TE Dsk BescheidBeschwerde 2017/11/9 DSB-D122.706/0005-DSB/2017

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Veröffentlicht am 09.11.2017
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Norm

DSG 2000 §1 Abs1
DSG 2000 §1 Abs2
DSG 2000 §4 Z2
WStV §139a
B-VG Art148a
WStV §106 Abs1
DSG 2000 §31 Abs2
B-VG Art148b Abs1

Text

GZ: DSB-D122.706/0005-DSB/2017 vom 9.11.2017

[Anmerkung Bearbeiter: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

BESCHEID

SPRUCH

Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde des Mag. Arno A*** (Beschwerdeführer) vom 12. April 2017 gegen den Magistrat der Stadt Wien (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wie folgt:

         - Die Beschwerde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: § 1, § 4, § 31 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl. I 1999/165 idgF; Art. 148a, Art 148b Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idF BGBl. I Nr. 51/2012; § 106, § 139a Wiener Stadtverfassung (WStV) idF LGBl. Nr. 28/1968.

BEGRÜNDUNG

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass der Beschwerdegegner sensible Daten über Einzelheiten seiner ärztlichen Behandlung in der Krankenanstalt N***, konkret: die Verabreichung von Z***-Infusionen am 11. Februar, 24. Februar und 22. März 2016, an die Volksanwaltschaft (im Folgenden: VA) weitergeleitet habe. Selbst nach Ansicht der Stadt Wien - in diesem Zusammenhang verwies der Beschwerdeführer auf ein Antwortschreiben des Patientenombudsmanns der Ärztekammer für Wien vom 10. März 2017 - sei eine solche Weiterleitung gar nicht notwendig gewesen, weil sich seine bei der VA erhobene Beschwerde auf das fragwürdige Benehmen einer Spitalsmitarbeiterin, Dr. Waltraut T***, bezogen habe, sohin gar nicht mit konkreten therapeutischen Maßnahmen in Zusammenhang stehe. Trotzdem vertrete die Stadt Wien die Auffassung, die Weiterleitung sei deswegen rechtskonform, weil auch die VA der Amtsverschwiegenheit unterliege. Diese Auffassung widerspreche aber der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden: VwGH) in seinem Erkenntnis vom 19. September 1986, Zl. 85/14/0007.

Gleichzeitig mit seiner Datenschutzbeschwerde legte der Beschwerdeführer ein an ihn gerichtetes Schreiben der VA vom 30. Jänner 2017 sowie ein Antwortschreiben des Patientenombudsmannes der Ärztekammer für Wien vom 10. März 2017 vor, in welchem zwar ausgeführt wurde, dass die Erwähnung der „Z*** Infusion“ nicht notwendig gewesen sei, aber im Ergebnis keine Rechtsverletzung des Beschwerdegegners erkannt wurde, da keine Informationen an Dritte weitergegeben worden seien.

Mit Mangelbehebungsauftrag vom 26. April 2017 forderte die Datenschutzbehörde den Beschwerdeführer u. a. auf, seine bei der VA erhobene Beschwerde vorzulegen. Der Beschwerdeführer verbesserte die Beschwerde fristgerecht.

Nach Aufforderung zur Stellungnahme durch die Datenschutzbehörde, führte der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 26. Mai 2017 - soweit relevant, hier wiedergegeben - aus, dass sich der Beschwerdeführer am 12. August 2016 an die VA gewandt habe, um sich über die Abläufe bei der Anmeldung zur Behandlung in der **. Medizinischen Ambulanz der Krankenanstalt N*** (im Folgenden: KA N***) am 22. März 2016 zu beschweren. Die Beschwerde an die VA habe im Wesentlichen einerseits die dem Beschwerdeführer entstandene Wartezeit und das Ambulanzmanagement sowie andererseits die ihn dort betreuende Ärztin betroffen. Insbesondere habe sich die Beschwerde bei der VA gegen die behauptete Aussage der Ärztin gerichtet, sie könne den Beschwerdeführer aus dem Krankenhaus weisen. Der Beschwerdeführer habe anschließend eine Liste mit anderen Infusionszentren bekommen. Eine Angabe darüber, ob die therapeutische Behandlung letztlich verweigert worden sei, sei nicht erfolgt.

