TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/20 W175 2128963-1

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Veröffentlicht am 20.11.2017
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Entscheidungsdatum

20.11.2017

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W175 2128963-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. NEUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.04.2016, Zl. 1104631110-160186449, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet

abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (infolge: BF), ein Staatsangehöriger aus Afghanistan, stellte am 05.02.2016 den Antrag, ihm in Österreich internationalen Schutz zu gewähren. Laut den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen wurde der BF am 04.01.2016 in Bulgarien erkennungsdienstlich behandelt (BG2 04.01.2016) und suchte dort sodann am 20.01.2016 um Asyl an (BG1 20.01.2016).

Der BF erklärte anlässlich der Erstbefragung vom 06.02.2016 der Einvernahme ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können und keine Familienangehörigen in Österreich oder in einem anderen EU-Land zu haben. Er sei über den Iran, die Türkei und eine ihm weiters unbekannte Strecke nach Österreich gereist. In einem ihm unbekannten Land, wo er sich 20 Tage lang aufgehalten habe, sei er von der Polizei geschlagen worden; in den anderen ihm unbekannten Ländern sei er von der Polizei gut behandelt worden. Der BF sei in Österreich ebenfalls gut behandelt worden und wolle deshalb hier bleiben.

Am 12.02.2016 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (infolge: BFA) ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der VO (EU) Nr 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (infolge Dublin-III-VO) an Bulgarien und stimmten die bulgarischen Behörden mit Schreiben vom 19.02.2016 zu, den BF gemäß der genannten Bestimmung zu übernehmen.

In der niederschriftlichen Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs vor einem Organwalter des BFA am 04.04.2016 gab der BF an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Erneut verneinte er über Nachfrage das Vorhandensein von familiären Anknüpfungspunkten in Österreich und gab weiters an, in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt, sondern unter Zwang seine Fingerabdrücke abgegeben zu haben. Über den Stand seines dortigen Asylverfahrens wisse er nichts. Als er damals in Bulgarien angekommen sei, sei er von der Polizei festgenommen, geschlagen und inhaftiert worden. Er sei für 20 Tage in einem Zimmer eingesperrt worden. Er habe nicht reden dürfen und nur unzureichend zu essen erhalten. Obwohl er Zahnschmerzen gehabt habe, habe er keine medizinische Versorgung bekommen.

Mit angefochtenem Bescheid vom 21.04.2016 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO Bulgarien für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge dessen Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Feststellungen zur Lage in Bulgarien wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 11.8.2015, Änderung bei Sozialhilfe für AW, Versorgung (relevant für Abschnitt 2/Allgemeines zum Asylverfahren und Abschnitt 6/Versorgung)

Am 4. Juli 2015 wurde die Nationale Strategie für Migration, Asyl und Integration (2015-2020) beschlossen. Der Nationale Integrationsplan für 2015 wird auf deren Basis momentan noch erarbeitet (VB 11.8.2015).

Seit dem 1. April 2015 wird die Sozialhilfe für Asylwerber in Höhe von BGN 65,-- nicht mehr ausbezahlt. Hintergrund ist laut Auskunft der SAREF, dass gemäß bg. Asylgesetz Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Unterkunft und Nahrung haben und die BGN 65,- für die Versorgung mit Lebensmitteln bestimmt waren. Da aber bereits seit Februar 2014 die AW in den Zentren der SAREF warme Mahlzeiten erhalten, sah die bulgarische Regierung keine Notwendigkeit mehr für die Auszahlung des Geldes und stellt diese ein (VB 11.8.2015).

