TE Bvwg Erkenntnis 2017/12/21 W196 1435312-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.12.2017
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Entscheidungsdatum

21.12.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W196 1435309-3/6E

W196 1435310-3/7E

W196 1435312-3/5E

W196 1435311-3/5E

W196 2017166-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1.) XXXX, geb. XXXX, 2.) XXXX, geb. am XXXX, 3.) XXXX, XXXX, 4.) XXXX, geb. XXXXund

5.) XXXX, geb. XXXX, alle StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2017, Zlen. 1.) 831831901-161628318, 2.) 831822608-170092794, 3.) 821301308-170138263, 4.) 821301406-710138336 und 5.) 1047054503-170138387, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, §§ 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Das Vorbringen der Beschwerdeführer ist untrennbar miteinander verknüpft.

Erstes Verfahren:

Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer, Staatsangehörige der Russischen Föderation und Zugehörige der tschetschenischen Volksgruppe, stellten nach illegaler Einreise am 19.09.2012 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind verheiratet und die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer ihre minderjährigen Kinder. Die Fünftbeschwerdeführerin ist ihre im Bundesgebiet geborene Tochter.

Zu seinen Fluchtgründen gab der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag an, dass er in seiner Heimat von maskierten Männern verfolgt und misshandelt worden sei, da er der Familie eines getöteten Freiheitskämpfers geholfen habe. Im Falle der Rückkehr fürchte er den Tod seiner Familie. Zum Nachweis seiner Identität legte er seinen russischen Inlandspass vor.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab anlässlich ihrer Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag zu ihren Ausreisegründen an, der Erstbeschwerdeführer und sie hätten der Familie eines getöteten Freiheitskämpfers geholfen. Der Erstbeschwerdeführer sei im Jahr 2009 verhaftet und misshandelt worden. Danach habe man ihn einfach zurückgelassen, da sie gedacht hätten, er sei tot. Er sei jedoch von Verwandten gerettet und nach Inguschetien gebracht worden.

Die Dritt- und Viertbeschwerdeführer hätten keine eigenen Fluchtgründe. Zum Nachweis der Identität der Beschwerdeführer legten sie ihren russischen Inlandspass bzw. russischen Geburtsurkunden vor.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 10.12.2012 gab der Erstbeschwerdeführer zu seinen Ausreisegründen befragt an, zu Beginn des zweiten Krieges im Jahr 1999 hätten Kämpfer auf dem Hof seiner Eltern gewohnt und im Jahr 2004 seien zwei seiner Freunde entführt worden, als er nicht zuhause gewesen sei. Sein Vater habe ihm gesagt, dass ein Jeep sie abgeholt habe, das habe er vom Fenster aus gesehen. Er sei ausgereist, weil er entführt worden sei. Auf Nachfrage gab er an, dass er am 28.11.2009 abgeholt und zur Polizei zum Verhör gebracht worden sei. Er sei nach seinem Kommandeur gefragt worden, nach seinem Freund und wem er die Lebensmittel bringe. Er habe angegeben, dass er die Lebensmittel zur Mutter des Freundes bringe, den sie entführt hätten, da ihm von seinem Freund aufgetragen worden sei, sich um die Mutter und Schwester zu kümmern. Sie hätten ihn geschlagen und gefragt, wo dieser Freund sei und ob er noch immer bei den Kämpfern sei. Sie hätten ihm vorgeworfen, dass er ihnen Nahrungsmittel in den Wald bringe. Der Freund habe ihm gesagt, dass er ins Ausland fahre. Der Erstbeschwerdeführer habe gesagt, dass er nicht wisse, wo er sei. Sie hätten ihm vorgeworfen, dass er gekämpft habe und hätten ihn geschlagen. Sie hätten ihm auch vorgeworfen, dass er im ersten Krieg gekämpft habe und ihm Fotos von Unbekannten gezeigt. Er sei bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen worden und erst wieder in einem Krankenhaus aufgewacht. Sein Schwiegervater habe ihn aus dem Krankenhaus abgeholt und nach Inguschetien gebracht. Er sei sieben Tage festgehalten und anschließend sieben Tage im Krankenhaus gewesen. Seit März 2009 sei ihn seine Gattin regelmäßig in Inguschetien besuchen gekommen, wo er bis 15.09.2012 gelebt habe. Auf die Nachfrage, wer für ihn gekocht und wie er seinen Lebensunterhalt bestritten habe, gab er an, dass sein Vater und die Schwiegereltern gearbeitet und ihn unterstützt hätten. Sie hätten ihn mit Lebensmitteln unterstützt und er oder die Hausherrin hätten gekocht. Er erinnere sich nicht, wie die Hausherrin heiße. Ihr Mann und der Sohn hätten auch dort gelebt, auch deren Namen wisse er nicht mehr. Auf Nachfrage bestätigte er, dass er sich an nichts erinnere. Die Behörden hätten nach ihm gesucht, es gebe seit 2009 einen Haftbefehl gegen ihn. Die Sicherheitsorgane hätten nach ihm im Spital gesucht, wo er behandelt worden sei, bevor er nach Inguschetien gebracht worden sei. Sie hätten erfahren, dass er am Leben geblieben sei und würden ihn noch immer verfolgen. Sie hätten ihn zuhause gesucht und im Spital sei er registriert worden. Weiters gab er an, dass er im ersten Tschetschenienkrieg nur Nahrungsmittel geliefert habe, im zweiten habe er ein namentlich genanntes Dorf geschützt. Er sei Wachposten auf einem Turm gewesen und wenn die Soldaten gekommen seien, seien sie hinuntergegangen und hätten es den Leuten gesagt. Die Soldaten hätten sie angegriffen, von allen Seiten, mit Flugzeugen usw. Er habe aber nie gekämpft. Auf Nachfrage antwortete der Erstbeschwerdeführer mit der Gegenfrage, wer denn nicht die Heimat verteidigt habe. Der Kommandeur habe den Befehl gegeben, dass jeder nach Hause gehen sollte und von zuhause helfen solle, weil es nicht mehr sinnvoll gewesen sei zu kämpfen. Er habe keine Waffe, aber eine Uniform gehabt. Er habe sonst nur bei Transporten geholfen. Er wisse, wie sein Kommandant geheißen habe, jedoch nicht, wo sich dieser zurzeit aufhalte. Im Falle einer Rückkehr befürchte er von den Militärs mitgenommen und umgebracht zu werden. Nach Vorhalt, dass er zuvor von der Polizei gesprochen habe, entgegnete der Erstbeschwerdeführer, sie hätten Militäruniformen angehabt und gesagt, dass sie von der Miliz seien.

Am selben Tag wurde auch die Zweitbeschwerdeführerin niederschriftlich einvernommen, wobei diese eingangs erklärte, dass sie über einen Auslandspass verfügt habe, dieser allerdings beim Schlepper verblieben sei. Die Auslandspässe habe sie im Sommer 2012 beantragt, anschließend sei ihr Vater zum Passamt gegangen und habe etwas ausgehandelt; einen Monat später habe sie die Pässe abgeholt. Befragt, ob sich der Erstbeschwerdeführer an einem der Tschetschenienkriege beteiligt habe, gab sie an, er habe nicht gekämpft. Im Haus der Schwiegereltern seien aber im zweiten Krieg Kämpfer untergebracht gewesen. Zur Entführung des Erstbeschwerdeführers befragt führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, er sei am Vormittag des 28.11.2009 von zu Hause mitgenommen worden; die Dritt- und Viertbeschwerdeführer seien in der Schule gewesen. Bei den Männern habe es sich um Tschetschenen und Russen gehandelt. Sie hätten Militäruniformen getragen. Ob es sich dabei um das Militär oder um die Polizei gehandelt habe, wisse sie nicht. Sie hätten gesagt, dass sie zum ROWD fahren würden. Den Erstbeschwerdeführer habe sie erst im Krankenhaus gesehen, als er wieder zu sich gekommen sei. Im Falle einer Rückkehr befürchte sie umgebracht zu werden, da sie Informationen über den Verbleib des Erstbeschwerdeführers zurückbehalten habe. Nach Vorhalt, dass dies aufgrund ihrer ungehinderten Lebensführung vor der Ausreise nicht plausibel sei, entgegnete sie, dass verschiedene Leute, aber nicht von der Polizei, etwa fünf Mal zu ihr nach Hause gekommen seien und nach dem Erstbeschwerdeführer gefragt hätten.

