TE OGH 2017/11/14 10Ob51/17y

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Veröffentlicht am 14.11.2017
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat Dr. Schramm, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Mario Noé-Nordberg, Rechtsanwalt in Waidhofen/Thaya, gegen die beklagten Parteien 1. E***** und 2. G*****, beide: *****, beide vertreten durch Dr. Edmund Kitzler, Mag. Martin Wabra, Rechtsanwälte in Gmünd, wegen Feststellung (Streitwert: 10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 28. Juni 2017, GZ 1 R 134/16k-25, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Eines Antrags auf Abänderung des Ausspruchs des Berufungsgerichts über die Unzulässigkeit der Revision gemäß § 508 Abs 1 ZPO bedurfte es im vorliegenden Fall nicht, weil – wovon die Revisionswerber in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht ohnehin ausgehen – gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO eine Streitigkeit im Sinn des § 49 Abs 2 Z 5 JN vorliegt. Hat das Berufungsgericht in einem solchen Fall die Revision für nicht zulässig erklärt, kommt nur das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision in Betracht. Die mit dem Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO verbundene Revision kann in eine außerordentliche Revision nach § 505 Abs 4 ZPO umgedeutet werden (RIS-Justiz RS0110049; RS0123405).

2.1 Hat der Eigentümer das Bestandstück an einen andern veräußert, und ihm bereits übergeben; so muss der Bestandinhaber, wenn sein Recht nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist (§ 1095 ABGB), gemäß § 1120 ABGB nach der gehörigen Aufkündigung dem neuen Besitzer weichen. Ungeachtet einer – wie im vorliegenden Fall – vertraglich vereinbarten Befristung kann der Erwerber daher das Bestandverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsmodalitäten („gehörige Kündigung“, vgl Klang in Klang² V, 129) auflösen (6 Ob 66/05g; RIS-Justiz RS0014444).

2.2 Der Erwerber kann in allfällige vertragliche Kündigungsbeschränkungen – wie hier die vereinbarte Befristung – durch ausdrückliche oder schlüssige Vereinbarung mit dem Bestandnehmer eintreten (sogenannter „Volleintritt“ des Erwerbers, 1 Ob 344/99s). Ein schlüssig erklärter Volleintritt kann – bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 863 ABGB – auch in der Unterlassung einer Kündigung des Bestandvertrags durch den Erwerber liegen (3 Ob 247/59 = SZ 32/89; Ausübung des Kündigungsrechts 8 Jahre nach Übernahme: 6 Ob 95/63 [RIS-Justiz RS0021154] = MietSlg 15.120; Ausübung des Kündigungsrechts 20 Jahre nach Übernahme, 6 Ob 66/05g).

3.1 Die Revisionswerber machen allein geltend, dass der Kläger auch die vereinbarte Befristung des Pachtvertrags gegen sich wirken lassen müsse, weil er zwei mögliche Kündigungstermine ungenützt verstreichen lassen und damit die Kündigung des Vertrags nicht binnen angemessener Frist ausgesprochen habe. Die Frage, ob der Erwerber derart gemäß § 863 ABGB schlüssig einen „Volleintritt“ auch in eine vereinbarte Kündigungsbeschränkung erklärt hat, kann aber immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stellt daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar.

3.2 Im vorliegenden Fall erfolgten im Oktober 2015, daher rund drei Monate nach der Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers (maßgeblicher Zeitpunkt der Übergabe im Sinn des § 1120 ABGB, 1 Ob 344/99s mwH), Gespräche zwischen den Streitteilen, die ergebnislos verliefen, aus denen den Beklagten aber erkennbar war, dass der Kläger nicht am Pachtvertrag festhalten wollte. Am 2. 11. 2015 kündigte der Kläger den Pachtvertrag unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen (§ 560 Abs 1 Z 2 lit b ZPO) zum nächstmöglichen Termin, dies war der 30. 11. 2016, außergerichtlich auf. Eine Korrekturbedürftigkeit der Beurteilung der Vorinstanzen, dass in diesem Verhalten keine Handlung liege, die ohne „vernünftigen Grund, daran zu zweifeln“ (§ 863 ABGB) als Vereinbarung eines „Volleintritts“ des Klägers in den Pachtvertrag anzusehen sei, zeigen die Revisionswerber nicht auf.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher zurückzuweisen.

Textnummer

E120255

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0100OB00051.17Y.1114.000

Im RIS seit

08.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

18.07.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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