TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/30 W221 2166528-1

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Veröffentlicht am 30.11.2017
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Entscheidungsdatum

30.11.2017

Norm

AVG §13 Abs8
AVG §66 Abs4
BDG 1979 §50a
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W221 2166528-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Bundesministers für XXXX vom 17.07.2017, Zl. BMJ-3004712/0002-II 4/b/2017, betreffend Herabsetzung der Wochendienstzeit, zu Recht:

A)

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Sachverhalt:

Am 02.05.2017 beantragte der Beschwerdeführer die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG auf ein Ausmaß von 75% für die Dauer vom 01.08.2017 bis 31.07.2018.

Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 17.07.2017, zugestellt am 18.07.2017, wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, welche dem Bundesverwaltungsgericht am 03.08.2017 einlangte.

Mit Parteiengehör vom 04.09.2017 wurde der Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine ausdrückliche oder implizite Ermächtigung zu einer rückwirkenden Rechtsgestaltung dem § 50a BDG 1979 nicht zu entnehmen ist. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für Zeiträume, in denen ein Beamter bereits normal Dienst geleistet hat, erwiese sich daher als unzulässig (vgl. VwGH 12.05.2010, 2009/12/0062). Auch eine Teilstattgebung des Antrages komme nicht in Betracht. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich schon in seinem Erkenntnis vom 13.03.2009, 2007/12/0092, die Unteilbarkeit des Antrages gemäß § 50a Abs. 1 BDG 1979 in Ansehung des Zeitraumes, für den die Herabsetzung begehrt wird, betont und hervorgehoben, dass die Dienstbehörde nicht berechtigt ist, die begehrte Herabsetzung nur für Teile des beantragten Gesamtzeitraumes zu bewilligen. Da der vom Beschwerdeführer begehrte Beginn der Herabsetzung der Wochendienstzeit mit 01.08.2017 bereits bei Einlangen der Beschwerde am Bundesverwaltungsgericht (03.08.2017) verstrichen gewesen sei und der von Ihnen gewünschte Herabsetzung bis zum 31.07.2018 aufgrund der ausdrücklichen Anordnung in § 50a BDG 1979, wonach eine Herabsetzung nur für die Dauer eines ganzen Jahres wirksam werden kann, nicht Rechnung getragen werden kann, werde er aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen bekannt zu geben, ob er seinen Antrag aufrecht erhalten wollen.

Mit Schreiben vom 18.09.2017 modifizierte der Beschwerdeführer seinen Antrag dahingehend, dass die Herabsetzung der Wochendienstzeit ab 01.10.2017, in eventu ab 01.11.2017, in eventu ab 01.11.2017, in eventu ab 01.12.2017, in eventu ab 01.01.2018, in eventu ab 01.02.2018, in eventu ab 01.03.2018 bzw. in eventu ab dem jeweiligen Monatsersten ab Herabsetzung für die Dauer eines Jahres erfolgen möge. Begründend führte er darin aus, dass sein Antrag so zu verstehen gewesen sei, dass er die Herabsetzung für ein Jahr wolle. Die belangte Behörde hätte den Beschwerdeführer hätte den Beschwerdeführer darauf aufmerksam machen müssen, dass aufgrund der Dauer des Verfahrens die Herabsetzung für ein Jahr ab Beginn der Herabsetzung zu beantragen gewesen wäre. Die Modifikation des Antrages sei zulässig, weil der Beschwerdeführer ansonsten in seinem Recht auf Herabsetzung der Wochendienstzeit verletzt wäre, da das Verfahren nie zeitgerecht abgeschlossen werden könnte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BDG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

§ 50a BDG lautet wie folgt:

"Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus beliebigem Anlaß

§ 50a. (1) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.

(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, daß die verbleibende regelmäßige Wochendienstzeit ein ganzzahliges Stundenausmaß umfaßt. Das Ausmaß darf nicht weniger als 20 und nicht mehr als 39 Stunden betragen.

(3) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Übersteigen die gesamten Zeiträume einer solchen Herabsetzung für einen Beamten insgesamt zehn Jahre, bleibt das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner allfälligen Änderung gemäß § 50d Abs. 1 dauernd wirksam. Auf diese Obergrenze von zehn Jahren zählen auch Zeiten in früheren Dienstverhältnissen, in denen die Wochendienstzeit nach § 50a herabgesetzt war.

(4) [ ]"

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausführt, ist eine ausdrückliche oder implizite Ermächtigung zu einer rückwirkenden Rechtsgestaltung dem § 50a BDG 1979 nicht zu entnehmen. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für Zeiträume, in denen ein Beamter bereits normal Dienst geleistet hat, erwiese sich daher als unzulässig (siehe für viele VwGH 01.07.2015, Ra 2015/12/0024).

Gemäß § 50a Abs. 3 BDG 1979 ist die Herabsetzung für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Der Beschwerdeführer begehrte die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit vom 01.08.2017 bis 31.07.2018. Damit ist in eindeutiger Weise der zeitliche Rahmen der beantragten Herabsetzung und somit auch der Prüfungsumfang der Beschwerde gemäß § 27 VwGVG abgesteckt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu Verfahren über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide festgehalten, dass – ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfanges – als Sache eines solchen Verfahrens jedenfalls nur jene Angelegenheit anzusehen ist, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001 mwN).