Zu einer durch das Bundesasylamt durchgeführten, ergangenen Anfragebeantwortung vom 18.02.2013 wurden die Identität des Erstbeschwerdeführers und die offizielle Ausstellung des Reisepasses bestätigt. Es wurden auch zwei Adressen des Erstbeschwerdeführers bestätigt. Zudem habe in Erfahrung gebracht werden können, dass der Erstbeschwerdeführer wegen seiner Wohnung im Herbst 2011 eine Klage gegen den Vorbesitzer eingebracht und obsiegt habe. Mangels verfügbaren Patientenakts habe der Krankenhausaufenthalt nicht bestätigt werden können. Zudem werde nach dem Erstbeschwerdeführer weder von staatlichen Behörden noch von militärischen Einheiten gesucht.

Mit Eingabe vom 19.03.2013 legte der Erstbeschwerdeführer ein russischsprachiges Schreiben vom 12.02.2013 samt beglaubigter Übersetzung vor, wonach der Parlamentsausschuss um die Gewährung von politischem Asyl für den Erstbeschwerdeführer bitte, da diesem als aktivem Anhänger der Unabhängigkeit der tschetschenischen Republik Itschkeria Verfolgung seitens der russischen Behörden und Sonderdienste drohe.

In einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 29.04.2013 brachte der Erstbeschwerdeführer zu dem vorgelegten Schreiben vor, sein in Belgien lebender Cousin habe diese Bestätigung von dem Kommandanten besorgt, den er von 1999 bis 2001 unterstützt habe. Bei dem Institut handle es sich um das Parlament von Itschkerien, wo sich dieses befinde wisse er nicht; er sei auch für dieses Parlament nicht tätig gewesen. Weiters wurde dem Erstbeschwerdeführer das Rechercheergebnis vorgehalten, wozu er entgegnete, seinen Reisepass nie offiziell beantragt oder abgeholt zu haben. Es werde nicht nach ihm gefahndet, da er auf keinen Fahndungslisten aufscheine; er habe schließlich auch kein Verbrechen begangen. Nach Vorhalt, dass insbesondere das von ihm gewonnene Gerichtsverfahren gegen eine behördliche Verfolgung spreche, erwiderte er, in Tschetschenien sei alles möglich. Zu seinem Aufenthalt in Inguschetien gab er an, er habe nicht wollen, dass seine Frau und seine Kinder zu ihm ziehen, weil es keinen Platz gegeben habe. Er habe das Haus fast nie verlassen und habe nicht wollen, dass jemand weiß, dass er dort wohnt. Zudem legte der Erstbeschwerdeführer eine Ambulanzkarte vom 29.03.2013 mit der Diagnose posttraumatische Schiefnase vor.

Mit Bescheiden vom 07.05.2013 wies das Bundesasylamt die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde ihnen der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

In seiner Begründung traf das Bundesasylamt umfangreiche Länderfeststellungen zur Situation in der Russischen Föderation und erachtete das Vorbringen der Beschwerdeführer hinsichtlich einer Bedrohungssituation aufgrund der vorliegenden Rechercheergebnisse und der Widersprüche des Erstbeschwerdeführers als unglaubwürdig. So etwa habe die Recherche ergeben, dass dem Erstbeschwerdeführer unmittelbar vor der Ausreise völlig legal ein Reisepass ausgestellt worden sei. Dies wäre niemals der Fall gewesen, wenn er tatsächlich einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre. Ebenso habe der Erstbeschwerdeführer im Jahr 2011 ein Zivilrechtsverfahren gegen den Vorbesitzer seiner Wohnung angestrengt. Der Erstbeschwerdeführer sei dem Rechercheergebnis weder durch sachliche Argumente schlüssig entgegengetreten noch habe er taugliche Beweismittel zur Untermauerung seines Vorbringens in Vorlage gebracht. Der Erstbeschwerdeführer habe zudem bei der Erstbefragung erklärt, einer Familie eines getöteten Freiheitskämpfers geholfen zu haben, diesen Umstand habe er aber mit keinem Wort beim Bundesasylamt erwähnt, sondern vielmehr im Widerspruch dazu wiederholt ausgesagt, dass die behaupteten Peiniger bloß Auskünfte zu seiner Tätigkeit in den Tschetschenienkriegen hätten haben wollen. Neben den Widersprüchen zu den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin habe sich der Erstbeschwerdeführer selbst in Widersprüche verwickelt. Auch basiere das im Verfahren vorgelegte Schreiben auf den Angaben des Erstbeschwerdeführers und handle es sich nicht um ein beglaubigtes Behördenschriftstück. Darüber hinaus sei angesichts der Unglaubwürdigkeit des Erstbeschwerdeführers davon auszugehen, dass es sich dabei - sofern es keine Eigenproduktion oder sonstige Fälschung sei -um eine Gefälligkeitsbestätigung handeln müsse. Letztlich sei diese Bestätigung inhaltlich auch völlig allgemein gehalten und sei für sich genommen kein Sachverhalt zu erkennen, der das eigentliche Vorbringen des Erstbeschwerdeführers bestätige. Das Fluchtvorbringen der Zweitbeschwerdeführerin sei unglaubwürdig. Für den Dritt- und Viertbeschwerdeführer seien keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht worden; diesbezüglich werde auf die Bescheide des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin verwiesen. Zur Situation im Falle einer Rückkehr führte das Bundesasylamt aus, dass den Beschwerdeführern im Herkunftsstaat weder Verfolgung noch anderswertige Gefahren drohen würden, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Abschließend begründete das Bundesasylamt seine Ausweisungsentscheidung.

Die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes jeweils vom 26.11.2013, Zlen.

1.)

D4 435310-1/2013, 2.) D4 435309-1/2013, 3.) D4 435312-1/2013 und

4.)

D4 435311-1/2013 gemäß § 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidungen wurden im Wesentlichen damit begründet, dass den bereits ausführlich in den Bescheiden des Bundesasylamtes dargelegten Ungereimtheiten und Widersprüchen in den Angaben des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin auch durch die Ausführungen in der Beschwerde nicht habe entgegentreten werden können. Auch hätten die im Verfahren vorliegenden Rechercheergebnisse dem behaupteten Verfolgungsgrund klar widersprochen. Entgegen der Ausführung in der Beschwerde habe die Zweitbeschwerdeführerin überdies den Vorfall vom Juli 2011, bei dem sie Opfer von sexueller Gewalt geworden sei, nicht bereits anlässlich ihrer ersten Einvernahme erwähnt und sei die Zweitbeschwerdeführerin diesbezüglich auf das Einvernahmeprotokoll, dessen Richtigkeit und Vollständigkeit sie im Rahmen der Einvernahme vom 10.12.2012 bestätigt habe, zu verweisen. Insgesamt betrachtet sei das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht glaubhaft und auch nicht ersichtlich gewesen, dass für den Fall einer Rückkehr den Beschwerdeführern eine Verletzung von Art. 3 EMRK drohen würde. Schließlich würden die Interessen der Republik Österreich an der Wahrung eines geordneten Fremden- und Zuwanderungswesens als Teil der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung sowie des wirtschaftlichen Wohls des Landes durch Vermeidung unkontrollierter Zuwanderung im gegenständlichen Fall insgesamt schwerer wiegen, als die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet und würden somit den Eingriff in ihr Privatleben rechtfertigen.

