TE Vfgh Erkenntnis 1998/2/23 B3367/96

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Veröffentlicht am 23.02.1998
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Index

16 Medienrecht
16/02 Rundfunk

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
StGG Art13
StGG Art17a
EMRK Art10
RundfunkG §2a

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Abweisung einer Beschwerde gegen die Ausstrahlung der Filme "Stille Tage in Clichy" und "Henry und June" im ORF durch die Rundfunkkommission

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, den beteiligten Parteien G Z, K L und Dr. H T zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit S 20.700,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. M H wandte sich gegen die Ausstrahlung der Spielfilme "Stille Tage in Clichy" (am 11. April 1994) und "Henry und June" (am 13. April 1994) im Österreichischen Rundfunk (im folgenden: ORF)-Fernsehen mit einer Beschwerde gemäß §27 Abs1 Z1 litb Rundfunkgesetz (RFG) an die Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes (RFK). In dieser - wie die RFK feststellte - von mehr als 500 weiteren Inhabern einer Rundfunk- (Fernsehrundfunk-) Hauptbewilligung unterstützten Administrativbeschwerde wurde die Feststellung begehrt, daß die Sendung der beiden ("harten" Porno-)Filme das RFG verletzt habe.

1.2. Die RFK gab dieser Beschwerde mit ihrem Bescheid vom 21. Juni 1994, Z542/5-RFK/94, nicht Folge.

1.3. Die gegen diesen Bescheid gemäß Art144 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. September 1995, B1601/94 (= VfSlg. 14217/1995) derart erledigt, daß der angefochtene Bescheid wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter infolge unrichtiger Zusammensetzung der RFK kostenpflichtig aufgehoben wurde.

2.1. In dem darauf hin vor der belangten Behörde in neuer Zusammensetzung fortgesetzten Verwaltungsverfahren erging sodann der Bescheid der RFK vom 6. Februar 1996, GZ 542/6-RFK/96, mit welchem der Beschwerde abermals nicht Folge gegeben wurde.

2.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde von M H an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

2.3. Die RFK als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete aber auf die Erstattung einer Gegenschrift.

2.4. Der Generalintendant des ORF und die für die streitverfangene Sendung verantwortlichen Bediensteten des ORF, nämlich die damaligen Hauptabteilungsleiter K L und Dr. H T brachten als Beteiligte des verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens eine gemeinsame Gegenäußerung ein, in der sie für die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde eintraten.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1.1. Die RFK ist eine nach Art133 Z4 B-VG eingerichtete Verwaltungsbehörde. Ihre Entscheidungen unterliegen nach §29 Abs5 RFG nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Der administrative Instanzenzug iSd Art144 Abs1 Satz 2 B-VG ist also ausgeschöpft (vgl. zB VfSlg. 12491/1990, 12969/1992; 13932/1994).

1.2. Wie der Verfassungsgerichtshof schon in VfSlg. 7716/1975, 7717/1975, 7718/1975 und 8320/1978 darlegte, ist es nicht ausgeschlossen, daß eine Person, die eine auf §27 Abs1 Z1 litb RFG gestützte Beschwerde an die RFK richtet, durch den ihren Antrag ablehnenden Bescheid der Kommission in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt wird. Sie ist daher legitimiert, gegen den Bescheid der Kommission gemäß Art144 Abs1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde zu führen (VfSlg. 13338/1993, 13672/1994).

1.3. Die Prozeßvoraussetzungen treffen (insgesamt) zu (vgl. VfSlg. 12491/1990, 13338/1993 und 13672/1994), die Beschwerde ist zulässig.

2. Die RFK begründete ihren abweislichen Bescheid wie folgt:

"In der Popularbeschwerde vom 26. April 1994 bringen M H und andere vor, beide Filme seien im Sinn der OGH-Entscheidung vom 6. Juni 1977 zu 13 Os 39/77 als unzüchtig anzusehen und erfüllten den Tatbestand §1 PornographieG. Der ORF habe dadurch gegen seine eigene, am 3. Mai 1993 veröffentlichte Grundsatzerklärung verstoßen, wonach er im Unterschied zu den Kommerzsendern darauf verzichte, gewaltsame oder angsterregende Sendeinhalte zum Zweck der Reichweitenmaximierung einzusetzen. Er bekenne sich zur Wahrung der Würde der Person und zum Schutz der Intimsphäre des Einzelnen. Der ORF sende daher keine obszönen oder pornographischen Darstellungen. Sexualität oder Erotik seien zwar legitime Programminhalte, als Einschaltquoten fördernde Würze über alle Programmbereiche verstreut würden sie abgelehnt. Überdies verstoße die Ausstrahlung gegen Jugendschutzbestimmungen der Bundesländer, da 22.55 Uhr eine Zeit sei, wo Jugendliche mit 17 oder 18 Jahren noch fernsehen.

