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67/01 VersorgungsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Gleichheitswidrigkeit des Ausschlusses eines Rechtsanspruches auf eine Vorschussleistung nach dem Wachebediensteten-HilfeleistungsG für gerichtlich geltend gemachte Schmerzengeldansprüche; unsachliche Schlechterstellung gegenüber Exekutivbeamten mit Anspruch auf eine einmalige Geldaushilfe nach dem GehaltsG bei Unzulässigkeit einer gerichtlichen Entscheidung; im Übrigen Zurückweisung des ParteiantragsSpruch
I. §9 Abs4 des Bundesgesetzes über besondere Hilfeleistungen an Wachebedienstete des Bundes und deren Hinterbliebene (Wachbediensteten-Hilfeleistungsgesetz – WHG), BGBl Nr 177/1992, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
III. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
IV. Der Antrag wird, soweit er die Aufhebung des §1 Abs1 WHG, BGBl 177/1992, begehrt, als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten Antrag wird begehrt, die Bestimmungen des §1 Abs1 und §9 Abs4 des Bundesgesetzes über besondere Hilfeleistungen an Wachebedienstete des Bundes und deren Hinterbliebene (Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz – WHG), BGBl 177/1992, in eventu die Bestimmung des §9 Abs4 WHG, BGBl 177/1992, als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtenen Gesetzesbestimmungen sind hervorgehoben):
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über besondere Hilfeleistungen an Wachebedienstete des Bundes und deren Hinterbliebene (Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz – WHG), BGBl 177/1992 idF BGBl I 35/2012, lauten wie folgt (die angefochtenen, noch in der Stammfassung in Geltung stehenden Bestimmungen sind hervorgehoben):
"1. Abschnitt
HILFELEISTUNGEN
Auslobung der Hilfeleistungen
§1. (1) Der zuständige Bundesminister hat den Bund durch Auslobung (§860 ABGB) zu verpflichten, nach diesem Bundesgesetz Wachebediensteten oder deren Hinterbliebenen besondere Hilfeleistungen zu erbringen. Diese Auslobung ist durch Kundmachung im Bundesgesetzblatt zu verlautbaren.
(2) Die Zuständigkeit des Bundesministers bestimmt sich nach der Diensthoheit über den Wachebediensteten zum Zeitpunkt des Dienst- oder Arbeitsunfalls.
[…]
Art der Hilfeleistungen
§2. (1) Als besondere Hilfeleistung an Wachebedienstete ist die vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund vorgesehen.
(2) Als besondere Hilfeleistungen an Hinterbliebene von Wachebediensteten sind vorgesehen:
1. eine einmalige Geldleistung und
2. eine vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund.
[…]
Voraussetzungen für die Hilfeleistungen
§4. (1) Der Bund hat die besondere Hilfeleistung an Wachebedienstete zu erbringen, wenn
1. ein Wachebediensteter
a) einen Dienstunfall gemäß §90 Abs1 B-KUVG, BGBl Nr 200/1967, oder
b) einen Arbeitsunfall gemäß §175 Abs1 ASVG, BGBl Nr 189/1955, in unmittelbarer Ausübung seiner exekutivdienstlichen Pflichten erleidet, und
2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und
3. dem Wachebediensteten dadurch Heilungskosten erwachsen oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist. Z3 ist nicht auf die Vorschussleistung von Schmerzensgeld nach §9 Abs1a anzuwenden.
(2) Der Bund hat die besonderen Hilfeleistungen an Hinterbliebene zu erbringen, wenn
1. ein Wachebediensteter einen Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des Abs1 Z1 erleidet und
2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall den Tod des Wachebediensteten zur Folge hatte.
(3) Der Bund hat die besondere Hilfeleistung an Wachebedienstete oder Hinterbliebene auch zu erbringen, wenn der Wachebedienstete einen Dienst- oder Arbeitsunfall im Zuge einer Ausbildung erleidet, der er sich im Hinblick auf die Notwendigkeit unterzieht, im Rahmen seines Dienstes Gefahr aufzusuchen oder im Gefahrenbereich zu verbleiben (Abs1 Z1).
[…]
3. Abschnitt
VORLÄUFIGE ÜBERNAHME VON ANSPRÜCHEN DURCH DEN BUND
Voraussetzungen
§9. (1) Der Bund leistet als Träger von Privatrechten an den Wachebediensteten oder an seine Hinterbliebenen einen Vorschuß, wenn
1. sich der Wachebedienstete oder seine Hinterbliebenen im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne dieses Bundesgesetzes an einem Strafverfahren beteiligen, das mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche des Wachebediensteten oder seiner Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder
2. solche Ersatzansprüche dem Wachebediensteten oder seinen Hinterbliebenen im Zivilrechtsweg rechtskräftig zugesprochen werden.
(1a) Ein Vorschuss nach Abs1 ist nur für Heilungskosten, Bestattungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das dem Wachebediensteten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung oder durch den Tod den Hinterbliebenen entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten. Dieser Vorschuß ist höchstens bis zum 60fachen Betrag des jeweiligen, für die Gewährung von Ausgleichszulagen gemäß §293 Abs1 litb ASVG maßgebenden Richtsatzes zu leisten.
(1b) Das Schmerzengeld und das Einkommen gemäß Abs1a umfassen auch die jeweils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche anfallenden Zinsen.