Zweites Verfahren:

Am 12.12.2013 stellten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer für sich, sowie für die Dritt- und Viertbeschwerdeführer als ihre gesetzlichen Vertreter, ihre zweiten Anträge auf internationalen Schutz.

Im Zuge der Erstbefragung zum Folgeantrag am 13.12.2013 gab der Erstbeschwerdeführer an, dass die Zweitbeschwerdeführerin vor ca. zwei Monaten eine Ladung bekommen habe. In seinem Herkunftsland würde man noch nach ihnen suchen und sei dies der neue Fluchtgrund. Diesbezüglich verwies er auf das bereits im ersten Verfahren vorgelegte Schreiben des Führers seiner Rebelleneinheit. Es würden auch Leute zu seinen Eltern kommen und fragen. Sein Vater sei bei der Polizei gewesen. Die Polizei suche nach ihm. Es werde vermutet, er sei bei den Rebellen.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte im Zuge ihrer Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 12.12.2013 zu den Gründen für den Folgeantrag an, vor etwa zwei Monaten hätten die Behörden im Herkunftsstaat ihren Bruder und ihre Schwester aufgesucht, um sich nach ihr zu erkundigen. Sie hätten auch eine Ladung hinterlassen, dass sie sich umgehend an die Behörden wenden sollte. Eine Ladung sei bei ihrer Tante abgegeben worden, da sie dort gemeldet gewesen sei. Die Nachbarn hätten die Ladung ihrem Bruder weitergegeben. Die zweite Ladung sei ihrer Schwester übergeben worden. Ihr Bruder habe sie direkt danach darüber informiert. Für den Dritt- und den Viertbeschwerdeführer würden dieselben Gründe gelten.

Am 18.12.2013 wurde der Erstbeschwerdeführer vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Er gab an, sich körperlich und geistig in der Lage zu befinden, die Einvernahme durchzuführen, aber er habe Gedächtnisprobleme; 2009 habe er ein großes Loch im Kopf gehabt. Hinsichtlich seines neuerlichen Asylantrags, gab er im Wesentlichen an, dass sein Vater ständig nach seinem Aufenthaltsort gefragt werde. Er habe jetzt die Bestätigungen und Übersetzungen dabei, dass seit 2009 wirklich dort nach ihm gesucht werde. Seit dieser Zeit sei er in Inguschetien gewesen und habe dort allein gewohnt. Änderungen zu seinen Fluchtgründen gebe es nicht. Auf die Frage, ob es seit der Rechtskraft des ersten Verfahrens irgendwelche Vorfälle im Herkunftsstaat gegeben habe, die ihn persönlich beträfen, gab er an, dass er seine Probleme zu Hause handschriftlich zusammengefasst habe. Er habe auch ein Schreiben zu seinen Problemen von der Frau, bei der er in Inguschetien gewohnt habe sowie eine Kopie ihres Passes. Menschen in Uniform, glaublich vom Militär, hätten seinen Vater mehrmals befragt, sie meinten, dass er im Wald bei den Freiheitskämpfern sei und diesen Hilfe leiste. Alles habe 2009 angefangen, als man ihn am 28.11.2009 zum ersten Mal mitgenommen habe. Sieben Tage habe man ihn irgendwo in einem Keller gequält und dann wieder rausgelassen. Er sei mehrmals operiert worden und die Hälfte seines Gesichtes sei gelähmt. Die Lage im Herkunftsstaat sei vielleicht von außen besser, schön gebaut, aber in Wirklichkeit habe sich nichts zum Positiven geändert. Manchmal telefoniere er mit seinem Vater. Er wolle keinen Einblick in die Länderberichte.

Am selben Tag wurde auch die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundeasylamt niederschriftlich einvernommen, wobei sie erneut auf die erhaltenen Ladungen hinwies. Zudem sei ein Bruder im März 2013 von unbekannten Personen mitgenommen worden. Ein anderer Bruder habe ihn nach zwei Wochen wieder gefunden.

Anlässlich einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 08.01.2014 gab der Erstbeschwerdeführer an, er habe bereits ein Schreiben in russischer Sprache im letzten Gespräch am 18.12.2013 überreicht; diese Person könne alles bestätigen. Er habe auch einen Bekannten in Frankreich, der auch geholt und dessen Bruder im Jahr 2004 getötet worden sei. Er habe das schon im letzten Gespräch beschrieben. Er sei mit diesem Mann in Frankreich in Kontakt, er habe die gleiche Geschichte. Er sei nur durch Zufall am Leben geblieben, sei jetzt anerkannter Flüchtling in Frankreich und lebe seit sechs Jahren mit seiner Familie in Frankreich. Eine solche Geschichte habe er auch. Auf die Frage, ob es seit der Rechtskraft des Vorverfahrens Änderungen gebe, gab er an, dass er zurzeit hier sei. In seiner Heimat hätten sie ihn längst getötet. Seinen Vater würden sie ständig belästigen, da sie nicht wissen, ob er bei den Rebellen oder sonst irgendwo sei. Seine Kinder seien hier voll integriert, würden zur Schule gehen und lernen. Er habe hier sein Deutschkursdiplom A1 abgelegt. Jeden zweiten Tag müssten sie sich bei der Polizei melden. Die Kinder hätten gefragt, was mit ihnen passiere. Aus Angst um seine Kinder seien sie hierher geflüchtet, zuhause hätte man ihn längst getötet. Er bitte darum, dass man sie hier lasse und nicht in den Herkunftsstaat zurückschicke. Sein Freund aus Frankreich könne alles bestätigen, was er bereits erzählt habe. Er habe nur seine Heimat verteidigt, er habe niemanden getötet. Jetzt wolle man ihn töten. Er habe zwei Brüder und seine Eltern im Herkunftsstaat und wisse nicht, was mit ihnen geschehe. Seinen Onkel und Cousins habe er auch noch dort. Er habe genug Geld in seiner Heimat gehabt und sei nur deshalb geflüchtet, weil er sonst getötet worden wäre. Er vermisse seine Eltern, er hätte sie sonst nie verlassen. Sein Freund aus Frankreich sei 2004 in der Heimat geholt worden, sein Bruder gleichzeitig auch. Den Bruder hätten sie getötet, sein Freund habe überlebt. Damals hätten sie auch schon nach ihm gefragt. 1999 hätten sie in ihren weiteren Häusern Rebellen einquartiert. Der Freund aus Frankreich könne auch das bestätigten, es entspreche alles der Wahrheit. Er habe mehrere Personen, die das bestätigen könnten und das Bundesamt bräuchte sie nur befragen. Sie würden bestätigen, was er sage. Der Anführer befinde sich jetzt in Belgien und könne das auch bestätigen. Den weiteren OP-Termin habe er am 06.03.2014; es handle sich um eine Nasen-OP.

