Entscheidungsdatum
23.03.2017Index
60/04 Arbeitsrecht allgemeinNorm
AuslBG §3 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Burda über die Beschwerde des Herrn R. S., vertreten durch Frau G. B., Wien, ..., vom 15.12.2016 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 28.11.2016, Zl. MBA ...- S 51776/16, wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 AuslBG zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der auf die Strafhöhe eingeschränkten Beschwerde insoweit Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG in Verbindung mit
§ 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG eine Ermahnung ausgesprochen wird.
II. Der Beschwerdeführer hat daher gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Das Verwaltungsstrafverfahren gründet sich auf den Strafantrag der Finanzpolizei vom 18. Oktober 2016, wonach laut einer Anzeige des AMS Wien Herr Ba. Sa., ein türkischer Staatsangehöriger, in der Zeit von 1.2.2016 bis 14.3.2016 bei der M. GmbH ohne Arbeitspapiere arbeitete, jedoch zur Sozialversicherung angemeldet war.
Der Anzeige beigelegt war ein Sozialversicherungsdatenauszug sowie ein Auszug aus dem AMS-Register, wonach der M. GmbH über ihr Ansuchen vom 2. März 2016 für Herrn Ba. Sa. mit Bescheid vom 15. März 2016 eine Beschäftigungsbewilligung in der Zeit vom 15. März 2016 bis 14. März 2017 erteilt worden ist.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der M. GmbH mit Sitz in Wien zu verantworten zu haben, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin entgegen § 3 AuslBG in der Zeit von 1.2.2016 bis 14.3.2016 im Rahmen ihres Gewerbebetriebes in Wien, O., den Ausländer Herrn Ba. Sa., einen türkischen Staatsbürger, als Arbeiter (Kellner) beschäftigt hat, obwohl dieser über keine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung in besagtem Tatzeitraum verfügt hat. Er habe dadurch § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 AuslBG verletzt und wurde deshalb über ihn eine Geldstrafe von € 1.900, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitstrafe von einem Tag und 20 Stunden gemäß § 28 Abs. 1 1. Strafsatz AuslBG verhängt. Darüber hinaus wurde ihm ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von € 190 gemäß § 64 VStG vorgeschrieben.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in welcher vorgebracht wird, dass die Bar. GmbH, die vormalige Betreibergesellschaft des Hotels ... Wien, am 16. November 2015 Insolvenz angemeldet und daraufhin am 31. Jänner 2016 geschlossen worden sei. Die M. GmbH betreibe das Hotel ... Wien seit 1. Februar 2016 und habe alle 165 Dienstnehmer der insolventen ehemaligen Betreibergesellschaft übernommen, darunter auch Herrn Ba. Sa.. Dieser hatte eine gültige Beschäftigungsbewilligung bis 4. Mai 2016. Weiters habe man versucht, durch Gespräche beim AMS Wien Klarheit über die ordnungsgemäße Anstellung bzw. Arbeitsbewilligung zu erlangen. Eine Arbeitsbewilligung für Herrn Sa. habe man daraufhin mit Datum 15.3.2014 und nicht so wie angesucht mit Datum 1.2.2016 erhalten. Erst im Gespräch mit dem AMS-Sachbearbeiter Ing. H. sei man darüber informiert worden, dass eine rückwirkende Bescheidausstellung nicht möglich sei. Aufgrund der Insolvenz bzw. des Betriebsüberganges von 165 Arbeitnehmern sowie des immer wiederkehrenden Versuches, einen rückwirkenden Bescheid zu erlangen, werde um erneute Beurteilung des vorliegenden Falles ersucht.
Der Beschwerde beigelegt war ein Bescheid des AMS Wien vom 30. April 2015 zur GZ. ..., mit welchem der Bar. GmbH als Arbeitgeberin für den Arbeitnehmer Ba. Sa. eine Beschäftigungsbewilligung für die Zeit vom 5. Mai 2015 bis 4. Mai 2016 für die berufliche Tätigkeit als Kellner erteilt worden ist.
