TE Dok 2017/3/23 06-DK/12/16

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Veröffentlicht am 23.03.2017
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Norm

BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §43 Abs2

Schlagworte

genesungswidriges Verhalten; pensionierter Beamter, Geldstrafe

Text

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Dr. Gottfried Nowak als Senatsvorsitzenden sowie ZI Christian Hackl und ASekr Robert Wurm als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates XII nach der am 23. März 2017 in Anwesenheit des Disziplinaranwaltes HR Dr. Wilfried Traar und des Beschuldigten NN i.R. und seines Verteidigers RA Mag. Thomas Mödlagl durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

NN i.R.

ehem. Omnibuslenker in der Verkehrsstelle XX

ist

s c h u l d i g.

Er hat

am 18. Februar 2016 in .. ein genesungswidriges Verhalten, damit einen Missbrauch des Krankenstandes, an den Tag gelegt, indem er, obwohl er sich in diesem Zeitraum im Krankenstand befand, körperlich beanspruchende Tätigkeiten, insbesondere Holzspaltarbeiten, durchführte, wobei er mit einer Postbus-Jacke und Postbus-Haube bekleidet war.

NN hat dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamtendienstrechtsgesetz 1979, BGBl. 333/1979 i.d.g.F, (BDG 1979), nämlich

seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1 BDG 1979)

sowie

in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 BDG 1979)

schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.

Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 i.V. mit § 134 Z 2 BDG 1979 die

Disziplinarstrafe der

Geldstrafe

in Höhe von Euro 800,-- (in Worten achthundert)

verhängt.

Gemäß § 127 Abs. 2 BDG 1979 wird die Abstattung der Geldstrafe in 10 Monatsraten zu EUR 80,-- bewilligt.

Vom Vorwurf, er habe

im Zeitraum vom 15. Februar 2016 bis 19. Februar 2016 aufgrund der nachfolgend dargestellten Handlungen ein genesungswidriges Verhalten, damit einen Missbrauch des Krankenstandes, an den Tag gelegt, indem er sich, obwohl er sich in diesem Zeitraum im Krankenstand befand, trotz fehlender Ausgehzeit auf der Arbeitsunfähigkeitsmeldung, mehrmals von seiner Wohnadresse .. jeweils für mehrere Stunden entfernte und dabei einen PKW .. benützte sowie am 18. Februar 2016 schwere körperliche Verladetätigkeiten durchführte

und dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, nämlich

seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zu Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs.1 BDG 1979),

sowie

in seinem gesamten Verhalten auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben Bedacht zu nehmen (§ 43 Abs. 2 BDG 1979),

schuldhaft verletzt sowie dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen,

wird NN gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979

f r e i g e s p r o c h e n.

Verfahrenskosten sind keine angefallen.

B e g r ü n d u n g

NN ist gemäß § 17 Abs. 1a Z 3 Poststrukturgesetz (kurz: PTSG) ein der Österreichischen Postbus AG zugewiesener und bei der ÖBB-Postbus GmbH verwendeter Beamter, für den das gemäß § 17 Abs. 2 PTSG beim Vorstand der Österreichischen Postbus AG eingerichtete Personalamt oberste Dienstbehörde ist. Er ist Facharbeiter/Berufskraftfahrer und wurde als Omnibuslenker in der Verkehrsstelle XX verwendet.

NN steht seit 1990 im Postautodienst und wurde am 1. April 1994 zum Beamten ernannt. Der erlernte Beruf des Beamten ist Maschinenschlosser.

Im Juni 2016 hat der Beschuldigte einen Antrag um Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen eingebracht. Mit Ablauf 31. Jänner 2017 wurde NN aufgrund einer dauernden Dienstunfähigkeit gemäß § 14 BDG 1979 in den Ruhestand versetzt.

Seit einem vor 4 Jahren erlittenen Paragleitunfall, bei dem sich der Beschuldigte einen komplizierten Beckenbruch, eine Stauchung der Wirbelsäule und eine Schulterverletzung zugezogen hat, war er ein chronischer Schmerzpatient. Vor allem bei längerem Sitzen hatte er körperliche Schwierigkeiten, vor allem Taubheitsgefühle in den Beinen, wobei sich „Bewegungen“ für die Schmerzsituation als günstig erweisen.

Der Beschuldigte ist verheiratet und hat drei Söhne, die selbsterhaltungsfähig sind. Er hat keine Sorgepflichten. Sein Brutto-Pensionsbezug beträgt nunmehr monatlich EUR ... Er hat für einen aushaftenden Wohnbaukredit monatliche Rückzahlungsraten in der Höhe von EUR 280,-- zu leisten. Der Beschuldigte bezieht kein zusätzliches Einkommen.

