Entscheidungsdatum
15.03.2016Index
60/01 ArbeitsvertragsrechtNorm
AVRAG §7g Abs2Text
Verwaltungsgericht
Wien
1190 Wien, Muthgasse 62
Telefon: (43 01) 4000 DW 38600
Telefax: (43 01) 4000 99 38600
E-Mail: post@vgw.wien.gv.at
DVR: 4011222
GZ:VGW-041/068/548/2016-26 Wien, 15.3.2016
M. F.
Geschäftsabteilung: B
IM NAMEN DER REPUBLIK !
Das Verwaltungsgericht Wien e r k e n n t durch seinen Richter Mag. Hohenegger über die Beschwerde des Herrn M. F., geboren am ...1964, vertreten durch Dr. R. u.a., gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 24.11.2015, Zl. MBA ... – S 38507/14, wegen Übertretung des § 7i Abs. 1 letzter Satz iVm § 7g Abs. 2 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), im Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.08.2016 und 29.11.2016
z u R e c h t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt.
II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
I. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Verfahrensgang
1.1. Der Spruch und die Begründung des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses lauten folgendermaßen:
„Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der S. GmbH mit Sitz in Wien, K., zu verantworten, dass diese Gesellschaft mit dem Standort des Gastgewerbes/Diskothek in Wien, K., als Arbeitgeberin am 01.08.2014 entgegen § 7i Abs.1 letzter Satz in Verbindung mit § 7g Abs.2 AVRAG den Organen des zuständigen Trägers der Krankenversicherung, der Wiener Gebietskrankenkasse, in 1100 Wien, Wienerbergstraße 15-19, auf deren Verlangen, die Einsichtnahme oder die Übermittlung der nach § 7g Abs.1 erforderlichen Unterlagen verweigert hat.
Und zwar wurde im Zuge einer Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) im Gastgewerbebetrieb oben genannter Gesellschaft die Gewerbetreibende mehrmals aufgefordert, die Arbeitsaufzeichnungen für den Zeitraum 1.5.2011 bis 31.12.2012 - es waren folgende 23 Arbeitnehmer zur Sozialversicherung gemeldet:
A. Am., VSNR ..., C. I., SVNR ..., Ch. T., SVNR ..., Fl. Ma., SVNR ..., G. Ar., SVNR ..., Ge. L., SVNR ..., H. Are., SVNR ..., Ha. Me., SVNR ..., Im. Gr., SVNR ..., J. N., SVNR ..., Ka. P., SVNR ..., Ku. Pa., SVNR ..., Le. W., SVNR ..., Mar. V., SVNR ..., Mi. Li., ..., O. In., SVNR ..., Pe. Ni., SVNR ..., Po. Ra., SVNR ..., Ram. B., SVNR ..., S. Mig., SVNR ..., Sc. Se., SVNR ..., Sch. Ro., SVNR ..., Z. St., SVNR ...
- dem Krankenversicherungsträger vorzulegen. Dies wurde bis zur Schlussbesprechung am 1.8.2014 unterlassen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 7i Abs.1 in Verbindung mit § 7g Abs.2 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz - AVRAG, BGBl. Nr. 459/1993 in der geltenden Fassung, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:
23 Geldstrafen von je € 750,00 falls diese uneinbringlich sind,
23 Ersatzfreiheitsstrafen von je 1 Tag und 21 Stunden.
Summe der Geldstrafen: € 17.250,00,
Summe der Ersatzfreiheitsstrafen: 1 Monat, 1 Woche, 6 Tage und 3 Stunden,
gemäß § 7i Abs.1 AVRAG.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
€ 1.725,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 18.975,00.
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.
Die S. GmbH haftet für die mit diesem Bescheid über den zur Vertretung nach außen Berufenen, Herrn M. F., verhängte Geldstrafe von € 17.250,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 1.725,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs.7 VStG zur ungeteilten Hand.
…
B E G R Ü N D U N G:
Die Ihnen zur Last gelegte und im Spruch näher ausgeführte Verwaltungsübertretung gelangte der erkennenden Behörde durch eine Anzeige der Wiener Gebietskrankenkasse in 1100 Wien, Wienerbergstraße 15-19, zur Kenntnis.
Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer gemäß § 9 Abs.1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die im Spruch genannte Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.
In Ihrer Rechtfertigung, bestehend aus zwei e-mails des Herrn Dr. R. von der Wi. Wien, Abteilung ..., gerichtet an Herrn F., haben Sie die Begehung der Ihnen angelasteten Übertretung bestritten.
Dabei wurde unter anderen mitgeteilt, dass die Aufzeichnungspflicht und auch die Strafen bei Nichterfüllung dieser Pflicht nicht im AVRAG, sondern in §§ 26 und 28 Abs.2 Z.7 AZG geregelt ist und die Verjährungsfrist 1 Jahr beträgt (Verjährungsbestimmungen des VStG). Zwischen dem Zeitraum 1.5.2011 bis 31.12.2012 und dem 1.8.2014 ist jedoch bereits mehr als ein Jahr vergangen - ein allfälliger Verstoß gegen die Aufzeichnungsf[r]irst wäre also verjährt.
In der Stellungnahme Ihrer bevollmächtigten Vertretung, Frau Mag. Sr., Frau Mag. Gri., Herrn Dr. Sl., Herrn Mag. Ms. und Herrn Dr. Pf. von der Wi. Wien, Abteilung ..., zum Ergebnis der Beweisaufnahme, wurde unter anderen mitgeteilt, dass die vom Versicherungsträger am 1.8.2014 geforderten Unterlagen von der Arbeitgeberin nicht mehr vorgelegt werden konnten, da diese nicht mehr vorhanden waren, da ja die Verjährungsfrist zu dieser Zeit schon abgelaufen gewesen wäre. Eine Rückwirkung des neuen Straftatbestandes des § 7i AVRAG in der ab 1.1.2015 geltenden Fassung, der auch Zulagen erfasst, wäre nur nach dem 1.1.2015 anz[u]wenden. Da jedoch zur ggst.Tatzeit Zulagen für Arbeitszeiten von der Strafbestimmung des AVRAG nicht erfasst wären, erfasse die Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen gemäß § 7g AVRAG nur jene Unterlagen, mit denen die Auszahlung des Grundlohnes überprüft werden könne. Daher wären die Arbeitszeitunterlagen von dieser Verpflichtung nicht erfasst gewesen also würde dies auch keinen rechtlichen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 AVRAG in der bis 1.1.2015 gelten[den] Fassung darstellen.
