TE Vwgh Erkenntnis 2017/12/5 Ra 2016/01/0269

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Veröffentlicht am 05.12.2017
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §31 Abs1;
VwGVG 2014 §7 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Fasching sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des Dr. R B in W, vertreten durch Dr. Herbert Tanzler, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Invalidenstraße 1/8, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 9. September 2016, Zl. LVwG-M-5/001-2016, betreffend Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Pölten), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Maßnahmenbeschwerde des Revisionswerbers, wonach er durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 5. April 2015 durch Organe der öffentlichen Sicherheit in seinen Rechten verletzt worden sei, als verspätet zurück und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

2 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass sich die Maßnahmenbeschwerde nach dem Vorbringen des Revisionswerbers auf die Amtshandlung von Polizeibeamten im Pflegeheim S C in P am 5. April 2015 beziehe. Die Maßnahmenbeschwerde sei erst am 18. Februar 2016 an das Landesverwaltungsgericht übermittelt worden, sohin außerhalb der gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG sechswöchigen Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Eine bereits am 13. April 2015 beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingebrachte Maßnahmenbeschwerde habe sich auf eine Amtshandlung am 18. Jänner 2015, nicht jedoch auf die hier gegenständliche Amtshandlung vom 5. April 2015 bezogen. Die Maßnahmenbeschwerde sei daher gemäß § 7 Abs. 4 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als verspätet zurückzuweisen gewesen.

3 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss kostenpflichtig aufzuheben.

4 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

5 Die Revision ist in Bezug auf den im Zulässigkeitsvorbringen relevierten Irrtum des Verwaltungsgerichts über den Gegenstand der Maßnahmenbeschwerde vom 13. April 2015 und der darauf gründenden Zurückweisung der sich auf den Vorfall vom 5. April 2015 beziehenden Maßnahmenbeschwerde als verspätet zulässig und berechtigt.

6 Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG sechs Wochen.

7 Im Akt des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich zu LVwG-M-9/001-2015 erliegt ein handschriftlich verfasster Schriftsatz des Revisionswerbers vom 13. April 2015 an das Verwaltungsgericht, worin der Revisionswerber unter anderem betreffend eine Amtshandlung zweier Beamter der Polizeiinspektion P am 5. April 2015 im Pflegeheim S C in P eine Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt einbrachte. Gegenstand des Verfahrens LVwG-M-9/001- 2015 des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich war eine Maßnahmenbeschwerde des Revisionswerbers wegen einer Amtshandlung vom 18. Jänner 2015. In der mündlichen Verhandlung dieses Verfahrens vom 16. Februar 2016 wurde dem Revisionswerber eine Frist von 14 Tagen "zur Präzisierung des Vorbringens und zur Stellung allfälliger weiterer Beweisanträge" hinsichtlich der Schilderung des Revisionswerbers des ihn betreffenden Vorfalls vom 5. April 2015 in seinem Schreiben "aus April 2015" eingeräumt. Daraufhin erstattete der Revisionswerber den aufgetragenen Schriftsatz vom 18. Februar 2016 wegen der Maßnahmenbeschwerde vom 13. April 2015 in Bezug auf die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vom 5. April 2015.

8 Die Revision legt zu Recht dar, dass die Maßnahmenbeschwerde betreffend die Amtshandlung vom 5. April 2015 bereits mit dem erwähnten Schriftsatz des Revisionswerbers vom 13. April 2015 erhoben wurde. Beim Schriftsatz vom 18. Februar 2016 handelt es sich demgegenüber um die in Bezug auf das Schreiben vom 13. April 2015 vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgetragene Präzisierung. Der Revisionswerber hat somit die Maßnahmenbeschwerde mit dem Schreiben vom 13. April 2015 rechtzeitig innerhalb der sechswöchigen Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG erhoben.

9 Die Zurückweisung der Maßnahmenbeschwerde betreffend die Amtshandlung vom 5. April 2015 als verspätet erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, sodass sie gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

10 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 5. Dezember 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016010269.L00

Im RIS seit

10.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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