Aus der Dienstbeschreibung vom 19. Mai 2016 geht im Wesentlichen hervor, dass der Beschuldigte im Hinblick auf die Anforderungen für einen Lenker eines Omnibusses im Linien sowie Mietwagen/ Ausflugsverkehr, eine vertretbare Arbeitsleistung aufweise. Er leiste seine planmäßigen Dienste größtenteils den Vorschriften entsprechend. Das Verhalten gegenüber seinen Vorgesetzten und Kollegen habe sich nach organisatorischen Änderungen in den letzten Jahren verschlechtert. Aufgrund mangelnder Flexibilität sei es dem Beamten immer schwerer gefallen, die Herausforderungen der aktuellen Vorgaben zu erfüllen, wodurch es mehrmals zu Beanstandungen durch die Vorgesetzten gekommen sei. Aus diesem Grund seien bereits des Öfteren Kursfahrten zum Nachteil des Unternehmens extrem verspätet geführt worden. Überdies lägen Mahnungen von Auftraggebern vor. Kundenseitig gäbe es kaum Beschwerden über sein dienstliches Verhalten, das vorschriftsgemäße Tragen der Dienstkleidung sei jedoch immer wieder unterlassen worden.

Zum Sachverhalt:

Der Beschuldigte befand sich seit 2. Februar 2016 durchgehend im Krankenstand. Er überbrachte am 1. Februar 2016 seinem Vorgesetzten eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung des Arztes für Allgemeinmedizin, Dr. S und meldete sich krank. Dabei wurde kein voraussichtliches Ende des Krankenstandes angegeben. Weder auf der betreffenden noch auf nachfolgenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden Ausgehzeiten vermerkt. Am gleichen Tag wurde ein kurzfristiger Erholungsurlaub für den Zeitraum 15. bis 19. Februar 2016 in der Disposition S angemeldet. Dieser Urlaub wurde dem Beschuldigten aufgrund der extrem kurzen Vorlaufzeit und den damit verbundenen betrieblichen Problemen abgelehnt. Als Ersatztermin wurde ein gleichwertiger Zeitraum ab 22. Februar 2016 angeboten.

Am 8. Februar 2016 wurde der Krankenstand mittels neuerlicher Arbeitsunfähigkeitsmeldung des Dr. S bis zum 19. Februar 2016 verlängert. Da dies dem ursprünglichen Zeitraum des beantragten Erholungsurlaubes entsprach, bestanden für die Dienstbehörde konkrete Anhaltpunkte und der Verdacht eines Krankenstandmissbrauches. Die aus diesem Grund vom Personalamt beauftragte Observation wegen des Verdachtes eines genesungswidrigen Verhaltens des Beschuldigten ergab Folgendes:

Aufgrund der Überprüfung des Beschuldigten wurde durch eine Detektei beobachtet, dass im Zeitraum vom 15. bis 19. Februar 2016 NN – trotz fehlender Ausgehzeit auf den vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsmeldungen – mehrmals seine Wohnadresse .. verließ, indem er mit einem PKW, jeweils für mehrere Stunden wegfuhr, so am 15. Februar 2016 von 13:57 bis 16:28 Uhr.

Aus den Einträgen des vom Beschuldigten vorgelegten „Karteiblattes für den Patienten NN …“ ist ersichtlich, dass der Beschuldigte am 15., 17., 18. und 19. Februar 2016 mehrere Arztbesuche und Therapien absolviert hat.

Am 18. Februar 2016 um ca. 9:30 Uhr hat NN an seiner Wohnadresse schwere körperliche Tätigkeiten – insbesondere Holzspaltarbeiten mit einer Holzspaltmaschine – durchgeführt.

Die Holzarbeiten, die er gemeinsam mit seinem Sohn durchführte, dauerten etwa 1 1/2 Stunden. Dabei ist der Beschuldigte mit einer Postbus-Jacke und Postbus-Haube, demnach imageschädigend für die Österreichische PostbusGmbH, bekleidet gewesen. Von ehemaligen Feuerwehrkameraden des Beschuldigten wurde bestätigt, dass es sich bei der beobachteten Person am Holzspalter um NN handelte.