Dem ist Folgendes entqeqenzuhalten:
Unter „Kontrolle im Rahmen ihrer Tätigkeit“ kann nur eine Sozialversicherungsprüfung gemäß § 41a ASVG verstanden werden. Derartige Prüfungshandlungen können schon von ihrer Systematik her nur retrospektiv, zeitversetzt und bis zu 5 Jahre in die Vergangenheit erfolgen. Und um diese Kontrolle sicherzustellen, verpflichtet § 7g Abs.2 AVRAG den Arbeitgeber, dem zuständigen Träger der Krankenversicherung Einsicht in die erforderlichen Unterlagen zu gewähren bzw. auf Verlangen des Trägers diese bzw. Ablichtungen davon zu übermitteln. Als erforderliche Lohnunterlagen sind neben dem Arbeitsvertrag und dem Dienstzettel jedenfalls auch Arbeitszeitaufzeichnungen, Lohnaufzeichnungen und Lohnzahlungsnachweise des Arbeitgebers anzusehen. Ein Bezug zu den Bestimmungen des AZG wurde vom Gesetzgeber in keinster Weise hergestellt.
Die Wiener Gebietskrankenkasse führt auch in ihrer Stellungnahme vom 29.4.2015 aus, dass im Rahmen einer Überprüfung gemäß § 7 Abs.1 AVRAG vor allem den Dienstverträgen bzw. -zetteln sowie den Arbeitszeitaufzeichnungen größtmögliche Bedeutung zukommen, da nur anhand dieser Unterlagen die für die kollektivvertraglichen Einstufung notwendigen Kriterien sowie die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden festgestellt und somit der für die erbrachte Arbeitszeit gebührende kollektivvertragliche Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien ermittelt werden können. Die Einsichtnahme in diese Unterlagen bzw. deren Übermittlung stellt somit die unabdingbare Voraussetzung für die Überprüfung des zustehenden und des geleisteten Grundlohnes dar, weil ohne diese Unterlagen eine solche Überprüfung ausgeschlossen ist.
Die Aufforderung zur Vorlage der entsprechenden Unterlagen im Rahmen der Überprüfung am 1.8.2014 erfolgte vorrangig zur Feststellung des Grundlohnanspruches der Arbeitnehmer für die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit. Dieser Aufforderung wurde nicht entsprochen.
Daher ist die Ihnen zur Last gelegte Übertretung in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen. Es steht auch eindeutig fest, dass die Wiener Gebietskrankenkasse als zuständiger Träger der Krankenversicherung gemäß § 7g Abs. 2 AVRAG im gegenständlichen Fall berechtigt war, in die erforderlichen Unterlagen (so auch Arbeitszeitaufzeichnungen) für die Kontrolle, ob die Arbeitgeberin den von ihr beschäftigten Arbeitnehmern zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien geleistet hat, Einsicht zu nehmen.
Bei der vorliegenden Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Ein derartiges Vorbringen, das geeignet gewesen wäre, Ihr mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, haben Sie aber nicht erstattet. Demnach sind auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit zweifelsfrei erwiesen.“
Zur Bemessung der Strafhöhe:
Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.
Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfälligen Sorgepflichten des/der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der objektive Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden sind im vorliegenden Fall durchschnittlich.
Bei der Strafbemessung sind weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe hervorgekommen.
Hinsichtlich Ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse und Sorgepflichten für ein minderjähriges Kind wurden Ihre Angaben in der Rechtfertigung herangezogen. Die erkennende Behörde ging von ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und Sorgepflichten für ein minderjähriges Kind aus.
Unter Berücksichtigung aller Strafzumessungsgründe ist die verhängte Strafe nicht zu hoch bemessen.
Der Kostenausspruch und der Ausspruch über die Haftung stützen sich auf die im Spruch angeführten zwingenden Bestimmungen des Gesetzes.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden“.
1.2. Dagegen richtet sich die frist- und formgerechten Beschwerde vom 21.12.2015, welche wie folgt lautet:
„In umseits rubrizierter Rechtssache gibt der Beschwerdeführer bekannt, dass er gegen den Bescheid der[s] Magistratischen Bezirksamtes für den ... Bezirk, MBA ... – S 38507/14 innerhalb offener Frist Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien erhebt. Er macht als Beschwerdegründe die Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend. Die S. GmbH, die für die im Straferkenntnis vom 24.11.2015 über den zur Vertretung nach außen berufenen Beschwerdeführer verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und Verfahrenskosten gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand haftet, setzt sich mit den nachstehenden Ausführungen gegen das Straferkenntnis ebenfalls zur Wehr. Eine Rechtskraft des Bescheids kann der S. GmbH gegenüber somit nicht eintreten.
Durch das angefochtene Straferkenntnis erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem subjektiven Recht darauf, dass eine Verwaltungsstrafe gemäß § 7i Abs. 1 letzter Satz in Verbindung mit § 7g Abs. 2 AVRAG nur dann verhängt wird, wenn auch die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind, verletzt.
1. Wir haben in der durch unseren Vertreter eingebrachten Stellungnahme auf die Judikatur des VwGH zur Verjährung von AVRAG-Straftatbeständen in der vor 1.1.2015 geltenden Fassung des AVRAG hingewiesen, dass eine Unterentlohnung aus Zeiträumen vor dem 1.8.2013 zum Prüfungszeitpunkt 1.8.2014 hinsichtlich des Tatbestandes § 7g AVRAG jedenfalls verjährt gewesen wären und die neue Verjährungsfrist des neuen, ab 1.1.2015 geltenden § 7i Abs. 7 AVRAG ausdrücklich nur für Tatbestände, die sich nach dem 1.1.2015 ereignet haben, gilt.
Wir haben weiters darauf hingewiesen, dass das MBA, falls es mich dennoch einer Verwaltungsübertretung schuldig erkennen sollte, wird rechtlich begründen müssen
a. warum trotz der eindeutigen Formulierung „Unterschreitung des nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohns“ in § 7g AVRAG in der bis 1.1.2015 geltenden Fassung die Vorlagepflicht für Unterlagen in § 7i Abs. 2 AVRAG auch Lohnunterlagen umfassen sollen, die nicht den Grundlohn betreffen, sondern ausschließliche zeitabhängige Zulagen und Zuschläge;
b. warum es trotz der eindeutigen Judikatur des VwGH, der wiederholt erkannte, dass auf Sachverhalte vor dem 1.1.2015 von der einjährigen Verjährungsfrist des § 31 VStG auszugehen ist, die mit Beendigung des Tatzeitraums beginnt, trotzdem bei einer Kontrolle am 1.8.2014 Zeiträume von 1.5.2011 bis 31.12.2012, die also bereits 1,5 Jahre zurückliegen, noch nicht verjährt sein sollten.
