Norm
BDG 1979 §44 Abs1Schlagworte
Verstoß gegen Kassen- und Verrechnungsbestimmungen; Geldstrafe;Text
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Dr. Gottfried Nowak als Senatsvorsitzenden sowie ADir Ingrid Steiner und ADir Franz Weninger als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates VII nach der am 22. November 2017 in Anwesenheit der Disziplinaranwältin MR Dr. Gerda Minarik und des Beschuldigten NN sowie seines Verteidigers Mag. Thomas Mödlagl durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
NN
Distributionsleiter in der Zustellbasis XX, derzeit suspendiert
ist
s c h u l d i g.
Er hat als Distributionsleiter in der Zustellbasis XX
1. am 6. Dezember und am 9. Dezember 2016 den Haupttresor der Zustellbasis XX, unter Missachtung der Bestimmungen des Betriebshandbuches Bargeldbewirtschaftung, Verrechnung, Prüfung (BBVP) über das 4-Augen Prinzip, alleine geöffnet und versperrt,
2. in der Zeit vom 2. Dezember 2016 bis 9. Dezember 2016, unter Missachtung der Sicherheitsvorschriften des Betriebshandbuches Sicherheit, beide Haupttresorschlüssel in Besitz gehalten und diese in dieser Zeit in den, mit einem Zahlencode gesicherten, elektronischen Möbeltresor im Aufenthaltsraum der Zustellbasis eingesperrt sowie
3. den Zahlencode für den Möbeltresor auf der Schreibunterlage seines Schreibtisches in dem für die Zusteller auch in seiner Abwesenheit zugänglichen Büro notiert.
NN hat dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. 333/1979 i.d.g.F. (BDG 1979), nämlich
seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979),
sowie
in seinem gesamten Verhalten auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben Bedacht zu nehmen (§ 43 Abs. 2 BDG 1979),
schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.
Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 die
Disziplinarstrafe der
G e l d s t r a f e
in der Höhe eines Monatsbezuges
verhängt.
Gemäß § 127 Abs. 2 BDG 1979 wird die Abstattung der Geldstrafe in 24 Monatsraten bewilligt.
Vom Vorwurf, er habe
1. am 6. Dezember 2016 sechs für die Auszahlung der AMS-Gelder am 9. Dezember 2016 bestimmte Cash-Bags aufgeschnitten, einen Geldbetrag in der Höhe von insgesamt EUR 22.810,-- herausgenommen, sich angeeignet sowie die Cash-Bags anschließend wieder verklebt und in die Zustellkisten eingelegt,
2. im Dezember 2016 die Vertretungstätigkeit von T für den abwesenden K nicht im Dienstplan vermerkt und
3. seit November 2016 seinen Sicherheitschip 03863, mit dem der Alarm der Zustellbasis scharf und unscharf geschaltet werden kann, nicht in das Systemverzeichnis eingepflegt.
und dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 schuldhaft verletzt sowie damit Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen,
wird NN gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979
f r e i g e s p r o c h e n.
Verfahrenskosten sind keine angefallen.
B e g r ü n d u n g
NN steht seit 3. Jänner 1989 im Postdienst und wurde bis zu seiner Suspendierung im Bereich der Regionalleitung Distribution Niederösterreich/Burgenland als Distributionsleiter (Springer) verwendet. Seit 14. November 2016 wurde NN als Distributionsleiter (kurz: DL) der Zustellbasis XX eingesetzt. Mit 1. Juli 1991 wurde er zum Beamten ernannt.
Mit ha. Bescheid vom 9. Jänner 2017, GZ W 14/9-DK-VII/16, wurde NN vom Dienst suspendiert.
NN ist verheiratet und bezieht ein Monatsbruttoeinkommen von EUR ...
Der Beschuldigte hat keine Sorgepflichten und leistet für einen offenen Kredit monatliche Raten von derzeit EUR 150,--, wobei der aushaftende Betrag insgesamt ca. EUR 14.000,-- beträgt. Er hat keine zusätzlichen Einkünfte.
Zum Sachverhalt:
Am 9. Dezember 2016 wurde der Erhebungsdienst der Österreichischen Post AG davon in Kenntnis gesetzt, dass bei der Zustellbasis XX bei den für die AMS-Auszahlungen am 9. Dezember 2016 vorgesehenen Geldern ein Betrag von EUR 22.810,-- fehlte. Vor Ort wurde vom Erhebungsdienst festgestellt, dass sechs Cash-Bags, in denen die Gelder üblicherweise angeliefert werden, unter der Sicherheitslasche auf der Rückseite aufgeschlitzt und mit einem Flüssigkleber wieder verklebt worden waren. Der Schnitt auf den Cash-Bags war auf den ersten Blick nicht erkennbar.