NN gab anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 17. März 2016 unter anderem an, dass ihm, in Zusammenhang mit seinen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, vom Hausarzt keine Einschränkung bezüglich der Ausgehzeit mitgeteilt wurde. Er befinde sich aufgrund von Nachwirkungen einer, durch einen Gleitschirmunfall im Sommer 2013 hervorgerufenen, Hüft- und Lendenwirbelverletzung im Krankenstand. Der behandelnde Arzt habe ihm keine „Einschränkung körperlicher Arbeit in Hinblick auf eine rasche Genesung aufgetragen“.

Konfrontiert mit dem Vorwurf, er habe am 18. Februar 2016 vormittags Arbeiten mit dem Holzspalter verrichtet, gab NN an, dass dies nicht zutreffe, sondern sein Sohn diese Tätigkeiten ausgeführt habe. Er sei zwar anwesend gewesen, hätte jedoch lediglich kleine Holzabfälle beseitigt und für den Abtransport bereitgemacht. Er könne auch nicht mehr sagen, ob der Abtransport durch einen Traktor erfolgte und wer diesen gelenkt habe.

Weiters, gab der Beschuldigte vorerst an, dass er keine Fa. S kenne und auch kein Material in einen Lieferwagen verladen habe. Nach weiteren Vorhalten, gab der Beschuldigte an, dass es sich um ein, von seinem Sohn repariertes Notstromaggregat, gehandelt habe, das von der betreffenden Firma abgeholt wurde. Er wisse jedoch nicht mehr, ob er beim Beladen behilflich war oder nicht. Überdies hätten in der Zeit von 15. bis 19. Februar 2016 in seinem Wohnhaus keine Sanierungs- oder Renovierungsarbeiten stattgefunden.

Auch nach Vorhalt eines von der Detektei aufgenommenen Fotos gab der Beschuldigte an, dass „er sich auf dem gezeigten Foto nicht erkennen kann und er an diesem Tag keine Holzspaltarbeiten durchgeführt habe.“

Im Rahmen einer gemäß § 52 BDG 1979 bei der Fa. Wellcon durchgeführten ärztlichen Untersuchung am 22. März 2016 – demnach in zeitlicher Nähe zu den inkriminierten Handlungen am 18. Februar 2016 – wurde festgestellt, dass der Beschuldigte einen Bandscheibenvorfall erlitten hatte und weitere Therapien vorgesehen waren. Eine weitere ärztliche Untersuchung bei der Fa. Wellcon am 16. Juni 2016 ergab, dass der Beschuldigte neben den Folgen des Bandscheibenvorfalles noch eine Bandscheiben-Degeneration aufwies sowie nunmehr an einer depressiven Störung, demnach einer Angst- und Anpassungsstörung, erkrankt war.

In der mündlichen Verhandlung am 23. März 2017 hielt der Beschuldigte im Wesentlichen seine bisherige Verantwortung aufrecht und verwies auf seine Ausführungen in der schriftlichen Stellungnahme vom 13. März 2017. So haben ihm die behandelnden Ärzte aufgrund des Krankheitsbildes ausreichende Bewegung empfohlen. Er habe zwar seinen Sohn bei Holzspaltarbeiten unterstützt, jedoch dabei keine schweren körperlichen Arbeiten, wie das Heben von schweren Gegenständen, verrichtet.

Ob er die im Bericht der Detektei abgebildete Person sei, könne er nicht 100%ig bestätigen. Sein Sohn, der bei den Holzspaltarbeiten dabei war, habe eine ähnliche Statur. Es bestehe auch die Möglichkeit, dass sein Sohn mit ausgeschiedenen Uniformteilen der Postbus AG, die im Kellerbereich frei aufliegen, bekleidet war.

„Zu den konkreten Arbeiten bei der Holzspaltmaschine gebe ich an, dass diese Maschine einen hydraulischen Zylinder hat der die Holzteile aufstellt. Das heißt, dass die schweren Holzstämme nicht manuell gehoben werden müssen. Nach dem Spalten durch die Maschine werden die gespaltenen Holzteile seitlich abgelegt. Diese Teile müssen dann sehr wohl manuell aufgerichtet werden und auf einen Stoß zusammengestellt werden.“ … „Ich habe keine schweren körperlichen Tätigkeiten durchgeführt. Ich war dabei und habe in erster Linie Dinge zusammengeräumt. An diesem Tag wurde der Traktor ausgeborgt, mein Sohn hat Zeit gehabt, die Arbeiten durchzuführen und ich bin mitgegangen und habe mitgeholfen.

Nachträglich ist es mir sehr wohl bewusst, dass es ein Fehler war, dass ich überhaupt bei diesen Arbeiten dabei war.“

Überdies gab er an, dass es auch keinen Zusammenhang zwischen der Urlaubsablehnung und seinem Krankenstand gegeben habe, da er bereits vor der Ablehnung seines Urlaubantrages erkrankt sei.

