TE Vwgh Erkenntnis 2000/6/16 2000/21/0034

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Veröffentlicht am 16.06.2000
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Index

E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

ARB1/80 Art14 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §38;
SGG §27 Abs1;
SGG §28 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des Z, (geb. am 10. August 1979), in St. Pölten, vertreten durch Dr. Herbert Gradl, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Domgasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 29. Dezember 1999, Zl. Fr 4084/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes,

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird im Umfang ihres Hauptantrages als unbegründet abgewiesen.

2. den Beschluss gefasst:

Der in der Beschwerde gestellte Eventualantrag, "ein anderes gelinderes Mittel zum vermeintlichen Anspruch des Staates auf Schutz des öffentlichen Interesses zu verhängen", wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 29. Dezember 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Nach Wiedergabe des wesentlichen Inhalts des erstinstanzlichen Bescheides und der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung sowie der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass sich der Beschwerdeführer seit 30. November 1991 ständig und legal in Österreich aufhalte und über einen unbefristeten Sichtvermerk der Bundespolizeidirektion St. Pölten (der erstinstanzlichen Behörde) vom 22. Dezember 1997 sowie über eine bis 31. Dezember 1999 gültige Beschäftigungsbewilligung des Arbeitsmarktservice St. Pölten verfüge. Seit 4. Oktober 1999 sei er in einem Malerbetrieb beschäftigt. Am 18. November 1998 sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen (des Verbrechens nach) § 15 StGB, § 28 Abs. 2 und (des Vergehens nach) § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz - SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Bei der Strafbemessung habe das Gericht als mildernd sein umfassendes reumütiges Geständnis, seinen bisher ordentlichen Lebenswandel und die Tatsache, dass es beim Versuch geblieben sei, eine nicht unbeträchtliche Suchtgiftmenge habe sichergestellt werden können und die Tatbegehung nach Vollendung des 19. und vor Vollendung des 21. Lebensjahres (des Beschwerdeführers) erfolgt sei, gewertet. Erschwerend sei das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen gewesen.

In seiner Stellungnahme vom 22. Februar 1999 bestreite der Beschwerdeführer zwar seine gerichtliche Verurteilung nicht, er verweise allerdings auf die vom Gericht berücksichtigten Milderungsgründe und den gemäß § 39 SMG gewährten Strafaufschub zur Durchführung einer Therapie beim "Grünen Kreis", wobei nach erfolgreichem Abschluss der Therapie gemäß § 40 SMG die ausgesprochene Strafe bedingt nachzusehen sein werde. Außerdem wäre er mit zwölf Jahren am 30. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist und seither gemeinsam mit seiner Familie hier aufhältig. Auf Grund seiner Untersuchungshaft hätte er seine Arbeit verloren. Nach seiner Verhandlung hätte er sich jedoch sofort wieder um Arbeit bemüht und wäre nun seit 12. Jänner 1999 als Handelsarbeiter tätig. Er bestritte in Österreich zusammen mit seiner Mutter das Familieneinkommen, weil sein Vater auf Grund zweier Bandscheibenoperationen nicht mehr arbeitsfähig wäre. In Österreich lebte auch noch die Familie seiner Mutter, während die Familie seines Vaters in Deutschland aufhältig wäre. Er wäre in Österreich integriert und spräche perfekt Deutsch. Vor allem jedoch wäre die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele nicht geboten, weil die öffentliche Ruhe und Ordnung sowie der Schutz der Rechte und Freiheiten (anderer) durch seine Anwesenheit in Österreich nicht gefährdet wäre.

Die belangte Behörde habe hinsichtlich der Verurteilung des Beschwerdeführers in das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien Einsicht genommen. (Laut der in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Ausfertigung dieses Urteiles hatte der Beschwerdeführer den bestehenden Vorschriften zuwider in der Zeit zwischen Frühjahr 1997 und dem 18. September 1998 wiederholt Heroin erworben und besessen sowie im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit mehreren Mittätern am 18. September 1998 in Wien durch den beabsichtigten Verkauf von ca. 500 Gramm Heroin an einen verdeckten Ermittler des Bundesministeriums für Inneres Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr zu setzen versucht). Ferner habe er bereits eineinhalb Jahre vor seiner Verurteilung regelmäßig Heroin konsumiert und gemeinsam mit zwei anderen Angeklagten kleinere Suchtgiftgeschäfte abgewickelt. So habe er etwa im Sommer 1998 bereits rund 100 Gramm Kokain vermittelt. Gemäß § 39 SMG sei ihm ein Strafaufschub für die Durchführung einer Therapie beim "Grünen Kreis" gewährt worden. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Therapie würde gemäß § 40 dieses Gesetzes die ausgesprochene Strafe bedingt nachzusehen sein.

