TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/17 G314 2156229-1

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Veröffentlicht am 17.11.2017
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Entscheidungsdatum

17.11.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a

Spruch

G314 2156229-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch den XXXX, gegen Spruchpunkt III. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 21.04.2017, Zahl XXXX, wegen der Erlassung eines Einreiseverbots zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am XXXX.2017 in XXXX einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen und wegen seines unrechtmäßigen Aufenthalts festgenommen. Am XXXX.2017 wurde er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ua zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots vernommen. Mit Mandatsbescheid vom 20.04.2017 wurde die Schubhaft angeordnet.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG gegen den BF ein zweijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) sowie einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Das Einreiseverbot wurde damit begründet, dass der Aufenthalt des BF in Österreich wegen der Überschreitung der visumfreien Aufenthaltsdauer nicht rechtmäßig sei. Er könne die erforderlichen Barmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes nicht nachweisen. Es bestünden keine familiären oder privaten Anknüpfungspunkte, die seinen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Ein zweijähriges Einreiseverbot sei notwendig, um die vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu verhindern.

Gegen Spruchpunkt III. dieses Bescheids richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag, diesen aufzuheben. Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass er über auseichende Barmittel hätte verfügen können. Ein Freund habe am Tag nach der Festnahme des BF beim BFA vorgesprochen und wollte ihm Geld zur Verfügung stellen. Dieser sei jedoch weggeschickt worden und habe erst einen Tag nach Erlassung des angefochtenen Bescheides EUR 150 eingezahlt.

Am XXXX.2017 wurde der BF nach Serbien abgeschoben.

Das BFA legte die Beschwerde und die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 09.05.2017 einlangten.

Feststellungen:

Der BF verfügt über einen biometrischen serbischen Reisepass, der bis XXXX.2018 gültig ist. Er reiste am XXXX.2016 in den Schengen-Raum ein und hielt sich in Italien, Brüssel, Luxemburg und zuletzt in Österreich auf. Er wohnte unangemeldet in einer Massenunterkunft in XXXX.

Der BF ist Eigentümer eines Lokals in Serbien. Er ist geschieden und hat keine Sorgepflichten. Seine Tochter ist bereits erwachsen. Er hat einen Wohnsitz in der serbischen Stadt XXXX und spricht Serbisch. Zwischen 1997 und 2015 hielt er sich immer wieder in Italien auf. Sein letzter italienischer Aufenthaltstitel war bis XXXX.2015 gültig. Anfang 2017 wollte er sich wieder in Italien niederlassen und beantragte eine Aufenthaltsgenehmigung dort.

Bei seiner Einvernahme durch das BFA verfügte der BF (abgesehen von ca. EUR 20 in bar und ca. EUR 50 auf einem Konto) über keine Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts. Er konnte keine weiteren finanziellen Mittel nachweisen.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er wurde in Österreich noch nie strafgerichtlich verurteilt. Er lebte vor dem XXXX.2016 in Serbien und hat in Österreich keine familiären oder sozialen Bindungen. Er ist hier weder sprachlich noch beruflich noch gesellschaftlich integriert. Es können auch keine weiteren familiären, sozialen oder gesellschaftlichen Bindungen des BF in Bezug auf andere vom Einreiseverbot umfasste Staaten, insbesondere Italien, festgestellt werden.

Von XXXX.2017 bis XXXX.2107 wurde der BF im Polizeianhaltezentrum (PAZ) XXXX angehalten. Abgesehen von diesem Zeitraum wies er in Österreich nie eine Wohnsitzmeldung auf.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten. In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten. Die Angaben des BF bei seiner Einvernahme sind - soweit sie Niederschlag in den Feststellungen finden - schlüssig und plausibel, sodass ihnen gefolgt werden kann.

Die Identität des BF wird durch seinen dem BVwG in Kopie vorliegenden Reisepass belegt, dessen Echtheit nicht in Zweifel steht.

Die Serbischkenntnisse des BF konnten festgestellt werden, weil er sich mit der seiner Einvernahme hinzugezogenen Dolmetscherin für diese Sprache problemlos verständigen konnte.

Anhaltspunkte für eine Erkrankung oder eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des BF, eines Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter, sind nicht hervorgekommen und werden von ihm auch nicht vorgebracht.

Der Aufenthalt des BF im Schengen-Raum seit XXXX.2016 konnte anhand seiner Angaben, die sich mit dem Einreisestempel in seinem Reisepass decken, festgestellt werden. Eine Einsicht in das Zentrale Melderegister bestätigte, dass er (abgesehen von der Zeit, die er im PAZ verbrachte) in Österreich nicht gemeldet war.