Die Nachforschungen des Erhebungsdienstes ergaben, dass die gegenständlichen Cash-Bags am 6. Dezember 2016 von der Post.Wertlogistik GmbH angeliefert worden waren. Aufgrund der Durchsicht der Videosequenzen der Post.Wertlogistik GmbH vom 5. Dezember 2016 ab 17:39 Uhr sind im Bereich der Verarbeitung keine Manipulationen festgestellt worden.
NN gab in seiner ersten, am 6. Dezember 2016 an die Distribution Wien gerichteten, Stellungnahme an, dass ihm bei einigen Paketen (Cash-Bags) anlässlich des Erfassens im MDE-Gerät aufgefallen wäre, „dass sie sehr dünn“ wären. Nachdem er die Geldpakete auf die einzelnen Zustellbezirke aufgeteilt hätte, habe er mit dem Zweitsperrer die Behälter im Tresor eingeschlossen.
Gegenüber dem Erhebungsdienst, L, führte NN in seinem Mail vom 12. Dezember 2016 aus, am 9. Dezember 2016 die Zustellbasis um ca. 6:05 Uhr betreten zu haben. Nach Öffnen seines Büros mittels Chip, habe er den Alarm mit dem Sicherheitschip ausgeschaltet und mit seinem Chip den Tresorraum geöffnet. Um ca. 8:05 Uhr habe er den Zustellern gesagt, dass die Gelder für die „Arbeitslosenauszahlung“ ab sofort zum Abholen wären und habe mit dem Zweitsperrer U gemeinsam den Tresor geöffnet. Die vorbereiteten Gelder in den Behältern seien von ihm an die Zusteller vor Ort ausgegeben worden. Ein Zusteller habe ihn dann darauf aufmerksam gemacht, dass mit dem Geld etwas nicht stimmen würde. Es sei dann zu Tage gekommen, dass bei sechs Zustellern die Geldpakete nicht stimmten.
Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 22. Dezember 2016 gab NN gegenüber dem Erhebungsdienst an, dass er seine bisherigen Ausführungen gegenüber dem Erhebungsdienst hinsichtlich der Verwahrung der Schlüssel „nicht wahrheitsgemäß“ getätigt habe. Er habe am 2. Dezember 2016 vom Mitarbeiter K den 2. Tresorschlüssel ohne Dokumentation übernommen und sei ab 2. Dezember 2016 im Besitz beider Tresorschlüssel gewesen. Beide Tresorschlüssel habe er in den in der Küche der Zustellbasis befindlichen Möbeltresor gelegt. Dieser Möbeltresor sei durch einen Sicherheitscode gesichert. Weiters gab der Beschuldigte an, den Sicherheitscode des Möbeltresors auf der Schreibunterlage seines Schreibtisches zwecks Gedankenstütze notiert zu haben, um den Code nicht zu vergessen.
Den Haupttresor der Zustellbasis habe er am 6. und am 9. Dezember 2016 alleine geöffnet und versperrt. Sein Büro habe er beim Verlassen der Zustellbasis nicht versperrt, weil die Zusteller zum Abrechnen und Geldaufbewahren noch in diesen Raum müssten. Das DL-Büro wäre vom Zusteller T versperrt worden, der die Vertretung von K wäre und dafür am Abend noch einmal auf die Zustellbasis käme. Am 9. Dezember 2016 habe er um ca. 8:20 Uhr beide Schlüssel aus dem Möbeltresor geholt und den Tresor alleine geöffnet. Nach Ausgabe der Gelder habe sich bald herausgestellt, dass bei sechs Cash-Bags die Banknoten bis auf die Banknoten zu 5 Euro fehlen würden.
Auf die Frage, warum er den Tresorschlüssel nicht vorschriftsgemäß mit nach Hause genommen habe, gab NN an, dass er gedacht habe, dass die Schlüssel im Möbeltresor gut verwahrt wären.
Im Zuge seiner Einvernahme gab NN ausdrücklich an, dass er keine Gelder an sich genommen habe bzw. sich den fehlenden Bargeldbetrag nicht angeeignet habe. Er könne sich den Vorfall – wie es möglich sein kann, dass die Cash-Bags auf der Rückseite aufgeschnitten und wieder verklebt wurden – nicht erklären.