Darüber hinaus sei über ihn wegen Übertretung nach § 16 iVm § 83 "Abs. 2" lit. a Fremdengesetz (offensichtlich gemeint: § 83 Z. 2 lit. a des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992) eine Geldstrafe von S 600,-- verhängt worden.

Auf Grund des vorliegenden Sachverhalts unter Berücksichtigung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer Suchtmittel in Verkehr gebracht habe. Er habe nicht nur versucht, Suchtmittel zu verkaufen, sondern sei selbst seit eineinhalb Jahren drogensüchtig. Im Hinblick darauf gehe die Behörde davon aus, dass er nicht gewillt sei, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten, und seine Anwesenheit in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie vor allem das Rechtsgut der Gesundheit anderer Personen in erheblichem Maß gefährde. Mit seinem zu seiner strafrechtlichen Verurteilung führenden Verhalten habe er nicht unwesentliche kriminelle Energie unter Beweis gestellt. Vor allem sei zu befürchten, dass er wiederum versuchen werde, sich am Handel mit Suchtmitteln zu beteiligen und, weil er drogensüchtig sei, sich Suchtmittel zu beschaffen. Zwar behaupte er, sich einer Therapie bei der Drogenberatungseinrichtung "Grüner Kreis" zu unterziehen, was nur auf Grund einer für ihn günstigen "Zukunftsprognose" möglich gewesen wäre. Dazu müsse jedoch gesagt werden, dass die Beendigung der Therapie noch nicht erfolgt sei, weshalb dieser bloßen Absichtserklärung des Beschwerdeführers jegliche faktische Relevanz abzusprechen sei. Da der Beschwerdeführer eindeutig ein Gefährdungspotential im Hinblick auf die körperliche Integrität anderer Personen darstelle, sei die Annahme der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 37 FrG dringend geboten. Den wichtigen öffentlichen Interessen an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen nach dem SMG habe der Beschwerdeführer keine ausreichenden maßgeblichen Umstände, die gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprächen, entgegenbringen können, weshalb von dieser Maßnahme auch nicht im Rahmen einer Ermessensübung nach § 36 Abs. 1 FrG habe Abstand genommen werden können.

Nach Ansicht der belangten Behörde seien gemäß § 37 FrG die öffentlichen Interessen an der Verhinderung von Verstößen gegen das SMG höher zu gewichten als die privaten oder familiären Interessen des Beschwerdeführers am Weiterverbleib in Österreich. Der mittlerweile über acht Jahre andauernde ununterbrochene Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich - dieser wohne an derselben Adresse wie seine Familie - könne nicht als lang genug bezeichnet werden, dass die sicherheits- und fremdenpolizeilichen Interessen zurücktreten müssten. Vor allem könne er nicht als sehr integriert bezeichnet werden, weil sein Aufenthalt in Österreich vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts noch nicht acht Jahre ununterbrochen gedauert habe. Vielmehr habe er bereits nach einem Aufenthalt von sieben Jahren in gravierendem Ausmaß gegen das SMG verstoßen. Ein etwaiges berufliches Fortkommen könne er auch in seinem Heimatland verfolgen. Was seine familiären Beziehungen anlange, müsse darauf hingewiesen werden, dass er mittlerweile großjährig sei. Zu seiner Behauptung, er müsste zusammen mit seiner Mutter für das Familieneinkommen sorgen, weil sein Vater arbeitsunfähig wäre, sei zu sagen, dass Kinder nur dann eine Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern hätten, wenn diese nicht aus eigener Kraft ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten. Dies sei jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil für arbeitsunfähige Personen in Österreich eine Unterstützung durch den Sozialstaat bestehe.

Angesichts der Gewichtung der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlung (Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten) sei das Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren durchaus gerechtfertigt. Vor allem sei darauf hinzuweisen, dass im Fall einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung auch ein unbefristetes Aufenthaltsverbot möglich wäre.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn ersatzlos aufzuheben, "allenfalls ein anderes gelinderes Mittel zum vermeintlichen Anspruch des Staates auf Schutz des öffentlichen Interesses zu verhängen".