Der Beschuldigte gab durchaus nachvollziehbar an, dass die damalige Situation, wie die Einvernahme durch die Vorgesetzten und das Wissen über die durchgeführten Beobachtungen, für ihn unangenehm war und ihn körperlich und psychisch sehr stark belastet hat. Aus diesen Gründen habe er, nach Rücksprache mit seinem Arbeitgeber, im Juni 2016 beantragt, ein Pensionsverfahren einzuleiten, das – aufgrund objektiv vorhandener gesundheitlicher Beeinträchtigungen – in der Zwischenzeit positiv abgeschlossen wurde.

Hinsichtlich der Vorwürfe des Anschuldigungspunktes 1. des Einleitungsbeschlusses habe er die dargestellten Fahrten unter anderem deswegen gemacht, um zu behandelnden Ärzten zu fahren und sich Physiotherapien zu unterziehen.

Der Beschuldigte hat sich überdies dahingehend verantwortet, dass er im Zeitraum Februar 2016 keine Umbauarbeiten in seinem Haus durchgeführt habe. Da seine drei, in seinem Haus wohnhaften, Söhne bei verschiedenen Professionisten angestellt wären, seien im damaligen Zeitraum verschiedene Firmenfahrzeuge vorgefahren bzw. im Hausbereich abgestellt worden. Er habe mit diesen Angelegenheiten, insbesondere mit etwaigen Verladetätigkeiten, nichts zu tun gehabt.

Der Sachverhalt ergibt sich aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2017, der Disziplinaranzeige vom 13. Juni 2016, der niederschriftlichen Einvernahme von NN vom 17. März 2016, des vom Personalamt zur Verfügung gestellten Erhebungsberichtes der Detektei „Control-Pro, Berufsdetektive/Security“, der Arbeitsunfähigkeitsmeldungen (ausgestellt am 1.2., 8.2., 18.2., 2.3., und 11.3.2016) des Dr. Wolfgang S samt „Karteiblätter des Patienten“ sowie der Wellcon-Gutachten samt Befunden vom 22. März 2016 und 16. Juni 2016.

Der Beschuldigte zeigte sich in der mündlichen Verhandlung bezüglich des Vorwurfes, am 18. Februar 2016 Holzspaltarbeiten – demnach körperlich beanspruchende Holzspaltarbeiten – durchgeführt zu haben, geständig und einsichtig. Am vorliegenden Sachverhalt besteht aufgrund der nachvollziehbaren Aussagen des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung und der vorliegenden Unterlagen kein Zweifel.

Die im Schuldspruch beschriebenen Handlungen des Beschuldigten sind als ein genesungswidriges bzw. genesungsverhinderndes Verhalten zu bewerten und stellen schwere Dienstpflichtverletzungen dar, wodurch der Österreichischen Postbus AG ein massiver Vertrauensschaden zugefügt worden ist.

Die Österreichische Postbus AG ist als überaus personalintensives Unternehmen gerade in Zeiten des verstärkten Konkurrenzdruckes auf die Zuverlässigkeit und Korrektheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen, um das Vertrauen der Allgemeinheit und im Besonderen der Kunden aufrecht zu erhalten.

Jeder im Krankenstand befindliche Mitarbeiter ist grundsätzlich verpflichtet, sich so zu verhalten, dass er möglichst bald wieder gesundwerde und hat, schon aufgrund der Treuepflicht, alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern oder die Gefahr einer negativen Beeinflussung des Heilungsprozesses mit sich bringen könnte. Der Beschuldigte ist während seiner Dienstunfähigkeit einer Tätigkeit nachgegangen, die von der körperlichen Belastung und vom Umfang her seiner bei der Österreichischen Postbus AG geschuldeten Dienstleistungen entspricht bzw. nahekommt.

Ein derartiges Verhalten, ist in einer Zeit, in der die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Beamten umfassend in Zweifel gezogen werden, in höchstem Maße inakzeptabel und stellt geradezu eine Provokation angesichts der derzeitigen prekären Arbeitsmarktsituation dar. Vielmehr hat sich jeder Erkrankte bei einer vom Arzt konstatierten Arbeitsunfähigkeit jeglicher Beschäftigung oder Tätigkeit zu enthalten und danach zu trachten, auch seinerseits durch eine umfassende Schonung zu einer alsbaldigen Genesung bzw. Gesundung beizutragen.