Ich habe darauf hingewiesen, dass ein Strafbescheid, der mich einer Verwaltungsübertretung schuldig erkennt, aber zu diesen Fragen keine rechtliche Begründung erhält, nicht nur inhaltlich falsch wäre, sondern auch dem rechtsstaatlichen Prinzip, dass die die gesamte staatliche Verwaltung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden muss, widersprechen würde.
Genau das passiert im vorliegenden Bescheid: Zwar gibt der Bescheid Ansichten der Wiener Gebietskrankenkasse wieder, warum sie ihre Prüfungen nicht anders durchführen kann, zur Judikatur des VwGH zu diesem Thema, auf die ich in meiner Stellungnahme hingewiesen habe und die auch jederzeit abrufbar ist, nimmt er jedoch überhaupt keine Stellung. Die Judikatur des VwGH zu diesem Thema wird einfach ohne Begründung übergangen. Diese Vorgangsweise des MBA widerspricht daher nicht nur den Anforderungen an die Inhaltserfordernisse eines Bescheides, der eine rechtliche Begründung enthalten muss, sondern widerspricht auch dem rechtsstaatlichen Prinzip.
2. Jedenfalls sind die Tatbestände, die von der Wiener Gebietskrankenkasse angezeigt wurden, nach der Judikatur des VwGH bereits verjährt.
Für Sachverhalte, die vor dem 31.12.2014 liegen, kommt noch die allgemeine Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG zur Anwendung, welcher vorsieht, dass die Verfolgung einer Person unzulässig ist, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.
Die Gebietskrankenkasse vertritt dazu die Meinung, dass die Strafverfolgung so lange möglich sei, als der Arbeitgeber nicht den vorenthaltenen Grundlohn nachgezahlt hat. Diese Rechtsansicht wurde vom Verwaltungsgerichtshof in nunmehr mehreren Entscheidungen verworfen.
Der VwGH hat vielmehr ausgeführt, dass 7i Abs. 3 AVRAG 1993 unter Strafe stellt, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmer "beschäftigt oder beschäftigt hat", ohne ihnen den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Lohn zu leisten. Schon das Verb "beschäftigen" stellt klar, dass die strafbare Handlung im gesetzwidrigen (weil unzureichend entlohnten) Beschäftigen des Arbeitnehmers liegt und als Dauerdelikt (vgl RV 1076 Big NR 24 GP, 8) andauert, so lange die unterbezahlte Beschäftigung aufrecht erhalten wird. Hingegen ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, dass der Tatbestand auch durch das bloße Unterlassen der Nachzahlung erfüllt wird. Aus § 7i Abs. 4 letzter Satz AVRAG 1993 ergibt sich vielmehr, dass die Nachzahlung einen Milderungsgrund darstellt, nicht aber die Beendigung des Tatzeitraumes (VwGH Ra 2014/11/0061, Ra 2014/11/0081, Ra 2014/11/0063, etc.).
Wörtlich hat der VwGH in Ra 2014/11/0081 ausgeführt:
§ 7i Abs. 3 AVRAG 1993 stellt unter Strafe, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmer "beschäftigt oder beschäftigt hat", ohne ihnen den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Lohn zu leisten. Schon das Verb "beschäftigen" stellt klar, dass die strafbare Handlung im gesetzwidrigen (weil unzureichend entlohnten) Beschäftigen des Arbeitnehmers liegt und als Dauerdelikt (vgl. RV 1076 Big NR 24 GP, 8) andauert, so lange die unterbezahlte Beschäftigung aufrecht erhalten wird. Hingegen ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, dass der Tatbestand auch durch das bloße Unterlassen der Nachzahlung erfüllt wird. Aus § 7i Abs. 4 letzter Satz AVRAG 1993 ergibt sich vielmehr, dass die Nachzahlung einen Milderungsgrund darstellt, nicht aber die Beendigung des Tatzeitraumes.
In Ra 2014/11/0061 führte er aus:
§ 7i Abs. 3 AVRAG 1993 stellt unter Strafe, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmer "beschäftigt oder beschäftigt hat", ohne ihnen den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Lohn zu leisten. Schon das Verb "beschäftigen" stellt klar, dass die strafbare Handlung im gesetzwidrigen (weil unzureichend entlohnten) Beschäftigen des Arbeitnehmers liegt und als Dauerdelikt (vgl. RV 1076 Big NR 24 GP, 8) andauert, so lange die unterbezahlte Beschäftigung aufrecht erhalten wird. Hingegen ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, dass der Tatbestand auch durch das bloße Unterlassen der Nachzahlung erfüllt wird. Aus § 7i Abs. 4 letzter Satz AVRAG 1993 ergibt sich vielmehr, dass die Nachzahlung einen Milderungsgrund darstellt, nicht aber die Beendigung des Tatzeitraums.
In Ra 2014/11/0063 führte er aus:
§ 7i Abs. 3 AVRAG 1993 stellt unter Strafe, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmer "beschäftigt oder beschäftigt hat", ohne ihnen den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Lohn zu leisten. Schon das Verb "beschäftigen" stellt klar, dass die strafbare Handlung im gesetzwidrigen (weil unzureichend entlohnten) Beschäftigen des Arbeitnehmers liegt und als Dauerdelikt (vgl. RV 1076 Big NR 24 GP, 8) andauert, so lange die unterbezahlte Beschäftigung aufrecht erhalten wird. Hingegen ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, dass der Tatbestand auch durch das bloße Unterlassen der Nachzahlung erfüllt wird. Aus § 7i Abs. 4 letzter Satz AVRAG 1993 ergibt sich vielmehr, dass die Nachzahlung einen Milderungsgrund darstellt, nicht aber die Beendigung des Tatzeitraums.
Aus diesen im Wesentlichen gleich bleibenden Formulierungen ist zu entnehmen, dass diese Rechtsfrage aus Sicht des VwGH geklärt ist und er diese Rechtsmeinung in ständiger Judikatur vertritt.
Wenn nun die Gebietskrankenkasse diese Rechtsmeinung „relativieren“ will, bedeutet, dies nichts anderes, als dass sie eine andere Rechtsmeinung vertritt als der VwGH. Die Rechtsmeinung der Gebietskrankenkasse würde bedeuten, dass eine Verjährung in der Praxis aber nie zu laufen beginnen würde und immer eine Anzeige für lange zurückliegende Sachverhalte erhoben werden könnte.