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die unbestrittene rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von 18 Monaten bestehen gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

2.1. Die Beschwerde vertritt indes die Meinung, dass der Beschwerdeführer, der keine weiteren Vorstrafen aufweise, keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle und von ihm "wohl kaum" das wirtschaftliche Wohl des Landes in Mitleidenschaft gezogen werde. Er unterziehe sich einer Therapie seiner Suchtgiftabhängigkeit im Rahmen des "Grünen Kreises", wobei diese Entziehungskur noch nicht beendet sei, sondern laut Urteil noch bis Ende November 2000 dauern werde. Auch lasse seine Geborgenheit in seiner Familie doch eher eine "günstigere Besserungsprognose" erwarten. Die Gefährdungsprognose der belangten Behörde sei somit zu streng ausgefallen.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Das Verbrechen nach § 15 StGB, § 28 Abs. 2 SMG begeht, wer versucht, den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs. 6 SMG) zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen. Nach den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde verübte der am 10. August 1979 geborene Beschwerdeführer dieses Verbrechen im Jahr 1998 nach Vollendung seines 19. Lebensjahres, indem er versuchte, Suchtgift (Heroin in einer großen Menge) zu verkaufen. Darüber hinaus konsumierte der Beschwerdeführer, der drogensüchtig ist, bereits eineinhalb Jahre vor seiner Verurteilung regelmäßig Heroin. Gemeinsam mit zwei anderen Angeklagten hatte er auch kleinere Suchtgiftgeschäfte abgewickelt. So hatte er etwa im Sommer 1998 bereits rund 100 Gramm Kokain vermittelt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Suchtgiftkriminalität um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität, bei der die Wiederholungsgefahr üblicherweise besonders groß ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 15. November 1999, Zl. 99/18/0367, mwN). In Anbetracht des großen öffentlichen Interesses an der Bekämpfung dieser gefährlichen Kriminalitätsform, das sowohl unter dem Blickwinkel der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (§ 36 Abs. 1 Z. 1 FrG) als auch unter dem Gesichtspunkt anderer im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter öffentlicher Interessen - insbesondere des Schutzes der Gesundheit (§ 36 Abs. 1 Z. 2 FrG) - gegeben ist, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass im vorliegenden Fall die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei, keinem Einwand.

An dieser Beurteilung vermag auch der bereits in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 22. Februar 1999 ins Treffen geführte Umstand nichts zu ändern, dass ihm gemäß § 39 SMG ein Strafaufschub zur Durchführung einer Therapie seiner Suchtgiftabhängigkeit gewährt wurde und nach einem erfolgreichen Abschluss dieser Therapie - diese werde laut Beschwerdevorbringen noch bis Ende November 2000 dauern - die über ihn verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 40 SMG bedingt nachzusehen sein werde. Wenn auch in Anbetracht des dem Beschwerdeführer - bis 18. November 2000 (vgl. das in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltene Schreiben des Landesgerichtes für Strafsachen Wien an die erstinstanzliche Behörde vom 12. Februar 1999) - gewährten Strafaufschubes die Durchsetzbarkeit des vorliegend erlassenen Aufenthaltsverbotes bis zum Vollzug der über ihn unbedingt verhängten Freiheitsstrafe bzw. bis zu deren bedingter Nachsicht aufgeschoben wurde und die Frage, ob im Grund des FrG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden darf, für diesen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit zu beurteilen ist (vgl. insoweit das hg. Erkenntnis vom 31. März 2000, Zl. 99/18/0419, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird), kann für den Beschwerdeführer daraus, dass die belangte Behörde ihre Beurteilung bezüglich der Annahme nach § 36 Abs. 1 FrG und der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes nach § 37 leg. cit. nicht auf diesen Zeitpunkt abgestellt hat, nichts gewonnen werden. So liegt dieser Beurteilung (u.a.) das dem Beschwerdeführer angelastete Fehlverhalten des beabsichtigten Verkaufs von einer das für eine Gesundheitsgefährdung in großem Ausmaß erforderliche Quantum um das Hundertfache übersteigenden Menge an Heroin (vgl. die Suchtgift-Grenzmengenverordnung - SGV vom 10. Dezember 1997, BGBl. II Nr. 377), sohin ein das öffentliche Interesse am Schutz der Gesundheit in besonders großem Ausmaß beeinträchtigendes Fehlverhalten, zu Grunde. Von daher böte selbst eine erfolgreiche Suchtgifttherapie keine Gewähr dafür, dass vom Beschwerdeführer keine Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen mehr ausgeht. Ebenso wenig kann angenommen werden, dass von ihm nach - aufgrund erfolgloser Suchtgifttherapie - vollzogener Freiheitsstrafe keine solche Gefahr mehr ausginge.

