfall leid täte und er alle entstandenen Schäden begleichen werde. Eine Rückfrage bei der Regionalleitung Distribution hat ergeben, dass NN die Reparaturkosten für das Dienstfahrzeug erstattet hat.
Festgehalten wird, dass NN, laut eigenen Angaben, bereits 2006 der Führerschein für die Dauer von neun Monaten entzogen worden war und er in diesem Zeitraum einen Moped-Zustellrayon bediente.
Der oben dargestellte Sachverhalt wurde vom Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2016 vollinhaltlich bestätigt. Die Vorschrift über das absolute Alkoholverbot sowie über die Verpflichtung bei einem Lenkdienst vor Dienstantritt keinen Alkohol zu konsumieren waren dem Beschuldigten bekannt.
In der mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2016 gab der Beschuldigte an, dass er gesundheitlich schwer angeschlagen sei, seit längerer Zeit an Depressionen leide und aus diesen Gründen einen Pensionsantrag gestellt habe. „Ich habe immer wieder Aussetzer gehabt. Ich habe geschaut, dass ich keinen Dienst gehabt habe, wenn ich fortgegangen bin. Manchmal gab es Abstürze und das oftmals in Verbindung mit Alkohol.
Ich bin seit ca. 6 Monaten in psychiatrischer Betreuung. Ich habe jedoch auch davor Psychopharmaka genommen und war in ständiger ärztlicher Behandlung.“ … „Mein Alkoholkonsum war derart, dass ich, etwa einmal im Monat, wenn ich fortgegangen bin, einen richtigen Absturz hatte und extrem viel Alkohol getrunken habe. Dazwischen hat es Zeiten gegeben, wo ich nichts getrunken habe. Ich trinke eher in Gesellschaft.“ So sei er in der Nacht vor dem Vorfall mit Freunden zusammengesessen und habe über die ganze Nacht sehr große Mengen Bier – „es waren auf alle Fälle 8 – 10 Bier, wenn nicht mehr – getrunken.
Er habe grundsätzlich eine positive Dienstauffassung, sei aus diesem Grund des Öfteren krank arbeiten gegangen. „Deswegen ist es für mich festgestanden, dass ich Samstag Dienst machen würde.“ Er habe sich an diesem Morgen zwar „ausgesprochen müde“, aber „an sich fahrtüchtig gefühlt.“
Nach der Beschädigung des Zaunpfahles habe er die Modalitäten der Schadenswiedergutmachung mit dem Geschädigten abgeklärt.
Dem Beschuldigten sei bewusst, dass ein Alkoholkonsum bei seinen gesundheitlichen Problemen kontraproduktiv sei. Die vorliegende Situation sei für ihn eine große Belastung.
Aufgrund der neurologisch-psychiatrischen Stellungnahme seines behandelnden Facharztes Univ.-prof Dr. L leide der Beschuldigte an einer chronifizierten Depression mit einer endogenen erblichen Komponente, wobei der klinische Befund einer Angststörung ähnle. Der Beschuldigte sei dadurch „verlangsamt, leicht erschöpfbar und überängstlich“.
Dieser Sachverhalt ergibt sich aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2016, der Disziplinaranzeige des Personalamtes Salzburg vom 10. August 2016, des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft S vom 18. April 2016, Zl. .., der niederschriftlichen Einvernahme des Beschuldigten vom 4. April 2016, der Schadensaufstellung vom 6. April 2016, der Dienstbeschreibung vom 27. Juni 2016 und der SAP-Ausdrucke.
Der Beschuldigte zeigte sich in der mündlichen Verhandlung bezüglich beider Anschuldigungspunkte des Einleitungsbeschlusses vom 10. August 2016 voll geständig und einsichtig.
Sein inkriminiertes Verhalten sei jedoch auch als Reaktion aufgrund seiner gesundheitlichen und psychischen Belastungen anzusehen. Ein etwaiger Schuldausschließungsgrund wurde vom Beschuldigten nicht vorgebracht.
Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes hat NN demnach ohne Zweifel gegen bestehende interne Weisungen (absolutes Alkoholverbot) der Österreichischen Post AG verstoßen und darüber hinaus auch § 6 Abs. 4 Unfallverhütungsvorschrift für den Postbetriebsdienst / Unfallverhütung Post Pkt. 9 missachtet, wonach beim Lenken von ein- und mehrspurigen Fahrzeugen bereits der Alkoholkonsum eine angemessene Zeit vor Arbeitsbeginn verboten ist. Das absolute Alkoholverbot gründet sich auf die Vorschriften der Dienstanweisung „Unfallverhütung Post – Leitfaden für Vorgesetzte zur Unterweisung von Mitarbeitern“, Punkte A. 1. und 8. Die Weisung, ein absolutes Alkoholverbot einzuhalten, ist jedenfalls gerechtfertigt und sinnvoll, um einen möglichst rationellen und sicheren Arbeitseinsatz, insbesondere im Lenkdienst, zu gewährleisten und wahrnehmbaren Alkoholgeruch der im Kundenverkehr beschäftigten Mitarbeiter zu vermeiden.