Für die verfassungsrechtlich vorgesehene Funktion der VA sei die genaue Kenntnis der tatsächlichen Vorgänge in einer Verwaltungsangelegenheit und die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts von entscheidender Bedeutung. Gemäß Art. 148b Abs. 1 B-VG hätten alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper die Volksanwaltschaft bei der Besorgung ihrer Aufgaben zu unterstützen, ihr Akteneinsicht zu gewähren und auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Amtsverschwiegenheit bestünde nicht gegenüber der VA. Zur Erfüllung ihrer Prüftätigkeit stünde der VA somit ein umfassendes Recht auf Unterstützung, Akteneinsicht und Auskunftserteilung zu. Die Beurteilung, ob eine von der VA verlangte Auskunft „erforderlich“ sei, obliege zunächst der VA selbst. Sei ein Ersuchen um Auskunft ergangen, so dürfe das ersuchte Organ dieses nicht unter Hinweis auf die fehlende Erforderlichkeit im konkreten Einzelfall verweigern. Die verlangte Auskunft dürfe lediglich dann nicht erteilt werden, wenn diese in keinem Konnex zum Aufgabenbereich der VA stünde. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund sei in Bezug auf den vorliegenden Fall festzuhalten, dass der Beschwerdegegner – aufgrund der in Art. 148b Abs. 1 B-VG normierten Pflicht – der VA alle für die Beurteilung des Falles erforderlichen Auskünfte zu erteilen hatte. Bei den gegenständlichen medizinischen Informationen würde es sich um solche erforderlichen Auskünfte handeln. Wie die VA mit Schreiben vom 23. März 2017 - dieses Schreiben übermittelte der Beschwerdegegner gleichzeitig mit seiner Stellungnahme - ausdrücklich festgehalten habe, sah sie es “im Zuge ihres Prüfverfahrens für erforderlich an, Kenntnis über die Gesundheitsdaten betreffend die Behandlung des Herrn Mag. Arno A*** in der KA N*** zu haben“. Die VA habe in dem Schreiben vom 23. März 2017 weiter ausgeführt: „Um zu prüfen, ob es sich hier um eine unmenschliche oder entwürdigende Behandlung, eventuell auch durch Verweigerung einer notwendigen medizinischen Maßnahme, handelte, waren Informationen über die Art der therapeutischen Behandlung und bestehende Alternativmöglichkeiten in anderen Einrichtungen nötig.“

Im Ergebnis sei - so der Beschwerdegegner weiter - zwar die Bekanntgabe der medizinischen Leistung für die Bearbeitung der Beschwerde über die Wartezeit und das Ambulanzmanagement nicht erforderlich gewesen, wohl aber für die Information über eine erfolgte oder eben nicht erfolgte medizinische Versorgung nach dem beschwerdegegenständlichen Vorfall in der Ambulanz sowie zur Überprüfung des Bestehens von Alternativen.

Die Aussage des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde an die Datenschutzbehörde, dass „selbst nach Ansicht der Stadt Wien eine solche Weiterleitung gar nicht notwendig gewesen wäre“, sei unrichtig. Der Patientenombudsmann, auf dessen Schreiben vom 10. März 2017 sich der Beschwerdeführer hier beziehe, sei zum einen keine Einrichtung der Stadt Wien, sondern eine von der Wiener Ärztekammer etablierte Stelle. Abgesehen davon komme auch der Patientenombudsmann der Wiener Ärztekammer insgesamt zum zutreffenden Ergebnis, dass die gegenständliche Übermittlung der Information „kein Vergehen der Magistratsabteilung“ darstelle, da keine Daten an „Dritte“ übermittelt worden seien. Die begehrten Auskünfte seien ausschließlich im gesicherten Innenverhältnis der Amtsverschwiegenheit erfolgt.

Zu dem vom Beschwerdeführer zur Amtsverschwiegenheit in diesem Zusammenhang angeführten Erkenntnis des VwGH vom 16. September 1986, 85/14/0007, sei anzumerken, dass es sich bei dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall um ein Verfahren vor der Abgabenbehörde gehandelt habe. Es liege auf der Hand, dass die Aufgaben bzw. Prüfinteressen der Volksanwaltschaft nicht mit jenen der Abgabenbehörde identisch seien. Die Rechtsansicht des VwGH zu Finanzverfahren könne daher keineswegs ohne Weiteres auf volksanwaltschaftliche Prüfverfahren umgelegt werden, weswegen das zitierte Erkenntnis für den vorliegenden Fall nicht einschlägig sei.

