Entscheidungsdatum
11.12.2017Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §74 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Piccolroaz über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 12.10.2017, Zl ****,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang, Beschwerdevorbringen:
Mit Eingabe vom 11.07.2017 zeigte der nunmehrige Beschwerdeführer beim Bürgermeister der Gemeinde Z die Errichtung eines Stadels in Holzrahmenbauweise fundiert auf Plattenfundament auf Gst **1 KG Z unter Vorlage von Plänen an.
Mit Schreiben vom 20.07.2017 teilte der Bürgermeister der Gemeinde Z dem nunmehrigen Beschwerdeführer mit, dass im Freiland nur ortsübliche Städel mit einer Grundfläche von maximal 48 m2 zulässig seien. Ein zweigeschossiger Stadel in der Form mit integriertem Bienenhaus und Abstellplatz für landwirtschaftliche Geräte sei sicher nicht ortsüblich. Für das Bauvorhaben sei eine Sonderflächenwidmung nach § 47 TROG notwendig und diese sei bei der Gemeinde zu beantragen. Voraussetzungen dafür seien positive Stellungnahme vom zuständigen Raumplanungsbüro BB GmBH, positiver Gemeinderatsbeschluss, positive naturkundefachliche Stellungnahme von der BH Y, positive Stellungnahme vom Amt der Tiroler Landesregierung-Abteilung Agrarwirtschaft über die Betriebsnotwendigkeit und positive Stellungnahme vom Amt der Tiroler Landesregierung-Bau- und Raumordnungsrecht. Die Gemeinde Z werde diese Stellungnahmen anfordern, sobald diese vorliegen würden sie sich bei ihm melden.
In der Folge wurde eine raumordnungsfachliche Stellungnahme, eine Stellungnahme der Abteilung Agrarwirtschaft, eine naturkundefachliche Stellungnahme sowie eine Stellungnahme des Raumplaners der Gemeinde Z eingeholt und dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29.08.2017 übermittelt. Weiters wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass aufgrund dieser Stellungnahmen es keinen Sinn mache, eine Änderung im Flächenwidmungsplan weiter zu verfolgen. Die Baubehörde habe die Bauanzeige aufgrund von Unzulässigkeit im Freiland nun abzuweisen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.10.2017, Zl **** wurde festgestellt, dass das angezeigte Bauvorhaben „Errichtung eines Stadels auf Gp **1“ aufgrund des § 41 Abs 2 lit a TROG 2016 unzulässig ist. Im Freiland sind nur ortsübliche Städel in Holzbauweise, die der Lagerung landwirtschaftlicher Produkte und landwirtschaftlicher Betriebsmittel mit Ausnahme von Kraftfahrzeugen, die den kraftfahrrechtlichen Vorschriften unterliegen (zulässig). Die Ausführung des oben genannten Bauvorhabens ist daher unzulässig und wird untersagt. Begründend wurde festgehalten, dass im gegenständlichen Fall keine Ortsüblichkeit festgestellt wurde. Da dies im Wiederspruch zum § 41 Abs 2 lit a TROG 2016 stehe, sei das Bauvorhaben unzulässig und sei daher zu untersagen gewesen.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass er mit Ablauf der zwei-Monats Frist mit der Bauausführung begonnen habe. Der Bürgermeister verweise auf die Bestimmung des § 23 Abs 3 TBO 2011 und habe offensichtlich zur Kenntnis genommen, dass er sein Bauvorhaben bereits mit Bauanzeige vom 11.07.2017 ordnungsgemäß angezeigt habe, der nunmehr gegenständliche ablehnende Bescheid aber mit 12.10.2017 datiert sei. Seit dem Einlangen seiner Bauanzeige im Gemeindeamt Z mit 11.07.2017 bis zum Erlass des nunmehrigen Bescheides mit 12.10.2017 seien jedenfalls mehr als zwei Monate vergangen. Aus seiner Sicht würden die Voraussetzungen des § 23 Abs 4 TBO 2011 vorliegen und hätte die Behörde im Sinne des Abs 4 mit einem entsprechenden Vermerk versehene Ausfertigung der eingereichten Planunterlagen auszuhändigen. Der allfällige Untersagungsgrund hätte wohl auch innerhalb der zwei Monats Frist des § 23 Abs 3 mit schriftlichem Bescheid festgestellt werden können. Es seien daher die bisher angefallenen nicht unerheblichen Investitionen jedenfalls in gutem Glauben getätigt und werde er sich diesbezüglich schadlos halten. Zur Frage der Ortsüblichkeit dürfe er anführen, dass sein eingereichter Plan sich nach den in Z bereits befindlichen Feldstädeln orientiere unter anderem auch an den des Herrn Bürgermeisters und dem des Gemeindevorarbeiters, da ihm durchaus bewusst sei, dass der geplante Feldstadel ortsüblich sein müsse. Zum Beweis lege er eine Fotodokumentation vor. Er beantrage daher den gegenständlichen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung den gegenständlichen Bescheid ersatzlos zu beheben und die Bauanzeige mit dem Vermerk der Rechtsmäßigkeit zu versehen.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Bauakt der Gemeide Z. Der vorhin festgestellt Sachverhalt ergibt sich Zweifels ohne aus den vorgelegten Unterlagen. Insbesondere ist der festgestellte Sachverhalt auch unstrittig. Fragen der Beweiswürdigung waren nicht zu klären, von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte vor dem Hintergrund des § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere der Rechtssache nicht erwarten ließ und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der Charta der Grundrechte der europäischen Union dem entgegenstanden.
II. Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen der Tiroler Bauordnung 2011 – TBO 2011 in der geltenden Fassung lauten:
„§ 21
Bewilligungspflichtige und anzeigepflichtige Bauvorhaben
[…]
(2) Die sonstige Änderung von Gebäuden sowie die Errichtung und die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen sind, sofern sie nicht nach Abs. 1 lit. b oder e einer Baubewilligung bedürfen, der Behörde anzuzeigen. Jedenfalls sind der Behörde anzuzeigen:
a) die Anbringung und Änderung von untergeordneten Bauteilen und von Balkonverglasungen bei bestehenden baulichen Anlagen;
b) die Errichtung und Änderung von Stützmauern und Einfriedungen bis zu einer Höhe von insgesamt 2 m, sofern diese nicht unter Abs. 3 lit. c fallen;
c) die Errichtung und Änderung von Terrassen, Pergolen und dergleichen;
d) die Errichtung und Änderung von ortsüblichen Städeln in Holzbauweise, die landwirtschaftlichen Zwecken dienen, von Gerätehütten in Holzbauweise, die forstwirtschaftlichen Zwecken dienen, und von Bienenhäusern in Holzbauweise sowie die Aufstellung von Folientunnels, soweit diese nicht nach § 1 Abs. 3 lit. k vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen sind;
e) die Errichtung und Änderung von Sportplätzen, Reitplätzen und dergleichen sowie von allgemein zugänglichen Kinderspielplätzen und Kinderspielplätzen von Wohnanlagen;
f) die größere Renovierung von Gebäuden, sofern sie nicht im Rahmen eines nach Abs. 1 bewilligungspflichtigen Bauvorhabens erfolgt;
g) die Errichtung und Änderung von frei stehenden Ladestationen für Elektrofahrzeuge mit Ausnahme von Gebäuden.
[…]
§ 23
Bauanzeige
(1) Die Bauanzeige ist bei der Behörde schriftlich einzubringen.
(2) Der Bauanzeige sind die Planunterlagen (§ 24) in zweifacher Ausfertigung anzuschließen. Ist die Bauanzeige unvollständig, so hat die Behörde dem Bauwerber unter Setzung einer höchstens zweiwöchigen Frist die Behebung dieses Mangels aufzutragen. Wird diesem Auftrag nicht entsprochen, so ist die Bauanzeige mit schriftlichem Bescheid zurückzuweisen.
(3) Die Behörde hat das angezeigte Bauvorhaben zu prüfen. Ergibt sich dabei, dass das angezeigte Bauvorhaben bewilligungspflichtig ist, so hat die Behörde dies innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Bauanzeige mit schriftlichem Bescheid festzustellen. Liegt überdies ein Abweisungsgrund nach § 27 Abs. 3 vor, so hat die Behörde dies festzustellen. Eine solche Feststellung ist einer Versagung der Baubewilligung gleichzuhalten. Ist das angezeigte Bauvorhaben nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften unzulässig oder liegt im Fall einer größeren Renovierung eines Gebäudes der Energieausweis nicht vor, so hat die Behörde die Ausführung des Vorhabens innerhalb derselben Frist mit schriftlichem Bescheid zu untersagen. Besteht Grund zur Annahme, dass ein solcher Feststellungs- oder Untersagungsbescheid nicht fristgerecht rechtswirksam zugestellt werden kann, so hat ihn die Behörde nach § 23 des Zustellgesetzes ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen.
(4) Wird innerhalb der im Abs. 3 genannten Frist weder das angezeigte Bauvorhaben als bewilligungspflichtig festgestellt noch dessen Ausführung untersagt oder stimmt die Behörde der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens ausdrücklich zu, so darf es ausgeführt werden. In diesen Fällen hat die Behörde dem Bauwerber eine mit einem entsprechenden Vermerk versehene Ausfertigung der Planunterlagen auszuhändigen.
