TE Bvwg Erkenntnis 2017/12/21 I408 2123557-2

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Veröffentlicht am 21.12.2017
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Entscheidungsdatum

21.12.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch

I408 2123557-2/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX StA.

ALGERIEN, vertreten durch: ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BAW) vom 14.03.2017, Zl. XXXX, zu

Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 7. März 2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist und dass keine Frist für die freiwillige Ausreise" besteht.

Mit ho. Erkenntnis vom 29.03.2016, I409 2123557-1/2E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 14.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.) Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde ihm keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV).

Mit Verfahrensanordnung vom 14.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer die ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

Mit Beschwerde vom 29.03.2017 bekämpfte der Beschwerdeführer über die ihm zugewiesenen Rechtsberatung den Bescheid in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Im Wesentlichen wurde die fehlende Berücksichtigung des Familienlebens des Beschwerdeführers in Deutschland beanstandet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist gesund, volljährig, verheiratet, Staatsangehöriger von Algerien und bekennt sich als zum moslemischen Glauben. In Deutschland besteht gegen ihn ein nationaler Haftbefehl wegen eines Deliktes nach dem Betäubungsmittelgesetz.

Der Beschwerdeführer reiste zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt unrechtmäßig in Österreich ein, wurde am 02.03.2016 im Zuge einer Polizeikontrolle am Praterstern festgenommen und befand sich im Abschluss daran bis 30.05.2016 in Schubhaft.

Der am 03.03.2016 gestellter Asylantrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.03.2016 rechtskräftig abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Es bestand keine Frist für eine freiwillige Ausreise und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde aberkannt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 29.03.2016 als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer wurde am 23.03.2016 zur Feststellung seiner Identität einer algerischen Delegation, vorgeführt, seien Identifizierung erfolgte aber erst mit Nachricht vom 08.02.2017.

Der Beschwerdeführer leistete der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung keine Folge und verblieb im Bundesgebiet.

Am 22.09.2016 wurde der Beschwerdeführer bei Begehung einer Straftat festgenommen und mit Urteil des Landesgerichtes für XXXX vom 02.12.2016, XXXX gemeinsam mit zwei Mittätern wegen § 241 e Abs. 3 StGB; §§ 127, 129 Abs. 1 2. Fall, 130 Abs. 2 2. Fall StGB, § 12 3. Fall StGB, § 15 StGB; § 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitstrafe von 14 Monaten, davon 11 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt. Nach Verbüßung der unbedingten Freiheitsstrafe wurde er am 22.12.2016 aus der Strafhaft entlassen.

Am 07.03.2017 wurde er neuerlich nach Betreten einer Straftat festgenommen. Mit Urteil des Landesgerichtes für XXXX vom 03.04.2017, XXXX wurde er wegen §§ 127, 130 Abs. 1 1. Fall StGB, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt.

Nach Verbüßung der Freiheitsstrafe am 07.12.2017 wurde er in Schubhaft genommen.

Der Beschwerdeführer hielt sich von 2003 bis 2014 in Deutschland auf. Ein von ihm in Deutschland gestellter Asylantrag wurde am 14.11.2006 abgelehnt. Die mit Verfügung vom 28.10.2013, XXXX verhängte Ausweisung wurde am 06.01.2014 vollzogen und der Beschwerdeführer aus Deutschland ausgewiesen. Wie bereits erwähnt liegt gegen ihn ein nationaler Festnahmeauftrag aus Anlass der Strafvollstreckung wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (Einfuhrschmuggel Heroin in nicht geringen Mengen) vorliegt. (AS 26).

Ob der Beschwerdeführer in Deutschland eine außereheliche Tochter hat kann nicht festgestellt werden. Selbst wenn man seinen Angaben Glauben schenkt, räumt der Beschwerdeführer ein, dass er mit ihr bzw. mit der Kindesmutter nie zusammengelebt hat.

In Österreich wies der Beschwerdeführer bisher nur dann eine gemeldete Wohnanschrift auf, wann er in Haft war. Es haben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine soziale oder familiäre Verfestigung im Bundesgebiet ergeben.