Festgehalten wird, dass der Beschuldigte am 7. Jänner 2015 nachweislich über den Themenbereich Sicherheit – dem Betriebshandbuch BBVP, Bargeldbewirtschaftung und Anhang sowie dem Betriebshandbuch Sicherheit – geschult wurde.
Der Beschuldigte zeigte sich in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2017 hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 2. bis 5. des Einleitungsbeschlusses vom 27. April 2017 geständig und einsichtig.
Bezüglich des Vorwurfes, sechs für die Auszahlung der AMS-Gelder am 9. Dezember 2016 bestimmte Cash-Bags aufgeschnitten, sich einen Geldbetrag in der Höhe von insgesamt EUR 22.810,-- angeeignet sowie die Cash-Bags anschließend wieder verklebt und in die Zustellkisten eingelegt zu haben, verwies er auf das diesbezügliche Urteil des Landesgerichtes W vom 20. September 2017. Er sei von allen Anschuldigungen freigesprochen worden.
Hinsichtlich des in Anschuldigungspunkt 6. des Einleitungsbeschlusses wiedergegebenen Vorwurfes bekannte er sich nicht schuldig. Dazu gab er an, dass T im betreffenden Zeitraum als Paketzusteller eingesetzt wurde und er schon aus diesem Grund in dieser Zeit keine Vertretung am Arbeitsplatz des Abrechners K machen hätte können. Da diese Vertretungstätigkeit von T nicht konkret ausgeführt wurde, bestand kein Grund, dies im Dienstplan zu vermerken.
Zu Anschuldigungspunkt 5. des Einleitungsbeschlusses verantwortete sich der Beschuldigte in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass er zwar die Nummer des Möbeltresors als Gedächtnisstütze auf der Schreibtischunterlage – die etliche andere Notizen aufwies – vermerkt habe, jedoch ohne Hinweis auf den betreffenden Möbeltresor.
Bezüglich der in Anschuldigungspunkt 7. dargestellten Vorwürfe habe er keine Erinnerung mehr.
Auch in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2017 hat der Beschuldigte im Wesentlichen seine bisherige Verantwortung aufrechterhalten. Der Beschuldigte verwies unter anderem auf die Dienstabwesenheit des Abrechners, zwei Mitbesorgungen im Zustelldienst und Postmengensteigerungen aufgrund des beginnenden Weihnachtsverkehrs.
Der Beschuldigte: „An diesem Tag, es war ein Montag, war daher relativ viel los. Die Anlieferung von der GSA ist für mich normal abgelaufen. Die Mitarbeiter der GSA haben mir das Geld, die Cash-Bags übergeben. Ich habe diese mit dem Handscanner übernommen und die Gelder im Standtresor verwahrt. Nach Verabschiedung der Mitarbeiter des GSA habe ich mein Tagesgeschäft fortgesetzt. Ich habe dann den Tresor wieder geöffnet und habe die Gelder rayonsweise aufgeteilt. Nach Durchführung dieser Tätigkeit habe ich die Kisten mit den Geldern wieder in den Tresor zurückgelegt und diesen mit beiden Schlüsseln versperrt. Die Schlüssel habe ich, damit diese nicht herumliegen, in den Möbeltresor gelegt und dort verwahrt. Während dieser Tätigkeit war ich in der Zustellbasis allein. Es ist aber möglich, dass Zusteller oder der Paketfahrer in dieser Zeit zurückgekommen sind, die vielleicht etwas von mir gebraucht haben, in den Geldautomaten einzahlen wollten. Ich habe das jedoch nicht wahrgenommen. Ich weiß nicht mehr, ob jemand gesehen hat, dass ich die Schlüssel in den Möbeltresor, der sich in der Küche befindet und für jeden einsehbar ist, verwahrt habe.“ …
„Herr Köbl war in dieser Zeit auf Urlaub und der Zusteller hat in der Zustellbasis gearbeitet. Ich habe den zweiten Haupttresorschlüssel erhalten, um die Geldzustellung durchzuführen.“ …
