TE Vwgh Erkenntnis 2000/6/21 99/09/0027

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Veröffentlicht am 21.06.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der D in Wien, vertreten durch Dr. Michael Prager, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. Dezember 1998, Zl. UVS-07/A/37/00460/97, betreffend Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen angefochtenen Bescheid vom 4. Dezember 1998 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen das Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 16. Wiener Gemeindebezirk vom 23. Juni 1997 abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Beschwerdeführerin zur Last gelegt werde, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen Berufene der WRS Wohnraumbeschaffungsbau- und Bauträger Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Wien XVI., Brunnengasse 20, zu verantworten, dass diese Gesellschaft auf der Baustelle in Wien XVII., Lacknergasse 23, am 15. und 16. Jänner 1997 sechs namentlich genannte polnische Staatsangehörige mit der Durchführung von Bauhilfsarbeiten beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder gültige Beschäftigungsbewilligungen erteilt noch Anzeigebestätigungen ausgestellt worden seien und die Ausländer auch nicht über gültige Arbeitserlaubnisse oder gültige Befreiungscheine verfügt hätten. Sie habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i. V.m. § 3 Abs. 1 AuslBG verletzt. Nach dem Spruch der belangten Behörde blieb es bei den mit dem bekämpften Straferkenntnis ausgesprochenen sechs Geldstrafen a S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je einer Woche) samt Kostenersatz. Dem lag sachverhaltsmäßig zu Grunde, dass auf der genannten Baustelle sechs namentlich angeführte Ausländer von Kontrollorganen des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten angetroffen worden seien, von denen einer mit dem Abschaufeln des Daches von Schnee beschäftigt gewesen sei, zwei von ihnen hätten auf dem Dachboden Schutt geräumt, zwei seien mit dem Einbau eines Dachflächenfensters beschäftigt gewesen, der Sechste habe Baumaterial auf den Dachboden getragen. Die von der Beschwerdeführerin vertretene Gesellschaft habe einen Teil des an sie erteilten Auftrages als Generalunternehmer an eine Krak Ges.m.b.H. mit Sitz in 1060 Wien, Kaunitzgasse 14, weitergegeben, die die angeführten Ausländer mit den geschilderten Tätigkeiten beauftragt habe. Rechtlich kam die belangte Behörde zu dem Schluss, nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen seien die Arbeitskräfte von der Firma Krak Ges.m.b.H. der von der Beschwerdeführerin vertretenen Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden. Ausgehend von dem wahren wirtschaftlichen Gehalt habe es sich bei dem zwischen den beiden Gesellschaften abgeschlossenen Vertrag nicht um einen "echten Werkvertrag" gehandelt. Vielmehr sei die von der Beschwerdeführerin vertretene Gesellschaft als Beschäftiger im Sinne des § 2 Abs. 3 lit. d AuslBG anzusehen gewesen (während die Erstbehörde sie noch als Generalunternehmer im Sinn des § 28 Abs. 6 AuslBG qualifiziert hatte). Zur subjektiven Tatseite führte die belangte Behörde nach Darlegung der Rechtslage zu § 5 Abs. 1 VStG aus, bei der Annahme einer grundsätzlichen Verantwortung des Arbeitgebers für die im Zusammenhang mit dem Betrieb stehenden Verwaltungsübertretungen dürfe nicht übersehen werden, dass dem Unternehmer die Weitergabe einzelner Angelegenheiten an andere Personen in Selbstverantwortung zugestanden werden müsse. Ob der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit sei, hänge im Einzelfall davon ab, ob er den Nachweis zu erbringen vermöge, dass er Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten ließen. Dabei reiche die Erteilung bloßer Weisungen nicht aus, entscheidend sei vielmehr, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisung erfolge. Für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers werde eine stichprobenartige Überwachung des Bevollmächtigten ebenso als nicht ausreichend erachtet wie die bloße Erteilung von Weisungen. Entscheidend sei eine wirksame Kontrolle, wobei das Kontrollsystem darzutun sei. Ein solches Vorbringen sei von der Beschwerdeführerin jedoch nicht erstattet worden, sodass vom Vorliegen der subjektiven Tatseite zumindest in der Form fahrlässigen Verhaltens auszugehen sei. Durch privatrechtliche Vereinbarung könne sich niemand der strafrechtlichen Verantwortlichkeit entziehen.