Die politische und wirtschaftliche Lage in Algerien sowie die dort bestehenden familiären Bindungen lassen nicht die Annahme zu, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.

2. Beweiswürdigung:

Das erkennende Gericht stützt sich in vollem Umfang auf die im umfangreichen Behördenakt aufliegenden Erhebungsergebnisse, mit denen der Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahmen durch die belangte Behörde in seinen Schubhaftverfahren sowie in seinem Asylverfahren konfrontiert worden ist. Im verfahrensgegenständlichen Verfahren wurde dem Beschwerdeführer ordnungsgemäß Parteiengehör eingeräumt, auf das er aber nicht reagiert hat.

Der dargelegte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem im Akt vorliegenden Unterlagen. Der Beschwerdeführer wurde mit all diesen Unteralgen in den Einvernahmen durch die belangte Behörde im Zusammenhang mit der verhängten Schubhaft sowie im rechtskräftige abgeschlossenen Asylverfahren konfrontiert. Seine Haftaufenthalte sowie seine Vorstrafen ergeben sich aus vorliegenden Abfragen.

Unabhängig davon, dass der Beschwerdeführer auf das eingeräumte Parteiengehör nicht reagiert hat, kommt der Nichtberücksichtigung der nach seinen unbewiesenen Angaben in Deutschland lebenden außerehelichen Tochter keine Bedeutung zu. Zum einen liegt, außer den Angaben des Beschwerdeführers, kein Beweis für die Existenz dieser Tochter vor und zum anderen hat der Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme in seinem Asylverfahren vor der belangten Behörde am 03.04.2016 selbst angeführt, dass er mit seiner Tochter nur telefonisch Kontakt stehe und nie mit ihr bzw. der Kindesmutter zusammengelebt habe. Versorgt und erzogen werde die Tochter von ihrer Großmutter (AS 63). Zudem hält sich der Beschwerdeführer seit seiner Abschiebung 2014 nicht mehr in Deutschland auf und wird dort mit einem nationalen Haftbefehl gesucht.

Die Feststellung, dass er bei einer Rückkehr nach Algerien in keine existenzbedrohende Notlage geraten wird, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben und den aktuellen Länderberichten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die für die vorliegende Entscheidung maßgeblichen Bestimmungen sind § 10 Abs. 2 sowie § 57 Abs. 1 AsylG und § 50, § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9 sowie § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 FPG sowie § 18 Abs. 2 Z 1

BFA-VG.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG und zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen,

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist."

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG sind damit nicht gegeben.

In weiterer Folge ist gemäß § 10 Abs. 2 AsylG eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Im gegenständlichen Verfahren hält sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil er illegal in Österreich eingereist ist, sein Antrag auf internationalen Schutz vom 03.03.2017 rechtskräftig abgeschlossen ist und kein sonstiges Recht zum Aufenthalt vorliegt.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art. und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Daher ist eine individuelle Abwägung der berührten Interessen vorzunehmen, um zu beurteilen, ob ein Eingriff in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein Familienleben, geht keiner legalen Tätigkeit nach und hat keinerlei integrationsbegründende Schritte unternommen. Er ist im Bundesgebiet nur über Straftaten, die zu zwei rechtskräftigen Verurteilungen zu Haftstrafen geführt haben, in Erscheinung getreten und hat, abgesehen von seinen Haftaufenthalten, auch nie im Bundesgebiet einen gemeldeten Wohnsitz aufgewiesen. In Deutschland liegt gegen den Beschwerdeführer ein nationaler Haftbefehl vor, er ist auch dort straffällig geworden und aus Deutschland abgeschoben worden. Ob dort eine außereheliche Tochter existiert, kann nicht festgestellt werden. Unabhängig davon räumt der Beschwerdeführer selbst ein, dass er dort weder mit seiner Tochter noch mit der Kindesmutter einen gemeinsamen Haushalt geführt hat. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass er aktiv zum Unterhalt seiner Tochter beiträgt, zumal er seit seiner Abschiebung 2014 nicht mehr in Deutschland aufhältig ist, sodass schon daraus kein schützenswertes Familienleben abgeleitet werden kann.

