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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
ErbStG §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der
W und A Rechtsanwaltsgemeinschaft in V, vertreten durch Dr. Georg Willenig und Mag. Ingomar Arnez, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Bahnhofplatz 4/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 10. September 1999, RV 164/1-7/96, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Gesellschaft (Rechtsanwaltsgemeinschaft) hatte drei Gesellschafter. Sie ermittelte den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988. Der Gesellschafter Dr. P verstarb am 23. Oktober 1993. Sein Gesellschaftsanteil ging im Erbwege an seine Tochter, die ihn sogleich ihrem Ehemann Dr. W schenkte, der bereits vorher ein weiterer Gesellschafter der Beschwerdeführerin gewesen war.
Für die Beschwerdeführerin wurde zum 23. Oktober 1993 eine Todfallsbilanz erstellt. Auf diesen Stichtag nahm sie einen Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 3 auf § 4 Abs. 1 EStG 1988 vor und ermittelte einen Übergangsgewinn von 2,978.130 S, der zur Hälfte Dr. P zugerechnet wurde und als mit dem begünstigten Steuersatz nach § 37 EStG 1988 zu versteuern erklärt wurde. Auf den 24. Oktober 1993 erfolgte sodann wiederum der Übergang auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 und wurde ein korrespondierender Übergangsverlust von 2,978.130 S ermittelt.
Der gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufige Bescheid betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften erging erklärungsgemäß.
Bei einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Erstellung einer Todfallsbilanz sei nicht erforderlich. Aus diesem Grund seien der erklärte Übergangsgewinn und der erklärte Übergangsverlust nicht anzuerkennen.
Das Finanzamt erließ gemäß § 200 Abs. 2 BAO einen endgültigen Bescheid betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1993, mit welchem es nur den laufenden Gewinn, nicht aber einen Übergangsgewinn bzw. einen Übergangsverlust erfasste.
Die Beschwerdeführerin brachte Berufung ein. Die vereinfachte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 dürfe nicht zu einem anderen Gesamtgewinn führen als die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. Daraus ergebe sich, dass, wenn ein Betrieb von Todes wegen auf den Rechtsnachfolger übergehe, eine Todfallsbilanz erstellt werden müsse.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Verwaltungspraxis halte die Erstellung eines Todfallsbilanz bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnern für nicht erforderlich, wenn der Rechtsnachfolger die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung fortsetze. Die Verwaltungspraxis könne sich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1959, 1307/58, stützen. Das zur Erbschaftssteuer ergangene Erkenntnis vom 9. September 1993, 92/16/0190, im welchem von einer Todfallsbilanz die Rede sei, stehe dem nicht entgegen, weil es nicht einen Einnahmen-Ausgaben-Rechner, sondern einen Bilanzierer betroffen habe. Im gegenständlichen Fall sei ein Mitunternehmeranteil als Einkunftsquelle übergeben worden. Bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung müssten die Einnahmen in jenem Zeitpunkt als erwirtschaftet gelten, in dem sie zufließen. Es seien im gegenständlichen Fall zwar Einnahmen und Ausgaben, die beim Übergangsgewinn zu Zu- und Abschlägen geführt hätten, nach dem Ableben des Dr. P und dem Übergang der Einkunftsquelle auf Dr. W zugeflossen. Dadurch sei Dr. W aber auch bereichert worden, sodass nicht davon gesprochen werden könne, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Erblassers werde beim Erben erfasst. Das Erfordernis einer Todfallsbilanz ergebe sich auch nicht aus dem Grundsatz der Totalgewinngleichheit. Dieser Grundsatz gelte nämlich nicht personenbezogen, sondern betriebsbezogen. Wäre er tatsächlich personenbezogen, müssten bei jeder unentgeltlichen Betriebsübertragung die stillen Reserven aufgedeckt werden. Eine Pflicht zur Erstellung einer Todfallsbilanz ergebe sich auch nicht aus § 6 Z. 9 lit. a EStG 1988. Diese Bestimmung normiere die Buchwertfortführung für den Fall der unentgeltlichen Betriebsübertragung. Es bestehe kein Gebot, bei der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteiles unter Beibehaltung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung Leistungsforderungen anzusetzen. Die Buchwertfortführung bringe es mit sich, dass in Fällen der unentgeltlichen Übertragung von Betrieben und Mitunternehmeranteilen keine Gewinnrealisierung Platz greife. Daraus sei die betriebsbezogene (nicht personenbezogene) Betrachtungsweise des Gesetzes ersichtlich. Wäre die Ansicht der Beschwerde zutreffend, wonach vom Rechtsvorgänger geleistete Arbeiten bzw. die daraus resultierenden später zufließenden Einnahmen noch diesem zuzurechnen seien, dann müsste bei unentgeltlichen Übertragungen auch eine Realisierung stiller Reserven erfolgen. Die erbschaftsteuerliche Behandlung des Übergangs des Mitunternehmeranteiles sei für die einkommensteuerliche Beurteilung unmaßgeblich. Somit stelle die belangte Behörde fest, dass eine Todfallsbilanz nicht aufzustellen sei und daher ein Wechsel der Gewinnermittlungsart mit der Konsequenz des Entstehens eines Übergangsgewinnes und zugleich eines Übergangsverlustes nicht eingetreten sei.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde. Als Beschwerdepunkt wird geltend gemacht die Verletzung im Recht auf richtige Anwendung des § 37 EStG "infolge Nichtanerkennung einer Todfallsbilanz bei Ableben eines Gesellschafters".
