TE Vwgh Erkenntnis 2000/6/19 99/16/0085

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Veröffentlicht am 19.06.2000
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Index

32/06 Verkehrsteuern;
98/01 Wohnbauförderung;

Norm

GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
WFG 1984 §2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des A in H, vertreten durch Nemetz & Nemetz, Rechtsanwalts-KEG in Wien III, Uchatiusgasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 4. Februar 1999, GZ RV 0583-09/11/97, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 30. September 1985 erwarb der Beschwerdeführer von Ernst K. eine Liegenschaft in der Katastralgemeinde Himberg um den Kaufpreis von S 1,000.000,--. In Punkt I der Kaufvertragsurkunde wurde festgehalten, dass auf der Liegenschaft der Rohbau eines Hauses errichtet sei.

Auf eine Anfrage des zuständigen Finanzamtes, welche Arbeiten an dem Gebäude im Zeitpunkt der Veräußerung noch ausständig gewesen seien, gab der Veräußerer Ernst K am 6. September 1989 an, es seien nur mehr der Außenverputz und das Stiegengeländer anzubringen gewesen.

Diese Aussage wurde dem Beschwerdeführer vom Finanzamt mit einem Schriftsatz vom 4. Oktober 1993 vorgehalten. Gleichzeitig wurde vom Finanzamt darauf verwiesen, dass das Gebäude bereits seit 7. September 1984 bewohnt worden sei.

In einem Schriftsatz vom 12. Oktober 1993 wurde vom Beschwerdeführer unter anderem ausgeführt:

Der Rohbau wurde von mir übernommen. Es ist bereits der Außenputz erledigt. Die 2 Kamine gehören noch verputzt sowie der gesamte Keller, Stiegengeländer bei Kellerabgang fehlt und der Estrich im Keller.

Mit Bescheid vom 10. November 1993 wurde dem Beschwerdeführer hierauf Grunderwerbsteuer in Höhe von S 99.680,-- vorgeschrieben.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, die Bauarbeiten seien im Zeitpunkt des Kaufvertrages noch nicht abgeschlossen gewesen. Der Voreigentümer habe lediglich ein Zimmer, die Küche und das Badezimmer soweit ausgebaut gehabt, dass diese Räume bewohnbar gewesen seien. Die übrigen Räume seien nicht bewohnbar gewesen. Es habe in den übrigen Räumen der Estrich gefehlt und die Wände seien nicht verputzt gewesen. Im Jahre 1993 seien nur kleinere Verputzarbeiten ausständig gewesen. Diese noch ausständigen Arbeiten hätten die Benützbarkeit des Objektes nicht gehindert.

Nach einer entsprechenden Aufforderung gab der Verkäufer Ernst K. in einer Eingabe vom 26. Jänner 1994 an, das verkaufte Haus sei bereits von ihm und seiner Familie bewohnt worden. Die diesbezüglichen Meldezettel waren in Kopie angeschlossen. Weiters führte Ernst K. aus, die Angaben im Schreiben vom 6. September 1989 seien richtig. In den Wohnräumen seien alle Wände verputzt und mit einem Estrich versehen gewesen. Alle Heizungs-, Wasser und Elektroinstallationen im Erdgeschoß seien vollständig gewesen. Im Kellergeschoß seien lediglich der Tankraum und der Heizraum fertiggestellt gewesen, alle übrigen Räume seien ohne Innenputz und Estrich gewesen. Der Außenputz habe gefehlt; die dazugehörige Garage sei weder außen noch innen verputzt gewesen.

Nach einem Vorhalt gab der Beschwerdeführer mit einer Eingabe vom 2. Februar 1994 an, er könne keine Rechnungen über die Fertigstellungsarbeiten vorlegen, da diese "in Eigenregie" von ihm und seinen Verwandten vorgenommen worden seien. Bei den Fertigstellungsarbeiten hätten ihm sein Stiefvater Otto R., seine Mutter Monika R. und sein Schwiegervater Karl D. geholfen.

In einer schriftlichen "Bestätigung" vom 31. Jänner 1994 gaben Monika R. und Otto R. an, das Wohnhaus des Beschwerdeführers habe sich im Zeitpunkt des Erwerbs in folgendem Zustand befunden:

Das Schlafzimmer, ein Kinderzimmer, die Küche, das Badezimmer und das WC seien im Großen und Ganzen baulich fertiggestellt gewesen. Im Wohnzimmer sei kein Estrich, sondern nur Rohbeton aufgetragen gewesen; die Wände und die Decke seien nur grob verputzt gewesen. In diesem Zustand habe sich auch das zweite Kinderzimmer befunden. Der Stiegenabgang in den Keller sei völlig unverputzt gewesen; Stiegen und Wände hätten aus Rohbeton bestanden. Der gesamte Keller sei ohne Estrich gewesen; die Wände seien völlig unverputzt gewesen. Die Garage habe sich im Rohzustand befunden. Die für den Wasserabfluss notwendigen Traufensteine rund um das Gebäude seien noch nicht verlegt gewesen. Die Terrasse habe aus Rohbeton bestanden. Die Fassade sei nicht verputzt gewesen.