Wir halten hingegen die Rechtsmeinung des VwGH für richtig und auch systemkonform. Sogar im Strafrecht verlangt § 57 StGB für den Beginn der Verjährungsfrist zB. Bei Diebstahl nicht die Rückgabe des gestohlenen Gutes – das wäre Tätige Reue- sondern das Verstreichen eines Zeitraumes, nach dem die Tat abgeschlossen ist. Es wäre nicht einzusehen, dass mit einer weit hergeholten und konstruierten Begründung, wie sie die Gebietskrankenkasse nun vornimmt, im Verwaltungsstrafrecht andere Maßstäbe gelten sollten und Rechtsverstöße praktisch niemals verjähren sollten.
Die Auffassung der belangten Behörde, dass die Verfolgungsverjährung solange nicht zu laufen beginnt, solange die Arbeitsaufzeichnungen nicht vorgelegt werden, ist sohin unzutreffend. Die Verjährungsfrist begann spätestens mit dem Ende des bestraften Tatzeitraumes zu laufen (31.12.2012). Eine taugliche, dh. der Bestimmung des § 32 Abs 2 VStG entsprechende Verfolgungshandlung wurde erst am 1.10.2014 mit der Aufforderung zur Rechtfertigung gegenüber dem Geschäftsführer Herrn Se. Sc. gesetzt. Aufgrund des Eintritts der Verfolgungsverjährung am 31.12.2013 ist das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.
3. Soweit die Behörde darauf verweist, dass 41a ASVG Prüfungshandlungen retrospektiv, zweitversetzt und bis zu 5 Jahrein die Vergangenheit zulasse, handelt es sich um den Umfang der Prüfungsmöglichkeiten durch die Gebietskrankenkasse im Rahmen einer Beitragsprüfung. Die Fünfjahresfrist für Beitragsprüfungen nach dem ASVG hat aber nichts mit dem Straftatbestand des Lohn- und Sozialdumping zu tun, der im AVRAG geregelt ist, auch wenn die Gebietskrankenkasse ermächtigt ist, zu diesem Tatbestand Anzeigen zu erstatten. Für Sachverhalte nach dem 1.1.2015 ist die Verjährungsbestimmung des § 7i Abs. 7. Abs. 7 AVRAG zur Anwendung zu bringen, auf Sachverhalte vor dem 1.1.2015 die Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG. Es ist überraschend, dass die belangte Behörde auf die nirgendwo in der Literatur oder Judikatur vertreten Meinung kommt, für einen Verwaltungsstraftatbestand die systematisch vollkommen anders einzuordnende Prüfungsfrist des § 41a ASVG heranzuziehen.
Diese Ansicht ist vollkommen systemwidrig, bei den Strafbestimmungen des § 7i AVRAG handelt es sich um Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes, worauf sich die Behörde ja in ihren Ausführungen hinsichtlich „Ungehorsamsdelikt“ etc. ja auch beruft. Es hätte der Behörde daher klar sein müssen, dass auch die Verjährungsfristen des VStG und nicht die Prüffristen des ASVG bei der Prüfung der Verjährung heranzuziehen sind.
4. § 7i Abs. 2 AVRAG in der bis 1.1.2015 geltenden Fassung sieht Strafandrohungen für das Nichtbereithalten von Lohnunterlagen vor. Eine Sanktion für das Fehlen von Arbeitszeitunterlagen ist in dieser Gesetzesstelle ausdrücklich nicht vorgesehen.
Die Aufzeichnungspflicht für die Arbeitszeiten ist nicht in § 7g oder 7i AVRAG, sondern in § 26 AZG geregelt. Die Strafen für die Nichterfüllung der Aufzeichnungspflichten nach dem AZG sind in § 28 Abs. 2 Z 7 AZG geregelt.
Die Tatsache, dass die Gebietskrankenkasse die Einsicht in die Arbeitszeitaufzeichnungen für ihre Prüfungstätigkeit für nützlich erachten würde, kann nicht dazu führen, dass der klare Wortlaut des Gesetzes auf Sachverhalte ausgedehnt wird, die davon nicht gedeckt sind.
Wegen des im Verwaltungsstrafrecht geltenden Analogieverbots ist eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung unzulässig. Strafrechtsquelle ist ausschließlich das geschriebene Gesetz. Eine Ergänzung des Gesetzes durch Analogie oder jede andere Art von Lückenschließung zum Nachteil des Täters ist nach der Judikatur des VwGH untersagt (VwGH 92/02/0103).
Eine Ausdehnung des Begriffs „Lohnunterlagen“ in völlige unbestimmter Weise auf alle Unterlagen, die der Gebietskrankenkasse auch nur irgendwie bei ihren Erhebungen nützlich sein könnten, wäre daher rechtlich unzulässig und würde auch dem Grundsatz, Straftatbestände konkret zu fassen, widersprechen.
Selbst in diesem Fall wäre die Bestimmung des § 26 AZG aber eine Spezialbestimmung innerhalb des allg. Begriffes der Lohnunterlagen, und wäre nicht der § 7i AVRAG, sondern der § 26 AZG auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Dass aber bei allfälligen Verstößen gegen das AZG § 31 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden.
5. Neben dem Umstand, dass ohnehin bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, waren der Beschwerdeführer bzw. die S. GmbH (als Arbeitgeberin) - jedenfalls soweit es die Strafbestimmungen des AVRAG betrifft - gar nicht verpflichtet, der WGKK Arbeitszeitaufzeichnungen vorzulegen.
Auf die vorliegenden Sachverhalte ist die Bestimmung des § 7i Abs. 3 AVRAG in der bis zum 1.1.2015 geltenden Fassung anzuwenden. Strafbar ist also nur die Unterschreitung des zustehenden Grundlohnes, sohin des Mindestkollektivvertragslohnes.
Grundgedanke des § 7i Abs. 3 AVRAG in der bis 1.1.2015 geltenden Fassung war, dass nicht sofort jeder Fehler bei der Lohnverrechnung bestraft werden sollte. Vielmehr sollten nur Verfehlungen unter Strafe gestellt werden, die offensichtlich, leicht feststellbar, und daher auch leicht vermeidbar waren. Eine derartige Offensichtlichkeit, leichte Feststellbarkeit und damit leichte Vermeidbarkeit sah der Gesetzgeber aber nur bei Unterschreitung des gesetzlich oder kollektivvertraglich zustehenden Grundlohnes (= Mindestkollektivvertragslohnes) als gegeben an. Daher wurde dieser Begriff auch ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen.
