Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §82 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2016/04/0079Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie Hofrat Dr. Kleiser und Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über die Revisionen der H KG in W, vertreten durch Dr. Bernhard Gumpoldsberger, Rechtsanwalt in 4642 Sattledt, Schulstraße 8, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 29. April 2016, 1) Zl. KLVwG- 197/11/2015 und 2) Zl. KLVwG-198/12/2015, betreffend jeweils die Änderung einer Betriebsanlage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: jeweils Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Die Revisionswerberin betreibt aufgrund von zwei bestehenden Betriebsanlagengenehmigungen je eine Verkaufsfiliale an zwei näher bezeichneten Standorten.
2 Jeweils mit Schreiben vom 6. Juni 2014 beantragte die Revisionswerberin die Genehmigung der Änderung der Betriebsanlagen dahingehend, dass die Errichtung von jeweils einem Lagerraum und zwei Lagerfächern für eine zusätzliche Lagerung von pyrotechnischen Gegenständen genehmigt werde.
3 2. Diese Ansuchen wurden von der belangten Behörde jeweils mit Bescheid vom 21. November 2014 gemäß §§ 74 Abs. 2, 81 Abs. 2 Z 7, 333 und 345 Abs. 6 GewO 1994 unter Vorschreibung der folgenden, sicherheitstechnischen - soweit verfahrensgegenständlich gleichlautenden - Auflage zur Kenntnis genommen:
4 "Die Lagerung der pyrotechnischen Gegenstände darf nur in der verschlossenen Originalverpackung des Lieferanten erfolgen. Diese muss die Kriterien der Gefahrengutklasse 1.4 nach UN/ADR erfüllen. Verpackungseinheiten anderer Gefahrenunterklassen dürfen keinesfalls in die Lagereinrichtung eingebracht und gelagert werden."
5 3. Gegen diese Bescheide erhob die Revisionswerberin jeweils Beschwerde an das Verwaltungsgericht mit dem Antrag, diese dahingehend abzuändern, dass der zweite und dritte Satz der oben wiedergegebenen Auflage ersatzlos behoben werde.
6 4. Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerden jeweils als unbegründet ab. In seiner Begründung führt das Verwaltungsgericht jeweils im Wesentlichen übereinstimmend aus, die Pyrotechnik-Lagerverordnung 2004, BGBl. II Nr. 252 idF BGBl. II Nr. 133/2015 (Pyrotechnik-Lagerverordnung), beruhe auf der Verordnungsermächtigung des § 82 Abs. 1 und § 69 Abs. 1 GewO 1994. Die vorgesehenen Lagerungen der pyrotechnischen Gegenstände würden dem Grunde nach nicht § 8 Pyrotechnik-Lagerverordnung widersprechen. Jedoch seien gemäß § 82 Abs. 4 GewO 1994, wenn im Einzelfall durch die Einhaltung der Bestimmungen einer Verordnung nach Abs. 1 leg.cit. der mit dieser Verordnung angestrebte Schutz nicht gewährleistet sei, zur Erreichung dieses Schutzes auch über die Bestimmungen der Verordnung hinausgehende Auflagen vorzuschreiben. Aufgrund der eingeholten gutachterlichen Stellungnahme des sicherheitstechnischen Amtssachverständigen seien im vorliegenden Fall aufgrund der konkreten Umstände - insbesondere der Situierung des Lagercontainers und der Lagerräume - im Schadensfall über die Lagereinrichtungen hinausgehende Auswirkungen nicht auszuschließen und der angestrebte Schutz für Kunden, Arbeitnehmer, Nachbarn und anderer Personen im Schadens- oder Brandfall nicht gewährleistet. Aus diesem Grund könne der angestrebten Aufhebung des bekämpfen Auflagenpunktes nicht Folge gegeben werden.
7 Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht jeweils für nicht zulässig.
8 5. Gegen diese Erkenntnisse richten sich die außerordentlichen Revisionen mit dem Antrag, die bekämpften Entscheidungen jeweils wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
9 Zur Zulässigkeit wird jeweils vorgebracht, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, ob die Bestimmungen des 3. Abschnitts der Pyrotechnik-Lagerverordnung eine Lagerung von Gegenständen der Gefahrenunterklasse 1.3 nach UN/ADR zulassen würden, sofern die in den genannten Bestimmungen definierten baulichen und technischen Vorkehrungen an den jeweiligen Lagerorten eingehalten würden.
10 6. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revisionsverfahren wegen ihres tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
11 6.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 6.2. Gemäß § 82 Abs. 4 GewO 1994 ist die Vorschreibung von Auflagen, die über die Bestimmungen einer nach § 82 Abs. 1 GewO 1994 ergangenen Verordnung hinausgehen, nicht schon dann zulässig, wenn die Behörde der Meinung ist, die Bestimmungen einer solchen Verordnung seien generell ergänzungsbedürftig, sondern nur dann, wenn im "Einzelfall", also auf Grund der besonderen Verhältnisse der im konkreten Fall zu genehmigenden Betriebsanlage, der mit der Verordnung angestrebte Schutz nicht gewährleistet wird (VwGH 17.3.1998, 97/04/0204). Dieser Grundsatz gilt auch für die gemäß § 82 Abs. 1 GewO 1994 erlassene Pyrotechnik-Verordnung.
15 Das Verwaltungsgericht hat vor dem Hintergrund der festgestellten, konkreten Umstände, insbesondere der Situierung der Lagerräume, die Aufrechterhaltung des bekämpften Auflagenpunktes im Ergebnis als gerechtfertigt angesehen. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. VwGH 7.8.2017, Ra 2016/08/0131, mwN).
16 In den Revisionen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.
Wien, am 20. Dezember 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016040078.L00Im RIS seit
05.01.2018Zuletzt aktualisiert am
01.02.2018