Am 23.09.2014 wurde der Erstbeschwerdeführer erneut vor dem Bundesamt einvernommen, wobei er angab, psychisch und physisch in der Lage zu sein, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten und der Einvernahme zu folgen. Hinsichtlich seines Gesundheitszustandes führte er aus, er nehme derzeit nur Medikamente für sein Gedächtnis und wegen eines grippalen Infektes. Die Gedächtnisprobleme habe er bereits seit 2009, als er verletzt worden sei; dabei sei er auf den Kopf geschlagen worden und die Hälfte seines Gesichtes funktioniere nicht mehr richtig. Er sei in Österreich drei Mal operiert worden und es stünden keine weiteren Operationen an. Diesbezüglich legte er einen ärztlichen Kurzbericht seines Hausarztes vom 22.09.2014 vor, wonach er wegen Septumdeviation, Ohrenproblemen, Hämorrhoiden und PTBS in Behandlung stehe; zuletzt habe er über Gedächtnisstörungen geklagt, die sich aber auf Grund der Sprachbarriere schwer verifizieren ließen. Zudem legte er einen Entlassungsbericht vom 31.07.2014 mit der Diagnose Re-Septumdeviation (Nasenscheidewandverkrümmung) sowie Hyperplasie (Vergrößerung) der unteren Nasenmuscheln vor. Er sei sowohl mit den Operationen am Kopf und dieser Behandlung, als auch der Operation an den Hämorrhoiden und dieser Behandlung fertig. Sein Problem sei, dass er die Probleme zu Hause nicht beweisen könne. Seine Eltern würden nicht in Ruhe gelassen, auch nicht seine Brüder. Seinetwegen liege seine Mutter schon seit einem Monat im Krankenhaus. Dies sei wegen dem Stress, ständig kämen Leute nach Hause, Militärangehörige, die ständig fragen würden, wo er sei. Auf den Vorhalt, dass die Polizei mittlerweile verstanden haben müsste, dass er nicht mehr im Herkunftsstaat aufhältig sei, gab er an, dass die Personen einmal in zwei oder drei Monaten nach Hause kämen und schauen würden, ob er da sei. Jetzt sei er in Österreich und habe keine Probleme. Auf den Vorhalt, warum die Polizei dies schon seit zwei Jahren vergeblich tun solle, gab er an, dass sie das schon seit 2010 täten. Das Problem sei, dass er am Leben geblieben sei. Auf die Fragewiederholung gab er an, dass er nicht wisse, warum sie nicht aufgeben. Er habe Unterlagen, die im Zusammenhang mit seinem Vorbringen stünden, bereits vorgelegt. Das sei sein Freund, der in Frankreich lebe und dieselben Probleme habe. Auf die Frage, woher er wisse, dass das Militär nach ihm suche, gab er an, dass er mit der Mutter telefonischen Kontakt halte. Diese habe ihn vor ca. eineinhalb Monaten angerufen und ihm gesagt, dass wieder Militärs dagewesen seien und nach ihm gefragt hätten. Seit Dezember 2013 seien sie drei oder vier Mal bei ihm zuhause gewesen. Die Mutter und der jüngere Bruder seien immer zuhause gewesen. Sein Vater sei zuletzt 2010 geschlagen worden. Wenn sie nach Hause kämen, würden sie niemanden schlagen, sondern das Haus durchsuchen und gleich wieder weggehen. Er habe Angst nachhause zu fahren, weil die Personen immer noch zu ihm nach Hause kämen. Wenn es nicht so gewesen wäre, wäre er zuhause geblieben und nicht nach Österreich gekommen. Er habe bis 2009 wohlhabend gelebt, er habe gearbeitet und seine Familie versorgt. Er habe im Herkunftsstaat noch nie Sozialhilfe bezogen. Er habe als Automechaniker und -lackierer gearbeitet. Die Kinder seien hier zufrieden und würden zur Schule gehen. Im Herkunftsstaat würden die Eltern und zwei Brüder weiterhin im Heimatdorf leben. Die Eltern bekämen eine Rente, ein Bruder studiere an der Universität GROSNY, der andere "sitze zu Hause". Als er gearbeitet habe, habe er seine Familie unterstützt. Er habe selten telefonischen Kontakt zu seiner Familie; zuletzt habe er mit seiner Mutter vor ca. einem Monat telefoniert. Seine Gattin habe eine Cousine in Österreich, sonst habe er keine Verwandten in Österreich. Er habe Kontakt zu dieser Cousine und auch Kontakt mit Einheimischen. Wenn ältere Menschen draußen sitzen würden, gehe er auf sie zu und spreche mit ihnen. Er sei arbeitsfähig und könne jegliche Arbeit verrichten. Er sei nicht Mitglied in einem Verein, meistens sitze er zu Hause, aber er gehe auch raus und versuche, Nachbarn kennenzulernen. Er lerne Deutsch und habe kostenlos im Seniorenheim ausgeholfen, dies zuletzt vor drei bis vier Monaten, dann habe man ihm gesagt, dass kein Bedarf mehr bestehe. Auf den Vorhalt, dass man als ehrenamtlicher Mitarbeiter dort jederzeit zur Hand gehen könne, gab er an, dass man ihm gesagt habe, dass kein Bedarf bestehe. Er habe in Österreich noch nie Probleme mit der Polizei, Gerichten oder anderen Institutionen gehabt. Er sei in Russland wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit verfolgt worden, 2001, 2002 und 2003, als es Spannungen gegeben habe. Es sei eigentlich nichts passiert, aber man spüre, dass man von den Beamten schlecht behandelt werde. Persönlich sei er damals nicht verfolgt worden. Er habe abgesehen von den geschilderten Problemen nie Probleme mit den Institutionen seines Herkunftsstaates gehabt.

Die Zweitbeschwerdeführerin führte anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am selben Tag hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes aus, derzeit nur wegen ihrer Schwangerschaft in ärztlicher Behandlung zu stehen. An Migräne habe sie bereits vor ihrer Ausreise gelitten, doch habe sie im Herkunftsstaat nicht die vorgeschriebene Behandlung begonnen, da man dort so starke Medikamente verschreibe. Zu den Gründen für den Folgeantrag befragt, erklärte die Zweitbeschwerdeführerin, für sie seien im Herkunftsstaat zwei Ladungen abgegeben worden; eine sei ihrem Bruder zugestellt worden, die zweite an ihre letzte Meldeadresse. Wann diese Ladungen zugestellt worden seien, wisse sie nicht. Ihr Bruder habe ihr die Ladungen etwa im März 2014 nach Österreich übermittelt. Befragt, gab sie an, die Behörden seien zu ihrem Bruder gekommen, wo sie früher gelebt habe und hätten nach ihr und dem Erstbeschwerdeführer gefragt. Die zweite Ladung sei an die Nachmieter ihrer letzten Meldeadresse übergeben worden, mit dem Hinweis die Ladung an die Verwandten der Beschwerdeführer weiterzugeben. Ihr Bruder fahre gelegentlich zu dieser Adresse und frage nach, ob sich jemand nach ihnen erkundigt habe. Sie wisse nicht, ob ihr Bruder die Ladungen im Original noch besitze oder aus Angst weggeworfen habe. Er habe auch Angst gehabt, dass die Behörden erfahren würden, wohin er diese Ladungen schicke. Befragt, warum sie nach wie vor über diese Meldeadresse verfüge, führte sie aus, dass sie dort zuletzt gemeldet gewesen sei und sich vor ihrer Ausreise nicht abgemeldet habe. Ihr Bruder habe ihr mitgeteilt, dass an dieser Adresse etwa zwei oder drei Mal nach ihr gefragt worden sei. Wann dies genau gewesen sei, wisse sie nicht. Zu ihren persönlichen Verhältnissen befragt, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, sie habe im Herkunftsstaat bis zum Jahr 2010 als freiberufliche Mitarbeiterin bei einer Kosmetikfirma gearbeitet. Danach sei sie von ihrem Vater und ihrer Schwester unterstützt worden. Ihr Bruder und ihre Schwester seien berufstätig und wohnten in Eigentumswohnungen, ihr Vater wohne in einer Mietwohnung. Sie habe mit ihrer Familie noch ein bis zwei Mal im Monat telefonischen Kontakt. Seit Dezember 2012 lebe ihr älterer Bruder als Asylwerber in Österreich; weiters würden zwei ihrer Cousinen in Österreich leben. Sie lebe in einer Unterkunft für Asylwerber und beziehe Leistungen aus der Grundversorgung. Sie habe bislang zwei Deutschkurse besucht. Sie sei kein Mitglied in einem Verein. Sie habe sich freiwillig im Seniorenheim engagieren wollen, doch habe kein Bedarf bestanden.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Erst- bis Viertbeschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihnen der Status von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf die Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Zudem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen die Erstbis Viertbeschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist; unter einem wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise auf 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesamt traf umfassende herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in der Russischen Föderation und begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die vorgelegten Beweismittel bereits im ersten Asylverfahren gewürdigt worden seien. Es sei schließlich festgestellt worden, dass der Erstbeschwerdeführer keine systematische bzw. intensive Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer Rasse, Religion, Nationalität, bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung glaubhaft machen habe können. Die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer hätten keine eigenen Ausreisegründe. Den gegenständlichen Folgeantrag habe der Erstbeschwerdeführer damit begründet, dass der Zweitbeschwerdeführerin im Herkunftsstaat zwei Ladungen zugestellt worden wären und ihre Familie immer noch von Polizisten nach ihrem Aufenthaltsort befragt werde. Darüber hinaus gebe es keine Abänderung der Fluchtgründe des ersten Asylverfahrens. Das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, wonach er weiterhin von Behörden im Herkunftsstaat gesucht werde und er hierfür die originären Fluchtgründe aufrecht erhalte, welche bereits hinlänglich im Instanzenzug des ersten Asylverfahrens als unzureichend für einen positiven Verfahrensausgang bewertet worden seien, würden - für den Fall dass diese Angaben tatsächlich der Wahrheit entsprächen - als ein linear fortdauerndes Geschehen gewertet. Es werde somit die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten, somit liege keinesfalls ein "wesentlich geänderter Sachverhalt" vor, sondern werde der Sachverhalt bekräftigt, über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden sei.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 10.12.2014 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Am 19.10.2014 wurde die Fünftbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren. Ihre gesetzliche Vertreterin stellte am 25.11.2014 für sie einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei diese erklärte, dass für die Fünftbeschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe vorlägen. Zum Nachweis ihrer Identität wurde die österreichische Geburtsurkunde vorgelegt.

Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Fünftbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf die Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Zudem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen die Fünftbeschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist; unter einem wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise auf 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt III.).

Diese Entscheidung wurde damit begründet, dass für die Fünftbeschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht worden seien. Darüber hinaus seien die Fluchtgründe des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin nicht glaubhaft.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 09.01.2015 verwies die Fünftbeschwerdeführerin auf die Beschwerde der Eltern, da sie keine eigenen Fluchtgründe habe.

Mit Schreiben vom 23.01.2015 ergänzten die Beschwerdeführer ihre Beschwerde dahingehend, dass im Juni 2014 die russischen Behörden erneut nach der Zweitbeschwerdeführerin gesucht und im Zuge dessen eine weitere Ladung an ihre Schwester übergeben hätten. Ihre Schwester habe ihr die Ladung mittels eines Schleppers zukommen lassen. Die betreffende Ladung wurde im Original beigelegt. Darüber hinaus wurde auf das bisherige Vorbringen und auf das Schreiben des in Frankreich lebenden Freundes verwiesen, der das Vorbringen der Beschwerdeführer bestätigen könne.

Mit Eingabe vom 19.02.2015 brachte der Erstbeschwerdeführer ein handschriftliches russischsprachiges Schreiben, datiert mit 10.02.2014 sowie die Kopie einer französischen Aufenthaltskarte in Vorlage, ebenso ein Kuvert abgesendet in Frankreich, adressiert an den Erstbeschwerdeführer, mit dem Übernahmevermerk 13.02.2014.

Mit Eingabe vom 21.08.2015 legten die Beschwerdeführer zum Nachweis ihrer Integration die Jahreszeugnisse einer Hauptschule vom 10.07.2015 betreffend den Zweitbeschwerdeführer und den Drittbeschwerdeführer sowie ein Unterstützungsschreiben der Wohngemeinde der Beschwerdeführer vor.

Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Erkenntnissen jeweils vom 12.08.2016, Zlen. 1.) W112 1435310-2, 2.) W112 1435309-2, 3.) W112 1435312-2, 4.) W112 1435311-2 und 5.) W112 2017166-1, nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 14.06.2016, ab. Begründend führte das Gericht im Wesentlichen aus, dass der Erstbeschwerdeführer mit seinem Vorbringen keine neue, nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 26.11.2013 begründete Verfolgung, sondern das Weiterwirken einer bereits rechtskräftig für unglaubwürdig erachteten Verfolgung wegen Beherbergung von Rebellen und unterstellter Hilfe für Rebellen bzw. Mitgliedschaft bei den Rebellen seit seiner Entführung 2009 dargetan habe. Auf Grund der Vorortrecherche stehe auch fest, dass nach dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erstattung der Anfragebeantwortung 2012 nicht gefahndet wurde. Dass sich die Verfolgung auf Grund der Vorortrecherche ergebe, wie in der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden sei, gehe ins Leere, da der Erstbeschwerdeführer angegeben habe, die Besuche bei seinen Eltern hätten seit 2010 stattgefunden, die Recherche aber erst 2012 durchgeführt worden sei. Auch der in der Stellungnahme zu den Länderberichten gerügte Verfahrensmangel, dass im zweiten Asylverfahren keine Recherche im Herkunftsstaat mehr durchgeführt worden sei, liege nicht vor, da der Beschwerdeführer im zweiten Asylverfahren einer Recherche im Herkunftsstaat nicht mehr zugestimmt habe. Da das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin zu den Ladungen den vorgelegten Ladungen widerspreche, sich die Ladung aus den von der Zweitbeschwerdeführerin/dem Erstbeschwerdeführer/der Vertreterin vorgebrachten Gründen nicht mit den Länderberichten in Einklang bringen lasse und das diesbezügliche Fluchtvorbringen überdies unplausibel sei, könne auch aus den vorgelegten Ladungen keine Gefährdung des Erstbeschwerdeführers abgeleitet werden. Es liege sohin keine wesentliche Sachverhaltsänderung vor, der ein glaubhafter Kern innewohnen würde. Es könne überdies nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer Behandlungen benötigen würde, die ihm in der Russischen Föderation nicht zugänglich wären. Vor dem Hintergrund der genannten Erkenntnisquellen und den darauf basierenden Feststellungen würden sich weder Anhaltspunkte dafür finden, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 8 AsylG 2005 ausgesetzt sein würden, noch das "außergewöhnliche Umstände" der Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat entgegenstünden. Es lasse sich nicht ersehen, dass es den Beschwerdeführern in der Russischen Föderation aktuell an der notdürftigsten Lebensgrundlage fehlen würde. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG sei das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der Beschwerdeführer im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet überwiege und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliege. Auch seien sonst keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, rechtfertigen würden.

Zum gegenständlichen Verfahren:

Am 03.12.2017 stellte der Erstbeschwerdeführer seinen dritten und gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge der Erstbefragung zum Folgeantrag am selben Tag befragt gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen an, dass seinem Vater, der in der Russischen Föderation lebe, eine Ladung zugestellt worden sei, wonach der Erstbeschwerdeführer von der russischen Polizei gesucht werde. Diese Ladung sei etwa Mitte November 2016 zugestellt worden. Dies hätte der Erstbeschwerdeführer über die Zweitbeschwerdeführerin erfahren, die mit den Verwandten in Kontakt stehe.

Die Zweitbeschwerdeführerin stellte am 01.12.2016 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005, welcher gemäß § 58 Abs. 10 AsyG 2005 zurückgewiesen wurde. Noch vor Ausgang des Beschwerdeverfahrens stellte die Zweitbeschwerdeführerin am 23.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, wo sie in der Erstbefragung am 23.01.2017 ebenfalls auf die Ladung von Mitte November verwies.

Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 26.01.2017 gab der Erstbeschwerdeführer nach einer Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges befragt an, dass er bisher immer die Wahrheit gesagt habe und die Erstbefragung am 03.12.2016 rückübersetzt und richtig protokolliert worden sei. Nur habe er die Ladung Mitte des Monats und nicht am 20. November erhalten. Die Frage, ob er die neuen Fluchtgründe der Erstbefragung am 03.12.2016 in vollem Umfang aufrecht halte, bejahte der Erstbeschwerdeführer. Ergänzend führte er an, dass er ein Problem in Tschetschenien gehabt habe, da er eine Ladung bekommen habe. Auch kenne das Bundesamt die allgemeine Lage, es würden Familien von Tschetschenien vertrieben sowie täglich Menschen inhaftiert und getötet werden. Diejenigen, die im Ausland leben, würden bei einer Rückkehr nach Tschetschenien noch mehr Schwierigkeiten bekommen, es sei eine Katastrophe. Die Eltern des Erstbeschwerdeführers würden seit dem Erhalt der Ladung nicht mehr zuhause wohnen. Wäre Tschetschenien ein Rechtsstaat wie Österreich, dann wäre er auf keinen Fall hergekommen. Dort würden keine Menschenrechte existieren. Die Frage, ob die Fluchtgründe vom heutigen Tag, sowie vom 03.12.2016, in einem direkten Zusammenhang mit seinen originären Fluchtgründen stehen würden, bejahte der Beschwerdeführer, es sei eine Kette. Aufgefordert die Ladung dem Bundesamt auszufolgen legte der er ein Kuvert vor. Gefragt, ob die Person, die die Ladung geschickt habe, Probleme bekommen würde gab der Erstbeschwerdeführer an, von seiner Seite nicht. Weiters befragt führt er an, dass ihm sein Schwager, der Bruder der Zweitbeschwerdeführerin, die Ladung geschickt habe. Seine Eltern hätten ihm das nicht schicken können wegen dem Nachnamen, dort werde alles kontrolliert. Sie hätten denselben Familiennamen. Sein Schwager heiße aber "Khasuev". Aufgefordert, das vorgelegte Dokument zu beschreiben und dessen Inhalt zu nennen gab der Erstbeschwerdeführer an, das sei eine Ladung. In dieser stehe, dass er bei der Polizei erscheinen solle. Weiters befragt, wann und wo er erscheinen solle gab er an, dass er sogar Angst gehabt habe, den Brief aufzumachen, er habe es gar nicht angesehen, er habe es bekommen und gleich hier vorgelegt. Nochmals befragt führte er aus, dass er bei der Polizeistation im Bezirk Lenina erscheinen solle. Im November, am 15.11., um 11 Uhr. Er solle zu einer Befragung erscheinen, aber natürlich sei unbekannt und unvorhersehbar, was dann passieren würde. Er wisse nicht, um was für eine Befragung es sich handle. Er wisse nicht, welche Fragen ihm gestellt werden würden. Vielleicht würden sie ihn fragen, wo er die ganze Zeit gewesen sei. Nachgefragt gab er an, dass er nicht wisse, wann die Ladung seinem Schwager zugestellt worden sei. Das wisse nur seine Frau. Seine Eltern hätten der Schwester seiner Frau gesagt, dass die Ladung gekommen sei. Seine Frau habe das über ihre Schwester erfahren und er über seine Frau. Und seine Frau habe ihm erzählt, dass die Ladung Mitte November zugestellt worden sei. Sein Vater habe die Ladung bekommen und habe der Erstbeschwerdeführer Mitte November von der Ladung Kenntnis erlangt, und zwar über seine Frau, welche Kontakt mit ihrer Schwester aufgenommen habe. Der Erstbeschwerdeführer habe nicht über seine Eltern Kenntnis über die Ladung erlang, obwohl sie seinem Vater zugestellt worden sei, weil er keinen Kontakt zu diesen habe, als Vorsichtsmaßnahme. Wenn man ihn fragen würde, wo er sich aufgehalten habe, würde es ein großes Problem sein; denn hätte er keine Probleme gehabt, dann könnte er zuhause leben. Die Frage, ob die aktuelle Ladung mit seinen Problemen aus dem Jahr 2009 zusammenhängen würden bejahte der Erstbeschwerdeführer. Wenn zum Beispiel eine Polizeistation einen neuen Polizeichef bekomme, dann schaue dieser alle alten und neuen Sachen an und interessiere sich für die Personen, so wie für ihn. Wenn ein neuer Chef komme, fange alles wieder von vorne an. Auf die Frage, ob es einen neuen Polizeichef gäbe und wie dieser heiße antwortete er, dass er damit meine, dass es immer so sei bei ihnen. Jetzt wisse er dies nicht genau, sehr wohl aber, dass ein neuer Chef automatisch die alten Akten anschaue. Das wisse er, weil er dort gelebt habe. Die zuvor genannte Polizeidienststelle Lenina sei jetzt eine andere Polizeidienststelle. Die andere Polizeidienststelle heiße jetzt Staro Pomislovski, das sei zum Beispiel eine Polizeidirektion und diese Polizeidienststellen würden zu dieser Polizeidirektion gehören. Wenn er sage, es komme ein neuer Chef, meine er jenen der Polizeidienststelle Lenina. Es herrsche leider Chaos bei ihnen und wenn der Erstbeschwerdeführer zum Beispiel der Ladung keine Folge leiste, dann würden auch die Eltern von dem Dorf vertrieben werden. Man müsse die Verantwortung für die Angehörigen übernehmen. Dass der Erstbeschwerdeführer bereits im Vorverfahren Ladungen vorgelegt habe und dass alle Ladungen, auch die aktuelle, mit seinem Problem in Tschetschenien zu tun habe, sei richtig. Auf die Frage, wer über einen so langen Zeitraum Interesse an seiner Person haben sollte führte er an, dass man nicht nur an ihm, sondern an vielen anderen Personen Interesse habe. Das Problem sei auch, dass er in Österreich sei. Sie würden sich dafür interessieren, was er hier alles mache und womit er beschäftigt sei. Nachgefragt gab er an, dass er nur mit der Erziehung der Kinder