Norm
BDG 1979 §44 Abs1Schlagworte
vorschriftswidrige Angaben von dienstlichen DatenText
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Dr. Gottfried Nowak als Senatsvorsitzenden sowie ZI Berndt Graf und ZI Edith Weiß als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates IV nach der am 5. April 2017 in Anwesenheit der Disziplinaranwältin Dr. Gerda Minarik und des Beschuldigten NN sowie seines Verteidigers RA Dr. Kurt Klein durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
NN
Zusteller in der Zustellbasis XX
ist
s c h u l d i g.
Er hat
als Zusteller der Zustellbasis XX entgegen den erteilten Weisungen die angeordnete Überprüfung seiner Abgabestellen nicht vorschriftsgemäß durchgeführt und am 15. Juli 2016 unrichtige Angaben gemacht, indem er insgesamt 235 Abgabestellen mehr als tatsächlich vorhanden, angegeben hat – insbesondere bei der Adresse .. 85, XX 253 Abgabestellen zu viel ausgewiesen hat – und damit das Ergebnis der Kapazitätsberechnung zu seinen Gunsten beeinflusst.
NN hat dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. 333/1979 i.d.g.F. (kurz: BDG 1979), nämlich
seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979)
und
in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 BDG 1979)
schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.
Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 die
Disziplinarstrafe des
V e r w e i s e s
verhängt.
Verfahrenskosten sind keine angefallen.
B e g r ü n d u n g
NN steht seit 1985 im Postdienst. Mit 11. Jänner 1992 wurde er zum Beamten ernannt.
NN ist ledig. Sein Bruttomonatseinkommen beträgt EUR ... Er hat aufgrund eines Wohnbaukredites monatliche Kreditrückzahlungen in Höhe von ca. EUR 118,-- zu leisten.
Aus der Dienstbeurteilung des Beschuldigten vom 26. September 2016 geht unter anderem hervor, dass die Arbeitsleistung bzw. -qualität unter dem Durchschnitt liege und regelmäßig Kundenbeschwerden festzustellen seien. Diesbezügliche Mitarbeitergespräche bewirkten keine auffällige Änderung. NN pflege keinen wertschätzenden Umgang mit seinen Vorgesetzten und Kollegen, sei nicht gewillt, an einer Erreichung der gesetzten Ziele im Team mitzuwirken und verhalte sich wenig kooperativ.
Zum Sachverhalt:
Im Zuge einer Kontrolle der Abgabestellen bei der Zustellbasis XX wurden mehrere Zustellbezirke kontrolliert. Dabei wurde auch der NN zugewiesene Rayon 0650 überprüft.
NN wurde am 13. Juli 2016 hinsichtlich der korrekten Angabe der Abgabestellen geschult und aufgefordert, die PABD-Listen betreffend die Abgabestellen der Gangordnungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Dabei wurde jedem Mitarbeiter eine Schulungsvorlage, mit dem Hinweis übergeben, dass es zu disziplinären Maßnahmen kommen werde, wenn die Korrektur der Daten nicht korrekt erfolge.
Die schriftliche Erklärung betreffend die korrekte Angabe der Abgabestellen wurde vom Beschuldigten am 15. Juli 2016 abgegeben, aber nicht unterschrieben. Am 20. Juli 2016 erfolgte durch Distributionsleiter S die Kontrolle der von NN korrigierten PABD-Liste. Dabei wurde die im Spruch dargestellte, nicht den Tatsachen entsprechende, Angabe von 254 Abgabestellen bei der Adresse .. 85 festgestellt. Bei dieser Adresse existiert, entsprechend den Dienstvorschriften bezüglich der Erfassung von Abgabestellen (Basis-Info Richtiges Erheben und Erfassen von Abgabestellen und Abgabeeinrichtungen in der Post-Adress-Basis-Datenbank; Dienstanweisungen vom 8. Juli 2010 und 15. September 2011), lediglich eine Abgabestelle.
Der Beschuldigte hatte für seinen Rayon insgesamt 1368 Abgabestellen angegeben. Tatsächlich wurden durch die Kontrolle 1133 Abgabestellen für den Rayon 0650 ermittelt. Das ergibt die im Spruch genannte Differenz von 235 zu viel angegebenen Abgabestellen.
Durch die vorliegende unrichtige Angabe der Abgabestellen wurde das Berechnungsergebnis zu Gunsten des Beamten – zusätzliche, jedoch nicht erforderliche, Arbeitskapazitäten von 8 Minuten täglich – beeinflusst.
Im Zuge der niederschriftlichen Befragung am 27. September 2016 gab NN zu den Vorwürfen einer nicht korrekten Angabe von Abgabestellen an: „Mündliche Weitergabe, dass bei der Abgabestelle etwas nicht passt und dadurch möglicherweise alles erledigt ist.“ Ihm war bewusst, dass die PABD-Liste zur Berechnung von Zustellrayonen herangezogen werde. Die letzte Vorlage sei für ihn „kompliziert“ gewesen. Er „habe nichts manipuliert und habe nicht grob fahrlässig gehandelt“ und sei sich keiner Schuld bewusst.
Der Beschuldigte hat in der mündlichen Verhandlung am 5. April 2016 seine bisherige Verantwortung im Wesentlichen aufrechterhalten.