Zusammenfassend könne festgehalten werden, dass es aus übereinstimmender Sicht des Beschwerdegegners und der VA erforderlich gewesen sei, der VA die beschwerdegegenständlichen Gesundheitsdaten zu übermitteln. Schließlich sei insbesondere die Prüfung, ob Alternativmöglichkeiten in anderen Einrichtungen vorhanden sind, für die Volksanwaltschaft nur durch Kenntnis dieser Daten möglich gewesen.

Die begehrten Auskünfte seien zudem ausschließlich im gesicherten Innenverhältnis der Amtsverschwiegenheit erfolgt.

Der Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 26. Mai 2017 war ein Schreiben der VA an den Beschwerdegegner vom 1. September 2016 angehängt, mit der diese den Beschwerdegegner zur Stellungnahme auffordert. Weiters enthielt die Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 26. Mai 2017 ein an die VA ergangenes Antwortschreiben des Beschwerdegegners vom 31. Oktober 2016 (wiedergegeben unter C. Sachverhaltsfeststellungen). Auch ein an den Beschwerdegegner gerichtetes Schreiben der VA vom 23. März 2017, in dem die VA gegenüber dem Beschwerdegegner klarstellt, dass sie die Übermittlung der Gesundheitsdaten des Beschwerdeführers als „erforderlich“ erachte, war der Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 26. Mai 2017 angeschlossen.

Mit Schreiben vom 30. Mai 2017 übermittelte die Datenschutzbehörde dem Beschwerdegegner die Stellungnahme vom 26. Mai 2017 samt Beilagen ins Parteiengehör.

Der Beschwerdeführer gab dazu keine Stellungnahme ab.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt hat, dass er sensible Daten, nämlich Informationen über die Verabreichung von Z***-Infusionen an den Beschwerdeführer, an die VA weitergeleitet hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Mit E-Mail vom 12. August 2016 beschwerte sich der Beschwerdeführer bei der VA über die Abläufe bei der Anmeldung zur Behandlung in der **. Medizinischen Ambulanz der KA N*** am 22. März 2016. Er führte aus, dass er von einer Ärztin in einem ungehörigen Ton angefahren worden sei, sie barsch gemeint habe, der Beschwerdeführe könne auch woanders hingehen, wenn ihm etwas nicht passe. Die Ärztin habe ohne Grund gesagt, sie könne den Beschwerdeführer auch des Hauses verweisen. Der Beschwerdeführer machte vor der VA geltend, dass er durch die Äußerungen der Ärztin in seinem Recht verletzt worden sei, nicht auf demütigende Weise behandelt zu werden und berief sich auf Art. 3 EMRK.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich übereinstimmend aus der Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 26. Mai 2017 und insbesondere aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Beschwerde an die VA vom 12. August 2016.

Mit Schreiben vom 1. September 2016 forderte die VA den Beschwerdegegner im Rahmen eines volksanwaltschaftlichen Prüfverfahrens, welches aufgrund einer gegen den Beschwerdegegner gerichteten Beschwerde des Beschwerdeführers eingeleitet worden war, zur Stellungnahme auf.

Beweiswürdigung: Diese Feststellung ergibt sich aus den unbestrittenen Vorbringen der Parteien und insbesondere aus dem vom Beschwerdegegner vorgelegten Schreiben der VA vom 1. September 2016.

Der Beschwerdegegner antwortete der VA daraufhin mit folgendem Schreiben vom 31. Oktober 2016:

[Anmerkung Bearbeiter: im Original Faksimile/Bilddatei des Schreibens, hier als mit OCR erstellter Textauszug pseudonymisiert auszugsweise wiedergegeben:]

„Sehr geehrter Herr Volksanwalt!

In oben angeführter Angelegenheit erlauben wir uns nach Einholung einer Stellungnahme zu berichten:

Herr Mag. A*** hat erstmalig am 11. Februar 2016 und in weiterer Folge am 24. Februar 2016 eine Z***-lnfusion in der **. Med. Ambulanz in der Krankenanstalt N*** komplikationslos erhalten. Er besuchte am 22. März 2016 neuerlich die **. Med. Ambulanz um eine Infusion verabreicht zu bekommen. Er meldete sich am Schalter der Ambulanz. Routinemäßig wurde er an den lnfusionsraum verwiesen und gebeten, die Unterlagen drüben abzugeben. Leider kam es anscheinend zu einem Missverständnis, da Herr Mag. A*** nicht in den lnfusionsraum ging, sondern davor Platz nahm. Dieses Missverständnis wird bedauert.

