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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ASchG 1994 §118;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des T in R, vertreten durch die Hochleitner Rechtsanwälte GmbH in 4320 Perg, Herrenstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 10. August 2017, Zl. LVwG-301525/15/Kl/PP, betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Perg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Der Revisionswerber wurde gemäß § 9 Abs. 4 BauV iVm §§ 130 Abs. 1 Z 5 und 118 Abs. 3 ASchG bestraft, weil er als verantwortlicher Beauftragter der Arbeitgeberin B-GmbH zu verantworten habe, dass zwei Arbeitnehmer auf einer Baustelle im ersten Obergeschoß bei einer Absturzhöhe von ca. 4 m den Bereich zwischen Abgrenzung und Absturzkante für Montagearbeiten betreten hätten, ohne sicher angeseilt gewesen zu sein.
5 In der Zulässigkeitsbegründung vertritt der Revisionswerber zusammengefasst den Standpunkt, im vorliegenden Fall wäre die Bestimmung des § 7 Abs. 5 BauV anzuwenden, was vom Verwaltungsgericht unter Bezug auf VwGH 5.8.2009, 2008/02/0074, zu Unrecht verneint worden sei.
6 § 7 Abs. 5 BauV lautet:
"(5) Werden Stockwerksdecken hergestellt oder werden von
Stockwerksdecken aus die Wände errichtet, können
1. bei Mauern über die Hand von der Stockwerksdecke aus
zur Herstellung von Giebelmauern, Trempelwänden und
Mauerwerksbänken bis zu einer Absturzhöhe von 7,00 m,
2. bei sonstigen Arbeiten mit Blick zur Absturzkante bis
zu einer Absturzhöhe von 5,00 m
Absturzsicherungen, Abgrenzungen und Schutzeinrichtungen
entfallen, wenn die Arbeiten von unterwiesenen, erfahrenen und
körperlich geeigneten Arbeitnehmern durchgeführt werden. In diesem
Fall kann auch die Sicherung der Arbeitnehmer durch geeignete
persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz entfallen. Abs. 2 Z 1
bleibt unberührt."
7 In zitierten Erkenntnis vom 5.8.2009 hat der Verwaltungsgerichtshof unter anderem ausgeführt:
"Soweit der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge von einer Anwendung des § 7 Abs. 5 BauV im vorliegenden Fall ausgeht, ist er darauf zu verweisen, dass selbst nach den Behauptungen in der Beschwerde keine Errichtungsarbeiten durchgeführt wurden, sondern diese erst nach den Abbrucharbeiten, während derer keine Absicherung durchgeführt wurde, hätten begonnen werden sollen. Da § 7 Abs. 5 BauV aber die aktuelle ‚Herstellung' oder ‚Errichtung' im Auge hat, sind vorangehende Vorbereitungs- bzw. Abbrucharbeiten nicht von dieser Bestimmung umfasst."
8 Den Feststellungen im vorliegenden Fall folgend haben die Arbeitnehmer der B-GmbH weder Stockwerksdecken hergestellt noch Wände errichtet, sie haben vielmehr Vermessungen durchgeführt und Markierungen für die künftig zu errichtenden Glasfassaden durchgeführt.
9 Der Ansicht des Verwaltungsgerichtes kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn es diese Tätigkeiten im Sinne der dargestellten Judikatur als Vorbereitungsarbeiten wertete, die von den eigentlichen Errichtungsarbeiten abzugrenzen sind und den Sachverhalt nicht der Bestimmung des § 7 Abs. 5 BauV unterstellte.
10 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017020238.L00Im RIS seit
04.01.2018Zuletzt aktualisiert am
29.01.2018