TE Bvwg Erkenntnis 2017/12/20 I413 1432105-2

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Veröffentlicht am 20.12.2017
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Entscheidungsdatum

20.12.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

I413 1432105-2/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. MAROKKO, vertreten durch: Dr. Judith RUDERSTALLER, Verein Helping Hands, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Tirol (BAI) vom 16.03.2016, Zl. 13-820907310, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.05.2017 und am 04.07.2017 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. wie folgt zu lauten hat:

"Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 des Asylgesetzes 2005 wird nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 des Asylgesetzes 2005 in Verbindung mit § 9 des BFA-Verfahrensgesetzes wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 erlassen. Es wird gemäß § 52 Abs 9 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 nach MAROKKO zulässig ist."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet und stellte am 19.07.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesasylamt entschied den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 21.12.2012, Zahl: 12 09.073-BAI, negativ. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 25.01.2016, Geschäftszahl: I401 1432105-1/23E, als unbegründet ab und verwies das Verfahrens zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge die belangte Behörde) zurück. Das Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

2. Mit gegenständlichem Bescheid vom 16.03.2016, Geschäftszahl 13-820907310, erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt I.). Für seine freiwillige Ausreise räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine Frist von 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein (Spruchpunkt II.).

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 06.04.2016.

4. Am 29.05.2017 fand am Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung eine mündliche Verhandlung statt, in der der Beschwerdeführer als Partei einvernommen wurde.

5. Am 04.07.2017 erfolgte eine zweite mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung, in der die von ihm namhaft gemachten Zeugen einvernommen wurden.

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der im Gebiet der Westsahara geborene Beschwerdeführer ist volljährig und ledig. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Marokko und Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Der Beschwerdeführer hielt sich vor seinem Weggang von dort jahrelang gewöhnlich in Algerien auf. Er hält sich seit (spätestens) 19.07.2012 in Österreich auf. Seine Identität steht nicht abschließend fest.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Sein Gesundheitszustand steht seiner Rückkehr nicht entgegen.

Er ist in der Westsahara geboren. Seine Eltern sind im Jahr 1980, als er ca. zehn Jahre alt war, verstorben, wobei sein Vater durch die Frente Polisario getötet worden und seine Mutter drei Monate später in einem um Tindouf in Algerien gelegenen Camp gestorben ist. Er selbst wuchs in diesem Camp auf und hat dort ca. 24 Jahre gelebt, jedoch keine Schul- und Berufsausbildung erfahren und einfache Hilfstätigkeiten verrichtet. Zu seiner Schwester, die im Camp bei einer anderen Pflegefamilie aufwuchs, hat er derzeit keinen Kontakt.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte. Er führt in Österreich eine Beziehung zu einer österreichischen Staatsangehörigen. Festgestellt werden auch die außerordentlichen Bemühungen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner sozialen oder integrativen Verfestigung im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer spricht auf gutem Niveau Deutsch.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde bereits rechtkräftig negativ entschieden.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Marokko:

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden. Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Marokko hält sein 1975 große Teile des Territoriums der Westsahara besetzt und betrachtet das Gebiet seit 1976 als annektiert. Westsahra wird durch einen ca 2.500 km langen Sandwall von der mauretanischen bis zur algerischen Grenze gespalten, wobei Marokko rund 80% des Gebietes der Westsahara kontrolliert. Für Marokko ist die Zugehörigkeit Westsaharas zu Marokko ein zentrales politisches Anliegen. Das restliche Gebiet ist in Hand der Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario. Die Kampfhandlungen zwischen Frente Polisario und Marokko endeten 1991. Zur Friedenssicherung haben die Vereinten Nationen die MINURSO in mehreren Orten Westsaharas installiert. Frente Polisario bildete bereits 1976 eine Exislregierung in Algerien, in der Nähe von Tindouf. Diese Regierung ist von ca. 40 Staaten gegenwärtig anerkannt. Eine Lösung des Konflikts ist nicht in Sicht. Durch die Wiederaufnahme Marokkos in die AU werden diplomatische Lösungen erhofft.