Nach ca. 55 Minuten meldete sich Herr Mag. A*** wieder am Schalter der **. Med. Ambulanz. Er beschimpfte die Mitarbeiterin am Schalter, nannte sie faul und inkompetent. Die Situation eskalierte unter Anwesenheit anderer Patientinnen lautstark.

Frau Dr.in Waltraut T*** stellte gegenüber Herrn Mag. A*** dar, dass im öffentlichen Leben auch in Konfliktsituationen ein höflicher Umgangston gepflogen werden sollte. Ein Missverständnis rechtfertige in keinster Weise einen respektlosen Umgangston mit einer persönlichen Beleidigung.

Da sich Herr Mag. A*** auf Grund seiner Aussagen nicht gut betreut fühlte, wurde er von der Ärztin darauf hingewiesen dass es ihm frei stünde, die lnfusionstherapie auch in einer anderen Einrichtung durchzuführen zu lassen . Eine Liste mit lnfusionszentren wurde ihm übergeben.

Die Ärztin ergänzt neuerlich, dass eine aktive Wegweisung von Herrn Mag. A*** in keinster Weise stattgefunden hat. Es wurden, wie schon festgehalten, lediglich Behandlungsalternativen aufgezeigt, an die er sich bei Unzufriedenheit wenden könne.

Herr Mag. A*** wurde ebenfalls durch einen weiteren Arzt im Nebenraum, der das Gespräch mit anhören konnte, darauf hingewiesen, dass ein höflicher Umgangston selbstverständlich sein sollte. Er erinnert sich nicht an alle Details, jedoch daran, dass Frau Dr.in T*** zu dem Patienten gesagt hat: „Wenn sie sich hier nicht gut betreut fühlen, steht es ihnen frei, sich an ein anderes Infusionszentrum zu wenden."

Das von Frau Dr.in T*** geführte Gespräch enthielt keinerlei Beleidigungen oder Anschuldigungen. Von ihr wurde lediglich festgehalten, dass eine gute Patientlnnenversorgung am ehesten in einem Umfeld stattfinden kann, in dem ein respektvoller Umgang miteinander üblich sein solI. Da dieser Umgang im vorliegenden Fall nicht gegeben war wurde Herrn Mag. A*** eine Alternativmöglichkeit aufgezeigt.“

Beweiswürdigung: Dieses Schreiben legte der Beschwerdegegner gleichzeitig mit seiner Stellungnahme vom 26. Mai 2017 vor.

Die VA teilte dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf das Schreiben des Beschwerdegegners vom 31. Oktober 2016 mit, dass weder eine unmenschliche oder entwürdigende Behandlung des Beschwerdeführers noch eine Überschreitung von Kompetenzen durch die Ärztin ersichtlich sei. Die VA schloss ihr Prüfverfahren in dieser Sache ab.

Beweiswürdigung: Diese Feststellung gründet sich insbesondere auf das vom Beschwerdeführer vorgelegte und an ihn adressierte Schreiben der VA vom 30. Jänner 2017.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

D.1. Zur Zuständigkeit der Volksanwaltschaft:

Gemäß Art. 148 a Abs. 1 B-VG kann sich jedermann bei der Volksanwaltschaft wegen behaupteter Missstände in der Verwaltung des Bundes einschließlich dessen Tätigkeit als Träger von Privatrechten, insbesondere wegen einer behaupteten Verletzung in Menschenrechten, beschweren, sofern er von diesen Missständen betroffen ist und soweit ihm ein Rechtsmittel nicht oder nicht mehr zur Verfügung steht. Jede solche Beschwerde ist von der Volksanwaltschaft zu prüfen. Dem Beschwerdeführer sind das Ergebnis der Prüfung sowie die allenfalls getroffenen Veranlassungen mitzuteilen.

Gemäß § 139a WStV ist die Volksanwaltschaft auch für den Bereich der Verwaltung des Landes Wien zuständig.