(2) Ist eine gerichtliche Entscheidung über Ersatzansprüche unzulässig oder kann sie nicht erfolgen, so leistet der Bund ausgenommen beim Schmerzengeld an den Wachebediensteten oder an seine Hinterbliebenen einen den persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Wachebediensteten oder seiner Hinterbliebenen angemessenen Vorschuss. Dieser Vorschuß ist höchstens bis zum 60fachen Betrag des jeweiligen, für die Gewährung von Ausgleichszulagen gemäß §293 Abs1 litb ASVG maßgebenden Richtsatzes zu leisten.
(3) Die vorläufige Leistungspflicht des Bundes nach Abs1 und 2 besteht nur insoweit, als die Ansprüche des Wachebediensteten oder seiner Hinterbliebenen nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl Nr 288/1972, gedeckt sind.
(4) Auf die Leistungen des Bundes nach den Abs1 bis 3 besteht kein Rechtsanspruch.
Übergang der Ansprüche
§10. Die Ansprüche des Wachebediensteten oder seiner Hinterbliebenen gegen den Täter gehen, soweit sie vom Bund zu bevorschussen sind, durch Legalzession auf den Bund über.
4. Abschnitt
Erbringung von Hilfeleistungen an weitere Begünstigte
Weitere Begünstigte
§10a. (1) Der Bund hat besondere Hilfeleistungen nach §2 an
1. Bedienstete des Entschärfungs- und Entminungsdienstes,
2. Bedienstete des rechtskundigen Dienstes bei Sicherheitsbehörden, denen eine Exekutivdienstzulage nach §40a oder einer gleichartigen Bestimmung des Gehaltsgesetzes 1956 oder einer gleichartigen Bestimmung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 gebührt,
3. Zollorgane die zur Erzwingung der rechtmäßigen Festnahme oder zur Verhinderung des Entkommens einer rechtmäßig festgehaltenen Person gemäß §14 Abs1 und 2 des Zollrechts-Durchführungsgesetzes zur Ausübung eines lebensgefährdenden Waffengebrauches ausgerüstet und befugt sind,
4. Soldaten,
a) die im Assistenzeinsatz gemäß §2 Abs1 litb oder c des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001), BGBl I Nr 146, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit oder zur Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges eingesetzt werden,
b) die im Flugdienst eingesetzt werden sowie Soldaten und Angehörige der Heeresverwaltung, die im Rahmen der allgemeinen Einsatzvorbereitung gemäß §2 Abs3 WG 2001 mit einem Militärluftfahrzeug befördert werden,
5. vertraglich beschäftigte Aspiranten im Bundesministerium für Inneres und im Bundesministerium für Justiz, sowie an Hinterbliebene dieser Personen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erbringen.
(2) Bedienstete des Entschärfungsdienstes im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Bedienstete des Bundesministeriums für Inneres, zu deren Dienstpflicht das Erkennen und Entschärfen sprengstoffhaltiger Gegenstände gehören.
(2a) Bedienstete des Entminungsdienstes im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Bedienstete des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport, zu deren Dienstpflicht das Bergen, Untersuchen, Unschädlichmachen, die Sicherung, der Transport, die Verwahrung und die allfällige Vernichtung von Kriegsmaterial gehören.
(3) §1, §3 Abs2 und die §§5 bis 10 sind auf die im Abs1 Z1 bis 4 angeführten Personen und deren Hinterbliebene anzuwenden."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 29. Feber 1956 über die Bezüge der Bundesbeamten (Gehaltsgesetz 1956 – GehG), BGBl 54/1956 idF BGBl I 164/2015, lauten wie folgt:
"Gefahrenzulage
§19b. (1) Dem Beamten, der Dienste verrichtet, die mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Leben verbunden sind, gebührt eine Gefahrenzulage.
(2) Bei der Bemessung der Gefahrenzulage ist auf die Art und das Ausmaß der Gefahr angemessen Rücksicht zu nehmen. Die Bemessung der Gefahrenzulage und ihre Pauschalierung bedürfen der Zustimmung des Bundeskanzlers.
[…]
Vergütung für besondere Gefährdung
§82. (1) Dem exekutivdienstfähigen Beamten des Exekutivdienstes gebührt für die mit seiner dienstplanmäßigen Tätigkeit verbundene besondere Gefährdung an Stelle der im §19b vorgesehenen Nebengebühr eine monatliche Vergütung von 7,30% des Referenzbetrages gemäß §3 Abs4, soweit nicht für seine Verwendung gemäß Abs3 ein höheres Ausmaß festgesetzt ist.
(2) Die Vergütung nach Abs1 erhöht sich für jede der Bemessung zugrunde zu legende Stunde einer außerhalb des Dienstplanes erbrachten Dienstleistung um 0,1% des Referenzbetrages gemäß §3 Abs4.
(3) Der zuständige Bundesminister hat durch Verordnung 1. jene Verwendungen zu bestimmen, mit deren Ausübung ein höherer Grad an Gefährdung verbunden ist, und hiefür unter Berücksichtigung des zeitlichen Ausmaßes dieser Gefährdung an Stelle des in Abs1 genannten Betrages einen entsprechend höheren Vergütungsbetrag festzusetzen und 2. den nach Abs2 der Bemessung zugrunde zu legenden Zeitanteil einer außerhalb des Dienstplanes erbrachten Dienstleistung zu bestimmen. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundeskanzlers.
(4) Abweichend vom Abs2 beträgt die Erhöhung der Vergütung für die Beamten der Bundespolizei für jede zu berücksichtigende Stunde, die durch Freizeit ausgeglichen wird, 0,1% des Referenzbetrages gemäß §3 Abs4 abzüglich 1/173,2 der sich aus Abs1 oder Abs3 Z1 ergebenden Vergütung.