Die Bürger / Bewohner der Westsahara werden von Marokko als Marokkaner angesehen und sind daher marokkanische Staatsangehörige. Sie erlangen die Staatsangehörigkeit durch Geburt im Gebiet der Westsahara. Daher werden für sie marokkanische Reisepässe ausgestellt. Sie haben jederzeit die Möglichkeit einen solchen zu beantragen und bekommen diesen auch unter normalen Umständen. Sollten irgendwelche sog. "Passversagungsgründe" (sind derzeit nicht bekannt) vorliegen könnte es Probleme geben. Es gibt auch Reisepässe der "Polisario Front" (Popular Front for the Liberation of Saguia el Hamra and Rio de Oro -- Frente Popular de Liberacion de Saguia el Hamra y Rio de Oro). Diese Reisepässe werden in den Flüchtlingslagern der Saharauis (Tindouf – Villa Dahla, Smara – in Algerien ausgestellt). Diese Pässe werden zum größtenteils jedoch nicht anerkannt. Die Führer der Polisario Front und deren Anhänger sehen sich als sahrauische Staatsangehörige – wobei fraglich ist ob es hier sog. "Staatsbürgerschaftsurkunden usw." gibt (VB 25.3.2014a).

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat.

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere in die Protokolle der Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und durch die belangte Behörde, in die Bescheide der belangten Behörde vom 21.12.2012, Zahl: 12 09.073-BAI, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.01.2016, Geschäftszahl: I401 1432105-1/23E, in den bekämpften Bescheid vom 16.03.2016, Geschäftszahl 13-820907310, und in die gegenständliche Beschwerde, in das aktuelle Länderinformationsblatt für Algerien sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen den mündlichen Verhandlungen vom 29.05.2017 und vom 04.07.2017.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit und seinem Familienstand gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und vor dem erkennenden Richter in der mündlichen Verhandlung vom 29.05.2017. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in der Westsahara geboren und aufgewachsen ist, basiert auf seinen diesbezüglich glaubhaften Aussagen in der mündlichen Verhandlung am 29.05.2017 (Protokoll S 4), wonach er in Tindouf gelebt hat. Diese Aussage deckt sich mit seinen Angaben vor Organen der Polizei am 19.07.2012 (Protokoll S 1 und 3). Vor Organen des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements EJPD, Bundesamt für Migration BFM, vom 29.08.2008 (AS 209 ff) und vor dem Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 02.09.2014 (AS 511). Dass er Staatsangehöriger Marokkos und damit entgegen seinem eigenen Vorbringen nicht staatenlos ist, ergibt sich zweifelsfrei aus den Länderinformationsberichten für Marokko (mit Stand 08.08.2017) und Westsahara (mit Stand 11.07.2016), wonach Bürger bzw Bewohner der Westsahara von Marokko als Marokkaner angesehen werden und daher marokkanische Staatsangehörige sind. Sie erlangen die Staatsangehörigkeit durch Geburt im Gebiet der Westsahara (Länderinformationsbericht für Westsahara, Stand 11.07.2016, S. 14). Umstände, die eine Staatsangehörigkeit Marokkos ausschließen, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Dass sich der Beschwerdeführe als Saharer bezeichnet (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.05.2017 S. 4) vermag keine Zweifel an der festgestellten Staatsangehörigkeit zu erwecken.

Die Feststellung, dass sich der in Algerien aufgehalten hat und dieser Staat als Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes gilt, ergibt sich aus seinen nachvollziehbaren und in sich konsistenten (auch im Asylverfahren in der Schweiz getätigten) Erklärungen, dass er sich ca. ab dem zehnten Lebensjahr in einem Camp in Tindouf, welches in Algerien liegt, für ca. 24 Jahre aufgehalten hat.

Glaubhaft erachtet das Bundesverwaltungsgericht die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 29.05.2017, wonach er über keine Schul- und Berufsausbildung verfüge und er sich seinen Lebensunterhalt durch einfache Hilfstätigkeiten verdient habe, als auch seine Ausführungen über seine familiäre Situation im Herkunftsstaat.