„Ich habe dann in dieser Hektik an diesem Tag vergessen, dass die Schlüssel dort drinnen liegen und bin nach Hause gegangen. Normalerweise habe ich einen Haupttresorschlüssel mit nach Hause genommen. Die Nummer des Möbeltresors ist auf der Schreibtischunterlage gestanden. Auf der Schreibunterlage waren aber auch noch andere Notizen. Es war auch kein bestimmter Vermerk vorhanden, dass diese Nummer speziell für den Möbeltresor war. Ich habe diese Nummer für mich als Gedächtnisstütze vermerkt. Es waren aber sicher einige Vermerke auf dieser Schreibtischunterlage.“ …
„Ich habe meinen Chip eigentlich nicht gebraucht, weil ich üblicherweise in der Früh beim Zustellereingang, wo die Anlieferung durchgeführt wird, in die Zustellbasis gelangt bin. Diese war zum Zeitpunkt immer geöffnet, deswegen habe ich den Chip nicht gebraucht. Ich habe zur Arbeit stets einen Rucksack mit, wo ich eine Jause mithabe. Dort haben sich auch meine postalischen Unterlagen befunden und der betreffende Chip.“ …
„Ich habe keine Ahnung, wie mein Chip in meiner Abwesenheit benutzt worden ist. Der Täter hat ihn vielleicht aus meinem Rucksack entnommen oder überhaupt ausgetauscht.“ … „Es dürfte so gewesen sein, dass zu dem Zeitpunkt als ich zum Friseur gefahren bin eine andere Person diesen Chip verwendet hat. Ich glaube auch, dass diese Sache geplant war, sonst hätte es nicht funktioniert.“
Zu den in den Anschuldigungspunkten 6. und 7. des Einleitungsbeschlusses dargestellten Vorwürfe gab der in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2017 einvernommene Zeuge, H, Gebietsleiter für die Zustellbasis XX, glaubwürdig und nachvollziehbar an: „Bei einer Vertretungstätigkeit gibt es zwei Varianten. Entweder hat der Zusteller den Arbeitsplatz voll zu vertreten oder die Vertretung wird in Form einer Mitbesorgung erledigt. Dann besteht kein Erfordernis, dies im Dienstplan zu vermerken.“ … „Ein Springer-Distributionsleiter kann nicht ohne weiteres dieses Einpflegen durchführen. Er müsste diesbezüglich speziell freigeschalten werden. Ich kann das nicht mit Sicherheit sagen ob der Beschuldigte verpflichtet gewesen wäre, dieses Einpflegen durchzuführen. Es hängt auch davon ab, ob er am Arbeitsplatz des Abrechners oder am DL-Arbeitsplatz offiziell verwendet wurde. Es dürfte zu dieser Zeit so organisiert worden sein, dass Herr K ständig am Distributionsleiter-Arbeitsplatz verwendet wurde und Herr NN am Mithilfearbeitsplatz.“
Der vorliegende Sachverhalt ergibt sich aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 22. November 2017, der Disziplinaranzeige des Personalamtes Wien vom 3. April 2017, der niederschriftlichen Einvernahme des NN vom 22. Dezember 2016, des Erhebungsberichtes der Konzernrevision, Erhebungsdienst vom 15. Februar 2016, der vorliegenden Fotos und der SAP-Ausdrucke.
Hinsichtlich des in den Spruchpunkten 1. bis 3. festgestellten Sachverhalts besteht aufgrund der nachvollziehbaren Angaben des Beschuldigten, der schlüssigen und glaubwürdigen Aussagen des Zeugen H in der mündlichen Verhandlung sowie der vorliegenden Unterlagen, kein Zweifel.
NN hat sich aufgrund seiner Handlungen objektiv über unmissverständliche dienstliche Anordnungen von hoher Wichtigkeit hinweggesetzt. Der Beschuldigte hat als Verantwortlicher in der Funktion als Distributionsleiter grundlegende Bestimmungen des Betriebshandbuches Bargeldbewirtschaftung, Verrechnung, Prüfung (BBVP), unter anderem Pkt. 6.1. Sperre der Hauptkasse – Mitsperre, Pkt. 6.1.1. Verwahrung der Schlüssel zum Hauptkassenbehältnis, Pkt. 8. Bargeldzuführungen, des Betriebshandbuches Sicherheit, Pkt. 5. Schlüsseladministration sowie Pkt. 9. Passwörter und Codes, demnach Vorschriften über die Einhaltung von Sperre und Gegensperre, die Aufbewahrung und Mitnahme eines Tresorschlüssels und die Geheimhaltung des Tresor-Öffnungscodes in auffälliger Weise missachtet.
Sowohl die Schlüsselverwahrung als auch das Gegensperre-Prinzip gehören zu den elementarsten Sicherheitsvorkehrungen bei der Geldaufbewahrung.