Ergänzend brachten die Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme vom 5. Februar 1996 noch vor: Durch die Ausstrahlung der beiden bezeichneten Filme habe der ORF auch in das Grundrecht auf Menschenwürde eingegriffen.

Weiters sei der 'unbestimmte Rechtsbegriff' der 'Unzucht' und 'Pornographie' nicht nach der aktuellen Rechtsprechung des OGH auszulegen, sondern sei nach den Grundsätzen der historischen Interpretationsmethode (Versteinerungstheorie) die Vorgängerbestimmung des Pornographiegesetzes maßgeblich. Dies sei das Internationale Abkommen vom 4. Mai 1910, kundgemacht im RGBl. 116/1912. Die Staatsregierung habe für dieses Abkommen eine Vollzugsanweisung erlassen und mit StGBl. Nr. 304/1920 in Geltung gesetzt. Dieses Abkommen wurde am 12. September 1923 abgeändert und im Jahr 1950 mit einem Zusatzprotokoll versehen (BGBl. 158/1925, 191/1950 und 192/1950). Demnach seien die Begriffe 'Unzucht' und 'Menschenwürde' nach der historischen Interpretation zur Zeit 1925 zu verstehen. Für den Gesetzgeber des Jahres 1925 sei aber unzüchtig jede Handlung gewesen, durch die die Sittlichkeit in geschlechtlicher Beziehung verletzt werde. Es genüge, wenn die Handlung ihrer Art nach zum Geschlechtsleben in Beziehung stehe. Filme galten dann als unzüchtig, wenn sie objektiv geeignet waren, das Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung zu verletzen.

Das Grundrecht der Freiheit der Kunst habe seine absolute Schranke und damit seine objektive Grenze bei der Achtung der Menschenwürde. Diese sei durch den Inhalt der ausgestrahlten Filme verletzt.

Die Beschwerdeführer beantragten daher, die Kommission möge feststellen, daß durch die Ausstrahlung der Filme 'Stille Tage in Clichy' und 'Henry und June' das Rundfunkgesetz verletzt wurde.

In ihrer Stellungnahme zu dieser Beschwerde bestreiten die Beschwerdegegner die Beschwerdelegitimation, da es sich aus der Art, Aufmachung und dem Impressum ergebe, daß die sogenannte Beschwerde die Ausgabe 33/94 eines Druckwerks mit dem Titel 'Nachrichten der Europäischen Bürgerinitiativen zum Schutz der Menschenwürde' einer 'christlich-sozialen Arbeitsgemeinschaft' Österreichs darstelle.

Darüber hinaus sei die Rundfunkkommission zur Beurteilung eines Sachverhalts nach dem Pornographiegesetz und den Jugendschutzbestimmungen nicht zuständig.

Aber auch nach dem materiellen Beschwerdeinhalt sei diese nicht berechtigt. Keiner der beiden bezeichneten Filme komme einer zu pönalisierenden Pornographie auch nur nahe. In keinem der beiden Filme gehe es vordergründig um die Darstellung erotischer Szenen um ihrer selbst willen, sondern seien sexuelle und erotische Szenen in den Gesamtablauf einer Geschichte eingebettet und hätten keine aus dem Zusammenhang zunehmende Bedeutung. In beiden Fällen handle es sich um Literaturverfilmungen von Romanen von Henry MILLER bzw Anais NIN. Darin sei dargestellt, daß Künstler auf der Suche nach Selbstfindung und Selbstverwirklichung sich in sexuelle Freizügigkeit begeben, die keineswegs als Selbstzweck, sondern eingebettet in die literarische Vorlage dargestellt würden.

Auch das katholische Institut für Medieninformation und die katholische Filmkommission für Deutschland (Herausgeber eines Lexikons des Internationalen Films, Ausgabe 1989/90, Reinbeck bei Hamburg S. 3607 und S. 299) seien den Bedenken der Beschwerdeführer keineswegs gefolgt und hätten keine Hinweise auf gewalttätige oder perhorreszierende Pornographie oder auch nur Anstößigkeit bekrittelt.