Über 90% der Asylwerber stellen ihren Asylantrag über die Hauptdirektion Grenzpolizei und die Direktion Migration, da sie illegal ins Land gekommen sind und von den Behörden des Innenministeriums aufgegriffen worden sind. Diese Anträge werden dann an SAREF übergeben, wobei die physische Übergabe der Personen viel später erfolgt. Für die rechtzeitige Aufnahme der Asylanträge stehen im Verteilungszentrum der Direktion Migration Bedienstete von SAREF zur Verfügung, welche die Anträge bearbeiten, die Personen registrieren und die Unterbringung der Asylwerber im jeweiligen SAREF-Zentrum koordinieren. In den SAREF-Zentren gibt es Mitarbeiter, welche Interviews durchführen und die Asylverfahren führen. Bei der Aufteilung der Asylwerber auf die Zentren werden spezifische Merkmale wie Geschlecht, Rasse, Religion, Gesundheitszustand u.a. berücksichtigt. Das geht zurück auf eine Empfehlungen des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) und trägt zur Vertiefung der Grundkenntnisse des einzelnen Mitarbeiters über das jeweilige Land, zur Qualitätserhöhung bei der Durchführung des Asylverfahrens, sowie zur Entscheidungsfindung im Verfahren bei. Bei Ankunft der Asylwerber in den Zentren werden mit Hilfe von beeideten Dolmetschern Anweisungen gegeben. Im Flüchtlingszentrum Voenna Rampa gibt es ständig Dolmetscher, welche der Administration und den Asylwerbern helfen. Alle SAREF-Zentren werden zweimal am Tag mit warmen Mahlzeiten versorgt, es gibt medizinisches Personal und ein Sprechzimmer. Es stehen jährlich finanzielle Mittel für Medikamente zur Verfügung. SAREF erhielt im Rahmen des Programms "Notmaßnahmen" auch finanzielle Unterstützung vom Fonds "Asyl, Migration und Integration" und es wurden zusätzlich sechs medizinische Spezialisten eingestellt: 1 Arzt im Zentrum Vrazhdebna, 1 Arzt im Zentrum Voenna Rampa, 1 Arzt und 2 Arztgehilfen und 1 Krankenschwester im Zentrum Harmanli. Im Rahmen des Programms "Notmaßnahmen" sind auch die Einrichtung eines Sprech- und eines Behandlungszimmers in Voenna Rampa und 2 Sprechzimmer für das Zentrum Harmanli vorgesehen. Seit der Eröffnung des Unterbringungszentrums Voenna Rampa im Jahre 2013 wurde z.B. vieles für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Asylwerber getan. Die Räume wurden umgebaut, die Zimmer eingerichtet. Es wurden Bereiche und Zimmer für Familien u.a. Gruppen reserviert. Seit April 2015 wird das Asylverfahren vor Ort durchgeführt, was Zeit und Ressourcen spart. Im Zentrum Voenna Rampa gibt es für die Asylwerber eine moderne Küche, eingerichtet mit der Unterstützung von UNHCR und die Asylwerber bekommen jeden Tag warme Speisen. Auch medizinisches Personal ist vorhanden – ein Arzt und eine Krankenschwester sorgen für die Untergebrachten. Es steht die Eröffnung einer Zahnarztordination bevor. Dank privater Spender wurde auch ein Computerclub eingerichtet, welcher in Kürze eröffnet wird. Um die Fürsorge und Unterstützung vulnerabler Gruppen im Zentrum kümmern sich zwei Sozialarbeiter. Im Unterbringungszentrum Vrazhdebna etwa werden von Sozialarbeitern Gespräche zu den Problemen und Bedürfnissen der Asylwerber durchgeführt. Freiwillige Mitarbeiter unterrichten Englisch und Bulgarisch. Zweimal am Tag wird in der Kantine Essen angeboten. Die persönliche und allgemeine Hygiene im Zentrum sind auf gutem Niveau. Es gibt noch keine endgültige Entscheidung für die Eröffnung neuer Unterbringungszentren. Um den hohen Migrationsdruck zu überwinden plant SAREF eine Beschleunigung des Asylverfahrens und dass die schon anerkannten Flüchtlinge die Zentren verlassen und selbst Wohnungen mieten können. Momentan sind 73% der Plätze in den Zentren besetzt. Falls es zur Eröffnung neuer Unterbringungszentren kommt, werden mit Unterstützung der Gebietskörperschaften Aufklärungskampagnen für Toleranz durchgeführt (VB 11.8.2015).