Als langjährigem Distributionsleiter hätte NN klar sein müssen, dass im Umgang mit Geld und anderen Vermögenswerten die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen unabdingbar höchste Priorität haben muss. Das inkriminierte Verhalten des Beschuldigten im verfahrensrelevanten Zeitraum zeugt in dieser Weise von mangelndem Verantwortungsbewusstsein. Trotz des starken Sendungsaufkommens und der angespannten Personalsituation war es dem Beschuldigten durchaus zumutbar und geboten, sich zu jeder Zeit normgerecht zu verhalten. Dabei war und ist sich der Beschuldigte seiner hohen Verantwortung in Sicherheitsbelangen sehr wohl bewusst.
Bei der Strafbemessung ist gemäß § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 vor allem die Schwere der Dienstpflichtverletzung, insbesondere die Bedeutung der verletzten Pflicht, entscheidend. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Schwere der Dienstpflichtverletzung maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen oder der Dienstbereich beeinträchtigt wird. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. In diesem Zusammenhang muss auch auf die hohe Wichtigkeit und Bedeutung der Einhaltung von Kassen- und Sicherheitsbestimmungen bei der Österreichischen Post AG hingewiesen werden.
Das genaue Einhalten der Bestimmungen „Handbuch Bargeldbewirtschaftung, Lagerhaltung und Verrechnung“ sowie „Handbuch Sicherheit“, über die Distributionsleiter regelmäßig geschult werden, stellt eine wesentliche Voraussetzung für eine gesicherte und nachvollziehbare Geldgebarung dar. Nur so können Unstimmigkeiten im Nachhinein aufgeklärt und Missbräuche, wie im gegenständlichen Fall ein Diebstahl von beträchtlicher Höhe, vorbeugend verhindert werden. Auch ist das Problem der fehlenden Verantwortungsabgrenzung gerade in vorliegender Disziplinarangelegenheit entscheidend zum Tragen gekommen. „Gelegenheit macht Diebe“ – daher wird in der Österreichischen Post AG auf die strikte Einhaltung der Kassen- und Verrechnungsvorschriften bei jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter größter Wert gelegt. Das 4-Augenprinzip ist ausnahmslos einzuhalten, Haupttresorschlüssel sind gesichert zu verwahren. Eine Vernachlässigung dieser Vorschriften stellt objektiv eine schwere Dienstpflichtverletzung dar.
Die Beachtung dienstlicher Weisungen – insbesondere die genaue Befolgung der Kassen- und Verrechnungsbestimmungen sowie der Sicherheitsbestimmungen – stellt demnach eine wesentliche Kernpflicht eines Beamten dar und ist eine Grundvoraussetzung, dass ein Dienstbetrieb mit zahlreichen Mitarbeitern und Dienststellen ordnungsgemäß funktionieren kann. Die strikte Befolgung von dienstlichen Anordnungen sind somit eine wesentliche Voraussetzung für einen reibungslosen Betriebsablauf (§ 44 Abs. 1 BDG 1979).
Da dem Beschuldigten die Vorschriftenlage bekannt war, besteht an einer schuldhaften Begehung der inkriminierten Handlungen, zumindest auf dem Niveau eines bedingten Vorsatzes, kein Zweifel.
Aufgrund des Zusammentreffens mehrerer Dienstpflichtverletzungen wird bei der Strafbemessung der Vorwurf, der Beschuldigte habe unter Missachtung der Sicherheitsvorschriften des Betriebshandbuches Sicherheit, beide Haupttresorschlüssel in Besitz gehalten und diese in dieser Zeit in den, mit einem Zahlencode gesicherten, elektronischen Möbeltresor im Aufenthaltsraum der Zustellbasis gesperrt – schon aufgrund der gravierenden Folgen – gemäß § 93 Abs. 2 BDG 1979 als schwerste Dienstpflichtverletzung angesehen. Alle weiteren in den Spruchpunkten 1. und 3. angeführten und ebenfalls als erwiesen angenommene Sachverhalte, wie das Missachten des 4-Augen Prinzips und die nicht gesicherte Aufbewahrung von Kennwörtern – „die Weitergabe von persönlichen Kennwörtern und Codes ist strikt untersagt“ – werden als Erschwerungsgründe gewertet.
Demnach musste das Zusammentreffen von mehreren Dienstpflichtverletzungen bei der Beurteilung der Vorgangsweise des Beschuldigten als erschwerend gewertet werden.
