Entscheidungsdatum
20.12.2017Norm
BBG §40Spruch
W133 2140596-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 23.09.2016, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer stellte erstmals am 01.09.2010 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (seit 01.06.2014 Kurztitel:
Sozialministeriumservice; im Folgenden als "belangte Behörde" bezeichnet). Nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, in welchem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers die Funktionseinschränkung "Blutzuckerkrankheit" mit einem Grad der Behinderung von 10 von Hundert (v.H.) festgestellt wurde, wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 des Bundesbehindertengesetzes mit Bescheid vom 18.11.2010 ab.
Am 18.05.2015 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 16.07.2015 erstatteten Gutachten vom 20.07.2015 wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. medizinisch festgestellt. Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung führte die Gutachterin aus, dass zwischen der führenden funktionellen Einschränkung "periphere arterielle Verschlusskrankheit", welche unter der Positionsnummer 05.03.02 mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. eingestuft wurde, und dem Leiden "Diabetes Mellitus" (Leiden 2), welches unter der Positionsnummer 09.02.01 mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. eingestuft wurde, sowie dem Leiden "Degenerative Wirbelsäulenveränderung" (Leiden 3), welches unter der Positionsnummer 02.01.01 mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. eingestuft wurde, eine wechselseitige negative Leidensbeeinflussung bestehe, was zu einer Erhöhung des Grades der Behinderung der führenden funktionellen Einschränkung um eine Stufe führe. Des Weiteren schlug die Gutachterin eine Nachuntersuchung für August 2016 vor, weil eine Besserung von Leiden 1 und Leiden 2 unter Therapiemaßnahmen möglich sei.
Auf Basis dieses Gutachtens wurde dem Beschwerdeführer am 05.08.2015 ein bis 31.08.2016 befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt und die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" vorgenommen.
Am 06.06.2016 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen Antrag auf Verlängerung des befristeten Behindertenpasses.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 14.09.2016 ein. In diesem wurden nach einer persönlichen Untersuchung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden
Pos. Nr
GdB %
1
Periphere arterielle Verschlusskrankheit. Wahl der Position mit dem oberen Rahmensatz, da Therapieoptionen vorhanden.
05.03.02
40
2
Diabetes Mellitus. Wahl der Position mit dem mittleren Rahmensatz, da mittels oraler Medikation zufriedenstellende Blutzuckerwerte erzielt werden können.
09.02.01
20
3
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule. Wahl der Position mit dem oberen Rahmensatz, da bei radiologischen Veränderungen im Bereich der LWS mit Funktionseinschränkungen eben dort.
02.01.01
20
zugeordnet und
nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. medizinisch eingeschätzt. Begründend führte die Sachverständige aus, dass die führende funktionelle Einschränkung durch die Leiden 2 und 3 nicht erhöht werde, da keine nachteilige wechselseitige Beeinflussung gegeben sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23.09.2016 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses – der befristet ausgestellte Behindertenpass war zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen und gehörte daher nicht mehr dem Rechtsbestand an, weshalb der Antrag des Beschwerdeführers vom 06.06.2016 auf Verlängerung des befristeten Behindertenpasses zutreffend als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu werten war - gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da der Beschwerdeführer mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v. H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das ärztliche Sachverständigengutachten vom 14.09.2016 wonach der Grad der Behinderung 40 v. H. betrage. Das Sachverständigengutachten wurde dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die nunmehr zu beurteilende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führt er im Wesentlichen aus, dass er mit dem Ergebnis nicht einverstanden sei, da sein Gesundheitszustand schlecht sei und er laufend in ärztlicher Behandlung stehe. Die von ihm vorgelegten Befunde seien gleichbleibend aktuell. Sein Gesundheitszustand habe sich auf keinen Fall gebessert und es gebe daher auch keine neuen Befunde. Aufgrund seines Gesundheitszustandes sei es ihm außerdem nicht möglich, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benützen.
Am 25.11.2016 wurden die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Beschwerdeführer brachte am 06.06.2016 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Bei dem Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Periphere arterielle Verschlusskrankheit mit vorhandenen Therapieoptionen;
2) Diabetes Mellitus mit Erreichung von zufriedenstellenden Blutzuckerwerten unter oraler Medikation;
3) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit radiologischen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule.
Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 40 v. H.