Inwieweit die Familie des Beschwerdeführers, wie dieser vorbringt, Gewähr für sein künftiges Wohlverhalten bieten werde, kann nicht nachvollzogen werden, zumal diese nicht verhindern konnte, dass er suchtgiftabhängig und straffällig wurde.

3.1. Im Licht des § 37 FrG macht die Beschwerde weiters geltend, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahr 1991 durchgehend und rechtmäßig, sein Bruder seit mindestens zehn Jahren und seine Eltern schon seit über zehn Jahren in Österreich lebten und es eine unbillige Härte darstelle, diese Familie "auseinanderzuteilen". Er habe keine anderen Familienangehörigen in der Türkei, mit denen Kontakt aufgenommen werden könnte, und es wäre für ihn dort eine Einkommens- und Vermögensbildung nicht zu schaffen.

3.2. Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Die aus dem Aufenthalt des Beschwerdeführers (seit 30. November 1991), seinen familiären und sonstigen persönlichen Bindungen sowie seiner Berufstätigkeit in Österreich ableitbare Integration hat in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch die von ihm begangenen Straftaten nach dem SMG eine ganz erhebliche Minderung erfahren. Wenn die Beschwerde behauptet, dass der Beschwerdeführer in der Türkei keine Familienangehörigen habe, mit denen Kontakt aufgenommen werden könnte, und für ihn dort eine Einkommens- und Vermögensbildung nicht zu schaffen wäre, ist ihr zu erwidern, dass die mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Situation im öffentlichen Interesse in Kauf genommen werden muss.

Vor diesem Hintergrund begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass dem besagten öffentlichen Interesse gegenüber den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers der Vorrang einzuräumen sei, keinem Einwand.

4. Auch mit dem Hinweis, dass der Beschwerdeführer vollinhaltlich in den Anwendungsbereich des auf der Grundlage des Assoziierungsabkommens EWG-Türkei aus 1963 gefassten Beschlusses Nr. 1/1980 des Assoziationsrates EWG-Türkei falle, lässt sich für den Standpunkt der Beschwerde nichts gewinnen, macht doch Art. 14 Abs. 1 dieses Beschlusses ("Dieser Abschnitt gilt vorbehaltlich der Beschränkungen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind.") deutlich, dass die die Beschäftigung und die Freizügigkeit türkischer Arbeitnehmer regelnden Bestimmungen (Abschnitt 1 des Kapitels II des Beschlusses) der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegen stehen, wenn es - wie im Beschwerdefall - aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1998, Zl. 98/18/0258, mwN).

5. Ferner kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie angesichts der in der Verübung der schweren Straftat zu Tage getretenen Charaktereigenschaft des Beschwerdeführers die Auffassung vertrat, dass der Zeitpunkt des Wegfalls der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände, nämlich seiner Gefährlichkeit für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, nicht vor Ablauf von zehn Jahren erwartet werden könne.

6. Entgegen der Beschwerdeansicht bestand auch keine Veranlassung für die belangte Behörde, von ihrem Ermessen im Grund des § 36 Abs. 1 FrG zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen. Eine Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen dieser Ermessensübung würde offensichtlich nicht im Sinn des Gesetzes (Art. 130 Abs. 2 B-VG) erfolgen, weil der Beschwerdeführer wegen eines Verbrechens zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr rechtskräftig verurteilt worden ist (vgl. das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 99/18/0419, mwN).

7. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde im Umfang ihres Hauptantrages als unbegründet, weshalb sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

8. Hingegen war sie im Umfang ihres Eventualbegehrens gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, weil im Hinblick darauf, dass dem Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer Bescheidbeschwerde lediglich die Stellung eines Kassationsgerichtshofes zukommt, ein auf eine inhaltliche Abänderung des angefochtenen Bescheides abzielendes Begehren einer meritorischen Erledigung durch ihn nicht zugänglich ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 98/18/0066, mwN).

9. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Juni 2000

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Ermessen Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Abänderung von Bescheiden sowie Entscheidungen des VwGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000210034.X00

Im RIS seit

21.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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