Es würde dem Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens widersprechen, aus Literaturverfilmungen eine Vorauswahl für das Publikum zu treffen und solche Filme, bei denen eine gewisse Freizügigkeit entsprechend der gewählten literarischen Vorlage nicht zu übersehen sei, von vornherein auszuschließen.

In diesem Zusammenhang sei unerheblich, daß die inkriminierten Sendungen den persönlichen Wertvorstellungen der Beschwerdeführer nicht entsprächen und von ihnen als unzüchtig oder obszön betrachtet wurden. Die Vorstellungswelt der Einschreiter könne nicht zum Parameter für gesetzmäßige Darstellung genommen werden.

Die Beschwerdegegner beantragten daher, der Beschwerde nicht Folge zu geben.

Eine Überprüfung durch die Postdirektion Linz Abteilung 7 ergab, daß 534 der 623 eingebrachten Unterstützungserklärungen durch eine Rundfunk-(Fernsehrundfunk-)Hauptbewilligung gedeckt sind, sodaß die Antragslegitimation nach §27 Abs1 Z1 litb Rundfunkgesetz (RFG) gegeben ist.

Die Kommission hat durch die auszugsweise Besichtigung der beschwerdeverfangenen Filme Beweis aufgenommen.

Das Lexikon des Internationalen Films, herausgegeben vom katholischen Institut für Medieninformation e.V. und der katholischen Filmkommission für Deutschland vermerken für den Film 'Stille Tage in Clichy' wie folgt:

'Verfilmung des Romans von Henry MILLER, der das ausschweifende Leben eines Bohemiens in Paris der Dreißigerjahre schildert. Der Däne THORSEN verlagert das Geschehen in die Endsechzigerjahre und reichert es mit kommerziellen Versatzstücken der Popästhetik an, sodaß der Film kaum als MILLER-Adaption, sondern allenfalls als Dokument der schicken Kunstmoden jener Tage interessiert ... (FSK ab 18)'.

Über 'Henry und June' vermerkt das Lexikon (S. 299) folgendes:

'In Paris des Jahres 1931 lernt die junge Schriftstellerin Anais NIN ihr literarisches Vorbild Henry MILLER und dessen Ehefrau June kennen. Sie folgt seinen Spuren, taucht ein in seine Welt der erotischen Exzesse und wird sowohl seine als auch Junes Geliebte. Der Film beschreibt die Durchdringung von Wirklichkeit und Phantasie in einem von der Außenwelt abgeschlossenen Kosmos, in dem die Protagonisten nach Selbstbestimmung, sexueller Befreiung und Freizügigkeit streben, um zu literarischer Kreativität zu gelangen. Bis auf wenige formale Ansätze erliegt er dabei seinem kunstgewerblich-geschmäcklerischen Stil und kokettiert in unverhältnismäßigem Rahmen mit erotischen 'Skandälchen' ... (FSK ab 16 Jahren).'

Der vorliegende Sachverhalt ist wie folgt rechtlich zu beurteilen:

Gemäß §2 Abs1 Z4 RFG hat der ORF unter anderem für die Darbietung von einwandfreier Unterhaltung zu sorgen. Dieser normative Begriff 'einwandfrei' bedeutet einerseits das Mindestgebot, daß der Programminhalt nicht gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen darf und andererseits, daß bei Inhalt und Darbietung von Unterhaltung auf Wertvorstellungen des Durchschnittshörers und Durchschnittssehers Rücksicht zu nehmen ist (vgl. RfR 1980, 15).

