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L10102 Stadtrecht Kärnten;Norm
BAO §111 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der K, vertreten durch Dr. E und Dr. P, Rechtsanwälte in M, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 24. April 1995, Zl. 3-Gem-1845/1/94, betreffend eine Zwangsstrafe nach § 87 Kärntner Landesabgabenordnung (mitbeteiligte Partei: Stadt Villach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 18. Jänner 1994 wurde die Beschwerdeführerin auf Grund der Vergnügungssteuerverordnung der mitbeteiligten Stadt aufgefordert, für näher bezeichnete Veranstaltungen und Spiele eine Abgabenerklärung (Vergnügungssteuererklärung) bis 28. Jänner 1994 abzugeben. Nach ungenütztem Verstreichen dieser Frist wurde die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 2. Februar 1994 unter Hinweis auf § 104 der Kärntner Landesabgabenordnung 1991 und § 87 der Landesabgabenordnung 1991 auf ihre Verpflichtung zur Einreichung einer Abgabenerklärung hingewiesen und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung eine Zwangsstrafe in der Höhe von S 500,-- angedroht. Dieses Schreiben enthielt auch den Hinweis, dass für den Fall, dass keine Abgabenpflicht vorliegen sollte, eine Leermeldung mit entsprechender Begründung abzugeben sei.
Nachdem auch die mit dem zuletzt genannten Schreiben gesetzte Frist ungenützt verstrichen war, wurde mit Bescheid des Magistrats der mitbeteiligten Stadt vom 17. Februar 1994 gemäß § 87 der Landesabgabenordnung eine Zwangsstrafe in der Höhe von S 500,-- verhängt.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung gegen diesen Bescheid und wies darauf hin, dass das Geschäftslokal, auf welches sich die Aufforderung zur Abgabe einer Vergnügungssteuererklärung bezogen habe, von der K OHG betrieben werde und sie lediglich gewerberechtlicher Geschäftsführer sei. Da sie das Lokal nicht betreibe, bestehe für sie keine Verpflichtung, eine Vergnügungssteuererklärung abzugeben.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 14. März 1994 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach einem Vorlageantrag der Beschwerdeführerin wurde die Berufung mit Bescheid des Stadtsenats der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. September 1994 als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.
Begründend führt die belangte Behörde aus, dass gemäß § 104 der Landesabgabenordnung 1991 die Abgabenvorschriften bestimmten, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet sei. Zur Einreichung sei ferner verpflichtet, wer hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert werde. Gemäß § 9 der Verordnung des Gemeinderats der mitbeteiligten Stadt, mit der Vergnügungssteuern ausgeschrieben werden, habe der Steuerschuldner spätestens am Fälligkeitstag eine Abgabenerklärung der Abgabenbehörde vorzulegen, wobei für regelmäßige Veranstaltungen die Fälligkeit auf den
10. des Monats, der dem Monat folgt, in dem die Veranstaltung stattgefunden habe, und bei fallweisen Veranstaltungen auf dem der Beendigung der Veranstaltung folgenden Tag falle.
§ 87 der Landesabgabenordnung 1991 normiere, dass die Abgabenbehörden berechtigt seien, durch Verhängung einer Zwangsstrafe die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, zu erzwingen. Der Schwerpunkt des Vorbringens der Beschwerdeführerin liege darin, dass die Verhängung der Zwangsstrafe zu Unrecht erfolgt sei, weil sie nicht Betreiberin des Lokals gewesen sei, sondern lediglich Geschäftsführerin der K OHG. Dazu werde grundsätzlich festgehalten, dass nach § 60 Abs. 1 der Landesabgabenordnung 1991 abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen, wenn solche nicht vorhanden seien, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen seien. Damit sei klargestellt, dass, soweit Geschäftsführer bestellt seien, diesen die Wahrnehmung der Pflichten der Gesellschaft obliege und diesen mit Wirkung für die Gesellschaft Pflichten auferlegt werden könnten, die sie gegenüber der Abgabenbehörde wirksam zu erfüllen hätten.
Nach Wiedergabe der Abfolge bei der Erzwingung einer abgabenbehördlichen Anordnung wird resümiert, dass bei der gegebenen Sach- und Rechtslage durch den Gemeindebescheid keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin verletzt worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im Recht gemäß § 87 Kärntner Landesabgabenordnung 1991 nicht bestraft zu werden, geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bekämpft die Beschwerde den angefochtenen Bescheid insbesondere im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung bezüglich der Tatsache, dass nicht die Beschwerdeführerin, sondern die K OHG das beschwerdegegenständliche Lokal geführt habe, nicht nachgekommen sei.
Die Beschwerde ist insoweit im Ergebnis begründet.
Der belangten Behörde ist insoweit beizupflichten, als § 104 Krnt LAO, LGBl. Nr. 128/1991, auch die Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen für Personen vorsieht, die hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert werden. Eine solche Aufforderung hat sich auf die Abgabe einer Erklärung betreffend die Steuerpflicht des Aufgeforderten oder eines Rechtssubjekts, für welches der Aufgeforderte vertretungsbefugt ist, zu erstrecken. Insofern hätte die von der Abgabenbehörde an die Beschwerdeführerin ergangene Aufforderung zur Abgabe einer Vergnügungssteuererklärung in ihrem Namen auf der Basis des der Abgabenbehörde vorliegenden Sachverhalts die Rechtsfolgen nach der LAO (Befolgungspflicht und Möglichkeit der Verhängung einer Zwangsstrafe nach § 87 LAO) ausgelöst; der Abgabenbehörde lag nämlich zum Zeitpunkt der Aufforderung der Beschwerdeführerin aus dem Gewerbeakt kein Hinweis darauf vor, dass das Gewerbe von einer OHG betrieben werde, da die Beschwerdeführerin die Verlegung des Standortes unter ihrem eigenen Namen bekanntgegeben hatte und diesbezüglich ein gewerberechtlicher Bescheid erging.