(5) Ergeben sich bei Berechnung der nach den Abs2 und 4 der Bemessung zugrunde zu legenden Stunden Bruchteile von Stunden, so gebührt der verhältnismäßige Teil der Vergütung.
(6) Auf die nach Abs1 und Abs3 Z1 gebührende Vergütung sind anzuwenden:
1. §15 Abs1 letzter Satz,
2. §15 Abs4 und 5,
3. §15a Abs2.
[…]
(6a) Erfolgt eine dienstliche Verwendung bei gleichzeitiger vorübergehender Einschränkung der Exekutivdienstfähigkeit auf Grund eines Dienstunfalls, gebührt für die während der Dauer dieser vorübergehenden Einschränkung ausgeübte Verwendung die Vergütung nach Abs1 und Abs3 Z1 jedenfalls in der Höhe, die dem Beamten oder der Beamtin für die Verwendung vor dem Dienstunfall gebührt hat.
(7) Anfall, Änderung und Einstellung dieser Vergütung werden mit dem auf den maßgebenden Tag folgenden Monatsersten oder, wenn der maßgebende Tag der Monatserste ist, mit diesem Tag wirksam. Die Vergütung fällt auch dann mit dem Monatsersten an, wenn der maßgebende Tag zwar nach dem Monatsersten, nicht aber nach dem ersten Arbeitstag des betreffenden Monats liegt. Maßgebend ist der Tag des Ereignisses, das den Anfall, die Änderung oder die Einstellung bewirkt. Die Bestimmungen der §§12c bis 13 über die Kürzung und den Entfall der Bezüge bleiben unberührt.
(8) Die Abs1 bis 7 sind auf die Teilnehmer an der kursmäßigen Grundausbildung an der Justizwachschule nicht anzuwenden.
[…]
Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzensgeld
§83c. Dem Beamten des Exekutivdienstes, der die Voraussetzungen des §4 Abs1 Z1 und 2 des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes, BGBl Nr 177/1992, erfüllt, kann, wenn eine gerichtliche Entscheidung über den geltend gemachten Schmerzensgeldbetrag nicht zulässig ist oder nicht erfolgen kann, eine einmalige Geldaushilfe bis zur Höhe des fünffachen Referenzbetrages gemäß §3 Abs4 gewährt werden. Abweichend von §1 gilt dies auch für im Exekutivdienst verwendete Vertragsbedienstete."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Antragstellerin steht als Polizeibeamtin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Im Zuge einer Amtshandlung wurde die Antragstellerin am 7. Dezember 2008 durch einen identifizierten Schädiger am Körper verletzt. Im Zuge des strafgerichtlichen Verfahrens gegen den Schädiger am Landesgericht für Strafsachen Wien wurde der Antragstellerin Schmerzengeld zugesprochen. Auf Grund einer später folgenden Operation machte die Antragstellerin neuerlich Schmerzengeldansprüche auf dem Zivilrechtsweg geltend und erwirkte am 14. März 2012 ein Versäumungsurteil, mit welchem ihr ein Gesamtbetrag von € 13.761,67 zuzüglich Zinsen iHv. 4% ab dem 7. Dezember 2008 zugesprochen wurde.
In der Folge beantragte die Antragstellerin einen Vorschuss nach dem WHG und erhielt hierauf eine Leistung iHv. € 2.061,67 für die aufgelaufenen Heilungskosten sowie den Verdienstentgang. Hinsichtlich des geltend gemachten Schmerzengeldbetrages iHv. € 11.700,– wurde kein Vorschuss gewährt. Dagegen erhob die Antragstellerin Klage beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien. Das angerufene Gericht wies das Begehren der Antragstellerin mit Urteil vom 9. Juni 2015, Z 19 C 104/15k, ab. Begründend führt das Bezirksgericht Innere Stadt unter Berufung auf §9 Abs4 WHG aus, dass auf die durch das Gesetz vorgesehenen Hilfeleistungen kein Rechtsanspruch bestehe.
2. Die Antragstellerin macht die Verfassungswidrigkeit des §1 Abs1 und des §9 Abs4 WHG geltend und legt ihre Bedenken wie folgt dar:
"Das Erstgericht begründet seine Entscheidung damit, dass gemäß §9 Abs4 WHG kein Rechtsanspruch auf Leistungen nach dem WHG bestehe und deshalb die vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch die beklagte Partei in deren Ermessen liege.
Eine Regelung, wonach der Bund Zahlungen zu leisten hat, die Leistungsempfänger aber keinen Rechtsanspruch haben und damit jeder Rechtskontrolle unterlaufen wird, sind rechtsstaatlich allgemein höchst bedenklich. Meines Erachtens ist fraglich, ob angesichts des Legalitätsprinzips und der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der gerichtlichen Rechtskontrolle (Art18, Art82 ff, Art130 ff, Art137 ff. B-VG) derartige Regelungen – wie gegenständlich – überhaupt zulässig sein können.
Das WHG zielt grundsätzlich darauf ab, den Bund zu verpflichten, Hilfeleistungen für Bedienstete oder deren Hinterbliebenen zu erbringen, unter anderem ausdrücklich die vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund, unter der Voraussetzung, dass eine Körperverletzung aufgrund eines Dienstunfalles vorliegt. Die genauen Voraussetzungen werden in den Absätzen 1-3 geregelt, andererseits besagt Absatz 4, dass kein Rechtsanspruch besteht. Diese widersprüchliche Regelung bedeutet, dass Leistungen nach Belieben gewährt oder verweigert werden können, obgleich die Voraussetzungen dafür auf die gleiche Weise gegeben sind, insbesondere auch was das dienstlich bedingte besondere Risiko betrifft.