Untersucht man zunächst den behaupteten Gesetzesverstoß, ist den Beschwerdeführern entgegenzuhalten, daß die von ihnen zitierten Staatsverträge (Konvention 1910 und Zusätze aus 1950) in Österreich nicht geltendes Recht sind, sondern daß diesbezüglich das Pornographiegesetz im Rahmen der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Pressefreiheit sowohl im Strafrecht als auch im Verwaltungsrecht gültige Norm ist. Während die ältere Rechtsprechung bei Auslegung des Begriffs 'unzüchtig' im Sinn des §1 Pornographiegesetz auf das Kriterium der Unerträglichkeit für normalempfindende Durchschnittsmenschen mit zeitverbindenden, soziologisch aufgeschlossenen Ansichten und auf das berechtigte Schutzanliegen dieser Personen abstellte, nicht mit Vorgängen konfrontiert zu werden, die das Zusammenleben grob beeinträchtigen (vgl. ÖJZ-LSK 1975/158 = RZ 1975/73 = EvBl. 1976/60) und als 'unzüchtig' das wertete, was von jedermann, der sozial integriert ist, als unerträglich empfunden werde, wie etwa die exzessiv aufdringliche Wiedergabe realer Sexualakte (ÖJZ-LSK 1975/159 = RZ 1975/73 = EvBl. 1976/60), nimmt die jüngere Rechtsprechung des OGH eine geänderte Anschauung vor. Das Strafrecht solle erst einschreiten, wenn ein Verhalten vorliegt, daß das Zusammenleben grob stört. Aus der Gesamtschau des Rechts ergibt sich ein absoluter Unzüchtigkeitsbegriff für pornographische Darstellung, sexuelle Gewalttätigkeiten und von Unzuchtsakten mit Unmündigen, mit Personen gleichen Geschlechts oder mit Tieren (sogenannte 'harte Pornographie'). Sonstige pornographische Darstellungen, die nicht zur 'harten Pornographie' gehören und die bei Konfrontation mit der Allgemeinheit als unzüchtig zu qualifizieren sind, sind dennoch nicht tatbildlich, wenn sie nur einem bestimmt angesprochenen Interessentenkreis Erwachsener vorbehalten sind und durch die Art ihrer Präsentation auch die abstrakte Möglichkeit der Erregung öffentlichen Ärgernisses oder die Gefährdung Jugendlicher ausgeschlossen ist (ÖJZ-LSK 1977/254,255 verstärkter Senat).

Diese dargelegten Grenzen wurden in den inkriminierten ausgestrahlten Filmen keineswegs auch nur annähernd öberschritten.

Dennoch liegt für den ORF die Grenze des Zulässigen in Anbetracht seiner Monopolstellung nicht wie allgemein im Strafgesetz, sondern ist durch das Rundfunkgesetz enger gezogen (RfR 1983, 14 u.a.). Im Sinn der oben zitierten Entscheidung der Kommission bedeutet 'einwandfreie Unterhaltung', daß bei deren Inhalt und Darbietung auf Wertvorstellungen des Durchschnittshörers und Durchschnittssehers Rücksicht zu nehmen ist. Ohne die Frage zu prüfen, ob die gezeigten Werke dem Bereich der Kunst zugehörig sind, welche Frage von der Kommission nicht ohne weiteres beurteilt zu werden vermag, ist dazu folgendes anzumerken:

Beide Filme versuchen anhand lebensgeschichtlicher Beschreibungen das freie Leben von Künstlern im Paris der Dreißigerjahre darzustellen, wobei einen breiten Raum die von ihnen ausgeübte Sexualität einnimmt. Wie im zitierten Filmlexikon dargestellt, versuchen die Künstler in einer Phase ihres Lebens frei ausgeübte Sexualität in ihrem Streben nach Selbstbestimmung, sexueller Befreiung und Anregung zu literarischer Kreativität einzusetzen. Hiebei werden ausschließlich völlig natürliche Lebensvorgänge dargestellt, die Wertvorstellungen der Allgemeinheit, auch normalempfindender Durchschnittsmenschen mit zeitverbundenen, aufgeschlossenen Ansichten in keiner Weise stören. Insbesondere kommt es nicht zu exzessiv aufdringlicher Wiedergabe von realen Sexualakten, sondern wird die Ausübung von Sexualität als Akt von Lebensbejahung und Lebensfreude verstanden.

Daß die Beschwerdeführer aufgrund ihrer persönlichen Wertvorstellungen Abbildungen von Sexualakten als unzüchtig betrachten, kann nicht zum Maßstab des im §2 RFG normierten Programmauftrags gemacht werden. Es ist daher nicht Aufgabe des ORF, Filme, bei denen eine gewisse Freizügigkeit entsprechend der gewählten literarischen Vorlage nicht zu übersehen ist und die Wertvorstellungen des Durchschnittssehers nicht beeinträchtigen, von vornherein auszuschließen.

Durch die späte Sendezeit hat der ORF im übrigen im Sinn des §2 a Abs3 2. Satz RFG ausreichend darauf Rücksicht genommen, daß im wesentlichen nur erwachsene Personen als interessierte Fernsehkonsumenten zu später Nachtzeit die bezeichneten Filme betrachten. Folgte man dem Argument der Beschwerdeführer, daß Eltern mangels technischer Möglichkeiten Jugendliche nicht vom Betrachten solcher Fernsehsendungen auszuschließen vermögen, führte die(s) zur Notwendigkeit der Anpassung des gesamten Fernsehangebots bis in die späten Nachtstunden auf den Geschmack und den Horizont Jugendlicher.