Die Befolgung dienstlicher Anordnungen, insbesondere die Einhaltung des absoluten Alkoholverbotes stellt eine der Kernpflichten eines Beamten dar und ist eine Grundvoraussetzung, dass ein Dienstbetrieb mit zahlreichen Mitarbeitern und Dienststellen reibungslos funktionieren kann. Die Befolgung von dienstlichen Weisungen sind somit eine wesentliche Voraussetzung für einen reibungslosen Betriebsablauf.
Der Beschuldigte hat durch sein Verhalten einen schwerwiegenden Weisungsverstoß zu verantworten (§ 44 Abs. 1 BDG 1979).
In den jährlich durchgeführten Arbeitnehmerschutz- und Unfallverhütungsschulungen werden alle Mitarbeiter regelmäßig auf das absolute Alkoholverbot im Dienst, das sich für Mitarbeiter, die im Dienst ein Kraftfahrzeug zu lenken haben, hingewiesen und geschult. Es geht dabei nicht nur um das erhöhte Sicherheitsrisiko sondern auch um den damit verbundenen Imageschaden für den Dienstgeber und um Haftungsfragen, die den Dienstgeber treffen können.
Die Verwendung des Dienstfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand und den daraus entstandenen konkreten Folgen – das Verursachen eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden – stellen eine objektiv schwerwiegende Beeinträchtigung des Dienstbetriebes und auch des eingeforderten Vertrauens gegenüber dem Arbeitgeber und der Allgemeinheit dar.
Faktum ist, dass alkoholbedingte Beeinträchtigungen im Fahrdienst und den daraus möglichen Folgen, insbesondere für das Leben und die Gesundheit von Verkehrsteilnehmern, äußerst negativ in der Öffentlichkeit gesehen werden und ein entsprechendes Verhalten eines Mitarbeiters im motorisierten Zustelldienst einen großen Stellenwert darstellt. Der Beschuldigte hat durch seine Handlungsweise zweifellos in extremer Weise das Ansehen und die Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens Österreichische Post AG geschädigt (§ 43 Abs. 2 BDG 1979).
Der Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung stellt außerdem ein konkretes Erfordernis für die Bewältigung der dienstlichen Aufgaben des Beschuldigten dar. Bei einem Beamten im Zustelldienst der Österreichischen Post AG wird die Mobilität im Rahmen seiner Dienstausübung gefordert und wird dem Lenken eines Dienstkraftfahrzeuges ebenfalls ein hoher Stellenwert eingeräumt.
Wenn ein Beamter für den Zeitraum des Entzuges der Lenkerberechtigung nicht zum Lenken eines Dienstkraftfahrzeuges eingesetzt werden kann, obwohl dies ein dienstliches Erfordernis darstellt, dann liegt ein besonderer Funktionsbezug und damit eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 vor (vgl. BerK 19. Juni 2000, GZ 25/7–BK/00).
Auch wenn für den Beschuldigten seine gesundheitlichen und psychischen Probleme überaus belastend waren, so ändert das nichts an der schuldhaften Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Dienstpflichtverletzungen.
Im Zuge der Strafzumessung wurden mildernd das reumütiges Geständnis, die langjährigen guten Dienstleistungen, die zweifellos vorliegenden gesundheitlichen und psychischen Beeinträchtigungen des Beschuldigten sowie seine geleistete Schadenswiedergutmachung gewertet. Erschwerend musste das Zusammentreffen mehrerer Dienstpflichtverletzungen berücksichtigt werden.
Im Hinblick auf die vorliegenden Milderungsgründe ging der erkennende Senat im gegenständlichen Fall daher davon aus, dass die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von EUR 600,-- schuld- und tatangemessen ist. Dieses Strafausmaß, das sich – in der Gesamtbetrachtung aller möglichen Disziplinarstrafen – im untersten Bereich befindet, ist aus generalpräventiven Gründen gerade noch als ausreichend anzusehen.
Zur Strafbemessung ist überdies festzuhalten, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten angemessen berücksichtigt wurden. Aus diesen Gründen wurde die Abstattung der Geldbuße in fünf Monatsraten gewährt.
Zuletzt aktualisiert am
10.01.2018