Die Hilfeleistung nach dem WHG hat den gleichen Grundtatbestand wie die Gefahrenvergütungen gemäß §19b GehG und §§82 ff. GehG und knüpfen an das gleiche Risiko an. Der Grundgedanke des WHG ist daher, dass diese Gefahrenvergütung alleine dienstunfallbedingten Folgen nicht gerecht wird. Ein weiterer Gesichtspunkt ist, dass die Gefährdung der Wachebediensteten insoweit einen besonderen Charakter hat, als bei ihren Dienstunfällen außerordentlich häufig fremdes Verschulden (sogar Vorsatz) gegeben ist und in der Mehrzahl der Fälle die finanzielle Situation der Täter die Durchsetzung von Ersatzleistungen ihnen gegenüber unmöglich macht. Dieses besondere Risiko ist ausschließlich dienstlich bedingt.
Es gibt keine sachliche Rechtfertigung dafür, in der finanziellen Ausgleichsleistung in jenen Fällen, in welchen das Risiko schlagend geworden ist, etwas anderes zu erblicken, als das Einstehen des Dienstgebers dafür, dass das Risiko in die Sphäre des Dienstgebers fällt und es daher adäquat ist, dass wenigstens die finanziellen Folgen nicht vom Dienstnehmer, sondern vom Dienstgeber zu tragen sind.
Die einzig mögliche Rechtfertigung, die überhaupt in Frage käme, wäre die Überlegung, sich damit eine Leistung selbst dann zu ersparen, wenn nach den gesetzlichen Regeln (inklusive gesetzeskonformer Ermessensübung) ein Anspruch bejaht werden müsste. Gerade diese einzige Erklärung ist aber offensichtlich der unmittelbare Ausdruck einer auf Verletzung des Gleichheitsrechtes zielenden Motivation.
In diesem Zusammenhang relevant ist außerdem die Regelung des §83c GehG, wonach dem Beamten mangels Möglichkeit der Erwirkung eines zivilprozessualen oder strafprozessualen Titels (etwa weil der Schädiger unauffindbar, unbekannt oder zurechnungsu[n]fähig ist) eine Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzengeld zusteht. Es handelt sich dabei zwar um eine 'Kann'-Bestimmung, jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof hierzu bereits ausgesprochen, dass die Entscheidung, ob dem Grunde nach eine Geldaushilfe nach §83c GehG gebührt, keine Ermessensentscheidung ist. Vielmehr besteht ein solcher Anspruch auf Geldaushilfe dem Grunde nach, wenn die Einstiegsvoraussetzungen erfüllt sind (VwGH 5.7.2006, 2005/12/0182).
Es ist daher keinesfalls sachlich zu rechtfertigen, dass einerseits eine Geldaushilfe (§83c GehG) bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend zu gewähren ist, wenn kein gerichtlicher Titel erwirkt werden kann, aber andererseits die Gewährung einer Hilfeleistung nach dem WHG mit bzw. trotz eines rechtskräftigen Titels im Belieben (Willkür) des Dienstgebers liegt. Selbst die unterschiedlichen Arten den Anspruch geltend zu machen (Verwaltungsweg – Zivilrechtsweg) vermag daran nichts zu ändern. Es würde dies sogar der Polizeiarbeit zuwiderlaufen, denn der verletzte Polizeibeamte wäre daran interessiert, dass der Täter nicht gefasst wird, damit er dann zumindest einen Anspruch im Sinne des §83c GehG geltend machen kann, während er sonst überhaupt keinen Anspruch im rechtlichen Sinne hat. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes ist daher evident.
Gleiches gilt aber im Grundsätzlichen für die gesamte Regelung des WHG. Abgesehen davon, dass bei der vorangelegten Überlegung nicht Halt gemacht werden kann, ist weder die gänzliche Verneinung eines jeglichen Rechtsanspruches noch auch nur das Bestehen einer Ermessensfreiheit mit dem Gleichheitsrecht vereinbar.
Es gilt wiederum, dass es gleichheitsrechtlich nicht rechtfertigbar ist, Wachebedienstete nur deshalb schlechter zu behandeln, weil ihnen ihre Verletzung durch einen identifizierten und klagbaren Täter zugefügt wurde. Es sei hier dazu noch ergänzend bemerkt‚ dass die Praxis zeigt, dass ein sehr hoher Anteil dieser Täter einkommens- und vermögenslos ist. Die Klagsführung ist trotzdem möglich, §83c GehG kommt nicht zur Anwendung und es bestünde daher nach dem Gesetzeswortlaut entweder überhaupt kein Rechtsanspruch oder nur ein solcher nach Maßgabe einer Auslobung.
Was diese betrifft ist sie in §860 ABGB ausdrücklich als 'Belohnung' für eine Leistung oder einen Erfolg vorgesehen. Hier geht es demgegenüber um Schadenersatzleistungen. Womöglich noch stärker fällt ins Gewicht, dass die gesamte Institution der Auslobung ihren Sinn und ihre Grundlage darin hat, dass sie sich an einen völlig offenen Personenkreis wendet, der Auslobende möchte ein bestimmtes Ergebnis erreichen und lässt es jedermann offen, ein solches mit der Konsequenz zu erbringen, dass er den Anspruch auf die in der Auslobung zugesicherte Leistung erhält. Dass hier auch noch dieser Rechtsanspruch verneint werden sollte, steht im krassesten Widerspruch zum System des Beamtendienstrechtes, dem das WHG seinem Regelungsgegenstand gemäß zuzuordnen ist. Es ist nicht nur im Vergleich zu den Ansprüchen gemäß §83c GehG, sondern ganz allgemein gleichheitswidrig, dass diese spezifischen Abgeltungen von Folgen dienstlicher Gefährdungen und Risiken nicht entsprechend den verwandten Ansprüchen nach §§19b und 81ff durchgesetzt werden können, sondern dafür schon von Grund auf eine schlechte rechtliche Basis vorgesehen ist.
