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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, in der Revisionssache der B-GesmbH, Nfg. OG in W, vertreten durch die Arnold Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 14. Dezember 2015, Zl. RV/7102016/2011, betreffend Rechtsgebühren, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht im Instanzenzug gegenüber der Revisionswerberin Gebühren für drei Hypothekarverschreibungen aus dem Jahr 2005 gemäß § 33 TP 18 GebG und für eine Abtretung (Zession) aus dem Jahr 2005 gemäß § 33 TP 21 GebG fest und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens, wobei die zugrunde liegenden Pfandbestellungsverträge und der Abtretungsvertrag im wesentlichen Wortlaut wiedergegeben wurden, hielt das Bundesfinanzgericht zunächst fest, dass es sich bei den in Rede stehenden Pfandbestellungsverträgen um Hypothekarvereinbarungen im Sinn des § 33 TP 18 Abs. 1 GebG handle und diese durch Unterfertigung der Pfandurkunden in Wien am 31. Mai 2005 jeweils beurkundet worden seien. Der in Rede stehende, ebenfalls am 31. Mai 2005 beurkundete Abtretungsvertrag habe durch eine Drittschuldnerverständigung die Gebührenschuld ausgelöst.
3 Den im Verfahren behaupteten Befreiungen nach § 20 Z 5 GebG und nach § 19 Abs. 2 GebG hielt das Bundesfinanzgericht u. a. jeweils die Sachverhaltsfeststellung entgegen, dass die in Rede stehenden Sicherungsgeschäfte nicht nur der Sicherstellung des beurkundeten Darlehensvertrages allein, sondern auch der Besicherung künftiger Darlehensgewährungen, sowie der Besicherung bestehender und künftiger Swap-Geschäfte und Hedging-Instrumente dienten. Die Sicherstellungen umfassten auch Erweiterungen und Änderungen der besicherten Rechtsgeschäfte, somit auch künftige Rechtsgeschäfte.
4 Mit Beschluss vom 8. Juni 2017 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen vor ihm erhobenen Beschwerde ab und führte dazu aus, es liege im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Befreiung nach § 20 Z 5 Gebührengesetz 1957 idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2011 an die Errichtung einer Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgebenden Weise zu knüpfen und damit Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte, die sich auch auf künftig abzuschließende Verträge beziehen, von der Befreiung auszuschließen, zumal für künftig abzuschließende Verträge der Eintritt einer Gebührenpflicht nicht hinreichend konkretisiert ist. Auch begegneten die unterschiedlichen Gebührentarife für Pfandbestellungsverträge und Zessionen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
5 Mit Beschluss vom 22. August 2017, E 149/2016-19, trat der Verfassungsgerichtshof über nachträglichen Antrag die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
6 Die sodann erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
7 Die Revisionswerberein erachtet sich im Recht "auf Unterbleiben der Festsetzung von Rechtsgebühren nach dem GebG 1957" und im Recht "auf Anwendung der Gebührenbefreiung nach § 20 Z 5 GebG 1957 und § 19 Abs 2 GebG 1957" verletzt.
8 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Gemäß § 33 TP 18 (Hypothekarverschreibungen) des Gebührengesetzes 1957 (GebG), welche Bestimmung gemäß § 37 Abs. 28 GebG im Revisionsfall noch anzuwenden ist, unterlagen Hypothekarverschreibungen, wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wurde, nach dem Wert der Verbindlichkeit, für welche die Hypothek eingeräumt worden ist, einer Gebühr von 1 vH.
11 Gemäß § 33 TP 21 (Zessionen) Abs. 1 GebG unterliegen Zessionen oder Abtretungen von Schuldforderungen oder anderen Rechten einer Gebühr von 0,8 vH vom Entgelt.
12 § 19 Abs. 2 GebG in der im Revisionsfall noch maßgebenden Stammfassung lautet:
"(2) Werden in einer Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte derselben oder verschiedener Art, die nicht zusammenhängende Bestandteile des Hauptgeschäftes sind, abgeschlossen, so ist die Gebühr für jedes einzelne Rechtsgeschäft zu entrichten. Dies gilt aber nicht für die in der Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen denselben Vertragsteilen zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte und Nebenverabredungen, gleichgültig, ob das Hauptgeschäft nach diesem Gesetz oder einem Verkehrsteuergesetz einer Gebühr oder Verkehrsteuer unterliegt."
13 § 20 Z 5 GebG in der im Revisionsfall noch maßgebenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 281/1990 lautet auszugsweise:
"§ 20. Der Gebührenpflicht unterliegen nicht
.....
5. Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte - ausgenommen Wechsel - zu Darlehensverträgen (§ 33 TP 8), Kreditverträgen (§ 33 TP 19) und Haftungs- und Garantiekreditverträgen mit Kreditinstituten, ....., sofern über die genannten Verträge spätestens gleichzeitig mit der Beurkundung des Nebengeschäftes eine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise errichtet worden ist;"
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung festgehalten, dass sich die Gebührenfreiheit nach § 20 Z 5 GebG nicht auf solche Sicherungsgeschäfte erstreckt, die sich neben bereits abgeschlossenen Kreditverträgen auch auf alle künftigen Kreditgeschäfte beziehen (vgl. VwGH 10.6.1991, 90/15/0026, VwSlg. 6604/F, VwGH 15.9.1986, 85/15/0375, und VwGH 8.9.1983, 82/15/0030).
15 Die Revisionswerberin trägt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, sie habe schon in der "Urbeschwerde" an den Verfassungsgerichtshof ausführlich begründet ("siehe dazu auch unten"), dass das Bundesfinanzgericht in grober Verkennung der Rechtslage die Befreiungsbestimmungen des § 20 Z 5 GebG und des § 19 Abs. 2 zweiter Satz GebG zu Unrecht nicht auf die verfahrensgegenständlichen Rechtsgeschäfte zur Anwendung gebracht habe. Wörtlich führt die Revisionswerberin aus:
"Wie auch unten noch auszuführen, normieren die Befreiungsbestimmungen von § 20 Z 5 und § 19 Abs 2, zweiter Satz GebG die Befreiung für Sicherungsgeschäfte zu Darlehen, wenn das Darlehen gebührenpflichtig ist, und wurden vom Gesetzgeber deshalb geschaffen, um eine Kumulierung von Gebühren für Finanzierungen zu vermeiden. Obwohl beide Befreiungsbestimmungen im gegenständlichen Fall nach dem klaren Wortlaut und Zweck des Gesetzes auf uns anwendbar wären und die Sicherungsgeschäfte als Nebengeschäfte das Hauptgeschäft Darlehen inhaltlich nicht modifizieren (sondern nur die Konditionen des Darlehens), verweigern das Finanzamt und das BFG in Verkennung der Rechtslage und zu unserem Nachteil deren Anwendung. Auch einer gebotenen gesetzeskonformen (verfassungskonformen) Interpretation verschließen sich die Vorinstanzen. Die Ansicht des Finanzamtes und des BFG führt nicht nur zu einer Gebührenbelastung der Finanzierung von fast 4 % (siehe oben), sondern auch zu einer unzulässigen Differenzierung zwischen einer Eigenkapitalfinanzierung (Belastung 0%) und einer Fremdfinanzierung. Derart unterschiedliche Besteuerungen von gleichen Sachverhalten sind aber rechtlich nicht haltbar.
Wenn das BFG in der Begründung der (vermeintlichen) Unzulässigkeit der Revision auf eine Rechtsprechung des VwGH aus dem Jahr 1970 und 1991 verweist, verkennt das BFG bereits bei der rechtlichen Beurteilung der Zulässigkeit der Revision folgende maßgeblichen Aspekte:
Sofern das BFG im angefochtenen Erkenntnis die Entscheidung des VwGH (Erkenntnis vom 10.6.1991, 90/15/0026) als einzige Belegstelle dafür heranzieht, dass die Befreiung im Sinne des § 20 Z 5 GebG bei uns angeblich nicht anwendbar sein soll, übersieht das BFG, dass der VwGH, vor allem was den Zeitpunkt der Beurkundung anbelangt, in diesem Erkenntnis von einer weiteren Anwendung des Befreiungstatbestandes (in unserem Sinn) ausgeht und die Besicherung künftiger Geschäfte in dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhalt deutlich weiter und konkreter formuliert war als beim vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt, unterlässt es das BFG im angefochtenen Erkenntnis rechtswidriger Weise zu hinterfragen bzw zu prüfen, ob
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diese Auslegung durch den VwGH im Jahr 1991 heute noch rechtlich haltbar ist; und
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nicht eine mögliche gesetzes-(verfassungs-)konforme Interpretation erforderlich und geboten ist, die das BFG beharrlich verweigert.