Quellen:

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VB des BM.I in Bulgarien (11.8.2015): Bericht des VB, per E-Mail

Allgemeines zum Asylverfahren

UNHCR zählt bis 30.4.2015 4.377 Asylanträge und mit Stand 1.4.2015 1.027 anerkannte Flüchtlinge, sowie 67 Subschutzberechtigte. Bis 22.4.2015 wurden 1.743 illegale Ausreiseversuche bestätigt (1.354 Richtung Serbien; 289 Richtung Rumänien). Bis 5.5.2015 zählt UNHCR 186 unbegleitete Minderjährige (VB 13.5.2015).

Zuständig für das Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR) (SAR o.D.). SAR untersteht budgetär dem bulgarischen Innenministerium, ist aber als Verwaltungsbehörde im Range eines Ministeriums direkt beim Ministerrat angesiedelt. SAR kann Asyl und subsidiären Schutz gewähren. Es gibt zusätzlich noch Schutzformen die der Staatspräsident (Asyl) bzw. der Ministerrat (temporärer Schutz) in außergewöhnlichen Fällen gewähren können (SAR 11.6.2015; vgl. AIDA 31.1.2015).

Ein Asylantrag kann entweder direkt bei SAR, an der Grenze, in Haft oder vor jeder anderen Behörde gestellt werden, welche diesen an SAR weiterzuleiten hat. Der Antrag muss –bei illegaler Einreise- sofort erfolgen. Das Asylverfahren ist dreigliedrig: zuerst wird die Dublin-Zuständigkeit geprüft. Sodann durchläuft jeder Asylwerber, mit Ausnahme unbegleiteter Minderjähriger, zuerst das sogenannte beschleunigte Verfahren, im Rahmen dessen innerhalb einer Frist von drei Tagen entschieden wird, ob ein Asylantrag offensichtlich unbegründet ist, oder ob ein ordentliches Verfahren eingeleitet wird. Dauert es länger als drei Tage, wird das beschleunigte Verfahren automatisch in das ordentliche Verfahren übergeleitet. In der Praxis ist dies meist der Fall. Das beschleunigte Verfahren greift somit praktisch nur bei Folgeanträgen. Das ordentliche Verfahren sollte binnen 4 Monaten abgeschlossen sein, was aber nur ein Richtwert ist, keine Verpflichtung. Die durchschnittliche Dauer von Asylverfahren in Bulgarien verringerte sich seit April 2014 auf 6 Monate. Syrer werden priorisiert, da ihre Anträge als offensichtlich begründet gelten (AIDA 31.1.2015).

Entzieht sich ein Asylwerber in irgendeiner Weise dem Verfahren, wird dieses ausgesetzt ("ausgesetztes Verfahren"). Erscheint der AW dann nicht innerhalb einer 3-monatigen Frist und bietet eine Erklärung für seine Absenz (z.B. Krankenbestätigung etc.), wird das Verfahren nach Ablauf der 3 Monate beendet (AIDA 31.1.2015). Kehrt der betreffende Antragsteller nach mehr als drei Monaten zurück (etwa als Dublin-Rückkehrer), kann er allerdings die Wiedereröffnung seines Verfahrens beantragen. Automatisch geschieht dies nicht (SAR 11.6.2015).

Von einem "abgesagten Verfahren" spricht man in zwei Fällen:

?) im beschleunigten Verfahren bei einem offensichtlich unbegründeten Antrag. Die Absage ist dann binnen 7 Tagen anfechtbar.

b) im ordentlichen Verfahren wird eine Absage erteilt, wenn der AW falsche Angaben macht. Die Absage ist dann binnen 14 Tagen anfechtbar. (VB 23.1.2014)

Beschwerdemöglichkeiten

Gegen negative Entscheidungen im beschleunigten (Zulassungs-)verfahren ist binnen 7 Tagen Beschwerde vor dem zuständigen Bezirksverwaltungsgericht möglich. Gegen negative Entscheidungen im ordentlichen Verfahren ist binnen 14 Tagen Beschwerde vor dem regional zuständigen Verwaltungsgericht möglich; gegen dessen Entscheidungen wiederum ist kassatorische Beschwerde vor dem Obersten Verwaltungsgerichtshof möglich (AIDA 31.1.2015).