Die KA N***, in der der Beschwerdeführer behandelt wurde, gehört zum Wiener Krankenanstaltenverbund, der wiederum Teil des Magistrats der Stadt Wien (vgl. § 106 Abs. 1 WStV) ist.

Die VA war also zuständig, die Beschwerde über die Abläufe bei der Anmeldung zur Behandlung des Beschwerdeführers in der **. Medizinischen Ambulanz der KA N*** zu prüfen.

D.2. Vorliegende Datenschutzbeschwerde:

Im vorliegenden datenschutzrechtlichen Beschwerdeverfahren sind die Verfahrensparteien dieselben wie in der vorangegangenen Beschwerde bei der VA.

Der Beschwerdeführer erachtet sich vom Beschwerdegegner in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt, weil dieser die Information über die Behandlung des Beschwerdeführers mit Z***-Infusionen in der KA N*** an die VA weitergeleitet hat. Zu dieser unbestritten erfolgten Weitergabe der Daten ist festzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer zunächst bei der VA gegen den Beschwerdegegner beschwert hatte, woraufhin die VA den Beschwerdegegner zur Stellungnahme aufforderte und die Weitergabe der gegenständlichen Daten somit im Rahmen eines volksanwaltschaftlichen Prüfverfahrens erfolgte.

Nun gilt gemäß Art. 148b Abs. 1 B-VG, dass alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper die Volksanwaltschaft bei der Besorgung ihrer Aufgaben zu unterstützen, ihr Akteneinsicht zu gewähren und auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen haben. Amtsverschwiegenheit besteht nicht gegenüber der Volksanwaltschaft.

Wie der Beschwerdegegner richtig ausführt, ist die Frage, ob eine von der VA verlangte Auskunft erforderlich ist, primär von der VA selbst zu beurteilen; das ersuchte Organ ist nur zur Prüfung befugt, ob die verlangte Auskunft eine Angelegenheit betrifft, die abstrakt in den Kompetenzbereich der VA fällt, nicht hingegen, ob eine Zuständigkeit im konkreten Fall besteht (vgl. dazu Mayer, B-VG4 (2007) Art. 148b I.3..)

Nun wünscht der Beschwerdeführer mit seiner Datenschutzbeschwerde eine Überprüfung dahingehend, ob die nach Aufforderung der VA vom Beschwerdegegner an die VA weitergeleitete Information über die Behandlung des Beschwerdeführers mit Z***-Infusionen für das Prüfverfahren der VA „erforderlich“ war.

Dazu ist ihm die ständige Rechtsprechung der früheren Datenschutzkommission, der Rechtsvorgängerin der jetzigen Datenschutzbehörde, über die Zulässigkeit von Ermittlungshandlungen anderer Behörden entgegenzuhalten:

„Das Beschwerdebegehren, der zuständigen Behörde die Ermittlung von Daten oder Verwendung von Beweismitteln zu verbieten, die sie zur Feststellung eines von ihr zu ermittelnden Sachverhalts zu benötigen glaubt, würde bewirken, dass die Datenschutzkommission - zumindest teilweise - an die Stelle der sachlich zuständigen Behörde tritt und im Umwege über den Abspruch über die Zulässigkeit von Sachverhaltsermittlungen eine sachliche Allzuständigkeit arrogiert. Dass dies angesichts des Grundsatzes der festen Zuständigkeitsverteilung zwischen staatlichen Organen und dem Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht zulässig sein kann, ist evident. Die Datenschutzkommission geht daher davon aus, dass ihre Zuständigkeit zur Beurteilung der Zulässigkeit der Datenermittlung in Verwaltungsverfahren auf das Übermaßverbot beschränkt ist: Wenn es denkmöglich ist, dass die von einer in der Sache zuständigen Behörde ermittelten Daten nach Art und Inhalt für die Feststellung des relevanten Sachverhalts geeignet sind, ist die Zulässigkeit der Ermittlung aus datenschutzrechtlicher Sicht gegeben. Die Inanspruchnahme einer tiefer gehenden Beurteilung der Eignung der von der sachlich zuständigen Behörde gewählten Ermittlungsschritte würde einen Eingriff in die sachliche Zuständigkeit der ermittelnden Behörde bewirken, der gegen das aus dem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter abzuleitende Prinzip der präzisen Abgrenzung der Behördenzuständigkeit nach objektiven Kriterien (VfSlg 3156, 8349), in exakter (VfSlg 9937, 10.311) und eindeutigen Weise (VfSlg 11.288, 13.029, 13.816) verstößt.“

