TE Bvwg Beschluss 2017/12/20 W178 2168060-1

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Veröffentlicht am 20.12.2017
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Entscheidungsdatum

20.12.2017

Norm

ASVG §410
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W178 2168060-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin. Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, gegen eine Mitteilung der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Wien vom 17.11.2015, Aktenzeichen WLZ2/XXXX Z beschlossen:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG mangels Vorliegen

eines rechtskraftfähigen Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Sachverhalt:

1. Am 17.11.2015 übermittelte die Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Wien, der Fr. XXXX (in weiterer Folge: Beschwerdeführerin) ein Schreiben, in welchem sie dieser mitteilte, dass eine Rückerstattung der in der Zeit von August 1966 bis September 1970 zur österreichischen Pensionsversicherung entrichteten Beiträge mangels gesetzlicher Grundlagen nicht möglich sei.

2. Am 30.12.2015 übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde ein als "Widerspruch" bezeichnetes Schreiben. Sie verfüge über 30 Versicherungsmonate in Österreich und ersuche um Auszahlung der Beiträge.

3. Mit Schreiben vom 17.08.2017 übermittelte die belangte Behörde den Verfahrensakt an das BVwG und ersuchte um Beurteilung, ob die Mitteilung vom 17.11.2015 einen Bescheid darstelle.

4. Das Bundesverwaltungsgericht teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 04.09.2017 mit, dass die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Bescheidantrag stellen müsse und das Schreiben vom 17.11.2015 nicht bei Gericht angefochten werden könne.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig. Das Schreiben an die Beschwerdeführerin vom 17.11.2015 trägt die Überschrift "Ihr Schreiben vom November 2015" und weist in einem Satz darauf hin, dass eine Rückerstattung der in der Zeit von August 1966 bis September 1970 zur österreichischen Pensionsversicherung entrichteten Beiträge mangels gesetzlicher Grundlagen nicht möglich ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Da über eine Sache nach § 410 Abs. 1 Z 5 entschieden wird, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde

Die näheren Vorschriften, welche Bestandteile ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufzuweisen hat, finden sich in §§ 58 ff AVG; darunter ist insbesondere auch das Erfordernis genannt, dass jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen ist und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.

Ein Fehlen der Bescheidbezeichnung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für die Qualifikation einer Erledigung als Bescheid dann unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält. Aus dem Spruch muss sich in diesem Fall eindeutig ergeben, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt ist aus der Form und Formulierung der behördlichen Erledigung abzuleiten. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, sowie Hinweise auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden.

In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung (also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung) Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist somit die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Für die Beurteilung als Bescheid sind die objektiven Merkmale eines Schriftstückes maßgebend und nicht die subjektive Absicht der Behörde, von der das Schriftstück ausgegangen ist (vgl. zuletzt VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0007 sowie 01.09.2015, Ra 2015/03/0060, mwN). Nach Form und Inhalt der Erledigung muss für jedermann erkennbar sein, dass es sich um einen Bescheid handelt (vgl. VwGH vom 30.10.2015, Ra 2015/03/0051). An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, muss hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. VwGH vom 23.11.2011, 2009/11/0022 mwN).

Vor dem dargelegten Hintergrund ist das Schreiben vom 17.11.2015 zu beurteilen. Dieses weist nicht die äußere Form eines Bescheides auf, da es weder als Bescheid bezeichnet noch in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung, welche überdies fehlt, gegliedert ist.

Von zentraler Bedeutung für den Bescheidcharakter ist folglich, ob sich aus dem Wortlaut des angefochtenen Schriftstücks ableiten lässt, dass mit diesem eine normative, der Rechtskraft fähige Erledigung erfolgte. Das ist, wie nachstehend ausgeführt, zu verneinen:

Aufgrund der Formulierung ("[ ..] teilen wir Ihnen mit [ ..]") ergeben sich erhebliche Zweifel am normativen Gestaltungswillen der Behörde (vgl. VfGH 25.09.2006, B948/05 mwN, wo in Briefform "mitgeteilt wird, dass Ihrem Antrag nicht entsprochen werden kann").

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung ergeben (vgl. bspw. VwGH 18.9.2012, 2012/11/0170, mwN, sowie 21.12.2012, 2012/17/0473). Mangelt es an der für einen Bescheid vorgesehenen Form, muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den - objektiv erkennbaren - Willen hatte, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Erledigung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit vorzunehmen. Lässt der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lässt, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich (vgl. VwGH 23.10.2008, 2008/03/0147; 30.9.2010, 2010/03/0116, sowie 21.10.2010, 2007/03/0134, jeweils mwN).

Die sprachliche Fassung und der aus ihr erkennbare Inhalt der Erledigung bieten im Gesamtbild jedoch keine greifbare Grundlage für die Annahme, dass der Wille der Behörde darauf gerichtet war, über ein konkretes Rechtsverhältnis abzusprechen und somit einen Bescheid zu erlassen. Daher fehlt es an der erforderlichen Eindeutigkeit des normativen Inhalts, sodass die Bescheidbezeichnung für den Bescheidcharakter essentiell wäre.

Da diese nicht vorhanden ist, ist das gegenständliche Schreiben nicht als Bescheid zu qualifizieren. Vielmehr teilt die belangte Behörde mit dem vorliegenden Schreiben ihre Rechtsansicht mit, wonach eine Rückerstattung der im fraglichen Zeitraum zur österreichischen Pensionsversicherung entrichteten Beiträge mangels gesetzlicher Grundlagen nicht möglich ist.

Im Ergebnis war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Bescheidbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Zudem liegt eine eindeutige Rechtslage vor.

Aus der in der Begründung angeführten Judikatur ergibt sich, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht.

Schlagworte

Bescheidqualität, Nichtbescheid, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W178.2168060.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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