Beide Beschwerden haben in der Praxis aufschiebende Wirkung. Beschwerdeverfahren dauern in jeder der zwei Instanzen durchschnittlich 12 Monate, können in komplexen Fällen aber auch bis zu 18 Monate dauern (AIDA 31.1.2015; vgl. SAR 11.6.2015).

Kostenfreie Rechtshilfe

Verpflichtende staatlich finanzierte Rechtshilfe für AW in allen Phasen des Asylverfahrens ist vorgesehen. Das gilt auch für Folgeanträge. In der Praxis gibt es momentan aber keine Finanzmittel für Rechtshilfe vor der 1. Instanz, für Beschwerdeverfahren hingegen schon und diese wird immer gewährt, außer bei Folgeanträgen ohne neue Elemente. Für die 1. Instanz gibt es momentan nur privat arrangierte Rechtshilfe durch NGOs etc. Es gibt Kritik an der Qualität der Rechtshilfe, die aber auch für Bulgaren nicht besser ist. In der Praxis soll 2014 eine rechtliche Vertretung in Zulassungsinterviews aber eher die Ausnahme gewesen sein. Laut NGO-Angaben waren 2014 bei Beschwerden vor Gericht mehr als ein Drittel der Beschwerdeführer nicht durch einen Anwalt vertreten. In 44% der Fälle war der Anwalt privat angeheuert worden und in 21% der Fälle handelte es sich um einen Rechtsbeistand im Rahmen der staatlichen Rechtshilfe. UMA waren in 60% der Fälle rechtlich vertreten (20% davon im Rahmen der staatlichen Rechtshilfe) (AIDA 31.1.2015; vgl. CoE 22.6.2015).

Es gibt auch NGOs, die Rechtshilfe anbieten, etwa das Bulgarian Helsinki Committee (BHC), das teilweise von UNHCR finanziert wird; die Legal Clinic for Refugees and Immigrants, das Center for Legal Aid-Voice in Bulgaria und die Foundation for Access to Rights (ECRE 7.2014).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Bulgarian Helsinki Committee (31.1.2015): National Country Report Bulgaria, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bulgaria_report_third_update_final_january_2015.pdf, Zugriff 1.7.2015

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CoE – Europarat (22.6.2015): Report by Nils Muiznieks Commissioner for Human Rights of the Council of Europe following his Visit to Bulgaria from 9 to 11 February 2015, https://wcd.coe.int/com.instranet.InstraServlet?command=com.instranet.CmdBlobGet&InstranetImage=2768089&SecMode=1&DocId=2277360&Usage=2&utm_source=Weekly+Legal+Update&utm_campaign=60b75b35dd-WLU_26_06_2015&utm_medium=email&utm_term=0_7176f0fc3d-60b75b35dd-419650341, Zugriff 1.7.2015

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ECRE – European Council on Refugees and Exiles (7.2014): Right to Justice: Quality Legal Assistance for Unaccompanied Children, http://ecre.org/component/downloads/downloads/907.html, Zugriff 1.7.2015

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Eurostat (18.6.2015a): Statistics Explained. File:Asylum applicants (including first time asylum applicants), Q1 2014 – Q1 2015.png,

http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Asylum_applicants_(including_first_time_asylum_applicants),_Q1_2014_%E2%80%93_Q1_2015.png, Zugriff 1.7.2015

-

Eurostat (18.6.2015b): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 1st quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_1st_quarter_2015.png, Zugriff 1.7.2015

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SAR - State Agency for Refugees with the Council of Ministers (o.D.): About us, http://www.aref.government.bg/?cat=17, Zugriff 1.7.2015

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SAR - State Agency for Refugees with the Council of Ministers (11.6.2015): Besprechung mit Vertretern von SAR, Protokoll

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VB des BM.I in Bulgarien (23.1.2014): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I in Bulgarien (13.5.2015): Information des UNHCR, per E-Mail

Dublin-Rückkehrer

Der Zugang zum Asylverfahren nach Dublin Rücküberstellung hängt vom Stand des Verfahrens in Bulgarien ab.

