TE Dsk BescheidWissenschaftStatistikArchiv 2017/11/24 DSB-D202.197/0003-DSB/2017

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Veröffentlicht am 24.11.2017
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Norm

DSG 2000 §46 Abs3
DSG 2000 §46 Abs3a
StAG §12
Stmk ArchivG §12
StAG §13 Abs3
Stmk ArchivG §13 Abs3
StAG §14 Abs1
Stmk ArchivG §14 Abs1
StAG §14 Abs3
Stmk ArchivG §14 Abs3
StAG §16 Abs4
Stmk ArchivG §16 Abs4
StDSG §31 Abs3

Text

GZ: DSB-D202.197/0003-DSB/2017 vom 24.11.2017

[Anmerkung Bearbeiter: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

BESCHEID

SPRUCH

Die Datenschutzbehörde entscheidet über den Antrag der A***-Wissenschafts-Gesellschaft, A***-Institut für ***forschung (Antragstellerin), vom 27. Oktober 2017 auf Erteilung einer Genehmigung gemäß § 46 Abs. 3 DSG 2000 wie folgt:

?    Der Antrag wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: § 46 Abs. 3 und 3a des Datenschutzgesetzes 2000 – DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF, sowie §§ 12, 13, 14, 16 und 18 des Steiermärkischen Archivgesetzes – StAG, LGBl. Nr. 59/2013 idgF.

BEGRÜNDUNG

A. Verfahrensgang und Feststellungen

1. Begehrt wird die Nutzung der Meldekarteien zum Lager Liebenau für das Forschungsprojekt „Das Lager Liebenau in der NS-Zeit“. Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten von mehreren Personen wie Lagerpersonal und Insassen. Die Meldekarteien werden von der Stadtmuseum Graz GmbH als Trägerin des Grazer Stadtarchives verwahrt.

Dem Antrag beigelegt ist eine Erklärung der Stadtmuseum Graz GmbH nach § 46 Abs. 3a DSG 2000, in welcher ausgeführt wird, dass die betroffenen Datenbestände der Antragstellerin im Wege der Einsicht zur Verfügung gestellt werden, „wenn die Österreichische Datenschutzbehörde die Verwendung der Daten gemäß § 46 DSG 2000 bzw. § 31 Steiermärkisches Datenschutzgesetz (StDSG) genehmigt.“

2. Mit Mangelbehebungsauftrag vom 31. Oktober 2017 wurde der Antragstellerin, unter Hinweis auf die Rechtsprechung der ehemaligen Datenschutzkommission, aufgetragen, innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Erhalt eine Erklärung nach § 46 Abs. 3a DSG 2000, die nicht an die Auflage einer Genehmigung durch die Datenschutzbehörde geknüpft ist, vorzulegen. Des Weiteren wurde die Antragstellerin aufgefordert klarzustellen, ob Gegenstand der Forschung noch lebende Personen sind ober ob davon auszugehen ist, dass diese Personen bereits verstorben sind.

3. Am 10. November 2017 langte eine Stellungnahme von der Stadtmuseum Graz GmbH (datiert mit 9. November 2017) ein, in welcher diese – zusammengefasst und unter Berufung auf die einschlägigen Landesvorschriften – ausführt, dass sie Einsicht in ihre Datenbestände nur dann gewähren könne, wenn der beantragten Nutzung nicht „gesetzliche Bestimmungen“ entgegenstehen. Der Einsichtswerber als Empfänger von Daten habe seine rechtliche Befugnis glaubhaft zu machen, die wiederum dadurch zu erfolgen habe, als eine Entscheidung der Datenschutzbehörde nach § 46 Abs. 3 DSG 2000 eingeholt werde. Insofern könne eine Erklärung nach § 46 Abs. 3a DSG 2000 nur unter dieser Auflage erfolgen. Im Übrigen wurde ausgeführt, dass der Datenbestand Daten von Personen der Geburtsjahrgänge bis 1945 enthalte, weshalb davon auszugehen sei, dass noch lebende Personen Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung seien.

4. Die Antragstellerin teilte mit Eingabe vom 21. November 2017 mit, dass sie sich den Ausführungen der Stadtmuseum Graz GmbH anschließe.

5. Eine Bewilligung über die Nutzung der verfahrensgegenständlichen Archivbestände nach den Bestimmungen des StAG liegt nicht vor.

Beweiswürdigung: Die Feststellungen ergeben sich aus den zitierten Dokumenten.

B. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. § 46 Abs. 3a DSG 2000 verlangt zwingend, dass der Antragsteller einer Genehmigung nach § 46 Abs. 3 DSG 2000 eine formell unterfertigte Erklärung des Verfügungsbefugten über die Datenbestände, aus denen Daten verwendet werden sollen, wonach letzterer dem Antragsteller die Daten zur Verfügung stellt, vorzulegen hat.

