TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/28 W183 2175796-1

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Veröffentlicht am 28.11.2017
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Entscheidungsdatum

28.11.2017

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GEG §6a Abs1
GEG §6b Abs4
UGB §283
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W183 2175796-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Präsidentin des Handelsgerichts Wien vom 13.04.2017, Zl. Jv 1890/17k-33, betreffend die Einbringung einer Zwangsstrafe zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG i.V.m. § 6b Abs. 4 GEG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 08.11.2016, FN 89262

v / 007 075 Fr 15954/16 a, wurde gegen den Beschwerdeführer (BF) eine Zwangsstrafe gem. § 283 UGB in Höhe von EUR 700,00 verhängt.

Dem dagegen erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 22.12.2016, Zl. 28 R 319/16m, keine Folge.

2. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 05.04.2017 schrieb die belangte Behörde die Zahlung der Zwangsstrafe in Höhe von EUR 700,00 sowie eine Einhebungsgebühr von EUR 8,00, somit zusammen EUR 708,00 dem BF vor.

Dagegen erhob der BF Vorstellung und führte aus, dass er infolge höherer Gewalt die gesetzliche Frist nicht habe einhalten können, da sowohl er als auch die Buchhalterin krank gewesen wären.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.04.2017 (zugestellt am 20.04.2017) wurde dem BF abermals die Zahlung der Zwangsstrafe in Höhe von EUR 700,00 sowie eine Einhebungsgebühr von EUR 8,00, somit zusammen EUR 708,00, vorgeschrieben. Dies wurde damit begründet, dass durch die rechtzeitige Erhebung der Vorstellung der Mandatsbescheid vom 05.04.2017 außer Kraft getreten sei, im gegenständlichen Fall jedoch eine rechtskräftige Entscheidung über die mit Beschluss vom 08.11.2016 verhängte Zwangsstrafe gegen den BF in Höhe von EUR 700,00 vorliege. Die Gesetzmäßigkeit der durch die gerichtliche Entscheidung dem Grunde und der Höhe nach bereits rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht dürfe nicht mehr im Wege des Verwaltungsverfahrens zur Einbringung der Forderung aufgerollt werden.

4. Mit Schriftsatz vom 06.05.2017 (bei der belangten Behörde am 08.05.2017 eingelangt) erhob der BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass die Zwangsstrafe infolge höherer Gewalt nicht gerechtfertigt sei, da sowohl er als auch die Buchhalterin krank gewesen wären.

5. Mit Schriftsatz vom 03.11.2017 (eingelangt am 08.11.2017) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des Handelsgerichtes Wien vom 08.11.2016 verpflichtet, eine Zwangsstrafe in Höhe von EUR 700,00 zu zahlen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Diese Feststellung ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des gerichtlichen Grundverfahrens.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1.3. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2.2. Gemäß § 1 Z 2 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) hat das Gericht von Amts wegen Zwangsstrafen, die von ordentlichen Gerichten verhängt worden sind oder deren Einbringung nach besonderen Vorschriften den ordentlichen Gerichten obliegt, einzubringen.

Gemäß § 6a Abs. 1 GEG ist – im Falle der Erlassung eines Zahlungsauftrages – dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 8,00 vorzuschreiben.

Gemäß § 6b Abs. 4 GEG können im Verfahren zur Einbringung im Justizverwaltungsweg weder das Bestehen noch die Rechtmäßigkeit einer im Grundverfahren dem Grunde und der Höhe nach bereits rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht überprüft werden.

Diese Regelung entspricht dem bereits vor dem 01.01.2014 geltenden Grundsatz, dass gegen einen Zahlungsauftrag, mit dem sich aus einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ergebende Beträge vorgeschrieben werden, ein Rechtsmittel nur dann erhoben werden kann, wenn die Zahlungsfrist unrichtig bestimmt wurde oder der Zahlungsauftrag der ihm zugrunde liegenden Entscheidung des Gerichtes nicht entspricht (vgl. § 7 Abs. 1 GEG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung). Der Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung soll – wie die Materialien zu § 6b Abs. 4 GEG, BGBl. I Nr. 190/2013, ausführen – nun eindeutig im Gesetz normiert werden (Regierungsvorlage 2357 der Beilagen XXIV. GP, S 8f; siehe auch Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren12, § 6b GEG Anm. 7).