Es kann nach wie vor von einem Bestehen von Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat Algerien ausgegangen werden, zumal er dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat und dort sozialisiert wurde, er nach wie vor die dortige Sprache spricht und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen vertraut ist – und kann im gegenständlichen Fall nicht von einer vollkommenen Entwurzelung des Beschwerdeführers gesprochen werden, zumal in Marokko noch seine Familie lebt.

Bei der gebotenen Interessensabwägung ist zu Lasten des Beschwerdeführers, wie bereits ausgeführt, das strafgesetzwidrige Fehlverhalten zu berücksichtigen, das zu zwei strafgerichtlichen Verurteilungen mit Haftstrafen geführt hat und ihn auch der Haftaufenthalt im Zuge der ersten Verurteilung nicht davon abhalten konnte, kurze Zeit später neuerlich straffällig zu werden.

Vor diesem Hintergrund gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit, sodass die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. – auch im Umfang des zweiten Satzes – des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen war.

Bei einer Gesamtbetrachtung überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Familien- und Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Algerien keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

Somit war die Beschwerde zu Spruchpunkt I abzuweisen.

3.2. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Durch die Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit – wenn auch zu Beginn nur in Form von Gelegenheitsjobs oder Hilfstätigkeiten – sollte er in seinem Herkunftsstaat zukünftig zum Verdienst seines Lebensunterhaltes imstande sein. Zudem lebt sein Vater und Geschwister nach wie vor in Algerien und könnten ihn gegebenenfalls unterstützen. Damit ist der Beschwerdeführer nicht durch die Außerlandesschaffung nach Algerien in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Algerien besser gestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Marokko keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Außerdem besteht ganz allgemein in Algerien derzeit keine derartige Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem Länderinformationsblatt für Algerien, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Auch seitens des Beschwerdeführers sind diesbezüglich auch keine Befürchtungen vorgebracht worden.

Zudem wird darauf hingewiesen, dass Algerien ein "sicherer Herkunftsstaat" iSd Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl. II Nr. 47/2016.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.3. Zur Aberkennung einer Frist für eine freiwilligen Ausreise und der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Dazu ist auszuführen, dass das BFA einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkennen kann, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Dies begründet das BFA zu Recht mit den Verurteilung des Beschwerdeführers; wie unter Punkt 3.2.3. aufgezeigt wurde, rechtfertigt nach der Bestimmung des § 53 FPG eine derartige Verurteilung die Annahme einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG sind im vorliegenden Beschwerdefall folglich erfüllt.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BFA gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist daher zu Recht erfolgt. Es war daher die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zur Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren, zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere nach Z 1 leg. cit. zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

Im gegenständlichen Fall ist die Dauer des von der belangten Behörde verhängen fünfjährigen Einreiseverbotes nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die zwei Verurteilungen zu Haftstrafen und des Umstandes, dass der Beschwerdeführer den Großteil seines illegalen Aufenthaltes in Haft verbracht hat und derzeit in Schubhaft ist, erweist sich das verhängte Einreiseverbot als zulässig, weshalb eine Aufhebung des Einreiseverbotes nicht in Betracht kommt..

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird daher ebenfalls als unbegründet abgewiesen.

3.5. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im gegenständlichen Fall ist der entscheidungswesentliche Sachverhalt insbesondere der Umstand, dass der Beschwerdeführer zweimal zu Freiheitsstrafen, davon letztmalig zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von 9 Monaten, verurteilt wurde. Die wesentlichen Feststellungen, insbesondere zu den vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten, sind nämlich unbestritten geblieben. Dem Kindeswohl der (angeblich) in Deutschland lebenden Tochter kommt, wie in der Begründung dargelegt, keine Bedeutung zu. Das Bundesverwaltungsgericht durfte daher davon ausgehen, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt war (VwGH, 12.11.2015, Ra 2015/21/0184).

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall, Diebstahl, Einreiseverbot,
Gewerbsmäßigkeit, Interessenabwägung, öffentliches Interesse,
Rückkehrentscheidung, sicherer Herkunftsstaat, strafrechtliche
Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:I408.2123557.2.00

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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