Die Feststellungen zu den Aufenthalten des BF in Italien zwischen 1997 und 2015 ergeben sich aus seinen Angaben gegenüber dem BFA. Dabei gab er auch an, er habe sich seit Anfang 2015 wieder in Serbien aufgehalten, aber einen Monat vor seiner Einvernahme (also im März 2017) die Verlängerung seines italienischen Aufenthaltstitels beantragt. Da eine Verlängerung des schon Anfang 2015 abgelaufenen Aufenthaltstitels wohl nicht mehr möglich ist, geht das Gericht davon aus, dass der BF nach dem Ende des visumfreien Aufenthalts neuerlich eine Aufenthaltsgenehmigung in Italien beantragte.

Die Unbescholtenheit des BF wird durch die Einsicht in das Strafregister, in dem keine Verurteilung aufscheint, belegt. (Rechtskräftige) Bestrafungen der BF wegen Verwaltungsübertretungen sind nicht aktenkundig; die Behörde hat das Einreiseverbot auch nicht auf die Verurteilung des BF wegen Verwaltungsübertretungen (vgl § 53 Abs 2 Z 1 bis 5 FPG) gestützt.

Die Feststellung der Mittellosigkeit des BF zum Zeitpunkt der Einvernahme beruht darauf, dass er angab, über insgesamt rund EUR 70 zu verfügen. Er gab gegenüber dem BFA an, seinen Lebensunterhalt aus Einkünften seines Lokals in Serbien, die ihm seine Tochter überweise, zu bestreiten; in der Beschwerde behauptete er eine finanzielle Unterstützung durch einen Bekannten aus XXXX. Es wurde jedoch kein Nachweis für finanzielle Mittel, die über die bei der Einvernahme am XXXX.2017 angegebenen hinausgehen, erbracht, sodass deren Fehlen festzustellen ist.

Es gibt keine aktenkundigen Anhaltspunkte für eine über die Feststellungen hinausgehende Integration oder Anbindung des BF in Österreich oder in einem anderen vom Einreiseverbot umfassten Land.

Aus dem Fremdenregister ergibt sich, dass der BF am XXXX.2017 nach Serbien abgeschoben wurde.

Rechtliche Beurteilung:

Die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG, die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Serbien und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte I., II. und IV. des angefochtenen Bescheids) werden in der Beschwerde nicht bekämpft. Diese richtet sich vielmehr nur gegen das Einreiseverbot laut Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids.

Der BF1 ist als Staatsangehöriger von Serbien Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 53 Abs 1 und 2 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG). In solchen Fällen kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt des betroffenen Fremden potentiell verbundene Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessensabwägung zu prüfen, inwiefern private und familiäre Interessen des Fremden der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen. Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessensabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff).

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache einer allfälligen Verurteilung oder Bestrafung des Fremden an, sondern auf das dieser zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (vgl VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).

Da der BF den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte, ist eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch seinen Aufenthalt gemäß § 53 Abs 2 Z 6 FPG indiziert.

Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art 1 Abs 2 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (Verordnung [EG] Nr. 539/2001 ABl. Nr. L81 vom 21.3.2001, S.1 idgF; vgl § 2 Abs 4 Z 20 FPG) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit. Der BF verfügt zwar über einen gültigen biometrischen serbischen Reisepass; er hatte bei seiner Festnahme die Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthalts, der ausgehend von seiner Einreise am XXXX.2016 nur bis XXXX.2017 zulässig war, bereits deutlich überschritten.

Der BF kann unter den Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs 1 Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gemäß Art 20 SDÜ (Schengener Durchführungsübereinkommen; vgl § 2 Abs 4 Z 6 FPG) unter den Voraussetzungen des Art 5 Abs 1 SDÜ frei bewegen. Zu diesen Voraussetzungen gehört unter anderem, dass er Dokumente vorzeigen kann, die seinen Aufenthaltszweck und die Umstände seines Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (Art 6 Abs 1 lit c Schengener Grenzkodex; Art 5 Abs 1 lit c SDÜ). Außerdem darf er keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein (Art 6 Abs 1 lit e Schengener Grenzkodex; Art 5 Abs 1 lit e

SDÜ).

Gemäß Art 6 Abs 4 Schengener Grenzkodex werden die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden. Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und - im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber - Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.

Basierend auf diesen Grundsätzen ist die Einschätzung des BFA, der BF habe das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht nachgewiesen, sogar unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens, ein Freund habe ihm EUR 150 zur Verfügung gestellt, nicht korrekturbedürftig, zumal der BF in absehbarer Zeit nicht nach Serbien zurückkehren wollte. Er verfügte daher nicht über ausreichende Unterhaltsmittel für Dauer und Zweck seines geplanten Aufenthalts und für die Rückkehr in seinen Herkunftsstaat.