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Justizverwaltungsorgane an Gerichtsentscheidungen gebunden sind: Die das Gerichtsgebührengesetz und das gerichtliche Einbringungsgesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane sind an die Entscheidungen der Gerichte gebunden (VwGH 29.04.2013, 2012/16/0131).

Der Präsident des Gerichtshofes als Justizverwaltungsorgan ist an die Entscheidungen der Gerichte gebunden (zB VwGH 23.05.1986, 86/17/0083, siehe auch Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren12, § 6b GEG E 11 zum Einbringungsverfahren vor dem VAJu mwN).

Die zu § 7 Abs. 1 GEG idF vor dem VAJu ergangene Rechtsprechung, wonach die Rechtmäßigkeit einer gerichtlichen Entscheidung im Einbringungsverfahren durch die Justizverwaltungsbehörde nicht mehr überprüft werden darf, ist wegen der ausdrücklichen Anordnung des § 6b Abs. 4 GEG weiterhin anzuwenden (VwGH 20.05.2015, Ra 2015/10/0050, siehe auch Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren12, § 6b GEG E 14).

Die Einreichung der Jahresabschlüsse nach Verhängung der Zwangsstrafen steht nur der Verhängung weiterer (also zukünftiger) Zwangsstrafen entgegen, auf die Höhe der Zwangsstrafen, die zu diesem Zeitpunkt wegen der bestehenden Verletzung der Offenlegungspflicht verhängt wurden, hat sie aber keinen Einfluss. Eine spätere Einreichung der Jahresabschlüsse macht die Beugemaßnahmen nicht gegenstandslos, sondern ist regelmäßig ihr Erfolg. Das Ziel der Beugung des Willens des zur Vorlage von Jahresabschlüssen Verpflichteten kann nur erreicht werden, wenn dieser weiß, dass die Strafe im Fall des Zuwiderhandelns nicht bloß verhängt, sondern auch vollzogen wird. (VwGH 24.03.2014, 2012/01/0161)

Es entspricht dem in Art. 94 B-VG normierten Grundsatz der Gewaltentrennung, dass im Verwaltungsverfahren die Verwaltungsbehörden nicht berechtigt sein sollen, die Richtigkeit gerichtlicher Entscheidungen zu hinterfragen (VwGH 14.09.2004, 2004/06/0074; 27.01.2011, 2010/06/0127).

Die gerichtliche Entscheidung ist im Falle der Einbringung von Geldstrafen, zu welchen entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.11.2006, 2006/06/0261) einem weitem Verständnis folgend auch Ordnungs-, Mutwillens- und Zwangsstrafen zählen, die gerichtliche Entscheidung über die Verhängung der Geldstrafe. Eine selbständige Prüfungsbefugnis der Justizverwaltung bezüglich der Rechtmäßigkeit der Verhängung der Geldstrafe besteht nicht (VwGH 13.10.2004, 2000/10/0033; Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren12, § 6b GEG E 27 zum Einbringungsverfahren vor dem VAJu).

3.2.3. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellung sowie der rechtlichen Grundlagen und der eindeutigen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes steht für das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der BF die durch rechtskräftigen Beschluss des Handelsgerichtes Wien verhängte Zwangsstrafe sowie die Einhebungsgebühr gem. § 6a Abs. 1 GEG, somit insgesamt EUR 708,00, zu zahlen hat. Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ordnungsstrafe ist dem Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Gewaltentrennung (Art. 94 Abs. 1 B-VG) verwehrt.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit abschließend zu dem Ergebnis, dass dem angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit i. S.d. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG anzulasten ist und die Beschwerde daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG i.V.m. § 6b Abs. 4 GEG abzuweisen war.

3.2.4. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im vorliegenden Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132, wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühren nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen).

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, dass bereits durch Gerichtsbeschluss festgesetzte Gebühren im Verwaltungsverfahren nicht bekämpft werden können (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes; vgl. auch VwGH 29.04.2013, 2012/16/0131; 14.09.2004, 2004/06/0074).

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Bindungswirkung gerichtliche Einbringung, Einhebungsgebühr,
Gerichtsbarkeit, Gewaltentrennung, Offenlegungspflicht,
Zahlungsauftrag, Zwangsstrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W183.2175796.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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