beschäftigt und es für alle gefährlich sei, die in Europa gewesen seien. Die Ladung habe er vorige Woche, Montag oder Dienstag erhalten. Der Erstbeschwerdeführer wisse nicht, wo sich seine Eltern momentan aufhalten würden. Er könne nicht mehr angeben, wann er zuletzt Kontakt mit ihnen gehabt habe, er habe es vergessen. Wahrscheinlich 2015 oder 2016. Von der Ladung hätten sie von der Schwägerin erfahren und dass die Eltern des Erstbeschwerdeführers seitdem nicht mehr zuhause wohnen würden. Das sei auch das erste Mal, dass sie von zuhause weg seien. Die Zweitbeschwerdeführerin habe auch keinen Kontakt zu ihren Eltern, nur mit ihrer Schwester. Abgesehen von den geschilderten, mit der Ladung zusammenhängenden Problemen habe er keine weiteren Rückkehrbefürchtungen. Auf den Hinweis, dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführer noch keine Anträge auf internationalen Schutz für die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer gestellt hätten gab er an, dass er noch heute zur Polizei gehen würde. An seinem Privat- und Familienleben habe sich nichts geändert. Bis zur Ausreise habe er im Heimatland den Lebensunterhalt auf Baustellen oder als Taxisfahrer oder Automechaniker bestritten. Gelebt habe er von 2009 bis 2012 in Nazran, Inguschetien, und davor gemeinsam mit seiner Frau und seinen Kindern in Tschetschenien, Staro Prominovsk an einer näher bezeichneten Adresse. Bis zur Heirat habe er gemeinsam mit seinen Eltern an einer anderen Adresse gelebt. Im Herkunftsstaat würden sich die Eltern und der jüngere Bruder des Erstbeschwerdeführers aufhalten, jedoch wisse er zurzeit nicht, wo genau. Sein Bruder sei 22 Jahre alt und habe mit seinen Eltern gelebt. Er habe keinen Kontakt zu ihm und wisse auch nicht, wo er sich aufhalte, um ihn vor den Problemen zu verschonen. Nachgefragt gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er die drei Jahre in Inguschetien unbehelligt habe leben können. Weiters befragt führte er an, dass sein Vater gearbeitet habe, als der Erstbeschwerdeführer das Land verlassen habe, jetzt wisse er es aber nicht. Was seine Schwiegereltern machen würden, wisse er auch nicht. Seine Mutter arbeite nicht, die Gesundheit lasse es nicht zu. Sein Bruder habe keine Arbeit gehabt, jetzt wisse er es nicht genau, glaube aber, dass er immer noch keine Arbeit habe. Er habe Angehörige im Ausland, und zwar lebe seit drei Jahren ein Schwager in Österreich. Weiters zwei Cousinen seiner Frau. Alle seien anerkannte Flüchtlinge. Die Wohnung der Eltern in Tschetschenien sei eine Mietwohnung gewesen. Der Beschwerdeführer habe Kontakt zu niemandem in der Heimat, nur seine Frau. In Österreich lebe er in einer Unterkunft der Grundversorgung und bestreite den Lebensunterhalt durch Taschengeld, Essensgeld und gemeinnützige Arbeit. Die Nachweise habe er zuhause. Er helfe immer freiwillig im Quartier. Er habe den Führerschein und fahre einen großen Bus, helfe anderen Flüchtlingen mit positivem Bescheid beim Umziehen. Er habe auch eine Einstellungszusage für eine Baustelle. Er habe Kontakte in Mittersill, wo die Beschwerdeführer gelebt hätten. Dort habe er viel geholfen und Freunde gefunden. Zurzeit besuche er einen Deutschkurs des Niveaus A2 und sei nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen in Österreich. Sein Sohn besuche die Schule und sei auch irgendwo angemeldet, jedoch wisse er nicht, wo genau. Der Erstbeschwerdeführer wurde aufgefordert, dem Bundesamt die diesbezüglichen Unterlagen vorzulegen. Weiters gab er befragt an, dass er in Österreich keine Probleme mit Behörden, Polizei, Gerichten oder anderen Institutionen gehabt habe, und auch nie strafgerichtlich verfolgt oder verurteilt worden sei. Auch habe er nie Probleme mit Verwaltungsbehörden aufgrund schwerer Verwaltungsstraftaten gehabt. Er habe sich auch niemals in oder außerhalb der Russischen Föderation politisch betätigt oder irgendeiner politischen Organisation oder Partei angehört. Wegen seines Bartes sei der Beschwerdeführer jedoch in der Russischen Föderation einer konkreten und gezielten Verfolgung seiner Person aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit als Tschetschene ausgesetzt gewesen. Nachgefragt gab er an, dass er deswegen beschimpft worden sei. Sonst sei nichts passiert. Es sei ihm gesagt worden, er müsse seinen Bart rasieren, sonst würde er Probleme bekommen. Sonst habe er keine Probleme mit Behörden, Polizei oder Gerichten in seinem Herkunftsland gehabt. Auch nicht mit sonstigen privaten Personen, Personengruppen, Banden oder kriminellen Organisationen. Schließlich fügte der Erstbeschwerdeführer hinzu, falls bei ihm zuhause eine solche Situation herrschen würde wie hier, wäre er nicht auf der Flucht. Hier sei es möglich, wenn man Probleme bekomme oder schlecht behandelt werde, Schutz vom Staat zu bekommen. Und jeder Mensch habe seine Menschenrechte. Am Ende der Einvernahme wurden dem Erstbeschwerdeführer Länderberichte zur Situation im Herkunftsstaat übergeben. Dazu gab er an, dass die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer in Österreich schon voll integriert seien, sie fließend Deutsch sprechen, Russisch aber gar nicht sprechen können würden. Er mache sich Sorgen um seine Kinder, weil sie sich hier zuhause fühlen würden. Die jüngere Tochter verstehe kein Russisch. Zuhause würden sie ein bisschen Tschetschenisch sprechen, damit sie die Muttersprache nicht verlernen, ansonsten nur Deutsch.

