TE Vwgh Beschluss 2017/12/15 Ra 2017/17/0115

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.12.2017
beobachten
merken

Index

E1E;
E1P;
E6J;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
34 Monopole;
40/01 Verwaltungsverfahren;
59/04 EU - EWR;

Norm

12010E049 AEUV Art49;
12010E056 AEUV Art56;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB;
62012CJ0390 Pfleger VORAB;
62015CJ0464 Admiral Casinos Entertainment VORAB;
62015CJ0685 Online Games VORAB;
B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §2 Abs4;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
MRK Art6;
VStG §44a;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/17/0116

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision 1. des M D und 2. der U s.r.o. nunmehr U G s.r.o., beide in B, beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 17. Juni 2016, 1) VGW-002/059/7041/2015, VGW- 002/059/7040/2015-8 und 2) VGW-002/V/059/7180/2015, VGW- 002/V/059/7103/2015, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, sowie der sich daran anschließenden hg Judikatur liegt Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Unionsrechtskonformität des Glückspielgesetzes vor. Von dieser ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen.

5 Im Übrigen sind die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den EuGH gemäß Art 267 AEUV klar bzw geklärt. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl EuGH vom 15. September 2011, C-347/09, Dickinger und Ömer, Rn 83 f, vom 30. April 2014, C-390/12, Pfleger, Rn 47 ff, sowie vom 30. Juni 2016, C- 464/15, Admiral Casinos & Entertainment, Rn 31, 35 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 16. März 2016 durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen (vgl VwGH vom 14. Februar 2017, Ra 2017/17/0010).

6 Zum Vorbringen der revisionswerbenden Parteien, wonach das für die Verwaltungsgerichte anzuwendende Amtswegigkeitsprinzip der in Art 6 EMRK normierten Unparteilichkeit des erkennenden Gerichtes widerspreche, genügt es, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2017, E 3282/2016, zu verweisen. Darin hat der Verfassungsgerichtshof einen Verstoß gegen Art 6 EMRK verneint. Soweit Art 47 GRC als anzuwendende Norm in Betracht kommen könnte, vermögen die Revisionsausführungen ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, C-685/15, Online Games Handels GmbH ua, stehen darüber hinaus die Art 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der beim Gericht anhängigen Rechtssachen nicht entgegen.

7 Ebenso wenig ist den revisionswerbenden Parteien darin zu folgen, dass jeweils in den beiden sie betreffenden erstinstanzlichen Straferkenntnissen die als erwiesen angenommene Tat mangelhaft umschrieben worden sei, zumal sich die Qualifikation der durchgeführten Glücksspiele als verbotene Ausspielungen unmissverständlich bereits aus der Bezeichnung der angelasteten Tat als Verstoß gegen § 2 Abs 4 iVm § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) ergibt (vgl VwGH vom 6. März 2014, 2012/17/0444). Die revisionswerbenden Parteien zeigen im Zulässigkeitsvorbringen somit keinen Verstoß gegen die Anforderungen des § 44a VStG auf.

8 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

9 Die Revision war daher nach § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 15. Dezember 2017

Gerichtsentscheidung

EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB
EuGH 62012CJ0390 Pfleger VORAB
EuGH 62015CJ0464 Admiral Casinos Entertainment VORAB
EuGH 62015CJ0685 Online Games VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017170115.L00

Im RIS seit

10.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten