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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §232;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der F Ges.m.b.H. & Co KG, vertreten durch Dr. R und Dr. M, Rechtsanwälte in H, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 27. April 1995, Zl. B-W-1-6/95, betreffend einen Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Die Beschwerdeführerin betrieb das Gewerbe der Erzeugung von Spirituosen, Sekt, Fruchtsäften und Destillaten in Form eines Industriebetriebs und exportierte ihre Erzeugnisse großteils. Für exportierte Branntweinerzeugnisse wurden der Beschwerdeführerin auf Grund von Ausfuhrerklärungen Ausfuhrvergütungsbeträge in der Höhe von S 150,292.388 für den Zeitraum 1. Juli 1988 bis 30. Juni 1993 für eine Menge von 2,137.286,7 l Weingeist erstattet. Auf Grund von Anzeigen der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz wurden gegen den Geschäftsführer der Komplementär-Ges.m.b.H. der Beschwerdeführerin gerichtliche Voruntersuchungen wegen des Verdachtes des schweren Betruges und des Vergehens nach dem Lebensmittelgesetz geführt. Im Zuge der Erhebungen gab der Geschäftsführer an, den für den Export vorgesehenen Destillaten Aromastoffe, Chemikalien und Methylalkohol beigesetzt zu haben. Aus finanzstrafgerichtlichen Erhebungen zogen die Abgabenbehörden den Schluss, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 1. Juli 1988 bis 30. Juni 1993 in ihrem Betrieb umfangreiche Mengen an Methanol, Chemikalien, Aromastoffen und Essenzen eingesetzt habe. Der Geschäftsführer der Komplementär-Ges.m.b.H. der Beschwerdeführerin verwies demgegenüber auf Exporte von Methanol, die durch eine Bestätigung einer Firma in Zagreb belegt werden sollten. Die Erhebungsergebnisse der Abgabenbehörden wurden der ausgewiesenen steuerlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin gemeinsam mit den Erwägungen, warum die Finanzstrafbehörde die angeblichen Methanolexporte in Zweifel zog, zur Kenntnis gebracht. Der Vorhalt blieb unbeantwortet.
2. Mit Bescheid vom 31. Oktober 1994 ordnete das Finanzamt Leibnitz als Abgabenbehörde erster Instanz die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Beschwerdeführerin gemäß § 232 BAO zur Sicherung zu Unrecht in Anspruch genommener Ausfuhrvergütungen für exportierte Branntweinerzeugnisse in den Wirtschaftsjahren 1988/89 bis 1992/93 in der Höhe von
S 3,795.023,-- an. Begründet wurde dieser Bescheid hinsichtlich der gemäß § 232 BAO erforderlichen "Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe" insbesondere unter Hinweis auf den starken Betriebsrückgang, der einen Rückgang der Zahlungsfähigkeit erwarten lasse, und damit, dass Vermögenswerte in der Höhe der Nachforderung nicht aktenkundig seien. Eine Ermittlung der zu Unrecht bezogenen Ausfuhrvergütungen wurde beigelegt.
3. Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erging der nunmehr angefochtene Bescheid der belangten Behörde. Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Abgabenbehörde gemäß § 232 Abs. 1 BAO, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpften, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststehe, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen könne, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige könne durch Erlag eines von der Abgabebehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterblieben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben würden. Nach Darstellung des erforderlichen Inhalts eines Sicherstellungsauftrages gemäß § 232 Abs. 2 BAO und Hinweisen auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 232 BAO wird weiters ausgeführt, dass gemäß § 4 Abs. 1 BAO der Abgabenanspruch (hier der Rückforderungsanspruch) entstehe, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Abgabepflicht (hier die Rückzahlungspflicht) knüpfe. Tatbestand im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung sei im vorliegenden Fall die Gewährung von Ausfuhrvergütungen für exportierte Branntweinerzeugnisse, für die die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen keinen Erstattungsanspruch vermittelten. Zum Einwand der Beschwerdeführerin, dass die Abgabenansprüche nicht entstanden seien, wird unter Hinweis auf § 105 Branntweinmonopolgesetz 1922 und die §§ 132 ff der Branntweinverwertungsordnung ausgeführt, dass gemäß § 146 Abs. 2 der Branntweinverwertungsordnung der Versender im erforderlichen Begleitpapier unter anderem zu versichern habe, dass dem auszuführenden Branntwein oder Erzeugnissen daraus kein Methylalkohol, Äther oder ein anderer Stoff, der eine hinreichend zuverlässige Feststellung der Weingeistmenge verhindere, beigemischt worden sei. Die Abgabenbehörde habe im gegenständlichen Fall zu Recht davon ausgehen können, dass der mengenmäßig unbestrittene, anhand von Lieferantenaufstellungen und den Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin ermittelte Wareneinsatz an Methanol, Aromen und Chemikalien den exportierten Destillaten beigesetzt worden sei. In diesem Zusammenhang wird im angefochtenen Bescheid auch näher dargestellt, anlässlich welcher Proben welche Feststellungen hinsichtlich des Gehalts an Methanol und Methylsäureesther getroffen worden seien. Aus einem Gutachten der Technischen Untersuchungsanstalt der Bundesfinanzverwaltung wird die Aussage zitiert, dass der Zusatz der Chemikalien zu Branntwein eine Erniedrigung der Dichte und damit ein Vortäuschen von Alkohol bewirke. Je nach der jeweiligen Dichte der Chemikalie werde eine bestimmte Menge an Alkohol vorgetäuscht. In dem Gutachten werde auch dargestellt, wie der Zusatz von Methanol den lW-Gehalt der Branntweinerzeugnisse und damit die in Anspruch genommenen Ausfuhrvergütungen beeinflusse. Die Verwendung der Chemikalien sei einerseits vom Geschäftsführer der Komplementär-Ges.m.b.H. zugegeben worden, zum anderen sei auf Grund der bei der Beschwerdeführerin gezogenen Probe schlüssig festgestellt worden, dass im Ausgangsdestillat Methanol und Milchsäureethylester in weit erhöhter Konzentration enthalten gewesen sein mussten. In der Folge wird näher dargelegt, weshalb die Behauptung der Beschwerdeführerin, 13.000 kg Methanol an die Fa. V in Zagreb exportiert zu haben, unglaubwürdig sei.
Der von der Beschwerdeführerin gezogene Schluss, die erteilten Bewilligungen auf Herabsetzung des Anteils an Obstdestillaten von 30 % auf 10 % beinhalte eine Zustimmung des Bundesministers für Finanzen, dieser Ware chemische Gärungsnebenprodukte beizumengen, sei nicht nachvollziehbar. Die Beschwerdeführerin sei offenbar selbst nicht von einer derartigen konkludent erteilten Zustimmung ausgegangen, was sich schon aus den von ihr gestellten Erstattungsansuchen, in denen sie beständig im Sinne des § 146 Abs. 2 der Branntweinverwertungsordnung versichert habe, keine Stoffe zugesetzt zu haben, die eine zuverlässige Feststellung des Weingeistgehaltes der Ware verhindern, erweise. Überdies sei die Bewilligung auf Herabsetzung nach Bekanntwerden der Verdachtsmomente auf Spirituosenverfälschung seitens des Bundesministers für Finanzen nicht mehr erteilt worden. Zum Vorbringen, es wären nur Essenzen beigemengt worden, für die Monopolabgabe entrichtet worden sei, wird ausgeführt, dass nach § 146 Abs. 2 Branntweinverwertungsordnung die Beimengung jeglicher Stoffe unzulässig sei, welche eine hinreichend zuverlässige Feststellung der Weingeistmenge verhinderten. Es sei nicht maßgeblich, ob für die beigefügten Stoffe Monopolabgabe entrichtet worden sei oder nicht.
Das Recht, auch die für das Jahr 1988 gewährten Vergütungen rückzufordern, ergebe sich aus der Tatsache, dass innerhalb der in § 207 Abs. 4 BAO festgelegten Verjährungsfrist eine Unterbrechungshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO gesetzt worden sei (Auskunftsersuchen an das Landesgericht für Strafsachen am 5. Oktober 1993).
Zu den Tatbestandsvoraussetzungen der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit gemäß § 232 BAO wird ausgeführt, dass das Bekanntwerden des Verdachts der Spirituosenverfälschung in den Medien der Reputation der Beschwerdeführerin aktenkundig geschadet habe und bereits für das Wirtschaftsjahr 1992/93 lediglich S 13,352.287,-- an Ausfuhrvergütungen (gegenüber 1991/92: S 72,474.157;--) beantragt worden seien. Im Zusammenhang mit den monopolbehördlich erteilten Auflagen und dem Widerruf der Genehmigung zur Herabsetzung des Destillatanteiles habe die Beschwerdeführerin selbst von schwer zu verkraftenden wirtschaftlichen Nachteilen und einem Auftragsrückgang bis zu 80 % gesprochen. Die Abgabenbehörde habe daher davon ausgehen können, dass auf Grund der wirtschaftlichen Lage und dem starken Betriebsrückgang nur bei raschem Zugriff die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert sei. Die Beschwerdeführerin habe in der Berufung gegen die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung auch nichts vorgebracht.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der - erkennbar - Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die BAO ist gemäß § 2 lit. a BAO auch in Angelegenheiten der von den Abgabenbehörden des Bundes zuzuerkennenden oder rückzufordernden bundesrechtlich geregelten Erstattungen, Vergütungen und Abgeltungen von Abgaben und Beiträgen und gemäß § 2 lit. b BAO (u.a.) in den Angelegenheiten des Alkoholmonopols, soweit die Abgabenbehörden des Bundes nach den diese Monopole regelnden Vorschriften behördliche Aufgaben zu besorgen haben, anzuwenden.
§ 232 BAO lautet:
"§ 232. (1) Die Abgabenbehörde kann, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
(2) Der Sicherstellungsauftrag (Abs. 1) hat zu enthalten:
a)
die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld;
b)
die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt;
c) den Vermerk, dass die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden kann;
d) die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige erwirken kann, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden."
2. Gemäß § 105 Branntweinmonopolgesetz 1922, dRGBl. I 1922,
S. 405, kann bei der Ausfuhr von Branntweinerzeugnissen nach näheren Bestimmungen des Bundesministers für Finanzen der Verkaufspreis ermäßigt oder erstattet werden. In gleicher Weise kann bei der Ausfuhr von Branntwein, der dem Branntweinaufschlag oder dem Monopolausgleich unterlegen ist, oder Erzeugnissen aus solchem Branntwein der Branntweinaufschlag oder der Monopolausgleich vergütet werden. Die Ausführungsbestimmungen zu § 105 Branntweinmonopolgesetz 1922 finden sich in den §§ 132 ff der Branntweinverwertungsordnung, Anlage 2 zu den Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über das Branntweinmonopol, RGBl. 1922 I, S. 405, Verordnung vom 12. September 1922, Zentralblatt für das Deutsche Reich S. 707, in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Branntweinverwertungsordnung RGBl. 1939 I, S. 1447, welche gemäß § 113 des Alkohol-, Steuer- und Monopolgesetzes 1995, BGBl. Nr. 703/1994, auf den im Beschwerdefall vorliegenden Sachverhalt noch anzuwenden sind.
§§ 133 bis 135 der zitierten Branntweinverwertungsordnung
lauten:
"§ 133
(1) Bei der Ausfuhr der im § 135 bezeichneten Branntweinerzeugnisse, zu deren Herstellung Branntwein von der Reichsmonopolverwaltung zu einem höheren Verkaufpreis als dem Ausfuhrpreise bezogen worden ist, wird der Unterschied zwischen dem höheren Verkaufspreis und dem Ausfuhrpreis (Ausfuhrvergütung) erlassen oder erstattet. Für die im § 135 unter a und b bezeichneten Erzeugnisse wird der Unterschied zwischen dem regelmäßigen Verkaufpreis und dem Ausfuhrpreise (regelmäßige Ausfuhrvergütung), für die unter c und d bezeichneten Erzeugnisse der Unterschied zwischen dem besonderen ermäßigten Verkaufpreis und dem Ausfuhrpreis (besondere ermäßigte Ausfuhrvergütung) und für die im § 135 Abs. 2 genannten Erzeugnisse der Unterschied zwischen dem allgemeinen ermäßigten Verkaufpreis für Branntwein zur unvollständigen Vergällung und dem Ausfuhrpreis (allgemeine ermäßigte Ausfuhrvergütung) erlassen oder erstattet. Soweit zu den im § 135 unter c und d bezeichneten Erzeugnissen Branntwein verwendet worden ist, der von der Reichsmonopolverwaltung zum regelmäßigen Verkaufpreis bezogen worden ist, wird der Unterschied zwischen dem regelmäßigen Verkaufpreis und dem Ausfuhrpreise (regelmäßige Ausfuhrvergütung) erlassen oder erstattet.
(2) Die Reichsmonopolverwaltung kann auch bei der Ausfuhr unverarbeiteten Branntweins, der von ihr zu einem höheren als dem Ausfuhrpreise geliefert worden ist, Ausfuhrvergütung gewähren.
(3) Bei der Ausfuhr von Branntwein oder von den im § 135 bezeichneten Erzeugnissen aus Branntwein, für den der Branntweinaufschlag oder der regelmäßige Monopolausgleich entrichtet worden ist, wird die regelmäßige Ausfuhrvergütung gewährt. Für Branntwein, der in Verschlussbrennereien mit einer Jahreserzeugung bis 4 Hektoliter Weingeist, in Abfindungsbrennereien oder von Stoffbesitzern hergestellt ist, wird Ausfuhrvergütung nicht gewährt. Das Gleiche gilt für Branntwein, der nicht als Trinkbranntwein anzusehen oder zur Herstellung von Genussmitteln der im § 135 Abs. 1 bezeichneten Art nicht verwendbar ist. Das Reichsmonopolamt kann Ausnahmen zulassen.
(4) Bei der Ausfuhr von Branntwein und Branntweinerzeugnissen, die mit der Hektolitereinnahme belastet sind, wird die Hektolitereinnahme erlassen und die regelmäßige Ausfuhrvergütung so weit gewährt, als sie die Hektolitereinnahme übersteigt (Ausfuhrvergütungsspitze).
§ 134
(1) Maßgebend für die Berechnung der Ausfuhrvergütung sind der Ausfuhrpreis und die Verkaufpreise, die am Tage der Ausfuhr gelten. Bei der Berechnung der Ausfuhrvergütung für die im § 135 Abs. 2 genannten Erzeugnisse sind der Ausfuhrpreis und die Verkaufpreise maßgebend, die am Tage des Abschlusses des Ausgangsbuchs (§ 166) gelten. Sind die Verkaufpreise an diesen Tagen höher als an dem Tag, an dem der Branntwein von der Reichsmonopolverwaltung bezogen worden ist, so sind der Berechnung der Ausfuhrvergütung die Verkaufpreise zu Grunde zu legen, die bei Bezug des Branntweins gültig waren. Der Versender hat bei Abgabe der Versicherungen nach § 146 die Höhe des bezahlten Verkaufpreises, Branntweinaufschlags oder Monopolausgleichs anzugeben.
(2) Der Ausfuhr steht die Aufnahme in eine Zollniederlage gleich.
§ 135
(1) Die Ausfuhrvergütung für Branntweinerzeugnisse wird gewährt bei der Ausfuhr
a) von Trinkbranntwein und weingeisthaltigen Fruchtsäften (§ 148),
b)
von gewissen Estern (§§ 149 bis 153),
c)
von weingeisthaltigen Riech- und Schönheitsmitteln (§§ 154 bis 162),
d) von weingeisthaltigen Heilmitteln und Essenzen (§ 163).
(2) Die Ausfuhrvergütung für Branntweinerzeugnisse kann auch gewährt werden bei der Ausfuhr von Erzeugnissen, zu deren Herstellung Branntwein zum allgemeinen ermäßigten Verkaufpreis oder aus Branntwein hergestellte Äther oder Essigester verwendet worden sind.
(3) Die Ausfuhrvergütung wird nur Gewerbetreibenden gewährt, die den auszuführenden Branntwein oder die auszuführenden Branntweinerzeugnisse selbst hergestellt haben oder im Falle des § 133 Abs. 2 den Branntwein selbst von der Reichsmonopolverwaltung bezogen haben. Das Reichsmonopolamt kann Ausnahmen zulassen."