Es handelt sich der Natur der Sache nach nicht um etwas, was nach einer Art von Billigkeits- oder Gnadenprinzip dem einen zugebilligt werden könnte und dem anderen nicht. Die betroffenen Bediensteten gehen für die gleichen öffentlichen Interessen die gleichen Risiken ein und eine Ungleichbehandlung bei erlittenen Schädigungen ist völlig inakzeptabel.
Wie eingangs bereits angedeutet widerspricht die Regelung des §9 Abs4 WHG außerdem dem Grundrecht auf ein faires Verfahren und den gesetzlichen Richter. Es bedarf keiner weitschweifenden Ausführungen dahingehend, dass eine der Willkür zugänglichen Entscheidung über einen Anspruch – dessen gesetzlich normierten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind und dennoch ein Rechtsanspruch verneint wird – eben diese verfassungsgesetzlich geschützten Rechte verletzt. Eine gerichtliche Überprüfung der behördlichen (möglicherweise willkürliche) Entscheidung wird von vornherein zu beschneiden versucht."
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:
"1. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz:
[…]
1.2. Entgegen der offenbar von der Antragstellerin vertretenen Auffassung besteht keine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Bundes, einem Wachebediensteten oder seinen Hinterbliebenen finanzielle Leistungen zu erbringen, wenn der Wachebedienstete während der unmittelbaren Ausübung des Exekutivdienstes einen Unfall erleidet bzw. ihm Schaden durch einen Dritten zugefügt wird. Die Gewährung einer derartigen Leistung liegt daher im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung. Wird die Möglichkeit solcher Hilfeleistungen geschaffen, kann daher grundsätzlich auch frei festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form diese gewährt wird.
1.3. Mit dem WHG hat die Gesetzgebung, für den Fall eines einem Wachebediensteten im Dienst zugefügten Schadens, u.a. die Möglichkeit geschaffen, dass der Bund als besondere Hilfeleistung die einem geschädigten Wachebediensteten bzw. seinen Hinterbliebenen gegenüber einem Schädiger zustehenden Ersatzansprüche übernimmt und dem Wachebediensteten bzw. seinen Hinterbliebenen einen diesbezüglichen Vorschuss leistet. Der Bund kann dabei die den Schädiger treffende Verbindlichkeit übernehmen, um dem Wachebediensteten bzw. seinen Hinterbliebenen einen zeitnahen Ausgleich allfälliger finanzieller Nachteile zu ermöglichen, die ihm bzw. ihnen aus der Schadenszufügung entstanden sind. Der dezidierte Zweck der Regelung besteht in der Entschädigung wirtschaftlich schwacher Personen (vgl. IA 300/A 18. GP 3). Der Vorschussleistung soll daher — wie sich auch ausdrücklich aus §9 Abs3 WHG und implizit aus der Begrenzung der Höhe des Vorschusses ergibt (vgl. IA 300/A 18. GP 3, 4) — subsidiäre Wirkung zukommen.
1.4. Die Möglichkeit der vorläufigen Übernahme von Ansprüchen durch den Bund bzw. die Vorschussleistung gemäß §9 Abs1 und Abs2 WHG schafft somit einen Ausgleich dafür, dass Ansprüche eines Wachebediensteten oder seiner Hinterbliebenen, die gegen einen Dritten bestehen, von diesem nicht bzw. nicht sogleich erfüllt werden können. Die Gewährung der Leistungen erfolgt durch den Bund im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung durch Auslobung.
1.5. Die Bundesregierung vermag nicht zu erkennen, aus welchem Grund die Regelung des §9 Abs4 WHG, wonach auf eine solche Vorschussleistung kein Rechtsanspruch besteht, unsachlich sein sollte:
1.5.1. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bedeutet dies nämlich nicht, dass der Bund bei der Entscheidung über die (Nicht-)Gewährung eines Vorschusses willkürlich vorgehen bzw. Leistungen 'nach Belieben' verweigern darf: Der Bund ist auch bei der Gewährung einer privatrechtlichen Leistung an die Grundrechte — und dabei insbesondere den Gleichheitssatz — gebunden (vgl. zur 'Fiskalgeltung' des Gleichheitssatzes die Nachweise bei Berka, Art7 B-VG in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht [2001] Rz. 113 f).
1.5.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des OGH ergibt sich aus dem Gleichheitsgrundsatz, dass einem Leistungswerber keine privatrechtlich zu erbringende Leistung verweigert werden darf, die einem anderen unter den gleichen Voraussetzungen gewährt wird (vgl. OGH 24.2.2003, 1 Ob 272/02k; 27.8.2003, 9 Ob 71/03m). Vielmehr kommt Leistungswerbern 'ein klagbarer Anspruch gegen die auf Grundlage eines Selbstbindungsgesetzes leistungspflichtige Gebietskörperschaft [zu], soweit ein solcher Anspruch nicht mangels Erfüllung der im Selbstbindungsgesetz normierten Leistungsvoraussetzungen oder in Ermangelung solcher Vorschriften deshalb ausscheidet, weil die Leistungsverweigerung in einem bestimmten Einzelfall dem Gleichbehandlungsgebot bzw. dem Diskriminierungsverbot aus besonderen Gründen nicht widerspricht' (RIS-Justiz RS0117458). Nichts anderes kann für die im vorliegenden Fall in Rede stehende, vom Bund als Träger von Privatrechten zu erbringende Vorschussleistung gemäß §9 Abs1 und Abs2 WHG gelten.
1.5.3. Der Umstand, dass nach der angefochtenen Bestimmung kein Rechtsanspruch auf eine Vorschussleistung gemäß §9 Abs1 bzw. Abs2 WHG besteht, bedeutet daher — entgegen der Auffassung der Antragstellerin — nicht, dass die Leistung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen willkürlich verweigert werden darf. Eine willkürliche Verweigerung einer Vorschussleistung trotz Vorliegens der Voraussetzungen des §4 Abs1 iVm. §9 Abs1 bzw. Abs2 WHG würde vielmehr einen Vollziehungsfehler begründen, der im Klagsweg bekämpft werden könnte.
1.5.4. Insofern unterscheidet sich die angefochtene Regelung auch nicht von jener des §83c des Gehaltsgesetzes — GehG, BGBl Nr 54/1956, bzw. der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 5.7.2006, 2005/12/0182), auf die die Antragstellerin in ihrem Antrag hinweist. Im Übrigen ergänzt §83c GehG die Regelung des §9 Abs2 WHG: Nach §83c GehG kann einem Beamten des Exekutivdienstes, der die Voraussetzungen des §4 Abs1 Z1 und 2 WHG erfüllt, eine einmalige Geldaushilfe bis zur Höhe des vierfachen besoldungsrechtlichen Referenzbetrages gemäß §3 Abs4 GehG gewährt werden, wenn eine gerichtliche Entscheidung über Schmerzengeld nicht zulässig ist oder nicht erfolgen kann. §83c GehG ergänzt insoweit §9 Abs2 WHG, der die Vorschussleistung für eben jene Fällen regelt, in denen eine gerichtliche Entscheidung über Ersatzansprüche nicht zulässig ist oder nicht erfolgen kann, der Ansprüche auf Schmerzengeld jedoch ausnimmt (vgl. dazu AB 1079 BIgNR 21. GP 13).
1.6. Vor diesem Hintergrund liegt die vorgebrachte Verfassungswidrigkeit des §9 Abs4 WHG nach Auffassung der Bundesregierung nicht vor.
2. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Recht auf ein faires Verfahren und den gesetzlichen Richter:
2.1. Die Antragstellerin bringt ferner vor, dass §9 Abs4 WHG dem 'Grundrecht auf ein faires Verfahren und den gesetzlichen Richter' widerspricht. Es bedürfe 'keiner weitschweifenden Ausführungen dahingehend, dass eine der Willkür zugängliche Entscheidung über einen Anspruch — dessen gesetzlich normierte Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind und dennoch ein Rechtsanspruch verneint wird — eben diese verfassungsgesetzlich geschützten Rechte verletzt. Eine gerichtliche Überprüfung der behördlichen (möglicherweise willkürliche) Entscheidung wird von vornherein zu beschneiden versucht' (S. 7 des Antrags).
2.2. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass sich der Antrag insoweit auf die bloße Behauptung einer Verletzung beschränkt, ohne diese Behauptung in irgendeiner Weise zu begründen. Der Antrag erfüllt somit nicht das Erfordernis gemäß §62a Abs3 iVm §62 Abs1 VfGG, in einem Parteiantrag auf Normenkontrolle die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist dieses Erfordernis nämlich nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit — in überprüfbarer Art— präzise ausgebreitet werden, d.h. dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl. VfGH 10.12.2014, G57/2013, sowie 10.3.2015, G203/2014, jeweils mwN). Ein Eingehen auf diese Behauptung erübrigt sich schon aus diesem Grund.
2.3. Der Vollständigkeit halber verweist die Bundesregierung jedoch auf ihre oben unter Punkt 1.5. zum Gleichheitssatz darlegten Erwägungen und dabei insbesondere auf die Ausführungen unter Punkt 1.5.3. betreffend die im Klagsweg zu erlangende gerichtliche Überprüfung einer Entscheidung, mit der eine (vorläufige) Übernahme eines Anspruchs nicht oder — wie im Ausgangsverfahren — nur zum Teil gewährt wurde.
3. Zu §1 Abs1 WHG:
3.1. Auch hinsichtlich des angefochtenen §1 Abs1 WHG weist die Bundesregierung darauf hin, dass die Antragstellerin an keiner Stelle ihres Antrages ausführt, gegen welche Verfassungsbestimmung(en) §1 Abs1 WHG ihrer Auffassung nach verstößt. Der Antrag erfüllt auch insoweit nicht das Erfordernis gemäß §62a Abs3 iVm §62 Abs1 VfGG und der diesbezüglichen ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wobei insbesondere darauf hingewiesen wird, dass es der Verfassungsgerichtshof nicht als seine Aufgabe ansieht, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und so — gleichsam stellvertretend — das Vorbringen für den Antragsteller zu präzisieren (vgl. VfSlg 17.099/2003, 17.102/2004, jeweils mwN).
3.2. Wiederum hält die Bundesregierung jedoch der Vollständigkeit halber fest, dass es dem Bund gemäß Art17 B-VG grundsätzlich freisteht, Leistungen allenfalls auch im Rahmen des Privatrechts zu erbringen (vgl. VwGH 25.1.2012, 2011/12/0133 unter Verweis auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 9.6.2011, B1184/10). Die Gewährung einer Leistung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung kann dabei auch durch Auslobung erfolgen (vgl. OGH 23.11.2010, 1 Ob 169/10z, mwN). Die Bundesregierung vermag daher nicht zu erkennen, aus welchem Grund §1 Abs1 WHG verfassungswidrig sein sollte.
4. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass §1 Abs1 und §9 Abs4 des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes, BGBl Nr 177/1992, nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."
4. Die Finanzprokuratur hat eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:
"D. Ausgewogenheit der Regelungen im Wachebediensteten-Hilfe-leistungsgesetz — WHG
1. Die Klägerin versucht in ihrer Berufung sowie im vorliegenden Antrag an den Verfassungsgerichtshof eine Unsachlichkeit und Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen des WHG zu argumentieren. Dieser Versuch muss aber fehlschlagen. Weder liegen widersprüchliche Regelungen vor noch kann Willkür des Gesetzgebers oder des Vollzuges konstatiert werden. Auf Seite 2 ihrer Berufung spricht die Klägerin vom angeblichen Vorliegen einer 'widersprüchlichen Regelung', auf Seite 3 von 'Willkür', auf der gleichen Seite (3) vom angeblichen Vorliegen eines groben Widerspruches.
[…]
3. Es bestand und besteht keinerlei Verpflichtung des Gesetzgebers dazu, ein Bundesgesetz wie das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz zu erlassen. Wenn der Gesetzgeber aber ein derartiges Bundesgesetz erlässt, ohne hierzu verpflichtet zu sein, so bleibt ihm dessen Ausgestaltung auch überlassen. Bei einseitigen rechtsgeschäftlichen Willensvereinbarungen gilt ja nach §915 ABGB die Auslegungsregel, wonach sich der Geschenkgeber im Zweifel die leichtere Last auferlegen will bzw wollte und nicht die schwerere. Eine ähnliche Wertung und Auslegung muss auch hier Platz greifen. […] Da aber in manchen Konstellationen ein derartiger Schadenersatzanspruch nicht umsetzbar ist, soll dem Wachebediensteten eine Hilfeleistung zuerkannt werden können. Dadurch soll eine Abfederung des Berufsrisikos erreicht werden. Gleichzeitig muss sich aber der Bund auch dagegen schützen, dass zu hohe Inanspruchnahmen seiner sozialen Hilfs- und Ausgleichstöpfe erfolgen. Die Inanspruchnahme der Wachebediensteten-Hilfeleistungen bedingt daher, dass von Dienstgeberseite durch Zuleitung der entsprechenden Akten mit medizinischen Befunden an die Amtsärzte eine Überprüfung der geltend gemachten Ersatzbeträge auf deren Plausibilität hin erfolgt. Für plausibel erscheinende Schäden wird sodann eine Ersatzleistung gewährt. Mangelt es dagegen insgesamt oder aber in Teilbereichen an der Plausibilität und Nachvollziehbarkeit der geltend gemachten Ersatzansprüche, steht es der beklagten Partei naturgemäß frei, hier keinen Ersatz zu leisten. […]
4. […] In manchen Fällen, in welchen gerade vom unmittelbaren Täter kein Ersatz erlangt werden kann, weil dieser über kein entsprechendes Vermögen verfügt, mag diesem auch nicht besonders daran gelegen sein, gegen ihn eingebrachte Schadenersatzklagen, insbesondere gerichtet auf die Erlangung von Schmerzengeld massiv zu bestreiten. Der unmittelbare Täter mag überschuldet sein oder sich sonst in zerrütteten Vermögensverhältnissen befinden. Bei ihm ist dann weder eine Erfüllung der berechtigten Forderungen noch eine solche der unberechtigten Forderungen von Wachebediensteten wie etwa der Klägerin gewährleistet. Wenn ein derartiger unmittelbarer Täter dann ein Versäumungsurteil gegen sich ergehen lässt, da es ihm gleichgültig ist, ob er nun zu einem Ersatz von € 2.500,-- oder einem solchen von € 10.000,-- verurteilt wird, soll ein derartiges zumal Versäumungsurteil den Bund nicht binden können. Dieser wäre dann nämlich überhöhten Geltendmachungen schutzlos ausgesetzt oder müsste sich zumindest frei beweisen, dass eine überhöhte Geltendmachung erfolgt ist. Derartiges kann aber vom Bund nicht verlangt werden.
[…]
7. Es wäre geradezu die Aufforderung zur Erlassung eines unsachlichen und willkürlichen Bundesgesetzes, wenn der Gesetzgeber das BMI tatsächlich in einem Fall wie dem vorliegenden dazu verpflichten würde, unplausibel und nicht nachvollziehbar erscheinende Ersatzbeträge zusätzlich zu berechtigt erscheinenden Ersatzleistungen zu gewähren. Völlig im Gegensatz zu den Ausführungen der Klägerin erscheinen die Regelungen des WHG daher nicht widersprüchlich und auch nicht willkürlich, sondern in sich stimmig, logisch nachvollziehbar und ausgewogen.
E. Gesetzesmaterialien
[…]
2. Ein Blick in die Gesetzesmaterialien (415 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates 18. Gesetzgebungsperiode) zeigt, dass durchaus soziale Anliegen die legistische Hauptmotivation dargestellt haben.
[…]
4. Wie ersichtlich, ist der Gesetzgeber (des WHG) mit großer Umsicht und sehr wohl im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes vorgegangen.