Die Dauer seines Aufenthaltes in Österreich ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Die Feststellung hinsichtlich seines Gesundheitszustandes ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben in der Beschwerdeverhandlung vom 29.05.2017 (Protokoll S. 3). Demnach bezeichnet sich der Beschwerdeführer selbst als gesund. Er leide gelegentlich an Schmerzen im Rückenbereich, welche jedoch nach kurzer Zeit wieder von selbst vergehen würden. Ebenso leide er an gelegentlichen Schmerzen im Hodenbereich. Während er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 02.09.2014 behauptete, "morgen habe eine Operation (Hodenkrebs). Ich habe Hodenkrebs und zwei Nierensteine" (AS 507), gab er hierzu befragt vor den Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung am 29.05.2017 ausdrücklich an: "Ich habe keinen Tumor. Als ich nach Österreich ankam, war ich beim Hodenbereich, ich wurde untersucht. Der Arzt meinte, durch einen Schlag im Hodenbereich wanderte ein Hoden in den Beckenbereich und dann habe ich eine Ärztin für drei Jahre besucht in Kufstein. Der Arzt sagte mir. Das sollte man operieren. Ich habe mich aber dann letztlich entschlossen, die OP nicht durchzuführen, da ich nur gelegentlich Schmerzen hatte." Hieraus steht für das Bundesverwaltungsgericht als erwiesen fest, dass der Beschwerdeführer keine Leiden hat und somit gesund ist.

Da der Beschwerdeführer keine identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität jedoch nicht zweifelsfrei fest.

Glaubhaft ist auch das zuletzt in der Beschwerdeverhandlung vom 29.05.2017 erstattete Vorbringen, wonach er seit rund zwei Jahren eine Beziehung zur österreichischen Staatsangehörigen führt. Diese Angaben sind zudem auch die zeugenschaftliche Einvernahme der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers belegt. Seine Integrationsbemühungen belegte der Beschwerdeführer – insbesondere in seiner Beschwerdeverhandlung vom 29.05.2017 sowie der niederschriftlichen Einvernahme der von ihm genannten Zeugen in der Beschwerdeverhandlung vom 04.07.2017 sowie den sich im Verwaltungsakt einliegenden Dokumente und Unterlagen, die seine integrativen und sozialen Bemühungen belegen. Von den guten Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers konnte sich der erkennende Richter im Rahmen der beiden Beschwerdeverhandlungen persönlich überzeugen.

Die Feststellung hinsichtlich seines bereits rechtskräftig negativ entschiedenen Asylantrages gründet sich aus der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und den sich darin befindlichen Bescheiden des Bundesasylamtes sowie dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers resultiert aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 28.07.2017.

2.2. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko vom 07.07.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Marokko ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

? AA - Auswärtiges Amt (02.2017a): Marokko - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Marokko/Innenpolitik_node.html, Zugriff 30.06.2017

? DS - Der Standard (31.01.2017): Marokko wieder in der AU, doch Westsahara-Streit bleibt,

http://derstandard.at/2000051784210/Afrikanische-Union-diskutiert-Wiederaufnahme-von-Marokko, Zugriff 30.06.2017

? GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (06.2017a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 30.06.2017

? ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (09.2015): Asylländerbericht Marokko

? AA - Auswärtiges Amt (05.07.2017): Marokko - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/MarokkoSicherheit_node.html, Zugriff 05.07.2017

? BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (05.07.2017): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/, Zugriff 05.07.2017

? DS - Der Standard (29.5.2017): Anführer der Proteste in Marokko festgenommen,

http://derstandard.at/2000058382533/Hunderte-Marokkaner-demonstrierten-in-Protesthochburg-Al-Hoceima?ref=rec, Zugriff 5.7.2017

? DS - Der Standard (28.06.2017): Marokko: Fast 80 Polizisten bei Ausschreitungen verletzt,

http://derstandard.at/2000060215022/Marokko-Fast-80-Polizisten-bei-Ausschreitungen-verletzt?ref=rec, Zugriff 05.07.2017

? FD - France Diplomatie (05.07.2017): Conseils aux Voyageurs - Maroc - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/maroc/, Zugriff 05.07.2017

? AA - Auswärtiges Amt (02.2017b): Marokko - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Marokko/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 05.07.2017

? CIA - Central Intelligence Agency (27.06.2017): The World Factbook - Western Sahara,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/wi.html, Zugriff 05.07.2017

? DF - Deutschlandfunk (26.09.2016): EU, Marokko und der Westsahara-Konflikt - Handel mit Afrikas letzter Kolonie, http://www.deutschlandfunk.de/eu-marokko-und-der-westsahara-konflikt-handel-mit-afrikas.724.de.html?dram:article_id=366913, Zugriff 05.07.2017

? AA - Auswärtiges Amt (10.03.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: März 2017)