Zum VwGH-Erkenntnis 90/15/0026 ist noch darauf hinzuweisen, dass diese Entscheidung aus einer Zeit der fiskalistischen Interpretation des GebG stammt. Der VfGH hat kurz davor auch § 25 GebG noch für verfassungskonform gehalten und die mehrfache Gebührenbelastung ein und desselben Rechtsgeschäfts zum damaligen Zeitpunkt noch als zulässig angesehen. Durch das Erkenntnis des VfGH vom 26.2.2009, G 158/08, hat sich die Interpretation des GebG jedoch grundlegend geändert, auch der VwGH ist dieser geänderten Rechtssprechungslinie gefolgt (vgl zB das Erkenntnis Ro 2014/16/0072, in dem der VwGH von der in seinem Erkenntnis vom 27.1.2000, 99/16/0017, ursprünglich vertretenen Auffassung zum Weitergaberecht abgegangen ist).
Insofern fehlt eine Rechtsprechung des VwGH zu dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt bzw (sollte man das angeführte Erkenntnis des VwGH vom 10.6.1991 als für unseren Fall einschlägig ansehen) weicht das BFG jedenfalls von diesem Erkenntnis des VwGH aus dem Jahr 1991 ab. Gleiches gilt mutatis mutandis für das vom BFG zitierte (zweite) Erkenntnis des VwGH vom 14.2.1970, das die zwischenzeitlich erfolgten zahlreichen Änderungen/Novellen des GebG, die seither ergangene Rechtsprechung des VfGH und letztlich auch die sich neuen und aktuellen Vertragsgestaltungen (zB Cross-Currency-Swap, Fremdwährungskredite etc) naturgemäß ebenso wenig berücksichtigen konnte, wie der damalige Gesetzgeber die heute aktuellen Verhältnisse bei der Regelung der Gebührenbefreiungen nach dem GebG. In diesem Sinne kann auch von einer ‚gesicherten Rechtsprechung' des VwGH zu den zur Debatte stehenden Befreiungsbestimmungen des GebG nicht gesprochen werden.
Im Übrigen stellen die im gegenständlichen Abgabenverfahren aufgeworfenen Rechtsfragen (siehe unsere ‚Urbeschwerde' an den VfGH und die Begründung der Revision unten) schon per se allesamt Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSv
Artikel 133 Abs 4 B-VG dar."
16 Die Feststellung des Bundesfinanzgerichtes, dass die in Rede stehenden Sicherungsgeschäfte auch der Sicherung künftiger Darlehensgewährungen sowie künftiger (anderer) Geschäfte dienten, bekämpft die Revisionswerberin in den gesonderten Zulässigkeitsgründen (§ 28 Abs. 3 VwGG) nicht.
17 Ausgehend davon zeigt die Revisionswerberin nicht auf, dass das Bundesfinanzgericht von der erwähnten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre und dem klaren Wortlaut des Gesetzes, welcher einerseits den Abschluss des Sicherungsgeschäftes in derselben Urkunde wie das Hauptgeschäft (§ 19 Abs. 2 zweiter Satz GebG) andererseits die Errichtung einer Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise spätestens gleichzeitig mit der Beurkundung des Nebengeschäftes (§ 20 Z 5 GebG) fordert, zuwider diese Bestimmungen unrichtig angewendet hätte.
18 Verweise in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) auf andere Unterlagen (hier auf die "Urbeschwerde" vor dem VfGH) oder auf andere Teile der Revision sind zur Begründung der Zulässigkeit einer Revision unbeachtlich (vgl. in ständiger Rechtsprechung etwa VwGH 4.10.2016, Ra 2016/16/0088, mwN, und VwGH 19.3.2015, Ra 2015/16/0016).
19 In der gesonderten Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision formuliert die Revisionswerberin nicht, von welcher konkreten Rechtsfrage die Lösung der Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt, weshalb die Revision schon deshalb unzulässig ist (vgl. VwGH 25.11.2015, Ra 2015/16/0096).
20 Dass der Verwaltungsgerichtshof zu einer von Sachverhalt und rechtlicher Beurteilung gänzlich anders gelagerten Frage durch ein näher zitiertes Erkenntnis von einer früheren Rechtsprechung abgegangen sei, genügt noch nicht, die oben wiedergegebene hg. Rechtsprechung zu dem insoweit klaren Gesetzeswortlaut betreffend die Sicherung zukünftiger Geschäfte in Frage zu stellen. Ein Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt nicht vor, auch wenn das jüngste einschlägige Erkenntnis zu der inhaltlich insoweit gegenüber der im Revisionsfall maßgeblichen Rechtslage unveränderten Bestimmung aus dem Jahr 1991 stammt.
21 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 21. November 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017160163.L00Im RIS seit
05.01.2018Zuletzt aktualisiert am
15.02.2018