„Ich habe bisher in meiner Tätigkeit bei der Post noch nie etwas manipuliert. Für mich war die .. 85, seitdem ich dort zustelle, immer eine Abgabestelle. Ich habe gedacht, es würde reichen, wenn ich es mündlich sage. Mein Fehler war vielleicht, dass ich diese Zahl nicht durchgestrichen habe und einen Einser hingeschrieben habe.“
Zur unterlassenen Korrektur der Anzahl der Abgabestellen bei der Adresse .. 85, XX (Studentenheim) gab der Beschuldigte an, dass er „vielleicht Stress gehabt“ habe, vielleicht sei er „darüber gestolpert.“ … „Vielleicht habe ich es doch übersehen. Meine Aussage zum Verschneidungsteam, dass es sich dabei um eine Abgabestelle handelt, muss später gewesen sein.“ … „Ich dürfte, wie ich es bereits gesagt habe, diese Abgabestelle übersehen haben.“
Dieser Sachverhalt ergibt sich aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2017, der Disziplinaranzeige des Personalamtes Graz vom 17. November 2016, der vom Beschuldigten vorgelegten Gangordnung vom 15. Juli 2016, der niederschriftlichen Einvernahme des Beschuldigten vom 27. September 2016, der Dienstanweisungen vom 8. Juli 2010 und 15. September 2011 sowie Basis-Info Abgabestellen vom 1. September 2012, der Dienstbeurteilung vom 26. September 2016 und der SAP-Ausdrucke.
Der Beschuldigte hat sich im Zuge der mündlichen Verhandlung letztendlich zu einem Geständnis durchgerungen, weshalb am festgestellten Sachverhalt kein Zweifel besteht. Er zeigte sich hinsichtlich der im Einleitungsbeschluss vom 20. Dezember 2016 dargestellten Anschuldigungen geständig und einsichtig.
Mit seinem inkriminierten Verhalten – auch wenn man dabei von einem groben Versehen ausgehen kann – hat der Beschuldigte unter anderem in Kauf genommen, dass gegebenenfalls sein Dienstgeber bei nachfolgenden Arbeitsmengen- bzw. Kapazitätsberechnungen von einem unkorrekten Datenbestand ausgeht sowie allfällige Mehrleistungen als Überstunden ausgezahlt werden. Falschangaben schädigen nicht nur den Dienstgeber, sondern sind in Zeiten sich verknappender Ressourcen auch unkollegial, weil sie ein falsches Bild der notwendigen Zeit für die eigene Aufgabenerfüllung vermitteln und das Bild der Auslastung aller Mitarbeiter stark verzerren.
Dennoch muss festgehalten werden, dass der Senat zur Ansicht gelangt ist, dass der Beschuldigte nicht planvoll, systematisch oder in Täuschungsabsicht zusätzliche Abgabestellen dargestellt hat, um sich durch unkorrekte Daten seines Zustellrayons Vorteile zu verschaffen. Hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit und Glaubwürdigkeit seiner Verantwortung haben auch beide Parteien in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend zum Ausdruck gebracht, dass der Beschuldigte hinsichtlich seiner sonstigen Abgabestellen eine nennenswert geringere Anzahl, als tatsächlich vorhanden, angegeben hat.
Die Befolgung dienstlicher Anordnungen – insbesondere die korrekte, den Vorgaben entsprechende, Darstellung von unternehmensrelevanten Daten – stellt eine der Kernpflichten eines Beamten dar und ist eine Grundvoraussetzung, dass ein Dienstbetrieb mit zahlreichen Mitarbeitern und Dienststellen unbehindert funktionieren kann. Der Stellenwert einer exakten und korrekten Darstellung der Abgabestellen eines Zustellbezirkes sowie die Konsequenzen bei festgestellten Falschangaben wurden und werden allen Zustellern regelmäßig von den jeweiligen Distributionsleitern mit Nachdruck vor Augen geführt.
Die Befolgung von dienstlichen Weisungen ist somit eine wesentliche Voraussetzung für einen reibungslosen Betriebsablauf (§ 44 Abs. 1 BDG 1979).
NN hat demnach gegen geltende interne Betriebsvorschriften – die Dienstanweisungen vom 8. Juli 2010 und 15. September 2011 sowie Basis-Info Abgabestellen vom 1. September 2012 – verstoßen und dadurch einen schwerwiegenden Weisungsverstoß zu verantworten, wobei subjektiv zumindest von einer bewussten Fahrlässigkeit des Beschuldigten auszugehen ist.
Bei der Strafbemessung ist gemäß § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 vor allem die Schwere der Dienstpflichtverletzung, insbesondere die Bedeutung der verletzten Pflicht, entscheidend. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Schwere der Dienstpflichtverletzung maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Standes- oder Amtspflichten verstoßen oder der Dienstbereich beeinträchtigt wird. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. In diesem Zusammenhang muss auf die hohe Wichtigkeit und Bedeutung von korrekten Unternehmenszahlen bei der Österreichischen Post AG hingewiesen werden.
Milderungsgründe sind das Tatsachengeständnis des Beschuldigten und seine Bereitschaft, die begangene Fehlleistung zuzugeben, seine bisherige disziplinäre Unbescholtenheit sowie das Faktum, dass es sich um ein einmaliges Fehlverhalten gehandelt hat und für das Unternehmen kein konkreter Nachteil entstanden ist.
Ohne die im Spruch genannte Verfehlung in irgendeiner Weise bagatellisieren zu wollen, erscheint im Hinblick auf die vorliegenden Milderungsgründe und das Fehlen von Erschwerungsgründen die Verhängung der Disziplinarstrafe eines Verweises schuld- und tatangemessen. Dieses Strafausmaß, das sich im absolut untersten Bereich befindet, ist aus spezial- und generalpräventiven Gründen – um den Beschuldigten und andere Bedienstete von gleichartigen Dienstpflichtverletzungen abzuhalten – gerade noch als vertretbar anzusehen.
Zuletzt aktualisiert am
10.01.2018