? USDOS - U.S. Department of State (03.03.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/337215/479978_de.html, Zugriff 30.06.2017

? AI - Amnesty International (22.02.2017): Amnesty International Report 2014/15 - Kingdom of Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/336547/479222_de.html, Zugriff 30.06.2017

? TI - Transparency International (25.01.2017): Corruptions Perceptions Index 2016,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 30.06.2017

? HRW - Human Rights Watch (12.01.2017): World Report 2017 - Morocco and Western Sahara,

http://www.ecoi.net/local_link/334712/476546_de.html, Zugriff 30.6.2017

? ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko

? USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/337215/479978_de.html, Zugriff 30.06.2017

? DS - Der Standard (29.5.02017): Anführer der Proteste in Marokko festgenommen,

http://derstandard.at/2000058382533/Hunderte-Marokkaner-demonstrierten-in-Protesthochburg-Al-Hoceima?ref=rec, Zugriff 05.07.2017

? USDOS - U.S. Department of State (10.08.2016): 2015 International Religious Freedom Report - Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/328443/469221_de.html, Zugriff 03.07.2017

? AA - Auswärtiges Amt (2.2017c): Marokko - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Marokko/Wirtschaft_node.html, Zugriff 04.07.2017

? GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (6.2017c): Marokko - Wirtschaft, http://liportal.giz.de/marokko/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 04.07.2017

? DIS - Danish Immigration Service (2.2017): Morocco - Situation of Unaccompanied Minors,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1490253625_morocco-situationofunaccompaniedminors-06032017.pdf, Zugriff 06.07.2017

? USDOS - U.S. Department of State (03.03.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/337215/479978_de.html, Zugriff 30.06.2017

? VB - Verbindungsbeamter des BMI in Rabat (30.05.2017):

Anfragebeantwortung Kinder und Jugendliche, nach direkter Rücksprache mit einem Mitarbeiter der NGO "Association Marocaine des Droits Humains" (AMDH), sowie mit Frau Saida SAGHER von der Organisation "BAYTI" (übersetzt "mein Haus") in Casablanca, einer Organisation, die sich speziell für Straßenkinder einsetzt; übermittelt per E-Mail vom 30.05.2017

Die Feststellungen zur Lage im Gebiet der Qwest-Sahara beruhen einerseits auf dem Laänderinformationsbericht Marokko und andererseits auf dem aktuellen Länderinformationsblatt Westsahara mit dem Stand 11.07.2016. Die Feststellungen über die Staatsangehörigkeit von Bewohnern der Westsahara beruht auf folgender Quelle:

? VB – Verbindungsbeamter des BMI in Rabat (25.3.2014a): Antwort des VB per E-Mail vom 22.11.2012, Aktualität bestätigt durch den VB per E-Mail am 25.3.2014

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Marokko ist gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl II Nr 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr 47/2016, zudem ein sicherer Herkunftsstaat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Die für die vorliegende Entscheidung maßgeblichen Bestimmungen sind § 10 Abs 1 Z 3 sowie § 57 Abs 1 AsylG 2005, BGBl I Nr 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr 145/2017 (AsylG), § 9 BFA-Vefahrensgesetz, BGBl I Nr 87/2012 idF BGBl I Nr 145/2017, (BFA-VG) und § 50, § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9, § 53 Abs 1 und Abs 3 sowie § 55 Abs 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr 145/2017 (FPG).

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.2. Zur Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels nach §§ 57 und 55 AsylG (erster Satz des Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 57 Abs 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, 1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht, 2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder 3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Im erster Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde (ua) aus, dass der Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet, noch gibt es dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Hinweise.

Überdies entschied die belangte Behörde im ersten Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides in merito über die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG.

Mit seinem Erkenntnis VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0174 (mwN), stellte dieser klar, dass das Gesetz keine Grundlage dafür biete, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 FPG erlassen werde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG abzusprechen.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind und über die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG von der belangten Behörde angesichts der zugleich getroffenen Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG nicht abgesprochen werden durfte, war der erste Satz des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides entsprechend abzuändern.