Im vorliegenden Fall liegt lediglich die oben zitierte Mitteilung der Stadtmuseum Graz GmbH vor, eine Genehmigung der Datenschutzbehörde einzuholen, da diese nach Ansicht dieses Verfügungsbefugten eine konstitutive Grundlage einer Einsicht in das Archivgut ist.

2. Schon nach alter Rechtslage (§ 46 DSG 2000 in der Stammfassung) war jedoch klar, dass der Auftraggeber, dessen Datenbestände für wissenschaftliche oder statistische Zwecke ausgewertet werden sollen, stets autonom auf Basis der geltenden Gesetze über die „Zurverfügungstellung“ von Daten entscheidet. Die Datenschutzbehörde kann durch eine Genehmigung nach § 46 Abs. 3 DSG 2000 keinen Auftraggeber hiezu verpflichten. Um ins Leere gehende Genehmigungen zu verhindern, hat der Gesetzgeber daher durch BGBl. I Nr. 133/2009 den Abs. 3a eingefügt, wonach der Antragsteller vorab und unterschriftlich die Zustimmung des für den wissenschaftlich oder statistisch auszuwertenden Datenbestand verantwortlichen Auftraggebers einzuholen hat (vgl. dazu den Bescheid der Datenschutzkommission vom 21. Oktober 2011, GZ K202.105/0005-DSK/2011).

Es ist daher vor Befassung der Datenschutzbehörde klären, ob der Zugang zum verfahrensgegenständlichen Archivgut auf Basis des StAG, konkret dessen §§ 13 und 14, zulässig ist. Gegenstand einer Genehmigung nach § 46 Abs. 3 DSG 2000 kann nämlich nur die Genehmigung zur automationsunterstützten Verarbeitung von Daten lebender Betroffener durch den Forscher bzw. den datenschutzrechtlich verantwortlichen Auftraggeber sein. Dies wird etwa dann der Fall sein, wenn Daten einer für andere Zwecke bestehende Datenanwendung für Forschungszwecke analysiert oder wenn personenbezogene Daten aus (Papier-) Akten oder Archivgut für Forschungszwecke systematisch datenbankmäßig oder tabellarisch erfasst, verglichen, geordnet oder in sonstiger Weise ausgewertet und benützt werden sollen (vgl. dazu den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 21. November 2017, GZ DSB-D202.189/0004-DSB/2017). Die Frage, ob ein datenschutzrechtlicher Auftraggeber bzw. der Forscher Zugang zu oder Einsicht in zu verwendende Datenbestände erhält, ist hingegen gerade nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 46 Abs. 3 DSG 2000 (vgl. dazu Suda, Datenverwendung für wissenschaftliche Forschung und Statistik, in Bauer/Reimer (Hrsg.) Handbuch Datenschutzrecht [2009] 304 mwN).

3. Bei diesem Ergebnis kann es dahingestellt bleiben, ob der verfahrensgegenständliche Antrag nach § 46 Abs. 3 DSG 2000 oder nach § 31 Abs. 3 StDSG zu beurteilen ist. Zwar enthält § 31 StDSG, anders als § 46 DSG 2000, keine dem § 46 Abs. 3a DSG 2000 vergleichbare Bestimmung; jedoch ist unter Zugrundelegung der einschlägigen Rechtsprechung davon auszugehen, dass § 46 Abs. 3a DSG 2000 lediglich klarstellenden Charakter hat und ein Verfügungsbefugter jedenfalls verpflichtet ist, autonom über den Zugang zu Datenbeständen zu entscheiden (vgl. dazu nochmals den Bescheid 21. Oktober 2011). Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die verfahrensgegenständlichen Daten einer automationsunterstützten Bearbeitung unterzogen werden sollen, sodass jedenfalls die Bestimmungen des DSG 2000 gegenüber jenen des StDSG prävalieren.

4. Der Antrag war daher, mangels Vorliegen einer geeigneten Erklärung nach § 46 Abs. 3a DSG 2000, die jedoch zwingende Voraussetzung für eine Entscheidung nach § 46 Abs. 3 leg. cit. ist, spruchgemäß zurückzuweisen.

Eine Aufforderung zur Entrichtung der Gebühr entfällt nach § 2 Z 3 GebG.

Schlagworte

Datenverwendung für wissenschaftliche Forschung und Statistik, zeitgeschichtliche Forschung, Archivgut, Meldekarteien, Genehmigung der Nutzung von Archivgut

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:DSB:2017:DSB.D202.197.0003.DSB.2017

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2018
Quelle: Datenschutzbehörde Dsb, https://www.dsb.gv.at
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