Die Arbeitszeitaufzeichnungen werden jedoch nicht benötigt, um den Grundlohn zu ermitteln. Bei der im Jahre 2014 durchgeführten GPLA-Prüfung wurde der Grundlohn ermittelt und überprüft und die Arbeitszeitaufzeichnungen hierfür nicht benötigt. Der von der S. GmbH bezahlte Grundlohn wurde auch nicht beanstandet.
Ausschließlich für die nach den kollektivvertraglichen Bestimmungen gebührenden Nachtdienstzulagen für Angestellte bzw. Nachtarbeitszuschläge für Arbeiter wurden die Arbeitszeitaufzeichnungen benötigt. Dies ergibt sich schon aus der Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs 1 BAO vom 1.8.2014. Da die Arbeitszeitaufzeichnungen bei der Prüfung im Jahre 2014 für den Zeitraum von 2010 bis 2012 nicht vorgelegt werden konnten (Aufbewahrungspflicht lediglich 1 Jahr, bzw. zuvor 6 Monate), erfolgte eine Schätzung gem. § 42 Abs 3 ASVG anhand des Meldeverlaufs des jeweiligen Dienstnehmers. Sämtliche Zulagen inkl. Strafzinsen wurden vollständig nachverrechnet. Für den betreffenden Zeitraum wurden somit sämtliche Arbeitnehmer vollständig entlohnt.
Da wie oben ausgeführt, die Arbeitszeitaufzeichnungen nicht zur Bemessung des Grundlohnes benötigt werden, sondern lediglich für die Zulagen und Zuschläge (deren Nichtbezahlung nicht unter Strafe gestellt war), erfolgte die Bestrafung des Beschwerdeführers nach § 7g Abs 2 in Verbindung mit § 7i Abs 1 letzter Satz AVRAG zu Unrecht. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG einzustellen.
6. Auch wenn der Gesetzgeber im Jahr 2014 zur Auffassung gelangte, dass man mit einer Strafbarkeit bei Unterschreitung des Grundlohnes nicht das Auslangen finden wird und ab 1.1.2015 ein Vorenthalten jeder Form des Entgeltes unter Strafe stellte, als er den Tatbestand der unter Strafe stehenden Handlungen ausweitete, ist es nicht zulässig, diesen Ausweitung des Tatbildes auch auf Sachverhalte vor dem 1.1.2015 anzuwenden. Es ist auch nicht zulässig, die ab 1.1.2015 geltenden Ausweitung des Tatbildes als Begründung für eine rückwirkende Ausweitung der Interpretation des Begriffes „Grundlohnes“ zu verwenden. Eine derartige Ausweitung des Tatbestandes auf bis dahin nicht erfasste Sachverhalte würde auch dem verfassungsrechtlich garantierten Verbot der Rückwirkung von Strafgesetzen widersprechen.
Was jedoch für den Tatbestand der Unterentlohnung an sich gilt, gilt umso mehr für den Hilfstatbestand des Nichtbereithaltens von Unterlagen. Es kann dem Gesetz nicht unterstellt werden, dass für Zeiträume, in denen die Unterentlohnung an sich bereits verjährt ist, das Fehlen von Unterlagen noch strafbar sein sollte.
7. Der Beschwerdeführer hat auch tatsächlich bei der Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat die für den Zeitraum 1.5.2011 bis 31.12.2012 erforderlichen Arbeitsaufzeichnungen vollständig und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend dem Arbeitsinspektorat vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat fand hierzu keinerlei Beanstandungen. Da der Beschwerdeführer vom Arbeitsinspektorat die Information erhielt, dass die Abreitsaufzeichnungen (damals noch) lediglich sechs Monate aufzubewahren sind, bestand für ihn aufgrund der ohnehin schon beträchtlichen Fülle an aufzubewahrenden Unterlagen (§ 212 UGB) kein Grund, diese zu behalten.
Nach der Judikatur des VwGH darf sich ein Rechtsunterworfener im Fall der Erteilung einer auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage gegebenem Rechtsauskunft der zuständigen Behörde auf die Richtigkeit dieser Auskunft vertrauen und dürfen im Vertrauen auf eine solche Auskunft erfolgte Gesetzesverstöße nicht als Verschulden angerechnet werden (vgl. E 18. September 2008, 2008/09/0187; E 29. April 2011, 2008/09/0207).
8. Insgesamt wurden über mich 23 Strafen für Verstöße bei 23 Dienstnehmern verhängt. Mit Gesellschafterbeschluss der S. GmbH vom 7. Februar 2012 wurde Herr Se. Sc., geschäftsführender Gesellschafter der S. GmbH zum alleinigen Beauftragten für Steuern und Abgaben bestellt. Er hat diese Bestellung auch angenommen. Dieser Beschluss wurde der Behörde auch nachweislich übermittelt.
Eine Reihe von Dienstnehmern, wegen deren Beschäftigung im Zeitraum 1.5.2011 bis 31.12.2012 von der Behörde pauschal und ohne nähere Prüfung nunmehr eine Strafe verhängt wird, wurden erst nach dem 7.2.2012 eingestellt, also in einem Zeitraum, in welchem eine ausschließliche Verantwortung von Herrn Se. Sc. vorlag.
Herr Am. A. trat am 20.4.2012 in die Firma ein und schied am 13.3.2013 aus der Firma aus, Herr Ma. Fl. trat am 17.4.2012 in die Firma ein und schied am 7.10.2013 aus der Firma aus, Herr Ar. G. trat am 24.3.2015 in die Firma ein und schied am 17.4.2012 aus der Firma aus, Herr N. J. trat am 4.12.2012 in die Firma ein und schied am 31.5.2014 aus der Firma aus, Herr P. Ka. trat am 24.5.2012 in die Firma ein und schied am 21.3.2013 aus der Firma aus, Herr W. Le. trat am 11.2.2012 in die Firma ein und schied am 1.3.2012 aus der Firma aus, Frau V. Mar. trat am 10.3.2012 in die Firma ein und schied am 20.8.2013 aus der Firma aus, und Herr In. O. trat am 25.8.2012 in die Firma ein und schied am 26.8.2012 aus der Firma aus.
All diese Dienstverhältnisse begannen und endeten zu einem Zeitraum in welchem Herr Se. Sc. in diesem Bereich der alleinige Beauftragte für Steuern und Abgaben in der Firma war. Eine Verhängung einer Strafe über mich ist daher nicht zulässig, da ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr verantwortlich war.
Unabhängig von den anderen Rechtsfragen ist die Verhängung von Strafen wegen der oben aufgezählten 8 Dienstnehmer schon aus diesem Grund rechtlich unzulässig.
Beweis: Gesellschafterbeschluss vom 7. Februar 2012
An- und Abmeldungen der genannten Arbeitnehmer
9. Ich hatte im Jahr 2011 ein Einkommen von insgesamt Euro 9.588,63 und im Jahr 2012 von Euro 5.980,72, im Jahr 2013 von Euro 10.872,81. Im Jahr 2014 musste ich mit Gesellschafterbeschluss auf jedes Einkommen aus der Gesellschaft verzichten, um eine durch die Lohnsteuerprüfung ausgelöste Insolvenzgefahr anzuwenden. ICH bin sorgepflichtig für ein Kind.
Eine Strafe von Euro 17.250 würde das Doppelte des durchschnittlichen Jahreseinkommens vor dem Jahr 2014, in welchem er überhaupt kein Einkommen erzielte, darstellen. Eine Strafe in dieser Höhe ist vollkommen überzogen und nicht gesetzmäßig. Bei derart ungünstigen Einkommensverhältnisse ist nicht ersichtlich, wie ein Strafhöhe, die rechtlich über die absolute Untergrenze des Strafrahmens hinausgeht, zu begründen wäre.
Beweis: Einkommensteuerbescheide 2011, 2012 und 2013
Gesellschafterbeschluss 2014
Insgesamt ergibt sich daher, dass
a. die von der Gebietskrankenkasse angezeigten Sachverhalte nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits verjährt sind und
b. die Unterlagen, deren Fehlen mir vorgeworfen wird, gar nicht der Überprüfung der Einhaltung des Grundlohnes und damit gar nicht einen Sachverhalt, der in den Geltungsbereich des 7i Abs. 1 in Verbindung mit § 7g AVRAG gefallen wäre, betroffen haben.
Ich stelle daher die
ANTRÄGE
1. auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und
2. auf ersatzlose Behebung des bekämpften Bescheides sowie
3. auf Einstellung des Strafverfahrens gegen mich;
4. in eventu auf Herabsetzung der Strafe auf das gesetzlich vorgesehene Mindestmaß
Wien, am 21. Dezember 2015 M. F.“.
1.3. Das Straferkenntnis gründet sich auf eine Strafanzeige der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) vom 23.9.2014 an das Magistratische Bezirksamt für den ... Bezirk gegen die S. GmbH in Wien und deren drei handelsrechtlichen Geschäftsführer, nämlich Herrn Gr. Im., Herrn Se. Sc. und den Beschwerdeführer. Darin wurde ihnen vorgeworfen, dass trotz Aufforderungen der WGKK, die Arbeitszeitaufzeichnungen von 23 Arbeitnehmern der S. GmbH für den Zeitraum von 01.5.2011 bis 31.12.2012 bis zur Schlussbesprechung am 01.8.2014 nicht vorgelegt worden seien. Als Beweismittel wurden der Strafanzeige eine Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 01.08.2014, eine E-Mail der WGKK vom 03.04.3014, eine E-Mail von Herrn Sc., vom 03.04.2014, eine Vollmacht der S. GmbH (in der Folge: GmbH), und eine Arbeitnehmerliste beigelegt.
Nach Aufforderung zur Rechtfertigung gab der Beschwerdeführer am 14.10.2014 in einer niederschriftlichen Vernehmung vor der belangte Behörde an, er verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von € 1.000,--, habe kein Vermögen und sei für ein minderjähriges Kind sorgepflichtig. Bezüglich seiner Rechtfertigung verwies er auf zwei beigelegte E-Mails des Dr. R. von der Wi. Wien vom 10.10.2014 und vom 13.10.2014 und ersuchte darum, aufgrund der dort genannten Gründe das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Am 27.04.2015 erstattete die WGKK darauf replizierend eine Stellungnahme mit rechtlichem Vorbringen, auf welche der Beschwerdeführer am 1.6.2015 reagierte, indem er nochmals schriftlich Stellung nahm und erneut die Einstellung des Strafverfahrens aufgrund des Nicht-Vorliegens und Verjährung der angezeigten Verwaltungsübertretung begehrte.
In der Folge erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis, gegen welches Beschwerde erhoben wurde.
1.4. Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgericht Wien am 15.01.2016 (einlangend) unter Anschluss der bezughabenden Akten zur Entscheidung vorgelegt, wobei die belangte Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand nahm und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtete.
Die Rechtssache wurde dem erkennenden Richter des Verwaltungsgerichts Wien zugeteilt, welcher nach der Geschäftsverteilung auch für die Parallelverfahren gegen die zwei weiteren Geschäftsführer der GmbH, Herrn Se. Sc. zur GZ: VGW-041/068/552/2016, und Herrn Gr. Im. zur GZ: VGW-041/068/550/2016 sowie gegen die GmbH zu den GZ: VGW 041/V/068/10945/2016, VGW-041/V/068/10946/2016 und VGW-041/V/068/10947/2016, zuständig ist. Da der Inhalt der Straferkenntnisse und der Beschwerden in diesen Verfahren im Wesentlichen ident ist, wurde für alle sechs Verwaltungsverfahren eine gemeinsame mündliche Verhandlung durchgeführt.
1.5. Als Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung erstattete die WGKK am 9.2.2016 und am 25.3.2016 zwei weitere Stellungnahmen und brachte im Wesentlichen Folgendes vor:
Die von der WGKK durchgeführte Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) habe zwar eine sozialversicherungsrechtliche Nachverrechnung von Zulagen und Zuschlägen umfasst, die Aufforderung zur Vorlage von Arbeitszeitaufzeichnung sei jedoch nicht ausschließlich zu diesem Zweck, sondern vorrangig für die Überprüfung des Grundlohnes erfolgt.
Laut den ErläutRV 1076 BlgNR 24. GP sei unter dem Begriff „Grundlohn“ der für die erbrachte Arbeitszeit zustehende Grundbezug (Grundlohn bzw. Grundgehalt) zu verstehen, was auch das Überstundengrundentgelt miteinschließe. Somit sei unumstößlich klargelegt worden, dass für die Ermittlung des Grundlohnes die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit (somit auch Mehr- und Überstunden) als relevantester Parameter zwingend erforderlich ist.
Wie auch vom Beschwerdeführer in seinen Judikaturzitaten zur Verjährung bei Unterentlohnung im Sinne des AVRAG angeführt werde, habe der VwGH in seinen Beschlüssen und Entscheidungen immer wieder Bezug auf die Erläuterungen (RV 1076 Big NR 24 GP, 8) genommen und somit den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck gebracht, dass die Unterschreitung des Grundlohnes im Sinne des AVRAG als Dauerdelikt zu werten sei. In gleicher Art und Weise hätte auch der Wille des Gesetzgebers bei der Frage der Verjährung Berücksichtigung finden müssen, was jedoch bis dato in der Rechtsprechung nicht erfolgt sei.
