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L1 GemeinderechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags zweier Vertragsbedienstetereiner Gemeinde auf Aufhebung einer Verordnung über eineGemeindetrennung; kein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre derinfolge der Gemeindetrennung versetzten BedienstetenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Antragsteller sind Gemeindevertragsbedienstete und wurden im Zuge der Trennung der Stadtgemeinde Wolfsberg mit 1.1.1997 in die "Arbeitspartie St. Gertraud" versetzt. Das Schreiben des Bürgermeisters von Wolfsberg vom 16.12.1996, Zl. 011-95/1996, hat folgenden Wortlaut:
"Gestützt auf die Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 18.4.1995, LGBl. Nr. 40, über die Trennung der Stadtgemeinde Wolfsberg, Zl.: 3 Gem-143/2/8/1995, sowie aufgrund des Beschlusses des Gemeinderates der Stadtgemeinde Wolfsberg vom 7.2.1995, teilen wir Ihnen mit, daß Sie mit Wirkung vom 1.1.1997 in die Arbeitspartie St. Gertraud versetzt werden."
2. Mit dem vorliegenden, auf Art139 B-VG gestützten Antrag fechten die Antragsteller die für die Trennung der Stadtgemeinde Wolfsberg maßgeblichen Verordnungsbestimmungen an (§8 der Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 2.10.1990, Zl. 3-Gem-1293/1/1990, mit der Richtlinien über die Vermögensauseinandersetzung bei Gemeindetrennungen erlassen werden, LGBl. Nr. 78/1990; die Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 18.4.1995, Zl. 3 Gem-143/2/8/1995, über die Trennung der Stadtgemeinde Wolfsberg, LGBl. Nr. 40/1995) und führen zur Antragslegitimation folgendes aus:
"Zum Nachweis unserer Antragslegitimation verweisen wir darauf, daß wir Vertragsbedienstete der Stadt Wolfsberg sind. Durch die angefochtene Verordnung vom 18.4.1995 wird uns eine Rechtspflicht auferlegt, die in unsere Rechtssphäre unmittelbar und aktuell eingreift, ohne daß es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedarf. Auch §8 der Verordnung vom 2.10.1990 greift in unsere Rechtssphäre unmittelbar und aktuell ein, ohne daß es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedarf.
Für den Fall eines Zuwiderhandelns müssen wir mit nachteiligen Folgen im Sinne der Bestimmungen des Gemeindevertragsbediensteten-Gesetzes 1992, LGBl. Nr. 95/1992 idgF. rechnen, was uns nicht zumutbar ist.
Laut Inhalt des Aktenvermerkes vom 19.12.1996 (Ergänzung zur Niederschrift vom 19.12.1996) haben wir unseren Standpunkt, wonach wir gegen die Versetzung in die neue Gemeinde Frantschach-St. Gertraud sind, damit begründet, daß wir von der Stadtgemeinde Wolfsberg aufgenommen wurden, von der Stadtgemeinde Wolfsberg unseren Dienstvertrag haben und daher nur bei der Stadtgemeinde Wolfsberg arbeiten möchten.
Wir wollen mit der neuen Gemeinde Frantschach-St. Gertraud nichts zu tun haben, weil wir aus Überzeugung gegen die Gemeindetrennung sind!
Es steht uns auch ein anderer zumutbarer Weg nicht zur Verfügung, um uns gegen die rechtswidrige Verordnung zur Wehr setzen zu können. Unsere Antragslegitimation ist daher gegeben.
Wir beziehen uns in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des VerfGH vom 20.3.1986, V40/85, V18/86 (=Slg. 10.842). Der VerfGH hat dort ausgesprochen, daß gegen eine
dekretierte V e r e i n b a r u n g eines bestimmten Honorars
ein anderer zumutbarer Weg für die Anfechtung der Verordnung der Gemeinden schon deshalb nicht zur Verfügung stand, weil weder durch die Verordnung noch durch Gesetz der Rechtsweg bestimmt ist, der zur Bekämpfung einer auf Grund dieser Verordnung (damals der niederösterreichischen Landesregierung vom 24.1.1984) ergangenen Erledigung zur Verfügung stünde. Der Gerichtshof hielt es nicht für zumutbar, die Verpflichtung, einen Schularzt zu bestellen und mit ihm ein Honorar zu vereinbaren, durch Urteil oder Bescheid feststellen zu lassen.