Im Rahmen der Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, gemäß § 19 Abs. 2 VStG seien im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmten, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens sei besonders Bedacht zu nehmen. Das Gebot des § 3 Abs. 1 AuslBG, einen ausländischen Arbeitnehmer ohne behördliche Bewilligung nicht zu beschäftigen, diene dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Arbeitsmarktes und dem Schutz der inländischen Arbeitnehmer. Die illegale Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte führe weiters auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu schweren volkswirtschaftlichen Schäden und zu einer Wettbewerbsverzerrung. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat sei daher keinesfalls als geringfügig zu bezeichnen. Auch das Verschulden der Beschwerdeführerin könne nicht als geringfügig eingestuft werden, weil weder hervorgekommen, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen gewesen sei, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Zum Tatzeitpunkt seien vielmehr bereits mehrere, wenn auch nicht einschlägige rechtskräftige Verwaltungsvormerkungen vorgelegen, sodass der Beschwerdeführerin der Milderungsgrund der Unbescholtenheit (entgegen der von der Behörde erster Instanz vertretenen Ansicht) nicht zugute komme. Andererseits werde die mangelnde Anmeldung der Ausländer zur Sozialversicherung (im Gegensatz zur Behörde erster Instanz) nicht als erschwerend berücksichtigt. Als erschwerend sei gemäß § 28 Abs. 5 AuslBG lediglich zu werten gewesen, dass die Ausländer erheblich unter dem kollektivvertraglich zulässigen Mindestlohn entlohnt worden seien. Es sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass die Beschwerdeführerin im Hinblick auf ein Bruttomonatseinkommen von S 13.000,-- unterdurchschnittliche Einkommensverhältnisse vorzuweisen gehabt habe. Im Hinblick auf den Strafrahmen und die angeführten Strafzumessungsgründe, insbesondere Wegfall eines Milderungsgrundes und Hinzutreten eines Erschwerungsgrundes, sei die erstinstanzliche Strafbemessung trotz der ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin aus general- und spezialpräventiven Gründen zu bestätigen gewesen.

Gegen diesen Bescheid, jedoch ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Strafe, richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf angemessene Bestrafung und fehlerfreie Handhabung des § 19 VStG verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 895/1995 begeht, soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlungen bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) erteilt oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ... bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von S 10.000,-- bis zu S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis zu S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 20.000,-- bis zu S 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 40.000,-- bis zu S 240.000,--.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die Strafbemessung nach dem dritten Strafsatz (S 20.000,-- bis zu S 120.000,--) zu erfolgen hatte.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Strafbemessungskriterien wurden von der belangten Behörde bereits zutreffend zitiert. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet die diesbezüglichen Erwägungen der belangten Behörde nicht als rechtswidrig. Angesichts der Beschwerdeausführungen bleibt lediglich der Hinweis auf Folgendes:

Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1980, Slg. 10077/A). Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Dabei ist es Sache der Behörde, die für die Strafzumessung maßgebenden Erwägungen darzustellen, um so dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit zur Überprüfung zu eröffnen, ob vom Ermessen gesetzesgemäß Gebrauch gemacht worden ist. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet wäre, nur die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen.

In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass die belangte Behörde im Rahmen der Strafbemessung nicht - wie ihr dies in der Beschwerde zum Vorwurf gemacht wird - von der Verschuldensform des Vorsatzes, sondern ohnedies von der Verschuldensform der Fahrlässigkeit ausgegangen ist. Jene Ausführungen in der Beschwerde, die sich daher auf die Vermutung stützen, die belangte Behörde habe der Beschwerdeführerin vorsätzliches Handeln zum Vorwurf gemacht, gehen daher ins Leere. Anhaltspunkte für das Vorliegen schuldausschließender oder diesen nahe kommender Umstände ergab das Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde nicht. Insbesondere wurde auch von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nie behauptet, an der Einhaltung der arbeitsmarktrechtlichen Vorschriften gehindert gewesen zu sein.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die von ihr festgesetzten Strafen zum einen damit begründet, die Beschwerdeführerin habe dem Schutzzweck des AuslBG in nicht unerheblichem Ausmaß zuwidergehandelt (§ 19 Abs. 1 VStG). Zum anderen wurde die unterkollektivvertragliche Entlohnung der ausländischen Arbeiter als erschwerend gewertet (§ 19 Abs. 2 Satz 1 VStG). Milderungsgründe hat die belangte Behörde im Beschwerdefall durch Vorhandensein mehrerer (insgesamt neun, wenn auch nicht einschlägiger - § 103 KFG) verwaltungsrechtlicher Vorstrafen nicht mehr als gegeben erachtet. Diesem Teil der Ermessensüberlegungen ist die Beschwerdeführerin zwar entgegengetreten, aus dem Akteninhalt lässt sich diese von der belangten Behörde herangezogene Tatsache aber verifizieren. Dem Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht erkennbar, dass die belangte Behörde diesbezüglich rechtswidrig vorgegangen wäre.

Es ist auch kein Fehler in der Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse (§ 19 Abs. 2 letzter Satz VStG) der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde festzustellen.

Wenn die belangte Behörde im Rahmen einer Gesamtwertung aller für die Strafbemessung maßgeblichen Umstände (also einschließlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin) im Beschwerdefall zu einer Bestrafung im unteren Drittel des Strafrahmens gekommen ist, dann hat sie das Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt. Umstände, die eine außerordentliche Milderung der Strafe im Sinne des § 20 VStG gerechtfertigt hätten, wurden nicht vorgebracht.

Zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Höhe der Geldstrafen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 1994, B 1908/93, hingewiesen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Juni 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999090027.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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