Im nachstehend angeführten Auszug aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum ASRÄG 2014 (ErläutRV 319 BlgNR 25. GP) werde unmissverständlich der Wille des Gesetzgebers festgehalten und klargestellt, wie die Bestimmungen zur Verjährung im Zusammenhang mit Unterentlohnungen im Sinne des AVRAG für Sachverhalte vor dem 01.01.2015 zu interpretieren seien:
„Neuregelung der Verjährung im Fall des Lohndumpings:
Derzeit ist die Strafverfolgung möglich, solange der/die Arbeitgeber/in nicht den vorenthaltenen Grundlohn nachzahlt, auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirkt keinen Eintritt der Verfolgungsverjährung. Davon abweichend ist künftig vorgesehen, dass der Beginn der Verjährung (Verfolgungs-und Strafbarkeitsverjährung) mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Entgelts eintritt. Bei einer durchgehenden Unterentlohnung, die mehrere Lohnzahlungszeiträume umfasst, beginnt der Lauf dieser Fristen mit der Fälligkeit des Entgelts der letzten Lohnzahlungsperiode.“
Diese Erläuterungen würden sich zwar auf die Gesetzeslage nach dem 31.12.2014 beziehen und auch keine gesetzliche Rückwirkung herbeiführen, aber seien ein klarer und dezidierter Beweis für den bisherigen Gesetzgeberwillen.
Würde man diese klare und unmissverständliche Darstellung des Gesetzgeberwillens außer Acht lassen, wäre dies aus Sicht der WGKK in höchstem Maße rechtsstaatlich bedenklich.
Mit der Novelle des AVRAG durch das ASRÄG 2014 und den damit neugefassten Bestimmungen der Verjährung habe der Gesetzgeber die bisherige (auch in der Literatur kritisch angesehene und in einigen Fällen theoretisch mögliche) „Unverjährbarkeit“ beseitigen wollen. Durch die Neuregelung habe keinesfalls eine Verlängerung der Verjährungsfrist erreicht werden sollen, was sich jedoch aufgrund der Judikatur des VwGH ergeben würde, da durch die Neuregelung auch bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nun jedenfalls eine dreijährige Frist für die Verjährung zur Anwendung komme. Entgegen der Ansicht des VwGH habe der Gesetzgeber sehr wohl gewollt, dass die Strafverfolgung möglich sein solle, solange der Arbeitgeber nicht den vorenthaltenen Grundlohn nachzahle.
§ 7i Abs. 3 AVRAG bestimme, dass ein Arbeitgeber zu bestrafen sei, wenn er Arbeitnehmer beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne den zustehenden Grundlohn zu leisten. Durch die bewusste und ausdrückliche Anführung des Wortes „beschäftigt“ und der Wortfolge „oder beschäftigt hat" bringe der Gesetzgeber unmissverständlich zum Ausdruck, dass das Dauerdelikt der Unterentlohnung unabhängig von der Fortdauer des betreffenden Arbeitsverhältnisses aufrecht bleiben solle. Zweifelsohne stelle der Ausdruck „beschäftigt“ darauf ab, dass das Dauerdelikt solange aufrecht bleiben solle, solange auch das betreffende Arbeitsverhältnis aufrecht ist. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses treffe der Umstand „beschäftigt" nicht mehr zu, das Dauerdelikt bzw. die strafbare Handlung wäre somit beendet und die Frist für die Verfolgungsverjährung würde zu laufen beginnen. Hätte der Gesetzgeber diese Bestimmung derart geregelt, wie sie vom VwGH interpretiert wird, hätte er es bei der Nennung des Wortes „beschäftigt" belassen. Die Wortfolge „oder beschäftigt hat“ sei einerseits durch das Wort „oder" zweifelsfrei als ein vom alleinigen Ausdruck „beschäftigt" unterschiedlicher und somit eigenständiger Regelungscharakter zu qualifizieren, andererseits weise sie durch den semantischen Wortsinn von „beschäftigt hat“ eindeutig und ebenso zweifelsfrei einen Bezug auf bereits Vergangenes bzw. in der Vergangenheit Abgeschlossenes. Zu bedenken sei auch, dass die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung des § 7i Abs. 3 AVRAG wesentlich von allen sonstigen Verwaltungsstrafbestimmungen abweiche, da letztere ausschließlich einen Gegenwartsbezug aufweisen. Unterstellte man nun der gesamten Regelung des § 7i Abs. 3 AVRAG, dass für die Fortdauer des Dauerdelikts der Unterentlohnung immer ein aufrechtes Dienstverhältnis Voraussetzung wäre, würde die Wortfolge „oder beschäftigt hat“ keinerlei Regelungswirkung haben, da diese schon mit dem Wort „beschäftigt“ gegeben sei. Die rechtliche Gleichsetzung des Wortes „beschäftigt“ mit der Wortfolge „beschäftigt hat“ entbehre somit jeder semantischen und rechtlichen Logik und Grundlage und wäre daher eindeutig verfehlt.
Die Erfüllung des Tatbestandes durch die Unterlassung der Nachzahlung erfordere keine explizite Normierung im Gesetz, da dies genau dem Wesen des Dauerdelikts entsprechen würde. Die strafbare Handlung bestünde ja gerade darin, den zustehenden Grundlohn nicht zu leisten. Die Strafbestimmung des § 7i Abs. 3 ASVG besage schließlich nicht, dass ein Arbeitgeber nur dann zu bestrafen wäre, wenn er zum Zeitpunkt der Lohnfälligkeit den Grundlohn nicht leistet, sondern solange zu bestrafen ist bzw. strafbar handelt, wie er den zustehenden Grundlohn nicht leistet (also auch nicht nachzahlt). Hätte der Gesetzgeber den Fälligkeitszeitpunkt als Beginn der Verjährung festlegen wollen, hätte er mit der bloßen Verwendung des Wortes „beschäftigt“ sein Auslangen gefunden.