§§ 142, 145 und 146 der genannten Verordnung lauten:
"§ 142
(1) Die Schlussabfertigung beim Ausgangsamt (Ausgangsabfertigung) erstreckt sich auf die Feststellung der Weingeistmenge, bei Trinkbranntwein auch der Raummenge sowie auf die Überwachung des Ausgangs der Sendung über die Grenze.
(2) Die Feststellung der Weingeistmenge und der Raummenge
kann unterbleiben, wenn die Sendung seit der vorangegangenen Abfertigung ununterbrochen unter amtlichem Raumverschluss oder unter amtllicher Begleitung oder Verwahrung gestanden hat.
(3) Der Ausgang ist auf dem Begleitpapiere zu bescheinigen.
§ 145
(1) Der Berechnung der Ausfuhrvergütung ist die beim Ausgangsamt ermittelte Weingeistmenge zugrunde zu legen.
(2) Hat eine Feststellung der Weingeistmenge beim Ausgangsamt
nicht stattgefunden (§ 142 Abs. 2), so ist für die Berechnung das Ergebnis der vorangegangenen Abfertigung maßgebend; ist bei letzterer auf Grund des § 152 Abs. 3 oder des § 160 von einer Ermittlung der Weingeistmenge abgesehen worden, so treten die vom Ausfertigungsamt geprüften Angaben des Versenders an die Stelle der amtlichen Feststellung.
§ 146
(1) Der Versender hat im Begleitschein zu versichern, dass er den auszuführenden Branntwein oder die auszuführenden Branntweinerzeugnisse selbst hergestellt oder den Branntwein von der Reichsmonopolverwaltung bezogen habe. Falls das Reichsmonopolamt eine Ausnahme nach § 135 Abs. 2 zugelassen hat, ist Tag und Nummer der Genehmigungsverfügung im Begleitschein anzugeben.
(2) Sollen Branntweinerzeugnisse der im § 135 bezeichneten Art mit dem Anspruch auf Ausfuhrvergütung ausgeführt werden, so hat der Versender im Begleitschein außerdem zu versichern, das der zu ihrer Herstellung verwendete Weingeist ausschließlich aus Branntwein stammt, der von der Reichsmonopolverwaltung zum Ausfuhrpreis oder zum regelmäßigen oder besonderen ermäßigten Verkaufpreise bezogen oder für den der Branntweinaufschlag oder der regelmäßige Monopolausgleich entrichtet ist, und dass kein Methylalkohol, Äther (Äthyläther) oder ein anderer Stoff, der eine hinreichend zuverlässige Feststellung der Weingeistmenge verhindert, verwendet ist. Die Einhaltung dieser Verpflichtung ist gegebenenfalls nachzuweisen."
3. Nach der zu § 232 BAO ergangenen hg. Rechtsprechung sprechen etwa drohende Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, Exekutionsführung von dritter Seite, Auswanderungsabsicht, Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte für eine Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung der Einbringung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1996, Zl. 95/14/0130, oder vom 25. März 1999, Zlen. 97/15/0031, 0032). Ein Sicherstellungsauftrag ist eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme". Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern dass es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringlichkeit gegegen sind (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 95/14/0130).
4. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides wird in der Beschwerde die Auffassung vertreten, dass der Anspruch auf die sicherzustellenden Abgaben zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages nicht entstanden gewesen sei.