Diese Absicht kann mit der Regelung des §2 RFG nicht in Einklang gebracht werden. Hinzuzufügen ist, daß §2 a Abs1 RFG nicht, wie die Beschwerdeführer anschließend vermeinen die Menschenwürde und die Grundrechte von Fernsehkonsumenten, sondern die Intimsphäre des Einzelnen etwa bei Darstellung von Tod, Krankheit, Schmerz und Trauer sowie bei Interviews und Talkshows die Würde und Intimsphäre des Befragten oder Gesprächspartners schützen soll (NR GP XVIII RV 1082)."

3. Die Beschwerde erblickt die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte in folgendem:

"Zur Verletzung des Rechtes des Gleichheitssatzes und des gesetzlichen Richters wegen Verweigerung einer richtigen Sachentscheidung:

Für eine Beschwerde nach §27 Abs1 Z.1 litb) RFG ist es nicht erforderlich, daß der vor der Kommission Beschwerdeführende behauptet, in einem subjektiven Recht verletzt worden zu sein. Wohl aber erwächst dem Beschwerdeführer aufgrund der zitierten Bestimmung des RFG ein subjektives öffentliches Recht darauf, daß

1)

die Kommission in der richtigen Zusammensetzung,

2)

in einem gesetzmäßig durchgeführten Verfahren (vgl. insb. §30 RFG),

              3)              eine inhaltlich richtige Entscheidung (vgl. §29 RFG),

              4)              über eine behauptete Rechtsverletzung trifft

(vgl. VfSlg. 7717).

Im Erkenntnis VfSlg. 7716/1975 bringt der Verfassungsgerichtshof zum Ausdruck, daß für die Organe des ORF das Gesetz nicht Voraussetzung, sondern Schranke ihres Handelns ist. Die belangte Behörde ist keine Instanz über den Organen des ORF; sie hat lediglich eine eingeschränkte Rechtsaufsicht auszuüben. Dieser Verpflichtung ist im Anlaßfall durch Fällung einer unrichtigen Entscheidung im bekämpften Erkenntnis die belangte Behörde nicht nachgekommen. Setzt das Gesetz der belangten Behörde einen weiten Rahmen, so kann das Gesetz nicht verletzt werden, wenn die belangte Behörde sich in diesem Rahmen bewegt; eine Gesetzesverletzung liegt aber dann vor, wenn diese Grenze überschritten wird. Aufgabe der belangten Behörde ist es, festzustellen, ob die Schranken des Gesetzes überschritten wurden (VfSlg. 7716/1975).

Die hier maßgeblichen Normen des RFG lauten:

...

In ständiger Rechtsprechung führt der Verfassungsgerichtshof aus, daß durch ein gehäuftes Verkennen der Rechtslage und ein mangelhaftes Verfahren der Gleichheitssatz verletzt wird. Dabei ist der Behörde ein willkürliches Verhalten, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann vorzuwerfen, wenn eine gehäufte Verkennung der Rechtslage vorliegt, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder in einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (VfSlg. 8808/1980 m. w.N., 10338/1985).

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur vorliegen, wenn die Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides denkunmöglich vorgeht und somit Willkür übt (VfSlg. 10413/1985).

Ein willkürliches Verhalten ist der Behörde dann vorwerfbar, wenn sie dem Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (VfSlg. 10337/1985).

Wendet man die hier zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auf den Anlaßfall an, so wird deutlich, daß die belangte Behörde eine unrichtige Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers gefällt hat, daß der ORF durch die Ausstrahlung der Filme 'Stille Tage in Clichy' und 'Henry & June' das Rundfunkgesetz verletzt hat.

Das ORF Gesetz, wie es einleitend zitiert wurde, verbietet Fernsehsendungen, die Pornographie zeigen.

Die belangte Behörde stützt sich bei ihrer Bescheidbegründung auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Dabei fällt auf, daß seit dem im Bescheid zitierten Erkenntnis des OGH nur mehr 'harte Pornographie' kriminell geahndet wird.

Im Gegensatz zur Ansicht des OGH in EvBl. 1976/60 unterscheidet das ORF Gesetz nicht zwischen 'harter' und 'weicher' Pornographie, sondern verbietet ausdrücklich die Ausstrahlung von pornographischen Fernsehsendungen.

