TE Vwgh Erkenntnis 2000/6/19 99/16/0242

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Veröffentlicht am 19.06.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Mag. Bernd Moser, Rechtsanwalt in Saalfelden, Mühlbachweg 2, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 8. Juni 1999, Zl. 11/01-25563/1-1999, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Getränkesteuerangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Gemeindevorstehung der Marktgemeinde Saalfelden als Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 21. April 1999 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer im Devolutionswege Getränkesteuer für Jänner 1995 bis Februar 1998 festgesetzt. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 21. April 1999 zugestellt. Mit weiteren Bescheiden des Bürgermeisters der Marktgemeinde Saalfelden jeweils vom 22. April 1999 wurde Getränkesteuer für die Zeiträume März 1998 bis Februar 1999 festgesetzt. Diese Bescheide wurden dem Beschwerdeführer am 24. April 1999 zugestellt.

Mit einer von der Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsgesellschaft S., W. & Partner als Vertreter des Beschwerdeführers eingebrachten Eingabe vom 19. Mai 1999 wurde hinsichtlich der Frist zur Einbringung einer Vorstellung gegen den oben angeführten Bescheid vom 21. April 1999 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. In der Begründung dieses Antrages wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe seiner steuerlichen Vertretung am 28. April 1999 die an ihn ergangenen Bescheide, das waren insgesamt 13 Bescheide, zur Bearbeitung übergeben. Im "Sekretariat" des steuerlichen Vertreters seien die Bescheide im Fristenbuch erfasst worden. Für alle Bescheide sei die Rechtsmittelfrist von einem Monat eingetragen worden. Alle Bescheide seien in gleicher Form erstellt worden und hätten als Kopf das Marktgemeindeamt Saalfelden ausgewiesen. Der Bescheid über Getränkesteuer für Jänner 1995 bis Februar 1998 habe 44 Seiten umfasst. Die letzte Seite mit der Rechtsmittelbelehrung sei wegen der schlechten Heftung herabgerissen gewesen und habe sich zwischen den anderen Bescheiden befunden. Bei Übergabe des Bescheidpakets habe sich der genannte Bescheid inmitten der anderen Bescheide befunden und sei als solcher nicht erkennbar gewesen. Auf Grund dieser Umstände sei übersehen worden, dass der Bescheid (vom 21. April 1994) lediglich der zweiwöchigen Vorstellungsfrist unterlag. In der Kanzlei des steuerlichen Vertreters bestehe die unbedingte Anweisung, sämtliche eingehenden Bescheide im Fristenbuch zu erfassen. Die Eintragung der Fristen und die Einhaltung derselben werde von den Sachbearbeitern laufend überwacht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, es ergebe sich aus dem Antrag, dass die Kalendierung der Rechtsmittelfristen dem Kanzleipersonal überlassen und nicht durch den Rechtsvertreter selbst erfolgt sei. Bei einem "einfachen Durchblättern" des vom Beschwerdeführer (seinem steuerlichen Vertreter) überreichten Bescheidkonvolutes hätte auffallen müssen, dass sich darunter auch ein zweitinstanzlicher Bescheid befindet.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß dem auf die Versäumung der Frist zur Einreichung einer Vorstellung im Sinne des Art. 119a Abs. 5 B-VG anzuwendenden § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer solchen Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Macht ein Wiedereinsetzungswerber als Wiedereinsetzungsgrund ein Versehen eines Kanzleiangestellten seines bevollmächtigten berufsmäßigen Vertreters (Rechtsanwalt oder Wirtschaftstreuhänder) geltend, so hat er durch konkrete Behauptungen im Wiedereinsetzungsgrund nicht nur darzutun, worin das Versehen bestanden hat, sondern auch darzulegen, dass es zur Fehlleistung des Kanzleibediensteten gekommen ist, obwohl die dem Vertreter obliegenden Aufsichts- und Kontrollpflichten eingehalten wurden. Wohl ist eine regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft rein manipulative Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, dem Vertreter nicht zuzumuten, will man nicht seine Sorgfaltspflichten überspannen. Um einen solchen rein manipulativen Vorgang handelt es sich bei der kanzleimäßigen Bestimmung einer Rechtsmittelfrist aber nicht. Wenn der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers, also der oder einer der zeichnungsbefugten Vertreter der bevollmächtigten Wirtschaftstreuhandgesellschaft - offensichtlich einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft (Partnerschaft) - die Beschwerdefrist daher nicht selbst kalendermäßig konkret bestimmten, sondern diese Bestimmung - dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag und in der Beschwerdeschrift selbst zufolge - den "Mitarbeitern im Sekretariat" überließ, so wäre es ihm jedenfalls oblegen, diesen Vorgang bzw die richtige Eintragung im Kalender zu kontrollieren (vgl den hg Beschluss vom 30. März 2000, Zlen. 2000/16/0057, 2000/16/0112, mwH). Eine solche Kontrolle der konkreten Eintragung durch den (nach der internen Agendenverteilung zuständigen) zeichnungsberechtigten Vertreter der Wirtschaftstreuhandgesellschaft wurde aber im Beschwerdefall nicht einmal behauptet.

Überdies wird von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens übersehen, dass die Bescheide der Abgabenbehörden gar nicht am selben Tag zugestellt wurden. Der im Devolutionsweg ergangene Abgabenbescheid der Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde dem Beschwerdeführer einige Tage vor den Bescheiden der Abgabenbehörde erster Instanz zugestellt. Erst vom Beschwerdeführer selbst wurden die zu verschiedenen Zeitpunkten zugestellten Bescheide gesammelt seinem steuerlichen Vertreter übergeben. Dass die Heftung der Bescheidausfertigung gelöst und die einzelnen Blätter des Bescheides mit den später zugestellten Bescheiden der Abgabenbehörde erster Instanz vermengt wurden, ist dabei nach dem Vorbringen im Verwaltungsverfahren dem Beschwerdeführer selbst anzulasten. Überdies ist im "Betreff" des Bescheides vom 21. April 1999 die Wortfolge "Devolutionsantrag vom 20.11.1998" durch Fettdruck und Großbuchstaben in einer Weise hervorgehoben, dass entgegen der Meinung des Beschwerdeführers von einer Verwechslungsgefahr der einzelnen Bescheide keine Rede sein kann.

Damit kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die auf eine fehlerhafte Fristeintragung zurückzuführende verspätete Einbringung der Vorstellung bloß auf einen minderen Grad des Verschuldens zurückzuführen ist. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Juni 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999160242.X00

Im RIS seit

17.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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