In diesem Zusammenhang wird auch die Befugnis der Abgabenbehörde zur Schätzung des Abgabenbetrages bestritten. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Frage des Entstehens des Abgabenanspruchs von jener der Höhe des Abgabenanspruchs zu unterscheiden ist. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 232 Abs. 1 BAO und dementsprechend aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, ist es für die Zulässigkeit eines Sicherstellungsauftrages gemäß § 232 Abs. 1 BAO nicht erforderlich, dass das genaue Ausmaß der Abgabenschuld feststeht (vgl. neben den bereits genannten Erkenntnissen etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1997, Zl. 95/15/0057). Im Übrigen ist aber darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin sich im Verwaltungsverfahren zu den Ermittlungsergebnissen der Behörde trotz eingeräumter Gelegenheit nicht geäußert hat
Da die Höhe der Ausfuhrvergütung vom Alkoholgehalt der ausgeführten Produkte abhängt (gemäß § 145 Abs. 1 der Branntweinverwertungsordnung ist der Berechnung der Ausfuhrvergütung in der Regel die beim Ausgangsamt ermittelte Weingeistmenge zu Grunde zu legen), kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund des von ihr festgestellten Sachverhalts davon ausgegangen ist, dass die Beschwerdeführerin durch die vom Geschäftsführer der Komplementär-Ges.m.b.H. zugestandene Beigabe unzulässiger Bestandteile eine zu hohe Ausfuhrvergütung ausbezahlt erhalten hatte. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang dargelegt, dass es unzutreffend sei, dass durch die Beigabe der Chemikalien und Aromen sich der Weingeistgehalt der Destillate nicht verändere. Das Gutachten der Technischen Untersuchungsanstalt der Bundesfinanzverwaltung vom 10. September 1993 belege, dass die in dessen Anhang angeführten Chemikalien, gleichgültig ob alkoholhältig oder nicht, je nach deren Dichte Alkohol vortäuschten; auch die Beeinflussung des Liter Weingeist(LW)-Gehalts durch Zusatz von Methanol wurde in dem von der belangten Behörde verwendeten Gutachten dargestellt. Die in diesem Gutachten angeführten Faktoren seien der abgabenbehördlichen Ermittlung ebenso zu Grunde gelegt worden wie die dort angeführten Schwankungsbreiten. In dem Gutachten wird festgehalten, dass bei Zusatz von zugekauften Chemikalien für diese kein Branntweinaufschlag oder Monopolausgleich entrichtet wurde, bei der Ausfuhr dafür jedoch die Ausfuhrvergütung geleistet werde, da die zugesetzten Chemikalien sowohl mengenmäßig als auch entsprechend ihrer Dichte in der Auswirkung auf die Alkoholgrädigkeit miterfasst würden. Der Beschwerdeführer ist diesen Ausführungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, sondern stellt in der Beschwerde nur die pauschale Behauptung auf, dass die Feststellung des Weingeistgehalts durch die Beigabe der Chemikalien nicht beeinträchtigt worden wäre.
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde aus dem Sachverständigengutachten abgeleiteten Folgerungen zu erwecken. Auf Grund der Aussagen des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin vor dem Untersuchungsrichter und dem Umstand, dass auf den Vorhalt der Ermittlungsergebnisse von Seiten der Beschwerdeführerin keine Reaktion erfolgte, konnte die belangte Behörde daher zu Recht davon ausgehen, dass der von ihr bei Erlassung des Sicherstellungsauftrages zu Grunde gelegte Sachverhalt als erwiesen anzusehen ist und die Tatbestandsvoraussetzung der Verwirklichung des Abgabentatbestands dem Grunde nach gegeben war. Wenn in der Beschwerde hiezu ausgeführt wird, dass die Vorhalte deshalb unbeantwortet blieben, da es im Sicherungsverfahren nicht darum gehe, nachzuweisen, dass ein Abgabenanspruch nicht zu Recht bestehe, sondern dass die Behörde das Zurechtbestehen des Abgabenanspruchs logisch nachweisen bzw. zumindest die Möglichkeit, dass ein Abgabenanspruch in dieser Höhe entstanden sei, nachgewiesen werden müsse, so ist dazu darauf hinzuweisen, dass einerseits der Grund, weshalb die Beschwerdeführerin den Vorhalt nicht beantwortet hat, nicht maßgeblich ist, andererseits aber nach ständiger hg. Rechtsprechung eine Behörde berechtigt ist, ein schlüssiges Gutachten ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Es wäre an der Beschwerdeführerin gelegen gewesen, Umstände aufzuzeigen, die die Schlüssigkeit des von der Behörde eingeholten Gutachtens in Zweifel zu ziehen geeignet gewesen wären.
5. Das Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen gemäß § 232 BAO wird in der Beschwerde nicht bestritten. Es ist auch dem Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich, inwiefern in diesem Zusammenhang die Begründung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid an einer Rechtswidrigkeit leiden sollte.
6. Die vorliegende Beschwerde ist daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. Juni 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1995170202.X00Im RIS seit
28.11.2000