Der Beschwerdeführer hat nach dem vom Verfassungsgerichtshof gefällten Erkenntnis vom 25.09.1995 vor der Kommission im fortgesetzten Verfahren eine umfangreiche, auch in der Sachverhaltsdarstellung wiederholte Stellungnahme zur Verletzung des Rundfunkgesetzes abgegeben und im besonderen auf das Drehbuch der ausgestrahlten Filme Bezug genommen.

Dabei wurde ausgeführt, daß bei Abwägung des Inhaltes der am 11.04.1994 (Stille Tage in Clichy) und am 13.04.1994 (Henry & June) ausgesendeten Fernsehfilme die Menschenwürde und die Grundrechte anderer in pornographischer Weise vom ORF verletzt wurden. Als Beispiele wurden Teile des Drehbuches wie folgt aktenkundig gemacht: 'Oh, nein, jetzt probiere ich etwas anderes.

Mein Pint wurde augenblicklich steif, ich hatte einen

unermüdlichen ausdauernden Ständer, der eine Frau verrückt macht

und der ihr die Schamlippen massierte..... sie griff zwischen

ihren Beinen hindurch und steckte ihn für mich hinein, wobei sie

mit dem Arsch wackelte und stöhnte und ihren Hintern in rasendem

Schwung rotieren ließ.... (S. 25)..... Ich nehme sie (die Frau)

mit Tripper, die nächstbeste Hure, Scheiße, eine Dosis Tripper

ist doch wenigstens etwas, weil die Luxenburg-Mösen voller

Buttermilch sind ...., lieber eine ordentliche

Geschlechtskrankheit als ein moribunder Friede... Sie ersticken

ja in ihrer eigenen Scheiße, hören sie, sie ausgefickter Rundkäse ...., ich sage ihnen nur eines: sie sind eine alte Fotze, sie stinken!'

Wenn solcherart die belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck bringt, daß derartiges Sexualverhalten 'einwandfreier Unterhaltung' nach dem vorgeschriebenen Gesetzesinhalt oder der Norm des Durchschnittsmenschen entspricht, so wendet sie das Rundfunkgesetz in denkunmöglicher Weise an, zumal es selbst einer Sekretärin eines Rechtsanwaltes unzumutbar ist, derartigen Wortschatz im Beschwerdevorbringen niederzuschreiben.

Es wurde nicht nur das Rundfunkgesetz in §2a, Abs3, 1. Satz verletzt, im besonderen wurde damit auch gröblichst in die Menschenwürde und in die Grundrechte anderer eingegriffen.

Zum Begriff der Wahrung der Menschenwürde liegt, soweit für den Beschwerdeführer überblickbar, bisher eine Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu §2a RFG nicht vor.

Ermacora führt im Kommentar zum Handbuch der Grundrechte aus:

Offen mag geblieben sein, was denn die Menschenwürde ist. Tiefsinnig gehen Dürig - sowie Schopenhauer oder Kelsen, Allgemeine Staatslehre 1925, S. 321 - bei der Bestimmung des Begriffes Menschenwürde von seiner Verletzung aus: 'Die Menschenwürde ist getroffen, wenn der konkrete Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, zur vertretbaren Größe herabgewürdigt wird' (Dürig in Maunz-Dürig, Kommentar zum Bonner Grundgesetz 1960 Rn 28 zu Art1, Abs1 GG.).

Der unvergessene Staatsrechtslehrer und Chefredakteur der Salzburger Nachrichten Rene Marcic führt zum Begriff Menschenwürde zusammenfassend in 'Politische Ordnung und menschliche Existenz' - Festgabe für Erich Voegelin, Verlag C.H. Beck München 1962 - in seinem Beitrag Der Unbedingte Rechtswert Des Menschen - seine Würde und Freiheit als präpositive Strukturelemente der positiven Rechtsordnung zusammenfassend aus, daß die Würde und Freiheit des Menschen unantastbar sind, sie zu achten und zu schützen ist vornehme Verpflichtung aller staatlichen Gewalt (Marcic in Voegelin FS 1962, S. 360-394).

Gegen den Staat richtet sich zur Wahrung der Menschenwürde nicht nur ein Unterlassungsanspruch; vielmehr gilt der Anspruch des Einzelnen auf Schutz, die Schutzverpflichtung des Staates.