Bei einer Vernehmung vor der Abgabenbehörde gab der Verkäufer Ernst K. an, im Gegensatz zu den Angaben des Beschwerdeführers und der Ehegatten R. seien das Wohnzimmer und das zweite Kinderzimmer bereits verputzt gewesen; ein Estrich sei vorhanden gewesen. Wegen des aufgebrachten Maschinenputzes sei ein Grobputz gar nicht erfolgt. Das Kinderzimmer sei bereits tapeziert gewesen. Der Stiegenabgang sei bereits bis zum Beginn des Kellers verputzt gewesen. Karl S. bestätigte als Zeuge die Angaben des Ernst K.

In einem weiteren Schriftsatz vom 18. März 1994 bekräftigte der Beschwerdeführer, dass im Wohnzimmer und im Kinderzimmer der Feinputz von ihm aufgetragen worden sei. In beiden Räumen sei (am Boden) nur ein Rohbeton mit erheblichen Niveauunterschieden aufgebracht gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde auf die Bestimmung des § 2 Z 3 WBFG 1984 hingewiesen, wonach als Wohnung eine zur ganzjährigen Benützung geeignete, baulich in sich geschlossene, normal ausgestattete Wohnung gelte, die mindestens aus Zimmer, Küche, Vorraum und Badegelegenheit besteht. Selbst wenn man den Angaben des Beschwerdeführers und der von ihm namhaft gemachten Zeugen folge, sei davon auszugehen, dass das Schlafzimmer, ein Kinderzimmer, Küche, Bad und WC fertiggestellt gewesen seien. Sämtliche Installationen seien vorhanden gewesen. Auch nach den Angaben des Beschwerdeführers hätten nur noch geringfügige Fertigstellungsarbeiten im Wohnzimmer gefehlt. Die zum Bewohnen notwendigen Räume seien im Zeitpunkt des Erwerbes benützbar gewesen seien, sodass das Haus als bereits geschaffen anzusehen gewesen sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Bestimmung des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 war beim Arbeiterwohnstättenbau der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten von der Steuer befreit.

Im Beschwerdefall steht in Streit, ob der Beschwerdeführer auf dem in Rede stehenden Grundstück eine Arbeiterwohnstätte geschaffen hat oder ob er vom Verkäufer der Liegenschaft eine bereits von diesem geschaffene Arbeiterwohnstätte erworben hat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Frage, ob eine Arbeiterwohnstätte geschaffen worden ist, nicht darauf an, ob das Bauvorhaben in der geplanten Form geschaffen worden ist, sondern darauf, ob das, was geschaffen wurde, als eine Arbeiterwohnstätte angesehen werden konnte (vgl das hg Erkenntnis vom 15. Dezember 1983, Zl 83/16/0014).

Ungeachtet dessen, dass eine Schlussfolgerung, das gesamte Erdgeschoss der Wohnstätte sei bereits fertiggestellt worden, mit dem Ergebnis des von den Abgabenbehörden durchgeführten umfangreichen Beweisverfahrens durchaus in Einklang gebracht hätte werden können, ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass nach dem für die Auslegung des Begriffs der Arbeiterwohnstätte zulässigerweise herangezogenen § 2 Z. 1 WBFG 1984 eine Wohnung bereits vorliegt, wenn diese aus Zimmer, Küche, Vorraum und Badegelegenheit besteht. In diesem Umfang war aber das vom Beschwerdeführer erworbene Wohnhaus - auch wenn man seinen Sacherverhaltsbehauptungen folgt - durch den Verkäufer jedenfalls fertiggestellt. Demgegenüber kommt es für die Frage des Vorliegens einer benützbaren Arbeiterwohnstätte nicht darauf an, ob bereits der Außenverputz angebracht ist. Ebensowenig kommt es dabei auf den baulichen Zustand von Terrasse, Kellerräumlichkeiten, Garage und sowie die Verlegung von Traufensteinen an.

Mit seiner Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe es entgegen der zwingenden Bestimmung des § 284 BAO unterlassen, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen, übersieht der Beschwerdeführer, dass die Durchführung von mündlichen Verhandlungen ausschließlich im Verfahren vor dem Berufungssenat (vgl §§ 263 ff BAO) vorgesehen ist. Eine Zuständigkeit des Berufungssenates besteht aber nur an den in § 260 Abs. 2 BAO taxativ angeführten Fällen, also insbesondere nicht in Angelegenheiten der Grunderwerbsteuer.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Juni 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999160085.X00

Im RIS seit

04.12.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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