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass sein Antrag der Sache nach so zu verstehen gewesen wäre, dass er die Herabsetzung der Wochendienstzeit für ein Jahr ab der Herabsetzung begehrte und ihn die Behörde diesbezüglich belehren hätte müssen, ist dem entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung ausführt, dass wenn in § 50a Abs. 1 BDG 1979 vom "Ausmaß" der Herabsetzung die Rede ist, damit freilich nicht nur der stundenmäßige Umfang der Reduktion der regelmäßigen Wochendienstzeit gemeint, sondern auch der Zeitraum der Herabsetzung, d.h. deren Dauer und zeitliche Lagerung. Ob der gewünschten Herabsetzung ein wichtiges dienstliches Interesse entgegensteht, kann nämlich nicht abstrakt beurteilt werden, sondern nur in Bezug auf den konkreten Zeitraum, für den die Herabsetzung beantragt wird. Aus der Antragsbedürftigkeit der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit ergibt sich, dass bereits der Antrag das begehrte Ausmaß der Herabsetzung konkret zu bezeichnen hat, d.h. sowohl den stundenmäßigen Umfang der Herabsetzung als auch den konkreten Zeitraum, für den diese gewährt werden soll (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0081). Demnach besteht keine Möglichkeit einen Antrag für die Dauer von einem Jahr zu stellen, ohne eine konkrete zeitliche Lagerung anzugeben. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich die Dienstbehörde bei der Beurteilung der dienstlichen Interessen auf rezente durchschnittliche Zahlen zu stützen hat, sodass bei der Bescheiderlassung die Zahlen festzustellen und darauf aufbauend die Prognose für den begehrten Herabsetzungszeitraum zu treffen wären (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0044).

Demnach ist im vorliegenden Fall Sache des Beschwerdeverfahrens der Antrag über die Herabsetzung der Wochendienstzeit vom 01.08.2017 bis zum 31.07.2017.

Gemäß § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrensleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert werden. Wie weit eine Antragsänderung konkret gehen darf, hängt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch entscheidend davon ab, ob die Änderung vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides oder erst im Zuge eines allfälligen Berufungsverfahrens erfolgt. Zwar ist auch dort eine Antragsänderung grundsätzlich zulässig, allerdings zieht § 66 Abs. 4 AVG solchen Modifikationen engere Grenzen als der bloß auf das Wesen der Sache abstellende § 13 Abs. 8 AVG. So ist die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde nämlich gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf die "Sache" des erstinstanzlichen Verfahrens beschränkt (vgl. VwGH 18.08.2017, Ro 2015/04/0006 mwN).

Eine wesentliche Antragsänderung (die also das "Wesen" der Sache betrifft) ist als Stellung eines neuen Antrages unter konkludenter Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu werten. Erfolgt eine solche Änderung während des Rechtsmittelverfahrens, bewirkt die (konkludente) Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit nachträglich dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist somit angehalten, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 12.09.2016, Ra 2014/04/0037 mit Hinweis auf VwGH 19.11.2014, Ra 2014/22/0016).

Dies trifft im vorliegenden Fall zu: Da nach der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über das eigentliche Begehren des Beschwerdeführers auf eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit vom 01.08.2017 bis zum 31.07.2017 nicht abgesprochen werden kann, weil eine rückwirkende Herabsetzung nicht möglich ist und sich der vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren modifizierte Antrag auf ein Jahr ab der Herabsetzung als wesentliche (das Wesen der Sache betreffende) Antragsänderung darstellt, bewirkt diese Änderung eine konkludente Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages und somit dem Wegfall der Zuständigkeit der Behörde, weshalb der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben ist.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vorliegenden Konstellation (einjähriger Antragszeitraum) fehlt. Zwar gibt es eindeutige (unter A. angeführte) Judikatur zum § 13 Abs. 8 AVG und der Sache eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie zu § 50a BDG, doch zeigt der Beschwerdeführer auch auf, dass es in Fällen mit der vorliegenden Konstellation faktisch aufgrund des Zeitablaufs kaum möglich sein wird, einen Bescheid, der über eine einjährige Herabsetzung abspricht, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu bekämpfen. Andererseits würde die Zulässigkeit der Modifikation des Antrages im Beschwerdeverfahren – über den eigentlich begehrten Zeitraum hinaus – bedeuten, dass das Bundesverwaltungsgericht über diesen Antrag als erste und einzige Instanz zu entscheiden und das vollständige Ermittlungsverfahren zu tragen hätte, da für die Beurteilung der dienstlichen Interessen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die rezenten Zahlen (idR der letzten 17 Wochen unter Heranziehung des § 48a Abs. 3 BDG) zugrunde zu legen sind.

Schlagworte

Antragsänderung, Antragszurückziehung, ersatzlose Behebung,
rückwirkende Rechtsgestaltung, Unzuständigkeit, Wochendienstzeit -
Herabsetzung, Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W221.2166528.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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