Verschiedene Grundrechte, deren wirksamer Rechtsschutz im 19. Jahrhundert unter der Herrschaft des Liberalismus, geradehin lebensnotwendig gewesen waren, sind heute absolut. Es öffnen sich Abmessungen, in denen der Mensch sich frei soll bewegen können, - wenn er Mensch bleiben soll. Die in der Gegenwart erscheinenden und in die Zukunft weisenden Formen der Menschenwürde und der Freiheit der Person zeitgerecht zu artikulieren, ist die Aufgabe des christlichen Juristen, wo immer er stehen und wirken mag. Die Freiheit vom Lärm; das Recht auf ein innengeleitetes Leben, wo das Wesen des Menschen sozusagen gewaltsam nach außen gewendet wird; das Recht auf Integrität der Psyche, auf die Unversehrtheit des Vernunftvermögens und der Willenskraft; das Recht auf innere Sammlung, auf Ruhe und Muse mitten in einer tobenden, tosenden, brüllenden Welt; ja selbst das Recht auf eigene Verantwortung, auf Nächstenliebe, das Recht auf Nächstenhilfe, welches dem Menschen zu nehmen der totale Rentnerstaat sich anschickt: all dies sind Seinswerte der menschlichen Existenz, die man erst heute erkennt, weil sie erst heute bedroht werden, um deren 'Artikulierung' und deren Schutz wir ringen müssen (Marcic a. a.O.).

Kurt Ringhofer bringt in der Festschrift FS Hellbling bei seinem Beitrag 'Über Grundrechte und deren Durchsetzung im innerstaatlichen Recht' zum Ausdruck, daß die Grundrechte Ausdruck der Menschenwürde sind. Der Mensch hat Würde, weil sich seine Existenz nicht im kausalgesetzlich determinierten Da-Sein erschöpft, sondern weil diese seine Existenz wesentlich auch als ideelles Wert-Sein begriffen werden muß, das den Anspruch auf Achtung in und durch sich selbst begründet (Ringhofer in FS Hellbling, S. 355 bis 369).

Wendet man die solcherart dargestellten Definitionen der Menschenwürde auf den Anlaßfall an, so muß bei irrtumsfreier Anwendung des Gesetzes und mangelfreier Durchführung des Beschwerdeverfahrens gesagt werden, daß die belangte Behörde durch das angefochtene Erkenntnis den Beschwerdeführer in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten des Gleichheitssatzes und des gesetzlichen Richters sowie den in der Menschenrechtskonvention festgelegten Grundsätzen verletzt hat, weil sie in denkunmöglicher Weise durch den angefochtenen Bescheid zum Ausdruck brachte, das Rundfunkgesetz sei durch die Ausstrahlung der beiden pornographischen Filme 'Stille Tage in Clichy' und 'Henry & June' nicht verletzt worden. Solcherart hat die belangte Behörde in denkunmöglicher Weise gehandelt, weil sie den Begriff 'Menschenwürde' und 'Grundrechte anderer' wesentlich verkannt hat, weil in einem vom ORF ausgestrahlten Fernsehfilm, in welchem für die Geschlechtskrankheit 'Tripper' medial Werbung betrieben wird und dieses Vorbringen in einem wesentlichen Punkt völlig ignoriert hat."

4. Bedenken gegen die Zusammensetzung der RFK sind weder in der nunmehrigen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vorgebracht worden noch im verfassungsgerichtlichen Verfahren hervorgekommen.

Da nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entgegen der Auffassung der Beschwerde durch die - behauptete - unrichtige Anwendung der materiellen Bestimmungen des RFG das Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt wird, weil dieses Recht nicht die Gesetzmäßigkeit des Inhalts des betreffenden Verwaltungsaktes gewährleistet (VfSlg. 3616/1959, 3684/1960, 4439/1963, 4594/1963, 5616/1967, 9541/1982, 9751/1983, 10379/1985, 11102/1986, 13897/1994), bedarf es nur eines Eingehens auf die behauptete Verletzung im Gleichheitsrecht. Die Beschwerde erblickt eine solche Verfassungsverletzung in einer "unrichtigen Entscheidung" durch die RFK, insbesondere einen Verstoß gegen §2a RFG. Nach Auffassung der Beschwerde hätte die RFK feststellen müssen, daß der ORF durch die Ausstrahlung der Filme "Stille Tage in Clichy" und "Henry & June" das RFG verletzt habe.

§2a RFG, BGBl. 379/1984 idF des BG BGBl. 1993/505, lautet:

"§2a. (1) Alle Sendungen des Österreichischen Rundfunks müssen im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten.

(2) Die Sendungen dürfen nicht zu Haß auf Grund von Rasse, Geschlecht, Religion oder Nationalität aufreizen.