Tatsächlich hat auch der VerfGH in diesem Fall, wo die kommunale Privatwirtschaftsverwaltung im Sinne des Art116 Abs2 B-VG auf dem Spiel stand, einen derartigen Individualantrag zugelassen und auch in der Sache selbst im Sinne der Beschwerdeführerin entschieden. In den Entscheidungsgründen führte der VerfGH weiter aus, daß die Vergütung für die schulärztlichen Leistungen im Rahmen des Dienstrechtes der Gemeinde zu regeln ist oder - im Falle des Werkvertrages - im Rahmen des bürgerlichen Rechts. §2 Abs4 des niederösterreichischen Pflichtschulgesetzes oder eine andere gesetzliche Regelung bieten jedenfalls keinen Anhaltspunkt für eine Regelung der Vergütung, wie sie in den §§4 und 5 der (angefochtenen) Verordnung der niederösterreichischen Landesregierung vom 24.1.1984 getroffen wurde. Diese Regelung entbehrt daher einer gesetzlichen Grundlage und verstößt damit gegen Art18 Abs1 B-VG.
Gemäß §20 des Gemeindevertragsbediensteten-Gesetzes 1992, LGBl. Nr. 95/1992 liegt eine Versetzung vor, wenn die Dienstzuweisung auf Dauer erfolgt. Hiebei ist unter Wahrung der dienstlichen Interessen und mit Berücksichtigung der persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Bediensteten eine angemessene Frist zu gewähren.
Diesem gesetzlichen Auftrag wurde in unseren Fällen nicht entsprochen. Auch die gewährte Frist (nämlich vom 16.12.1996 bis 1.1.1997) erscheint zu kurz bemessen."
3. Die Kärntner Landesregierung, die die angefochtenen Verordnungen erlassen hat, legte die Verordnungsakten vor und erstattete zur Frage der Zulässigkeit des vorliegenden Antrages eine Äußerung, in der sie begehrt, den Antrag mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.
II. Der Verfassungsgerichtshof
hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. Der angefochtene §8 der Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 2. Oktober 1990, LGBl. Nr. 78, lautet:
"§8
Bedienstete
Die Rechtsnachfolge hinsichtlich der Dienstverhältnisse der Bediensteten ist zwischen der Stammgemeinde und den entstehenden Trenngemeinden einvernehmlich zu regeln."
Die Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 18.4.1995, LGBl. Nr. 40, hat folgenden Wortlaut:
"Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 18. April 1995, Zl. 3 Gem-143/2/8/1995, über die Trennung der Stadtgemeinde Wolfsberg
Auf Grund des §8 b Abs6 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993, LGBl. Nr. 77/1993, wird verordnet:
§1
Trennung
Vom Gebiet der Stadtgemeinde Wolfsberg wird ein Gebiet abgetrennt, das dem Gebiet der ehemaligen Gemeinde Frantschach/St. Gertraud (§2) entspricht.
§2
Gemeindegebiet
Das Gemeindegebiet der Gemeinde Frantschach-St. Gertraud umfaßt die Gebietsfläche der vor dem 1. Jänner 1973 bestandenen Gemeinde Frantschach St. Gertraud in dem Umfang, der gemäß §72 des Kärntner Gemeindestrukturverbesserungsgesetzes, LGBl. Nr. 63/1972, mit der Stadtgemeinde Wolfsberg vereinigt wurde.
§3
Gemeindename
Als Gemeindename wird bestimmt: Gemeinde
Frantschach-St. Gertraud.
§4
Vermögensauseinandersetzung
Grundlage für die Vermögensauseinandersetzung bildet der Beschluß des Gemeinderates der Stadtgemeinde Wolfsberg vom 7. Februar 1995.
§5
Inkafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Jänner 1997 in Kraft."
2. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, 13944/1994).
Grundvoraussetzung der Antragslegitimation ist daher der Umstand, daß die angefochtenen Bestimmungen unmittelbar in die Rechtssphäre der Antragsteller eingreifen müssen. Die Versetzung erfolgte jedoch nicht aufgrund der angefochtenen Verordnungsbestimmungen, sondern die normative Grundlage dieser dienstrechtlichen Maßnahme bildete der §20 des Kärntner Gemeindevertragsbediensteten-Gesetzes, LGBl. Nr. 95/1992. Daher sind die von den Antragstellern angeführten Rechtswirkungen nicht unmittelbar aufgrund der in Rede stehenden Verordnungen eingetreten.
Die Bezugnahme der Antragsteller auf das Erkenntnis VfSlg. 10842/1986 ist nicht zielführend, weil sich die in diesem Erkenntnis relevante Verordnung unmittelbar an die damaligen Antragsteller gerichtet hat.
Daher war der Antrag schon deshalb mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen.
3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gefaßt werden.
Schlagworte
Dienstrecht, Versetzung, Gemeinderecht, Gemeindetrennung,VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:V13.1997Zuletzt aktualisiert am
13.08.2010