Die Beschwerde wurde daraufhin vom Verwaltungsgericht Wien der Finanzpolizei als Amtspartei zur Kenntnis gebracht, welche mit Schriftsatz vom 28. Februar 2017 ausführte, im Hinblick auf die vorgelegten Unterlagen gegen eine Ermahnung keine Einwände zu haben.
Der Beschwerdeführer schränkte daraufhin durch seine Vertreterin mit E-Mail vom 9. März 2017 sein Rechtsmittel auf die Strafhöhe ein und beantragte den Ausspruch einer Ermahnung.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Aufgrund der lediglich gegen die Strafhöhe gerichteten Beschwerde ist seitens des Verwaltungsgerichtes Wien auf die in der Schuldfrage ergangene behördliche Entscheidung nicht mehr einzugehen, sondern ausschließlich die von der Behörde vorgenommene Strafbemessung zu überprüfen (vgl. VwGH 20.09.2013, 2013/17/0305; VwGH 27.10.2014, Ra 2014/02/0053). Hinsichtlich der Strafbarkeit ist das verwaltungsbehördliche Straferkenntnis in (Teil-) Rechtskraft erwachsen.
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG i.d.F. BGBl. I Nr. 72/2013 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.
Gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG i.d.F. BGBl. I Nr. 113/2015 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 AuslBG einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder keine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis 50.000 Euro.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 16 Abs. 2 letzter Satz VStG ist die Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
Zum Ausspruch einer Ermahnung wird Folgendes bemerkt:
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG dem Beschuldigten im Fall der Ziffer 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Im vorliegenden Fall waren einerseits die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat gering, da Herr Sa. nicht allzu lange ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung beschäftigt worden ist und die ganze Zeit über zur Sozialversicherung angemeldet gewesen war. Darüber hinaus lag ja der Aktenlage nach für die Beschäftigung des Herrn Sa. als Kellner am Betriebsstandort eine bis 4. Mai 2016 gültige Beschäftigungsbewilligung vor. Dass diese seinerzeit der insolvent gewordenen ehemaligen Betreiberin und nicht der neuen Arbeitgeberin des Herrn Sa. erteilt worden ist, welche sein Arbeitsverhältnis im Rahmen des AVRAG übernommen hat, ist zwar ein unbestreitbares Faktum, jedoch wird dadurch im gegenständlichen Fall weder eine Verzerrung des österreichischen Arbeitsmarktes, noch Sozialdumping, noch eine Gefährdung des Arbeitnehmers selbst auch nur ansatzweise bewirkt.
Darüber hinaus kann auch das Verschulden des Beschwerdeführers als gering angesehen werden: Er vertraute vorerst darauf, dass Herr Sa. aufgrund der der Bar. GmbH erteilten Beschäftigungsbewilligung auch für die M. GmbH arbeiten dürfe. Er ließ auch von seiner Personalabteilungsmitarbeiterin Erkundigungen bei der zuständigen Behörde über die Beschäftigungsvoraussetzungen für Ausländer einholen und wurde daraufhin bereits einen Tag nach Geschäftsübernahme der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die Beschäftigung des Herrn Sa. als Kellner gestellt. Mit Zustellung des Bescheides über die der M. GmbH für die Beschäftigung des Herrn Sa. erteilte Bewilligung wurde dem Beschwerdeführer jedoch erst klar, dass eine rückwirkende Bescheidausstellung nicht möglich ist.
Schließlich sprach sich auch die Finanzpolizei in ihrer Stellungnahme vom 28.2.2017 aufgrund des bisherigen Ermittlungsstandes und des Vorbringens des Beschuldigten ausdrücklich für eine bloße Ermahnung aus.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien liegen daher die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ermahnung vor und war demnach spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet auf die im Spruch genannte Gesetzesstelle.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 2 VwGVG unterbleiben, da sich die Beschwerde nur mehr gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Verfahrenspartei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Ermahnung ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ausländer; Beschäftigung; Beschäftigungsbewilligung; Ermahnung; Anmeldung zur Sozialversicherung; nur kurze Zeit ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung beschäftigt; Verschulden, geringes; Rechtsgut, geringe Bedeutung; Intensität der Beeinträchtigung, geringeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.041.008.575.2017Zuletzt aktualisiert am
29.12.2017