1. Wurde noch kein Asylantrag in BG gestellt, hat der Rückkehrer die Möglichkeit einen herkömmlichen Erstantrag zu stellen (VB 31.1.2012).

2. inhaltlich negativ entschiedenes Verfahren:

Wurde über das Vorbringen bereits inhaltlich abschließend negativ entschieden, kann der Rückkehrer einen Folgeantrag stellen. Tut er das nicht, kommt er in ein Abschiebezentrum (UNHCR 4.2014). Ein Folgeantrag wird auf Vorliegen neuer Elemente geprüft. Liegen solche nicht vor, wird er als offensichtlich unbegründet abgelehnt (UNHCR 2.1.2014).

3. inhaltlich nicht entschiedenes Verfahren:

* Wenn Personen nach BG rücküberstellt werden, zu deren Vorbringen es noch keine inhaltliche Entscheidung gibt, wird ihr Verfahren an der Stelle wieder eröffnet, an der es ausgesetzt wurde (UNHCR 4.2014).

* Sind zwischen Aussetzung des Verfahrens und Rückkehr des AW mehr als 3 Monate vergangen, ist das Verfahren inzwischen in Abwesenheit beendet worden. Der Betreffende kann die Wiedereröffnung seines Verfahrens beantragen. Automatisch geschieht dies nicht (SAR 11.6.2015). Hat noch kein Interview stattgefunden, wird dieses bei Rückkehr nachgeholt. Ohne Interview gibt es keine Entscheidung (UNHCR 4.2014).

(vgl. AIDA 31.1.2015)

Haben Dublin-Rückkehrer vor dem Absetzen aus Bulgarien auf die Versorgung in einem Unterbringungszentrum verzichtet, um unter einer externen Adresse zu leben, gilt dies auch nach Rückkehr weiterhin – sie haben dann kein Recht auf Unterbringung in einem Zentrum. Außerdem können Dublin-Rückkehrer laut Gesetz ihr Recht auf Unterbringung verlieren, wenn sie ohne Ankündigung für mehr als drei Tage dem Unterbringungszentrum ferngeblieben sind (was in Dublin-Konstellationen häufig ist). Vulnerable Rückkehrer, speziell Familien mit kleinen Kindern, sind davon allerdings nicht umfasst und werden in der Regel auch dann untergebracht (AIDA 31.1.2015; vgl. SAR 29.6.2015).

Folgeanträge sind jederzeit möglich und werden im beschleunigten Verfahren behandelt. (Sollte die 3-Tages-Frist nicht eigehalten werden, geht auch ein Folgeantrag ins ordentliche Verfahren über, was aber nicht bedeuten muss, dass er als zulässig gilt.) Wenn keine neuen Elemente vorgebracht werden, werden Folgeanträge als unzulässig abgelehnt. Sie haben aufschiebende Wirkung. Gegen negative Entscheidungen zu Folgeanträgen ist Beschwerde möglich, welche ebenso automatisch aufschiebende Wirkung hat. Zugang zu Unterbringung erhalten Folgeantragsteller jedoch nicht mehr. Die Behörde hat angeblich die Möglichkeit Folgeantragsverfahren monatelang zu verzögern. In Verbindung mit dem fehlenden Recht auf Unterbringung soll das lt. NGOs AW davon abhalten Folgeanträge zu stellen (AIDA 31.1.2015).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Bulgarian Helsinki Committee (31.1.2015): National Country Report Bulgaria, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bulgaria_report_third_update_final_january_2015.pdf, Zugriff 1.7.2015