(3) Fernsehsendungen dürfen keine Programme enthalten, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen schwer beeinträchtigen können, insbesondere solche, die Pornographie oder grundlose Gewalttätigkeiten zeigen. Bei Fernsehsendungen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können, ist durch die Wahl der Sendezeit dafür zu sorgen, daß diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht wahrgenommen werden."

Weder gegen diese Bestimmungen noch gegen andere, den angefochtenen Bescheid tragende gesetzliche Regelungen werden in der Beschwerde Bedenken ob ihrer Verfassungsmäßigkeit vorgebracht; auch beim Verfassungsgerichtshof sind aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens keine solchen Bedenken entstanden.

Der Beschwerdeführer wurde deshalb nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

Bei der Unbedenklichkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften könnte eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985, 11682/1988) nur vorliegen, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10337/1985, 11436/1987).

Davon kann jedoch hier nicht die Rede sein. Auch die Beschwerde behauptet (bloß), die belangte Behörde habe eine "unrichtige Entscheidung" getroffen. Dem ist die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entgegenzuhalten, daß der Verfassungsgerichtshof nicht zu entscheiden hat, ob eine Vewaltungsbehörde ein Gesetz - hier also die RFK das RFG - richtig angewendet hat, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde, wie im vorliegenden Fall, gegen den Bescheid einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, der beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 13338/1993, 13509/1993, 13510/1993, 13846/1994).

Daß die belangte Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt habe, bringt die Beschwerde nicht vor; im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren ist auch nicht hervorgekommen, daß dies der Fall wäre.

Es fehlt aber auch an jeglichem Anhaltspunkt dafür, daß sich die RFK bei ihrer Willensbildung von unsachlichen Momenten leiten ließ. Aber auch mit objektiver Willkür ist der angefochtene Bescheid nicht belastet. Er knüpft fern jeder Leichtfertigkeit an die - im gegebenen Kontext aus verfassungsrechtlicher Sicht jedenfalls nicht zu beanstandende - Rechtsprechung des OGH zum Begriff "unzüchtig" an, erachtet aber, daß für den ORF (den er im Zeitpunkt der Sendung im Bereich des Fernsehens zutreffend als Monopolbetrieb beschreibt) durch das RFG engere Grenzen gezogen sind. Insgesamt kann der RFK im Ergebnis nicht entgegengetreten werden, wenn sie zur Auffassung gelangte, daß durch die Aussendung der beiden inkriminierten Filme §2a Abs1 RFG, wonach alle Sendungen des ORF im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt u.a. die Menschenwürde achten müssen, nicht verletzt wurde.

Dabei ist mitzubedenken, daß der Kognitionsbefugnis der RFK auch durch die verfassungsgesetzlich garantierte Meinungs- und Rundfunkfreiheit gemäß Art13 StGG und Art10 EMRK sowie durch die gemäß Art17a StGG gewährleistete Kunstfreiheit Grenzen gezogen sind. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß der Verfassungsgerichtshof erkannt hat, daß Träger der Meinungsäußerungsfreiheit nicht nur der einzelne Journalist ist, sondern auch der ORF selbst (s. VfSlg. 12086/1989). Wenn auch in anderem Zusammenhang, jedoch auch für den vorliegenden Fall beachtlich, hat der VfGH (unter Berufung auf Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar (1985), 224; vgl. inzwischen 2. Aufl. (1996), 384) ganz allgemein festgehalten, daß das Grundrecht der Freiheit der Meinungsäußerung nach Art10 EMRK iVm Art13 StGG nicht nur als unproblematisch aufgenommene Meinungen schützt, sondern gerade auch Äußerungen, "die den Staat oder einen Teil der Bevölkerung verletzen, schockieren oder beunruhigen" (VfSlg. 12086/1989 und 13694/1994; vgl. in diesem Zusammenhang aber auch

VfSlg. 10700/1985).

Unter Berücksichtigung all dessen und im Hinblick darauf, daß im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren auch nicht hervorgekommen ist, daß der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde, erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet; sie war deshalb abzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung

zugunsten der als Streitgenossen auftretenden Beteiligten stützt sich auf §88 VerfGG 1953. Im zugesprochenen Kostenbetrag ist Streitgenossenzuschlag in der Höhe von S 2.250,-- sowie Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.450,-- enthalten.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne vorangehende mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Rundfunk, Meinungsäußerungsfreiheit, Kunstfreiheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B3367.1996

Dokumentnummer

JFT_10019777_96B03367_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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