Nachdem sich der Beschuldigte in der mündlichen Verhandlung vom 22. November 2017 geständig und einsichtig gezeigt hat, stets gute Dienstleistungen erbracht hat und im Tatzeitraum eine starke dienstliche Belastung gegeben war, erscheint trotz der objektiven Schwere der Pflichtverletzungen, die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der ausgesprochenen Höhe als schuld- und tatangemessen.
Der Beschuldigte hat es demnach seiner bisherigen disziplinären Unbescholtenheit und der positiven Dienstleistung als Springer im Bereich der Distribution zu verdanken, dass der Senat bei der verhängten Geldstrafe im untersten Bereich geblieben ist. Die Verhängung einer Geldstrafe in der verhängten Höhe erschien dem Senat erforderlich und ausreichend, um dem Beschuldigten nachhaltig das Unrecht seines Fehlverhaltens vor Augen zu führen und ihn von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Mit dieser Strafbemessung soll überdies ein deutliches und spürbares Zeichen gesetzt werden, dass eine eklatante Missachtung von Kassen- und Sicherheitsbestimmungen, die ohne Zweifel einen gravierenden Schadensfall bei der Österreichischen Post AG begünstigt hat, vom Arbeitgeber nicht geduldet werden kann. Es muss eindeutig klargestellt werden, dass die strikte Einhaltung von Kassen- und Sicherheitsbestimmungen eine wesentliche Voraussetzung für eine gesicherte und nachvollziehbare Geldgebarung und demnach für einen störungsfreien Betriebsablauf darstellt.
Überdies wurden die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten bei der Strafbemessung ausreichend berücksichtigt. Die ausgesprochene Geldstrafe in der Höhe eines Monatsbezuges ist zwar spürbar, aber dennoch – aufgrund der Gewährung von Ratenzahlungen – wirtschaftlich verkraftbar.
Zu den Freisprüchen:
Mit Anschuldigungspunkt 1. des Einleitungsbeschlusses vom 27. April 2017 wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 6. Dezember 2016 sechs für die Auszahlung der AMS-Gelder am 9. Dezember 2016 bestimmte Cash-Bags aufgeschnitten, einen Geldbetrag in der Höhe von insgesamt EUR 22.810,-- herausgenommen, sich angeeignet sowie die Cash-Bags anschließend wieder verklebt und in die Zustellkisten eingelegt.
Der Beschuldigte wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes W vom 20. September 2017, vom gegen ihn erhobenen Vorwurf, er habe im Zeitraum von 6. Dezember 2016 bis 9. Dezember 2016 in XX Gewahrsamsträgern der Österreichischen Post AG fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in Höhe von EUR 22.810,--, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er sechs Cash-Bags auf der Rückseite aufschnitt, das darin befindliche Bargeld an sich nahm und den Schnitt anschließend mit Klebstoff wieder schloss, wobei er den Diebstahl an Sachen deren Wert insgesamt EUR 5.000,-- übersteigt, beging, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Gemäß § 366 Abs 1 StPO wurde die Privatbeteiligte Österreichische Post AG mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 ist der erkennende Senat an die Ergebnisse des Strafverfahrens, demnach an die dem Spruch des rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen, gebunden. Er darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht als nicht erweisbar angenommen hat.
Hinsichtlich der in den Anschuldigungspunkten 6. und 7. des Einleitungsbeschlusses vom 27. April 2017 wiedergegebenen Vorwürfe, wonach der Beschuldigte im Dezember 2016 vorschriftswidrig die Vertretungstätigkeit von T für den abwesenden K nicht im Dienstplan vermerkt habe und seit November 2016 seinen Sicherheitschip 03863, mit dem der Alarm der Zustellbasis scharf und unscharf geschaltet werden kann, nicht in das Systemverzeichnis eingepflegt habe, kam der erkennende Senat zur Ansicht, dass sowohl die Verantwortung des Beschuldigten als auch die Aussagen des in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen H hinsichtlich dieser Sachverhalte glaubhaft und nachvollziehbar waren und dem Beschuldigten diesbezüglich kein schuldhaftes, disziplinär zu ahnendes, Fehlverhalten nachgewiesen werden konnte.
Aus diesen Gründen war daher hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 1., 6. und 7. des Einleitungs-beschlusses vom 27. April 2017 ein Freispruch nach § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 auszusprechen.
Zuletzt aktualisiert am
10.01.2018