Bei einem Krankenstand ist ein Arbeitgeber berechtigter Weise daran interessiert, dass die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers sobald wie möglich wiederhergestellt ist. Daher darf ein Arbeitnehmer kein Verhalten setzen, das den ärztlichen Anordnungen bzw. der alltäglichen Lebenserfahrung und den erfahrungsbezogenen kausalen Zusammenhängen so schwerwiegend zuwiderläuft, dass sich die Gesundung verzögert. Auch ohne ausdrückliche ärztliche Anordnung muss der Arbeitnehmer, insbesondere ein kündigungsgeschützter Beamter, ein Verhalten unterlassen, von dem für jedermann erkennbar ist, dass die Möglichkeit besteht, einen negativen Einfluss auf die Genesung zu bewirken.

NN hat demnach die Dienstpflichten eines Beamten, nämlich seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1 BDG 1979) und in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 BDG 1979), massiv verletzt.

Das vorliegende Verhalten des Beschuldigten kann durch nichts gerechtfertigt werden und hat das Vertrauen des Dienstgebers in seine Zuverlässigkeit objektiv schwer belastet.

Bei der Strafbemessung ist gemäß § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 vor allem die Schwere der Dienstpflichtverletzung, insbesondere die Bedeutung der verletzten Pflicht, entscheidend. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Schwere der Dienstpflichtverletzung maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Standes- oder Amtspflichten verstoßen oder der Dienstbereich beeinträchtigt wird. In diesem Zusammenhang muss auch auf die hohe Wichtigkeit und Bedeutung eines korrekten Verhaltens während eines Krankenstandes hingewiesen werden.

Gerade die generalpräventiven Aspekte einer disziplinären Bestrafung müssen im gegenständlichen Fall hervorgehoben werden, da ein derartiges inkriminiertes Verhalten eine nachvollziehbare Demotivation in der Kollegenschaft mit sich bringen kann und das Arbeitsklima massiv negativ beeinflusst. Spezialpräventive Erfordernisse kommen bei der Strafbemessung in gegenständlicher Disziplinarsache nicht mehr zum Tragen, da der Beschuldigten hinsichtlich der körperlich beanspruchenden Arbeiten ein durchaus einsichtiges Verhalten an den Tag gelegt hat und er mit Wirkung 1. Februar 2017 in den dauernden Ruhestand versetzt wurde.

Mildernd wurde in gegenständlicher Angelegenheit das Geständnis des Beschuldigten – die Tatsache, dass dieser letztlich zu seinen Handlungen gestanden ist – seine, bei Berücksichtigung seines langjährigen Arbeitsverhältnisses, entsprechenden dienstlichen Leistungen sowie seine Unbescholtenheit gewertet.

Erschwerend muss lediglich das Faktum, dass mehrere Dienstpflichten verletzt wurden, berücksichtigt werden.

Im Hinblick auf die vorliegenden Milderungsgründe ging der erkennende Senat im gegenständlichen Fall daher davon aus, dass die Verhängung einer Geldstrafe in der ausgesprochenen Höhe, bei Berücksichtigung der objektiven Schwere der Dienstpflichtverletzungen und der subjektiven Vorwerfbarkeit des rechtswidrigen Handelns des Beschuldigten und des Wegfalls der spezialpräventiven Gründe einer disziplinären Bestrafung, schuld- und tatangemessen ist. Dieses Strafausmaß ist aus generalpräventiven Gründen – um andere Bedienstete von gleichartigen Dienstpflichtverletzungen abzuhalten – gerade noch als ausreichend anzusehen.

Zur Strafbemessung ist überdies festzuhalten, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten angemessen berücksichtigt wurden. Aus diesen Gründen wurde die Abstattung der Geldstrafe in 10 Monatsraten gewährt.

Hinsichtlich der im Anschuldigungspunkt 1. des Einleitungsbeschlusses vom 11. Juli 2016 sowie des im zweiten Satzteil des Anschuldigungspunktes 2. dargestellten Vorwürfe Vorwurfes, Verladetätigkeiten durchführt zu haben, kam der erkennende Senat zur Ansicht, dass die Aussagen des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung – auch aufgrund der objektiven Nachweise durch die vorgelegten Karteiblätter des behandelnden Arztes – nachvollziehbar waren und ihm diesbezüglich ein schuldhaftes, disziplinär zu ahnendes, Fehlverhalten nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnte.

Aus diesem Grund war daher hinsichtlich dieser Anschuldigungen im Zweifel ein Freispruch nach § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 auszusprechen.

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2018
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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