Zwischen den Leiden 1, 2 und 3 besteht keine entscheidungsmaßgebliche wechselseitige ungünstige Leidensbeeinflussung.
Hinsichtlich der bei dem Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 14.09.2016 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden ZMR-Auszug und seinen eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.
Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten vom 14.09.2016. In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffene Einschätzung, welche auf den im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Befunden basiert, entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Führendes Leiden des Beschwerdeführers ist eine periphere arterielle Verschlusskrankheit. Die Sachverständige ordnete diese Funktionseinschränkung korrekt der Positionsnummer 05.03.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu. Diese betrifft Funktionseinschränkungen des arteriellen Gefäßsystems mittleren Grades. Begründend für die Wahl der Positionsnummer sowie den herangezogenen Grad der Behinderung von 40 v.H. führt die Sachverständige nachvollziehbar aus, dass Therapieoptionen vorhanden sind. Auch im Vorgutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.07.2015, welche am 16.07.2015 eine Begutachtung des Beschwerdeführers durchgeführt hatte, wurde bereits für das führende Leiden die Positionsnummer 05.03.02 mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. herangezogen.
Auch der Diabetes Mellitus wurde korrekt der Positionsnummer 09.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet. Der Grad der Behinderung innerhalb des Rahmensatzes ergibt sich bei einem nicht insulinpflichtigen Diabetes je nach Ausmaß der medikamentösen Therapie und des HbA1c Wertes. Begründend führt die Sachverständige nachvollziehbar aus, dass das Erreichen zufriedenstellender Blutzuckerwerte mittels oraler Medikation möglich ist. Die getroffene Einstufung erweist sich unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde als richtig und schlüssig.
Das unter "Leiden 3" gewürdigte Wirbelsäulenleiden des Beschwerdeführers wurde von der befassten Sachverständigen korrekt der Positionsnummer 02.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet. Die Sachverständige spricht nachvollziehbar von radiologischen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie von Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule. Dies deckt sich auch mit einem Röntgenbericht der "Röntgendiagnostik in XXXX" vom 12.05.2015, in welchem insbesondere degenerative Veränderungen an den kleinen Wirbelgelenken der Lendenwirbelsäule sowie eine Streckhaltung und geringe Rotationsfehlhaltung der Lendenwirbelsäule angeführt sind.
Des Weiteren führt die Gutachterin – in Abweichung zum Vorgutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.07.2015 - aus, dass zwischen der führenden funktionellen Einschränkung und den Leiden 2 und 3 keine entscheidungsrelevante wechselseitige negative Leidensbeeinflussung besteht, wodurch es zu keiner Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung kommt. Auch diese Beurteilung erweist sich insbesondere unter Berücksichtigung der mangelnden Schwere der Leiden 2 und 3 als nachvollziehbar und schlüssig.
Mit dem unkonkret gehaltenen Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer sei mit dem Ergebnis des angefochtenen Bescheides nicht einverstanden und sein Gesundheitszustand sei gleichbleibend schlecht, legt der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht ausreichend konkret dar, aus welchen Gründen er mit dem Ergebnis der sachverständigen Begutachtung nicht einverstanden ist bzw. welche konkreten Aspekte in der sachverständigen Beurteilung unzutreffend wären. Dies ist auch aus amtswegiger Sicht nicht erkennbar.
Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass es ihm nicht möglich sei öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, ist anzumerken, dass Gegenstand des Verfahrens ausschließlich die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausstellung eines (neuen) Behindertenpasses ist.
Zusammenfassend ist daher vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht ersichtlich, dass die Gutachterin die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers tatsachenwidrig beurteilt hat.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, das vorliegende Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten im Rahmen der Beschwerde auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 14.09.2016. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990 idF BGBl. I Nr. 155/2017, lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."
Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten vom 14.09.2016 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 40 v.H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in dem Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen unsubstantiierten Einwendungen nicht geeignet, das vorliegende aktuelle Gutachten zu entkräften.
Das medizinische Sachverständigengutachten ist – wie bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde - auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, im gegenständlichen Fall verneint.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 40 v. H. beträgt.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v. H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 Bundesbehindertengesetz eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Beide Verfahrensparteien stellten zudem auch keinen Verhandlungsantrag. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu jüngst die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W133.2140596.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.01.2018