Selbst wenn man davon ausginge, dass die noch vor der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides an die Gewerbebehörde gerichtete Mitteilung, dass die Beschwerdeführerin die gewerberechtliche Geschäftsführerin der K OHG sei, der Abgabenbehörde weder bekannt war noch bekannt sein musste, wurde der maßgebliche Sachverhalt der Abgabenbehörde durch die von der Beschwerdeführerin namens der OHG am 24. Februar 1994 eingereichte Abgabenerklärung und die Ausführungen der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren bekannt. Wenn sich die Abgabenbehörde zweiter Instanz in diesem Zusammenhang auf § 60 LAO 1991 berufen hat, so hat sie übersehen, dass es nicht zum Aufgabenkreis des gewerberechtlichen Geschäftsführers gehört, Abgabenerklärungen für die Personengesellschaft abzugeben. Auf der Grundlage des der Berufungsbehörde vorliegenden Sachverhalts war es daher rechtswidrig, von der Wirksamkeit der Aufforderung an die Beschwerdeführerin zur Abgabe einer Abgabenerklärung für die K OHG auszugehen, auf deren Basis die verhängte Zwangsstrafe rechtens verhängt hätte werden können. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Verwaltungsgerichtshof zu § 111 BAO ausgesprochen hat, dass eine Zwangsstrafe festgesetzt werden könne, wenn die geforderte Leistung vor der Festsetzung der Zwangsstrafe nicht erbracht worden sei (vgl. Stoll, BAO, Band 1, 1201, und die dort enthaltenen Nachweise). Wie im Vorstehenden dargelegt, setzt die Wirksamkeit einer Aufforderung zur Abgabe einer Abgabenerklärung voraus, dass der Aufgeforderte auch zur Abgabe der Erklärung für den Rechtsträger, um dessen Steuerpflicht es geht, befugt ist. Hinsichtlich dieser Tatbestandsvoraussetzung kann nicht davon ausgegangen werden, dass die (im Übrigen zur BAO ergangene) Rechtsprechung zur Erfüllung der Verpflichtung (erst) nach der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides einschlägig wäre. Es ist daher (insbesondere im Hinblick auf den Zweck der in der LAO vorgesehenen Zwangsstrafe) davon auszugehen, dass insofern der allgemeine Grundsatz zum Tragen kommt, nach dem eine Berufungsbehörde im Allgemeinen die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen habe (vgl. das hg. Erkenntnis Slg. 9315 A/1977). Auch wenn Zweifel über die Sinnhaftigkeit der Aufforderung zur Abgabe einer Abgabenerklärung erst im Berufungsverfahren betreffend die Verhängung der Zwangsstrafe aufkommen, müssten diese von der Berufungsbehörde zum Anlass der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts genommen werden; im Beschwerdefall ist überdies aktenkundig, dass die entsprechenden Aufklärungen im Berufungsverfahren erfolgt sind. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Berufung der Behörden darauf, die Beschwerdeführerin sei im Hinblick auf ihre Stellung als gewerberechtliche Geschäftsführerin der K OHG zur Abgabe einer Abgabenerklärung für die OHG verpflichtet gewesen, auch übersieht, dass die Aufforderung der Behörde erster Instanz an die Beschwerdeführerin sich nicht auf die Abgabe einer Erklärung für die OHG bezogen hat. Die Verhängung einer Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe einer Erklärung für die OHG war daher auch insoweit rechtswidrig.
Die belangte Behörde hätte diesen inhaltlichen Mangel des Berufungsbescheides wahrnehmen müssen; da sie dies unterlassen hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Soweit in der Beschwerde - unter Bezugnahme auf § 18 Abs. 4 AVG - erkennbar die Bescheidqualität des angefochtenen Bescheides in Zweifel gezogen wird, ist dazu ergänzend Folgendes auszuführen:
Der angefochtene Bescheid ist ein Vorstellungsbescheid gemäß § 95 Villacher Stadtrecht, LGBl. Nr. 118/1993 (im Beschwerdefall in der Stammfassung); nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben die Vorstellungsbehörden, soweit in der Gemeindeordnung oder im anwendbaren Stadtstatut nicht anderes vorgesehen ist, im Vorstellungsverfahren nur dann das AVG anzuwenden, wenn es sich um eine Verwaltungsangelegenheit handelt, in welcher das AVG (gemäß EGVG) anwendbar ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. November 1995, Zlen 95/17/0248, 0249-0267, 0363-0379, oder vom 29. September 1997, Zl. 93/17/0302). Dies ist in Abgabensachen nicht der Fall. In der vorliegenden Verwaltungssache war daher, da das Villacher Stadtrecht in der anzuwendenden Fassung keine generelle Bestimmung betreffend die Anwendung des AVG im Vorstellungsverfahren enthält, auch im Vorstellungsverfahren die Landesabgabenordnung anzuwenden. Gemäß § 76 Kärntner Landesabgabenordnung 1991 müssen alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörde (und daher auch Bescheide) die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann, soweit nicht in Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung treten, dass die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Nähere Formvorschriften betreffend die Beglaubigung (wie etwa im Bereich des AVG die Beglaubigungsverordnung, BGBl. Nr. 445/1925) enthält das Abgabenverfahrensrecht für das Land Kärnten nicht. Im Übrigen hat jedoch der Verwaltungsgerichtshof auch zur Beglaubigung nach dem AVG ausgesprochen, dass die Unleserlichkeit der Unterschrift der Beglaubigung durch die Kanzlei unerheblich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1990, 90/05/0081).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. Juni 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1995170188.X00Im RIS seit
20.03.2001