Für die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer wurden am 01.02.2017 durch ihre gesetzliche Vertretung ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz gestellt.

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde am 02.02.2017 ebenfalls niederschriftlich einvernommen. Nach einer Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges gab die Zweitbeschwerdeführerin befragt an, dass sie zuvor den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 gestellt habe, weil die Juristin der Diakonie es ihr empfohlen habe. Sie habe gehofft, dass es eine legale Möglichkeit gäbe, in Österreich zu bleiben. Die Beschwerdeführer hätten nicht verstanden, dass alle einen Antrag auf internationalen Schutz stellen müssten und hätten gedacht, dass es ausreiche, wenn es nur der Erstbeschwerdeführer mache. Aktuell hätten alle Beschwerdeführer einen gestellt. Weiters gab sie an, dass sie bisher immer die Wahrheit gesagt habe und die Erstbefragung am 23.01.2017 rückübersetzt und richtig protokolliert worden sei. Sie halte die Fluchtgründe von der Erstbefragung aufrecht und wolle keine Ergänzungen machen. Befragt führt sie aus, dass ihr Schwiegervater eine Ladung für den Erstbeschwerdeführer bekommen habe. Ihre Schwiegermutter habe das ihrer Schwester erzählt, welche es dann der Zweitbeschwerdeführerin mitgeteilt habe. Sie sei die einzige Person, zu der sie Kontakt habe. Die Ladung sei auf den Namen des Vaters des Erstbeschwerdeführers zugestellt und ihm persönlich zuhause ausgehändigt worden. In der Ladung stehe, dass der Erstbeschwerdeführer als Verdächtiger zu einer Einvernahme geladen worden sei. Nochmals nachgefragt, für den 15.11.2016, in die Polizeidienststelle Leninski Rayon. Grund sei, dass ihr Mann schon lange gesucht werde. Vor der Flucht nach Österreich sei er drei Jahre nicht zuhause gewesen. Wann ihr Schwiegervater diese Ladung erhalten habe, wisse sie nicht genau. Ihre Schwester habe ihr das sicherlich bis 20.11.2016 gesagt. Die Zweitbeschwerdeführerin habe eine SMS von ihr bekommen. Das Handy habe sie aber zuhause gelassen. Wenn ihre Schwester ihr eine Nachricht schicke, kaufe sie immer eine neue SIM-Karte. Auch lösche sie immer alle SMS von ihrer Schwester und könne sie sie deswegen nicht dem befragenden Organwalter des Bundesamtes schicken. Sie habe nicht gewusst, dass diese SMS wichtig sei. Ihrem Mann habe sie es jedenfalls noch am selben Tag mitgeteilt. Die Ladung habe sie wahrscheinlich am 19.01.2017 durch einen Mitarbeiter im Quartier erhalten. Ihr Mann sei nicht zuhause gewesen. Dabei handle es sich um ein Original. Zu den Rückkehrbefürchtungen des Erstbeschwerdeführers gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass es ungewiss sei und niemand wisse, was passieren würde. Als er zum ersten Mal von zuhause weggenommen worden sei, sei ihm vorgeworfen worden, dass er den Freiheitskämpfern Hilfe geleistet und noch eine Familie seines Freundes unterstützt habe. Die Polizei habe das so verstanden, dass ihr Mann der Familie von diesen Freiheitskämpfern geholfen habe, weil ein Sohn von ihnen an den Kriegshandlungen während des Krieges teilgenommen habe. Ein anderer Sohn sei von der Polizei umgebracht worden. Es könne sein, dass ihr Mann deshalb geladen worden sei. Die Zweitbeschwerdeführerin bejahte die Frage, ob es sich nun um die Fluchtgeschichte, die bereits in den Vorverfahren abgehandelt worden sei, handle. Auf die Frage, warum jemand im Jahr 2016 noch eine Ladung verschicken sollte, wobei der Erstbeschwerdeführer bereits im Jahr 2012 geflüchtet sei antwortete die Zweitbeschwerdeführerin, dass es sein könne, dass sie das Verfahren abschließen wollen und sie ihren Mann für den Schuldigen halten. Sie glaube schon, dass die Ladung mit den Problemen aus dem Jahr 2009 zusammenhängen würden, weil er sonst keine Probleme gehabt habe. Die Zweitbeschwerdeführerin habe ebenfalls Rückkehrbefürchtungen. Damals, als ihr Mann nicht mehr in Tschetschenien, sondern auf der Flucht gewesen sei, sei sie von der damaligen Miliz und jetzigen Polizei aufgesucht und zum Aufenthaltsort ihres Mannes befragt worden. Nachdem sie ihn halbtot zurückgelassen hätten, hätte die Familie des Erstbeschwerdeführers die Nachricht verbreitet gehabt, dass dieser bereits gestorben sei und habe er als verschollen gegolten. Die Polizei sei deswegen immer wieder zu ihr bzw. zu seinen Eltern gekommen und hätten nach dem Erstbeschwerdeführer gefragt. Eines Tages hätten sie sie vergewaltigt und sei sie sodann zu ihrer Schwester gezogen. Die Zweitbeschwerdeführerin bestätigte, dass sie das bereits im ursprünglichen Asylantrag geschildert habe und führte weiters aus, dass eine Vergewaltigung bei ihnen eine große Schande sei und eine Frau aus diesem Grund auch umgebracht werde. Befragt zu ihrem Familienleben gab sie an, dass sie nach wie vor verheiratet sei und drei Kinder habe. Vor ihrer Ausreise habe sie als Kosmetikerin gearbeitet. Bevor sie nach Grosny gezogen sei, habe sie im Dorf Sershen-Jrut gelebt. Im Herkunftsstaat würden auch weiterhin drei Schwestern und zwei Brüder sowie der Vater der Zweitbeschwerdeführerin wohnen. Eine Schwester arbeite im Kindergarten, zwei Schwestern seien Hausfrauen, zwei Brüder seien selbstständig und ihr Vater beziehe eine Rente. Zu ihren Schwiegereltern befragt gab sie an, dass sie weggezogen seien, das habe ihr ihre Schwester mitgeteilt. Wo sie jetzt seien, wisse sie nicht. Am 15. sei ihr Mann nicht in der Polizeistation erschienen und seien sie ab diesem Tag, sie wisse nicht genau wann, aufgesucht worden. Weiters gab sie befragt an, dass sie keine Familienangehörigen in der Russischen Föderation habe, nur in Österreich. Die Zweitbeschwerdeführerin sei in Stavropol, Russland, geboren worden. Als Kleinkind sei sie mit ihrer Familie nach Kalmikien gezogen und in die Schule sei sie in Tschetschenien gegangen. Befragt nach Besitztümern gab sie an, dass ihr Vater ein großes Grundstück und ein kleines Haus habe. Sie habe aber nur mit ihrer Schwester Kontakt. Nachgefragt nicht regelmäßig, immer unterschiedlich. In Österreich habe die Zweitbeschwerdeführerin einen Bruder und zwei Cousinen, die alle Asyl haben würden. Ihr Bruder lebe seit 4 Jahren, eine Cousine seit 8 und eine seit 12 Jahren in Österreich. Zurzeit leben die Beschwerdeführer in einer Unterkunft und bestreiten den Lebensunterhalt durch die Caritas. Befragt gab sie weiters an, dass man ihr beim AMS gesagt habe, sie dürfe nicht arbeiten. Sie habe aber zwei Mal einen Arbeitgeber gefunden, jedoch sei ihr Antrag auf Arbeitsgenehmigung zwei Mal abgewiesen worden. Eine Einstellungszusage habe sie bereits vorgelegt und wisse sie nicht, ob sie diese noch habe. Sie habe auch Kontakte zu einer Österreicherin, die bei ihnen im Quartier als Helferin tätig gewesen sei. Die Zweitbeschwerdeführerin besuche ein Sprachtraining und habe schon die B1 Prüfung bestanden. Festgehalten wurde, dass die Beschwerdeführerin zum Teil auf Deutsch antworte und sehr gut Deutsch spreche. Der Viertbeschwerdeführer sei in einem Fußballverein. Sonstige Gründe für eine Integration könne sie nicht namhaft machen, denn mit ihrem Status sei es schwer eine Arbeit zu finden. Sie habe ehrenamtlich im Seniorenheim gearbeitet und habe auch diesbezügliche Bestätigungen vorgelegt. Sie habe in Österreich nie Probleme mit Behörden, Polizei, Gerichten oder anderen Institutionen gehabt. Sie sei auch nie verurteilt worden. Auch habe sie sich niemals in oder außerhalb der Russischen Föderation politisch betätigt und gehöre auch keiner politischen Organisation oder Partei an. Ferner habe es in der Russischen Föderation nie eine konkrete, gezielte Verfolgung ihrer Person alleine aufgrund ihrer Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit gegeben. Sie sei nach wie vor gläubige Muslimin. Nachgefragt gab sie an, dass sie im Falle einer Rückkehr dennoch Probleme bekommen würde, weil ihr Bruder ein anerkannter Flüchtling sei. Sie würde gefragt werden, weswegen er das Land verlassen habe. Die Zweitbeschwerdeführerin bejahte die Frage, ob ihre Familie in Tschetschenien deswegen Probleme gehabt habe. Nochmals gefragt, inwiefern, gab sie an, als sie schon in Österreich gewesen sei, sei ihr jüngerer Bruder entführt worden. Er sei jetzt zuhause, habe aber eine Meldepflicht bei der Polizei. Er sei zwei bis drei Tage mitgenommen und beschuldigt worden, Mitglied einer Gruppierung zu sein. Sie wisse aber nicht mehr, ob er verurteilt worden sei. Sie verneinte weiters die Frage, ob sie– außer den Genannten – jemals Probleme mit privaten Personen, Personengruppen, Banden oder kriminellen Organisationen gehabt habe. Am Ende der Einvernahme gab die Zweitbeschwerdeführerin auf Nachfrage die Schulen und Schulklassen, die die Dritt- und Viertbeschwerdeführer besuchen. Die Fünftbeschwerdeführerin sei zwei Jahre alt und zuhause. Die Zweitbeschwerdeführerin besuche seit Juli 2016 eine Psychologin.

Mit Stellungnahme vom 16.02.2017 wurde erneut auf die Bedeutung der neuerlichen Ladung, sowie auf die im Bundesgebiet gesetzten Integrationsschritte der Beschwerdeführer hingewiesen. Auch habe sich die Lage in Tschetschenien in jüngster Zeit deutlich geändert. So bestehe im Falle einer Rückkehr ein erhöhtes Risiko, behördlicher Willkür ausgesetzt zu sein, zumal die Beschwerdeführer nachweislich Kontakt zu Widerstandskämpfern gehabt hätten. Da sie nicht auf Vermögen, staatliche Unterstützung oder ein unterstützungsfähiges soziales Netz zurückgreifen könnten und zusätzlich aufgrund ihrer Erkrankungen und ihres Alters besonders vulnerabel seien, würden sie ferner in eine existenzbedrohende Lage geraten. Auch wurde auf die prekäre Situation von Frauen und auf aktuelle Länderberichte in diesem Zusammenhang verwiesen. Eingereicht wurden diverse Integrationsunterlagen und Berichte über den Gesundheitszustand der Zweitbeschwerdeführerin.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 nicht erteilt und wurde gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Ferner wurde unter Spruchpunkt III. ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.

Dem Bescheid wurden die entsprechenden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer zu Grunde gelegt. Festgehalten wurde, dass die Beschwerdeführer Staatsangehörige der Russischen Föderation seien. Ihre Identität stehe fest. Zum Gesundheitszustand wurde festgestellt, dass sie an keiner schwerwiegenden leben

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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