Auch bedürfe es keiner über die bestehenden Verwaltungsstrafrechtsbestimmungen hinausgehenden Regelung, die besagen würde, dass die Nachzahlung zu einer Beendigung des Tatzeitraumes führen würde, da sich dies bereits aus § 31 Abs. 1 VStG (Verjährung) ergebe, welcher klar und unmissverständlich regle, dass die Frist „von dem Zeitpunkt zu berechnen ist, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat“. Im Zusammenhang mit dem Dauerdelikt der Unterentlohnung im Sinne des § 7i Abs. 3 AVRAG ergebe sich daher ohnehin zwingend, dass erst im Zeitpunkt der Nachzahlung des Unterschreitungsbetrages „die strafbare Tätigkeit abgeschlossen ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat“ und die Verjährungsfristen zu laufen beginnen. Hierzu werde auch auf das Erkenntnis des VwGH 31.10.1986, 86/10/0018 verwiesen, in welchem er entschieden hat, dass, wenn einem Verlangen einer zuständigen Behörde nicht innerhalb der gestellten Frist entsprochen wird, die Tat mit Fristablauf vollendet sei. Gleichzeitig beginne die Frist des § 31 Abs. 1 VStG.
Ginge man jedoch grundsätzlich davon aus, dass bereits nach Ablauf des Tages der Lohnzahlungsfälligkeit die Straftat beginnt und auch zeitgleich abgeschlossen ist, verlöre die Unterentlohnung gänzlich die Qualifizierung als Dauerdelikt.
Dies würde jedoch unweigerlich zu einem Widerspruch zu der Neuregelung in § 7i Abs. 7 AVRAG (idF ASRÄG 2014) führen, welche vorsehe, dass ,,[b]ei Unterentlohnungen, die durchgehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen die Frist für die Verfolgungsverjährung ab Fälligkeit des Entgelts für den letzten Lohnzahlungszeitraum der Unterentlohnung“ beginne. Bei einem Dauerdelikt beginne die Frist für die Verfolgungsverjährung immer erst mit Beendigung der letzten Tathandlung; unabhängig davon, ob sich die entsprechenden Zeiträume lückenlos aneinanderreihen oder nicht. Ginge man also von der letztgenannten (aus unserer Sicht falschen) Deutung des Dauerdeliktes aus, käme dieser Neuregelung deshalb keinerlei Rechtswirkung zu, weil dann in allen Fällen, also auch in jenen, wo keine durchgehenden Lohnzahlungszeiträume vorliegen, zwingend analog dieser neuen Bestimmung vorzugehen wäre. Auch hier könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er hätte eine ergänzende Norm ohne jeglichen Regelzweck geschaffen.
Die WGKK führt weiter aus, die Regelungen im ASRÄG 2014, dass der Fristenlauf mit Nachzahlung beginne, würden keine Neuregelung oder Abänderung von Verjährungsbestimmungen darstellen, sondern hätten lediglich die Bedeutung einer Klarstellung, da die bisherige Regelung missinterpretiert werde.
Außerdem würde sich laut der WGKK auch aus den Erläuterungen des zur Zeit in Begutachtung befindlichen Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG), dass die Unterentlohnung als Dauerdelikt zu verstehen sei und erst mit Nachzahlung des ausstehenden Entgelts beendet werde.
Weiters sei zu berücksichtigen, dass die Träger der Krankenversicherung gemäß § 7g Abs. 1 AVRAG „im Rahmen ihrer Tätigkeit“ zu überprüfen haben, ob ein Arbeitgeber den dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmern zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien leistet bzw. geleistet habe. Als Kontrolle im Sinne der gesetzlichen Textierung „im Rahmen ihrer Tätigkeit" könne nur eine Sozialversicherungsprüfung gemäß § 41a ASVG verstanden werden. Derartige Prüfungshandlungen können schon von ihrer Systematik her nur retrospektiv, zeitversetzt (in der Regel ca. 1 Jahr) und bis zu 5 Jahre in die Vergangenheit reichend erfolgen. Dem Materiengesetzgeber sei zu unterstellen, dass er daher die entsprechenden Bestimmungen zur Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfung (umgesetzt im AVRAG) in diesem Wissen und darauf aufbauend geschaffen habe und keinesfalls Regelungen schaffen haben wolle, die letztlich dazu führen, dass die im Gesetz normierte Kontrolle in der vorgesehenen Art und Weise gar nicht (mehr) erfolgen kann. Der Tatbestand der Unterentlohnung gemäß § 7i Abs. 3 AVRAG, welcher die zentrale Bestimmung zur Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfung darstelle, wäre „im Rahmen der Tätigkeit" der Träger der Krankenversicherung in der Regel nicht mehr prüfbar und somit weitgehend totes Recht.
Unter Punkt 4 der Beschwerde werde angeführt, dass § 7i Abs. 2 AVRAG in der bis 1.1.2015 geltenden Fassung (Anmk: gemeint ist wohl bis 31.12.2014) das Nichtbereithalten von Lohnunterlagen unter Strafdrohung stelle. Dies sei jedoch insoweit für den gegenständlichen Sachverhalt nicht zutreffend, da sich diese Regelung auf Arbeitgeber gemäß der §§ 7, 7a und 7b AVRAG beziehe, also auf Arbeitgeber ohne Sitz in Österreich. Ein solcher Arbeitgeber liege jedoch im gegenständlichen Fall nicht vor
Nach § 7i Abs. 1 letzter Satz AVRAG seien bei aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen zu führenden Unterlagen und Aufzeichnungen die Gründe und die Umstände, warum die Unterlagen nicht vorgelegt bzw. übermittelt wurden, unwesentlich und das Verhalten jedenfalls als Verweigerung der Einsichtnahme bzw. Übermittlung zu werten. Aus Sicht der Wiener Gebietskrankenkasse könne daher seitens des Beschwerdeführer jedenfalls nicht argumentiert werden, es liege deshalb keine Verwaltungsübertretung aufgrund der Nichtvorlage von Arbeitszeitaufzeichnungen vor, da solche gar nicht existiert hätten und folglich gar nicht vorlegt hätten werden können. Eine solche Argumentation stelle grundsätzlich eine nicht beweisbare Behauptung dar und sei daher als substantiierte Rechtfertigung jedenfalls nicht geeignet.
Selbst wenn das Nichtführen von Arbeitszeitaufzeichnungen nachweisbar wäre, könnte dies an der rechtlichen Bewertung des Sachverhaltes nichts ändern. Andernfalls wären jene Rechtsunterworfenen, welche die entsprechenden Normen einhalten, jenen, die sie nicht einhalten, gleichgestellt oder im schlimmsten Fall denen gegenüber sogar schlechter gestellt. Dem Gesetzgeber könne aber nicht unterstellt werden, mit den entsprechenden Bestimmungen eine solche Schlechterstellung herbeiführen zu wollen. Auch bestünden gegen eine solche Schlechterstellung jedenfalls verfassungsrechtliche Bedenken.
Als erforde