Hätte der Gesetzgeber unvorsichtigerweise mit der Einräumung von Rechtsansprüchen agiert, hätte dies gerade in Fällen wie dem vorliegenden keinen hinreichenden Schutz davor geboten, dass die öffentlichen Kassen, hier konkret der Budgetansatzposten für Hilfeleistungen nach dem WHG zu weitgehend ausgeräumt und geleert werden. Nicht Bösartigkeit haben die beklagte Partei dazu veranlasst, der Klägerin die eingeklagten noch weitergehenden Ersätze für angebliche Schäden im Rahmen des Wachedienstes zu verweigern, sondern die mangelnde Plausibilität und Nachvollziehbarkeit dieser begehrten Mehrersätze. Sämtliche plausiblen und nachvollziehbaren Ersatzleistungen, dies nach dem vorliegenden amtsärztlichen Gutachten, wurden der Klägerin ja bereits ausbezahlt. Auf diesen Umstand gilt es wiederholt hinzuweisen, da die Klägerin diesen im erstinstanzlichen Verfahren und auch ihrem Rechtsmittel naturgemäß mit keinem einzigen Wort erwähnt hat. Dieser Umstand zeigt aber, dass die beklagte Partei sehr wohl verantwortungsvoll und auch in Ausübung der Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin vorgegangen ist, gleichzeitig aber auch sorgfältig gewirtschaftet und mit den nur begrenzt vorhandenen Steuergeldern vorgegangen werden musste. Wenn das amtsärztliche Gutachten der beklagten Partei den Schluss nahelegte bzw geradezu aufdrängte, dass die nunmehr gerichtlich geltend gemachten Ersatzansprüche nicht plausibel und nicht nachvollziehbar sind, konnte die beklagte Partei nicht anders, als diese unberechtigten Forderungen nicht zu erfüllen. Andernfalls hätte es sich um amtsmissbräuchliches Tätigwerden bzw um möglicherweise sogar strafgerichtlich relevantes Handeln zum Nachteil des öffentlichen Vermögens gehandelt."
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.
Nach §62a Abs1 erster Satz VfGG kann eine Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben.
Voraussetzung eines Parteiantrages auf Normenkontrolle ist sohin – entsprechend der Formulierung des Art140 Abs1 Z1 litd B-VG – die Einbringung eines Rechtsmittels in einer "in erster Instanz entschiedenen Rechtssache", also eines Rechtsmittels gegen eine die Rechtssache erledigende Entscheidung erster Instanz. Außerdem muss der Parteiantrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG "aus Anlass" der Erhebung eines Rechtsmittels gestellt werden.
1.2. Mit der Berufung, aus deren Anlass der Antrag nach Art140 Abs1 Z1 litd B-VG erhoben wurde, wendete sich die Antragstellerin gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9. Juni 2015, Z 19 C 104/15k, mit dem das Begehren auf Zahlung eines Geldbetrages iHv. € 11.700,– zzgl. Zinsen iHv. 4% seit dem 7. Dezember 2008 abgewiesen wurde.
1.3. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels hat die Antragstellerin jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass sie den vorliegenden Parteiantrag und die Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9. Juni 2015, Z 19 C 104/15k, am selben Tag erhoben und eingebracht hat (vgl. VfSlg 20.001/2015; VfGH 8.10.2015, G264/2015; 26.11.2015, G197/2015).
1.4. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
1.5. Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB. VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2002). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011 und 19.933/2014).
1.6. Soweit die Antragstellerin die Aufhebung des §1 Abs1 WHG begehrt, ist der Antrag zu eng gefasst. Die angefochtene Bestimmung steht in untrennbarem Zusammenhang mit dem andernfalls verbleibenden Regelungstorso des WHG – insbesondere mit §10a WHG – und ist insofern nicht abgrenzbar.
1.7. Zu berücksichtigen ist ferner, dass durch die Aufhebung der angefochtenen Bestimmung der betreffende Teil der Norm sowie das WHG insgesamt eine erhebliche Änderung des Inhalts erfahren würden. Entfiele die angefochtene Bestimmung über die Auslobung ersatzlos, hätte dies denknotwendig zur Folge, dass die gesetzlich determinierten Leistungen durch den Staat nicht mehr im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, sondern im Rahmen der Hoheitsverwaltung zu erbringen wären. Eine so weitgehende inhaltliche Abänderung des Gesetzes durch Aufhebung von Einzelbestimmungen steht im Widerspruch zu der in der zitierten Rechtsprechung zum Ausdruck kommenden Grundposition des Verfassungsgerichtshofes. Insbesondere hätte eine antragsgemäße Aufhebung zur Folge, dass das Gesetz einen veränderten, dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbaren Inhalt erhielte, was im Ergebnis geradezu einen Akt positiver Gesetzgebung darstellen würde (vgl. VfSlg 12.465/1990).
1.8. Aus den genannten Gründen ist der Antrag im Hinblick auf §1 Abs1 WHG zurückzuweisen.
1.9. Gemäß §62 Abs1 VfGG muss der Antrag begehren, "dass entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalt nach oder dass bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen."
Dieses Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit – in überprüfbarer Art– präzise ausgebreitet werden, mithin dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl. im Allgemeinen zB VfSlg 11.150/1986, 11.888/1988, 13.851/1994, 14.802/1997, 17.651/2005; spezifisch zum Parteiantrag auf Normenkontrolle VfGH 2.7.2015, G16/2015; 2.7.2015, G145/2015).
1.10. Die Antragstellerin hat im Hinblick auf §9 Abs4 WHG ihre Bedenken im Einzelnen substantiiert dargelegt und auch sonst erweist sich der Antrag insoweit als zulässig. Insbesondere stehen die Bestimmungen des §1 Abs1 und des §9 Abs4 WHG in keinem untrennbaren Zusammenhang.
2. In der Sache
Der Antrag ist im Hinblick auf §9 Abs4 WHG begründet.
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001,