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob ein Wechsel der Gewinnermittlungsart geboten ist (und daher eine Todfallsbilanz zu erstellen ist), wenn ein Mitunternehmeranteil oder ein Betrieb, für welchen der Gewinn durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt wird, durch Erwerb von Todes wegen auf den Rechtsnachfolger übergeht und dieser die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung fortsetzt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus den einkommensteuerlichen Vorschriften nicht, dass beim Ableben eines Einnahmen-Ausgaben-Rechners und Fortsetzung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung durch den Rechtsnachfolger ein Wechsel der Gewinnermittlungsart auf den Betriebsvermögensvergleich zum Zeitpunkt des Ablebens vorgenommen wird (vgl. etwa die bei Djanani/Kapferer, ÖStZ 1985, 279, FN 2, wiedergegebene hg Rechtsprechung). In diesem Sinn sind auch die Ausführungen von Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 6 Tz 242, zu verstehen, die beim unentgeltlichen Betriebserwerb für Einnahmen-Ausgaben-Rechner von einer Buchwertfortführung (nur) hinsichtlich der abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sprechen (ebenso Hofstätter/Reichel, Tz 4 zu § 6 Z. 9 EStG 1988, vgl. auch Quantschnigg/Schuch, aaO, § 2 Tz 49).
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ergibt sich anderes auch nicht aus den Ausführungen in dem - im Übrigen zur Erbschaftsteuer ergangenen - hg. Erkenntnis vom 9. September 1993, 92/16/0190; in diesem Erkenntnis ist weder davon die Rede, dass der Erblasser den Gewinn seines Betriebes durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt hätte, noch von einem Wechsel der Gewinnermittlungsart.
Das Erfordernis des Wechsels der Gewinnermittlungsart von der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung auf den Betriebsvermögensvergleich lässt sich auch nicht aus zwingenden Grundsätzen des Einkommensteuerrechts ableiten. Wie die belangte Behörde zutreffend aufzeigt, ist schon aus der Anordnung der Buchwertfortführung in § 6 Z. 9 lit. a EStG 1988 abzuleiten, dass der Gesetzgeber von der Übertragung stiller Reserven und damit latenter Steuerbelastungen ausgeht. Der Gesetzgeber nimmt somit bewusst in Kauf, dass beim Rechtsvorgänger eingetretene Wertsteigerungen beim Rechtsnachfolger besteuert werden (vgl. Hofstätter/Reichel, Tz 1 zu § 6 Z. 9 EStG 1988). Dies gilt entsprechend für die Überbindung unversteuerter Rücklagen auf den Rechtsnachfolger im Betrieb, die dazu führt, dass mit der Einkunftsquelle auch vom Rechtsvorgänger erwirtschaftete Gewinnteile übertragen werden.
Es trifft zu, dass die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 und jene nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 über einen längeren Zeitraum betrachtet zum selben Gesamtgewinn führen sollen. In Ausnahmefällen kann dieser Zeitraum aber über das Ableben eines Betriebsinhabers hinaus andauern. In solchen Fällen kann sich, worauf die Beschwerdeführerin zutreffend hinweist, ein unterschiedliches Ausmaß der Einkommensteuerlasten auch in einer unterschiedlichen Erbschaftsteuerbemessungsgrundlage niederschlagen.
Darauf hingewiesen sei, dass auch nach der Rechtsprechung und Lehre zur vergleichbaren Rechtslage in Deutschland der Übergang des Betriebes eines Einnahmen-Ausgaben-Rechners von Todes wegen keinen Wechsel der Gewinnermittlungsart mit sich bringt (vgl. Heinicke, in Schmidt, EStG18, § 4 Anm. 669, und Weber-Grellet in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rdnr D 209).
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 27. Juni 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999140281.X00Im RIS seit
27.11.2000Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013