Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 23. Jänner 1998, Zl. VwSen-250566/30/Lg/Bk, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: S in Linz, vertreten durch Mag. German Storch, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Bürgerstraße 62), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Ausspruches betreffend die Bestrafung der mitbeteiligten Partei wegen der unerlaubten Beschäftigung von drei Ausländern am 11. Oktober 1995 und in seinem Ausspruch über die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 12. Dezember 1996 wurde der Mitbeteiligte als Gewerbeinhaber der Firma S für schuldig befunden, dass dieses Unternehmen am 26. September 1995 fünf namentlich genannte Ausländer und am 11. Oktober 1995 drei weitere namentlich genannte Ausländer beschäftigt habe, ohne dass für diese eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden, noch sie im Besitz eines Befreiungsscheins oder einer Arbeitserlaubnis gewesen wären. Der Mitbeteiligte habe dadurch Verwaltungsübertretungen im Sinn der §§ 3 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Über ihn wurden hinsichtlich der am 26. September 1995 unerlaubt Beschäftigten fünf Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 10.000,-- und hinsichtlich der am 11. Oktober 1995 unerlaubt Beschäftigten Geldstrafen von dreimal jeweils S 5.000,--, sohin Geldstrafen von insgesamt S 65.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von achtmal jeweils einen Tag und vier Stunden, insgesamt neun Tage und acht Stunden, verhängt und dem Mitbeteiligten Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von insgesamt S 6.500,-- auferlegt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Berufung, in welcher er nach einer näheren Erörterung des zu Grunde liegenden Sachverhaltes den Antrag stellte, das gegen ihn ergangene Straferkenntnis hinsichtlich der erstgenannten fünf Ausländer ersatzlos aufzuheben. Bezüglich der letztgenannten drei Ausländer ersuchte der Mitbeteiligte in seiner Berufung, "die Strafe in Anwendung eines außerordentlichen Milderungsrechtes herabzusetzen, da mein Verschulden gering ist".
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (belangte Behörde) vom 23. Jänner 1998 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24, 45 Abs. 1 Z. 1 VStG der Berufung "Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt". Dies wurde nach einer Erörterung des Sachverhaltes und der diesbezüglichen Zeugenaussagen bei der vor der belangten Behörde durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zusammengefasst damit begründet, dass eine Beschäftigung der im Bescheid der Behörde erster Instanz genannten Ausländer weder am 26. September 1995 noch am 11. Oktober 1995 mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit erwiesen habe werden können.
Mit der vorliegenden Beschwerde wird der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit im Umfang der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hinsichtlich des auf den 11. Oktober 1995 bezogenen Tatvorwurf der unerlaubten Beschäftigung von drei Ausländern bekämpft und dies damit begründet, dass sich die Berufung des Mitbeteiligten in dieser Hinsicht ausdrücklich nur gegen die Strafhöhe gerichtet hätte, der objektive Tatbestand von der mitbeteiligten Partei jedoch eingestanden und nur geringes Verschulden eingewendet worden wäre. Der Schuldspruch des erstinstanzlichen Bescheides sei hinsichtlich des auf den 11. Oktober 1995 bezogenen Tatvorwurfes in Rechtskraft erwachsen. Durch die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens auch insoferne habe die belangte Behörde die Grenzen der Sache des Berufungsverfahrens im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG überschritten.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde. In einer Gegenschrift führte sie aus, dass das Berufungsbegehren undeutlich gewesen sei und der mitbeteiligten Partei im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung Gelegenheit eingeräumt worden wäre, ihr Vorbringen zu präzisieren. Es sei nahe gelegen, die Berufung auch als Bekämpfung der Schuldfrage zu interpretieren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß dem - im Grunde des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden - § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Wenn ein Bescheid in der Berufung nur hinsichtlich des Ausspruches über die Strafe bekämpft worden, hinsichtlich des Ausspruches über die Schuld jedoch unbekämpft geblieben ist, ist er hinsichtlich des letzteren Ausspruches - wegen Trennbarkeit vom ersteren - in Rechtskraft erwachsen, und mangelt der Berufungsbehörde an der Zuständigkeit zu einem über den Umfang der Anfechtung hinausgehenden Abspruch (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 26. April 1979, Slg. Nr. 9828/A). Auch kann nach Ablauf der Berufungsfrist der Berufungsantrag - der im vorliegenden Fall zweifelsfrei auf die Bemessung der Strafe beschränkt war - nicht ausgedehnt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1997, Zl. 96/04/0285).
Dies hat die belangte Behörde verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid im Umfang der darin erfolgten Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens wegen der unerlaubten Beschäftigung von drei Ausländern am 11. Oktober 1995 und der diesbezüglichen Kostenentscheidung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.
Wien, am 21. Juni 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998090069.X00Im RIS seit
20.11.2000