(5) Wird jedoch ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben dem Verfahren nach Abs. 4 unterworfen, so gilt die Erlaubnis zur Ausführung dieses Bauvorhabens mit dem Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt der Anzeige über die Bauvollendung (§ 37 Abs. 3) als rechtskräftig erteilte Baubewilligung, wenn bis dahin weder die Nachbarn noch der Straßenverwalter, denen im Bewilligungsverfahren Parteistellung zugekommen wäre (§ 26), bei der Behörde schriftlich einen Antrag auf Feststellung der Bewilligungspflicht eingebracht haben. Über einen solchen Antrag ist mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden. Für die Entscheidung ist die Rechtslage am ersten Tag des Vorliegens der Erlaubnis maßgebend; haben sich jedoch die baurechtlichen Vorschriften zwischenzeitlich derart geändert, dass das betreffende Bauvorhaben keiner Baubewilligung mehr bedarf, so ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung maßgebend. Stellt die Behörde gegenüber dem Eigentümer der baulichen Anlage fest, dass das betreffende Bauvorhaben bewilligungspflichtig ist, so hat dieser innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Feststellung nachträglich um die Baubewilligung für das betreffende Bauvorhaben anzusuchen. Wird dieser Verpflichtung nicht entsprochen, so ist ein Verfahren zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes (§ 39) einzuleiten.
(6) Wurde ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben vor dem 1. Oktober 2016 dem Verfahren nach Abs. 4 unterworfen, so gilt Abs. 5 mit der Maßgabe, dass
a) in Fällen, in denen die Anzeige über die Bauvollendung vor dem 1. Oktober 2015 erstattet worden ist, die Erlaubnis zur Ausführung des Bauvorhabens mit 1. Oktober 2016 als rechtskräftig erteilte Baubewilligung gilt, sofern zu diesem Zeitpunkt nicht bereits ein Verfahren zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes (§ 39) anhängig ist,
b) in Fällen, in denen die Anzeige über die Bauvollendung nach dem 30. September 2015 erstattet worden ist, die Erlaubnis zur Ausführung des Bauvorhabens als rechtskräftig erteilte Baubewilligung gilt, wenn ein Antrag auf Feststellung der Bewilligungspflicht bis zum 30. September 2017 nicht eingebracht worden ist.
Im Übrigen ist Abs. 5 auch auf am 1. Oktober 2016 anhängige Anzeigeverfahren anzuwenden.
(7) Steht ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben im Zusammenhang mit einem bewilligungspflichtigen Bauvorhaben, so kann anstelle der Bauanzeige auch für das anzeigepflichtige Bauvorhaben um die Erteilung der Baubewilligung angesucht werden.“
III. Erwägungen:
Unstrittig ist, dass im gegenständlichen Fall der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 11.07.2017 eine Bauanzeige betreffend die Errichtung eines Stadels auf GST**1 KG Z beim Bürgermeister der Gemeinde Z eingebracht hat. Eine Unvollständigkeit der eingebrachten Bauanzeige konnte weder von der belangten Behörde noch vom Landesverwaltungsgericht festgestellt werden. Die zwei-Monats Frist des § 23 Abs 3 TBO 2011 begann daher am 11.07.2017 und endete gemäß § 32 Abs 2 AVG am 11.09.2017.
Der in Beschwerde gezogene Untersagungsbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 12.10.2017, zugestellt am 19.10.2017 ist daher jedenfalls außerhalb der zwei-Monats Frist ergangen. Dazu genügt es auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach die Untersagung des angezeigten Vorhabens nach Verstreichen dieser Frist unzulässig ist (vgl VwGH 25.09.2007, 2003/06/0175; 21.06.2005, 2003/06/0087).
Da der gegenständliche Untersagungsbescheid unzulässig war, war der Beschwerde Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung ersatzlos zu beheben.
Ergänzend sieht sich das Landesverwaltungsgericht jedoch veranlasst festzuhalten, dass es sich bei dem in Rede stehenden Bauvorhaben zweifellos um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben im Sinne des § 21 Abs 1 lit a TBO 2011 handelt, für welches eine entsprechende Sonderflächenwidmung gemäß § 47 TROG 2016 erforderlich ist. Die (derzeitige) zur Kenntnisnahme der Bauanzeige ersetzt jedoch keine Baubewilligung. Diesbezüglich wird auf die Bestimmung des § 23 Abs 5 TBO 2011 hingewiesen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Piccolroaz
(Richter)
Schlagworte
Nachbarbeschwerden; keine unzumutbare Belästigungen;Anmerkung
Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 26.09.2017, Z LVwG-2017/44/1976-4, erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 26.06.2018, Z Ra 2017/07/0125 bis 0126-8, zurück.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.44.1976.4Zuletzt aktualisiert am
07.08.2018