Wenngleich diese Judikatur für Behörden, also für Staatsorgane der Vollziehung und der Gerichtsbarkeit, entwickelt wurde, ist sie auch auf die Ermittlungshandlungen in Prüfverfahren der Volksanwaltschaft, die ein Hilfsorgan der gesetzgebenden Gewalt ist (vgl. dazu Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 (2015), Rz 1255), zu übertragen. Auch im vorliegenden Fall gilt nämlich, dass die vom Beschwerdeführer gewünschte Überprüfung, ob die gegenständlichen Gesundheitsdaten für den von der VA zu ermittelnden Sachverhalt „erforderlich“ waren, letztendlich bewirken würde, dass die Datenschutzbehörde an die Stelle der hier sachlich zuständigen Volksanwaltschaft, deren verfassungsrechtlich eingeräumte Aufgabe die Überprüfung von behaupteten Missständen in der Verwaltung ist, tritt. Eine solche Umgehung der Zuständigkeit der VA kann dem Verfassungsgesetzgeber aber nicht unterstellt werden.

Nun ist die Information, dass der Beschwerdeführer mit Z***-Infusionen behandelt worden war, zweifellos dazu geeignet, festzustellen, ob die etwaige Verweigerung der Behandlung mit Z***-Infusionen durch eine Wegweisung des Beschwerdeführers aus der KA N*** tatsächlich gegen Art. 3 EMRK verstoßen könnte, wenn etwa die KA N*** die einzige Krankenanstalt wäre, die diese Behandlung anbieten würde.

Im Sinne der zitierten Judikatur war es also denkmöglich, dass die von der VA ermittelten, gegenständlichen Gesundheitsdaten für die Feststellung des relevanten Sachverhalts durch die VA geeignet waren. Aus diesem Grund war die Weiterleitung der Information über die Behandlung des Beschwerdeführers mit Z***-Infusionen auf Verlangen der VA (ebenso wie die Verwendung dieser Daten durch die VA selbst) aus datenschutzrechtlicher Sicht zulässig.

Im Zusammenhang mit dem von der VA an den Beschwerdegegner gerichteten Auskunftsersuchen ist außerdem festzuhalten, dass sich der Beschwerdegegner gegenüber der VA gar nicht auf Amtsverschwiegenheit berufen hätte dürfen (vgl. dazu Art. 148b Abs. 1 letzter Satz B-VG: „Amtsverschwiegenheit besteht nicht gegenüber der Volksanwaltschaft.“, vgl. in diesem Sinne auch Mayer, B-VG4 (2007) Art. 148b I.4.) Überdies unterliegt die Volksanwaltschaft der Amtsverschwiegenheit im gleichen Umfang wie der Beschwerdegegner (Art. 148 b Abs. 2 B-VG).

Wenn der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Amtsverschwiegenheit auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1986, Zl. 85/14/0007 verweist, ist daraus für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, da es sich bei dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhalt um ein abgabenbehördliches Verfahren handelte, das daher für den vorliegenden Fall nicht einschlägig ist.

Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Schreiben des Patientenombudsmanns der Ärztekammer für Wien vom 10. März 2017, in welchem ausgeführt wurde, dass die Erwähnung der „Z*** Infusion“ nicht notwendig gewesen sei, kann die Ansicht des Beschwerdeführers nicht stützen. Zum Einen ist dieses Schreiben dem Beschwerdegegner – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – gar nicht zurechenbar, zum Anderen kommt aber auch der Patientenombudsmann der Ärztekammer für Wien zutreffend zum Ergebnis, dass keine Rechtsverletzung vorliegt, da der Beschwerdegegner die Information an keinen Dritten weitergegeben hat.

Schlagworte

Geheimhaltung, Krankenanstalt, Krankenanstaltenträger, Gesundheitsdaten, Übermittlung an Volksanwaltschaft, Prüfverfahren der Volksanwaltschaft, Notwendigkeit, relevanter Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:DSB:2017:DSB.D122.706.0005.DSB.2017

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2018
Quelle: Datenschutzbehörde Dsb, https://www.dsb.gv.at
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