3.3. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (zweiter und dritter Satz des Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

In weiterer Folge ist gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG eine Entscheidung nach dem AsylG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

In weiterer Folge ist eine individuelle Abwägung der berührten Interessen vorzunehmen, um zu beurteilen, ob ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art 8 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Zunächst ist im Lichte des Art 8 EMRK zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise in das Bundesgebiet (spätestens) am 19.07.2012 rund fünf Jahre gedauert hat. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigten, dass sich der Beschwerdeführer spätestens mit der Abweisung seines Asylantrages mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.12.2012 – also bereits sechs Monate nach seiner Einreise in das Bundesgebiet – seines unsicheren Aufenthaltes bewusst war.

Zudem fußt sein gesamter bisheriger Aufenthalt auf einem Asylantrag, den der Beschwerdeführer lediglich aufgrund seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet stellen konnte.

Hinsichtlich eines in Österreich im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben ist auszuführen, dass er das Bestehen eines Familienlebens – wie umseits unter Punkt II.2.1. ausführlich dargestellt – glaubhaft dargelegt hat. Er führt seit rund zwei Jahren mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine Lebensgemeinschaft. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährte noch nicht verheiratet sind und sie bislang auch noch keinen gemeinsamen Wohnsitz begründet haben – die Lebensgefährtin lebt in Oberösterreich, der Beschwerdeführer im Westen Tirols – ändert nichts an dieser Tatsache des Bestehens einer Lebensgemeinschaft. Allerdings fließen dieser Umstände bei der Bewertung der Intensität des Familienlebens mit ein.

Der Beschwerdeführer zeigt während seines mittlerweile fünfjährigen Aufenthaltes außerordentliche Integrationsbemühungen. Die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers, seine gute Integration in seiner familiären und weiteren Umgebung, das von ihm aufgebaut soziale Umfeld, seine privaten Aktivitäten und sein Engagement in Österreich bilden positive Aspekte des Privatlebens, welche zwar für sich genommen die Unzulässigkeit der Ausweisung nicht bewirken könnten (schon wegen der kurzen Aufenthaltsdauer), aber zu Gunsten des Beschwerdeführers mit zu berücksichtigen waren. In Anbetracht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung sind die integrativen Bemühungen des Beschwerdeführers jedoch zu relativieren. Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (VwGH 26.01.2009, 2008/18/0720).

Dementgegen kann auch nach wie vor von einem Bestehen von Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat ausgegangen werden. So wurde er in der Westsahara geboren, wuchs in einem um Tindouf gelegenen Flüchtlingslager auf und verbrachte dort rund 24 Jahre seines Lebens, weshalb von einer Hauptsozialisierung in Algerien auszugehen ist. Er spricht nach wie vor seine Muttersprache und ist mit den regionalen Gebräuchen und Eigenheiten seiner Herkunftsregion vertraut. Von einer vollkommenen Entwurzelung des Beschwerdeführers kann daher nicht ausgegangen werden.

Dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist vermag seinem persönlichen Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet ebenfalls keine positive Gewichtung verleihen (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007; vgl dazu VfSlg 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.")

Vor diesem Hintergrund und nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen kann ein Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin jedenfalls als im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden (VwGH 23.02.2017, Ra 2017/21/0009).

Die Feststellung, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist, beruht auf § 52 Abs 9 FPG, wonach mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen ist, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig und unter Berücksichtigung seiner Rücken- und Hodenschmerzen gesund und somit arbeitsfähig. Auch wenn er keine Schul- und Berufsausbildung aufweist, verdiente sich bislang durch die Ausübung von Gelegenheitsarbeiten in Algerien seinen Lebensunterhalt. Durch die Aufnahme einer adäquaten Tätigkeit sollte er in seinem Herkunftsstaat zukünftig zum Verdienst seines Lebensunterhaltes imstande sein. Damit ist der Beschwerdeführer nicht durch die Außerlandesschaffung nach Algerien in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Algerien besser gestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Algerien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Außerdem besteht ganz allgemein in Algerien derzeit keine derartige Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Algerien, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des angefochtenen Bescheides – im Umfang des Spruchpunktes I., zweiter und dritter Satz – gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

3.4. Zur Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige "besondere Umstände" wurden vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

Unter diesen Voraussetzungen erweist sich die Beschwerde daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Fall wurden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die Beurteilung des Einzelfalles ist in aller Regel nicht reversibel. Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von der im Entscheidungstext zitierten Rechtsprechung des VwGH ab, sodass die ordentliche Revision im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

illegale Einreise, Interessenabwägung, öffentliches Interesse,
Resozialisierung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:I413.1432105.2.00

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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