Der Aufenthalt eines Fremden in Österreich ist gemäß § 31 Abs 1a FPG nicht rechtmäßig, wenn kein Fall des § 31 Abs 1 FPG vorliegt. Gemäß § 31 Abs 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während ihres Aufenthalts Befristungen und Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer eingehalten haben. Die übrigen Fälle des rechtmäßigen Aufenthalts nach § 31 Abs 1 FPG (Aufenthaltsberechtigung nach dem NAG, Aufenthaltstitel eines anderen Vertragsstaates, asylrechtliches Aufenthaltsrecht, arbeitsrechtliche Bewilligung) kommen hier nicht in Betracht, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass einer dieser Tatbestände erfüllt sein könnte. Da der BF die Befristungen und Bedingungen für den visumfreien Aufenthalt nicht einhielt, hielt er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Die Überschreitung der zulässigen Dauer des visumfreien Aufenthalts um mehr als zwei Monate stellt zusammen mit dem Verstoß gegen das MeldeG, indem der BF unangemeldet in einem Massenquartier Unterkunft nahm, und dem fehlenden Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel eine Gefährdung öffentlicher Interessen dar, zumal der BF nicht vorhatte, in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren, sondern sich in Italien niederlassen wollte. Dem BFA ist vor diesem Hintergrund darin beizupflichten, dass für den BF keine günstige Zukunftsprognose erstellt werden kann und Wiederholungsgefahr besteht, zumal mit Mittellosigkeit allgemein die Gefahr der Beschaffung finanzieller Mittel aus illegalen Quellen und der Belastung einer Gebietskörperschaft verbunden ist. Da die Tochter des BF ihm kein Geld mehr überwies und er einen Aufenthaltstitel in Italien anstrebt, ist davon auszugehen, dass mit seinem Lokal in Serbien während seiner Abwesenheit keine ausreichenden Mittel erwirtschaftet wurden.

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen kommt zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein hoher Stellenwert zu. Dieses öffentliche Interesse überwiegt in der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung das private Interesse des BF an einem Aufenthalt in den vom Einreiseverbot umfassten Staaten, zumal sein Lebensmittelpunkt in Serbien liegt. Relevante Bindungen liegen weder in Österreich noch in Italien noch in anderen vom Einreiseverbot umfassten Ländern vor, zumal keine Integrationsmomente festgestellt werden konnten. Der BF hat einen Wohnsitz in Serbien, wo er mit Sprache und Gepflogenheiten vertraut ist und ein Lokal besitzt. Allfällige Kontakte zu Freunden und Verwandten außerhalb seiner Kernfamilie, die im Schengengebiet wohnen, können auch durch Telefonate, andere Kommunikationsmittel (E-Mail, Internet) oder Besuche beim BF in Serbien oder in anderen Staaten, die nicht vom Einreiseverbot umfasst sind, aufrechterhalten werden. Angesichtes der Verstöße des BF gegen die österreichische Rechtsordnung ist es ihm zumutbar, für die Dauer des Einreiseverbots auf Aufenthalte in Staaten, für die das Einreiseverbot gilt, zu verzichten, zumal solche Aufenthalte angesichts der angespannten finanziellen Situation des BF die Gefahr einer Einreise trotz fehlender Existenzmittel und einer illegalen Beschäftigung mit sich bringen.

Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) oder das Unterbleiben eines Einreiseverbotes kommt nur in Betracht, wenn vom betroffenen Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht und sein Fehlverhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit nur geringfügig beeinträchtigt (VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Hier ist dem BF aber neben einem Verstoß gegen die Meldeverpflichtung und dem Fehlen ausreichender Existenzmittel eine erhebliche Überschreitung des rechtmäßigen Aufenthalts anzulasten. Bei Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände ist daher ein Absehen von der Erlassung eines Einreiseverbots nicht (mehr) möglich. Auch die mit zwei Jahren ohnehin deutlich unter der möglichen Maximaldauer von fünf Jahren angesetzte Dauer des Einreiseverbots ist nicht korrekturbedürftig, sodass die Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, konnte eine Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleiben, zumal davon keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten ist und auch dann, wenn sich das Beschwerdevorbringen als richtig erweisen sollte, keine andere, für den BF günstigere Entscheidung möglich ist. Dem angefochtenen Bescheid ging ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren des BFA voran. Das BFA hat die die entscheidungswesentlichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung offen gelegt. Das Gericht teilt die tragenden Erwägungen der behördlichen Beweiswürdigung, zumal keine entscheidungswesentlichen Widersprüche aufgetreten sind.

Die im Zusammenhang mit der Erlassung eines Einreiseverbots anzustellende Gefährdungsprognose und die dabei vorzunehmende Interessensabwägung können jeweils nur im Einzelfall erstellt bzw. vorgenommen werden. Die Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG dabei an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Aufenthalt im Bundesgebiet, Einreiseverbot, fehlende
Arbeitsbewilligung, Interessenabwägung, Mittellosigkeit, öffentliche
Ordnung, öffentliches Interesse, Rückkehrentscheidung, visumsfreie
Einreise, Zeitablauf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:G314.2156229.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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