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SAR - State Agency for Refugees with the Council of Ministers (29.6.2015): Auskunft, per E-Mail

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SAR - State Agency for Refugees with the Council of Ministers (11.6.2015): Besprechung mit Vertretern von SAR, Protokoll

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UNHCR (4.2014): Bulgaria as a country of asylum. UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, http://www.refworld.org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain?page=publisher&docid=534cd85b4&skip=0&publisher=UNHCR&querysi=bulgaria&searchin=title&sort=date, Zugriff 1.7.2015

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UNHCR (2.1.2014): Bulgaria as a country of asylum. UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, http://www.refworld.org/docid/52c598354.html, Zugriff 1.7.2015

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VB des BM.I in Bulgarien (31.1.2012): Bericht des VB, per E-Mail

Non-Refoulement

Die Europäische Kommission hat am 1. April 2014 bestätigt, dass gegen Bulgarien ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des möglichen Refoulements von syrischen Flüchtlingen an der bulgarisch-türkischen Grenze begonnen wurde. Der erste Schritt des Vertragsverletzungsverfahrens ist der "Letter of formal notice", in dem das Land um seine Einschätzung des Problems gebeten wird (ECRE 4.4.2014). Es gibt Berichte über derartige "push-backs" an der genannten Grenze, die sich auf Aussagen von Migranten stützen. Die bulgarischen Behörden weisen derartige Vorwürfe in der Regel kategorisch zurück. Offiziell untersucht wurde angeblich nur ein solcher Fall (AI 25.2.2015).

Die Regierung gewährt einen gewissen Schutz vor Ausweisung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, wo ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre. Es gibt Berichte über gewaltsame "push-backs" an der Grenze zur Türkei (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

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AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty International Report 2014/15,

https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/bulgaria/report-bulgaria/, Zugriff 1.7.2015

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ECRE – European Council on Refugees and Exiles (4.4.2014): Weekly Bulletin 4 April 2014, per E-Mail

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bulgaria, http://www.ecoi.net/local_link/306350/443625_de.html, Zugriff 1.7.2015

Versorgung

Es gibt Berichte über Misshandlung von Migranten, Antragstellern und Schutzberechtigten durch die Polizei bzw. sogenannte Hassverbrechen durch Dritte. Strafrechtliche Verfolgung von Hassverbrechen sei mangelhaft. Wenn überhaupt, werde wegen "Hooliganismus" Anklage erhoben. Legislative Mängel sollten in einer Novellierung des Strafgesetzbuches repariert werden, die aber noch aussteht (AI 25.2.2015; vgl. Pro Asyl 4.2015). Einige NGOs bezweifeln allerdings, dass es sich bei den Berichten über Gewalt gegen AW durch Beamte um ein systemisches Problem handelt (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

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AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty International Report 2014/15,

https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/bulgaria/report-bulgaria/, Zugriff 1.7.2015

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Pro Asyl (4.2015): Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien,

https://www.ecoi.net/file_upload/6_1432292558_15-04-proasyl-bulgarien-web-end.pdf, Zugriff 1.7.2015

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bulgaria, http://www.ecoi.net/local_link/306350/443625_de.html, Zugriff 1.7.2015

Unterbringung

Mitte Juni 2015 verfügt BG über 5.130 Unterbringungsplätze mit einer Auslastung von 74% in den Zentren der SAR (Unterbringungszentren:

Sofia (Ovcha Kupel) (860), Vrazhdebna (370), Voenna Rampa (800), Banya (70), Harmanli (2.710) und Transitzentrum Pastrogor (320)) (SAR 11.6.2015). Mit Stand Anfang März 2015 hatten von den 3.800 in den Unterbringungszentren Untergebrachten, 700 einen Schutzstatus (Pro Asyl 4.2015).

AW in Bulgarien haben Anspruch auf Unterbringung und Versorgung während des gesamten Asylverfahrens, auch während der Beschwerdephase. Das umfasst Unterkunft, Verpflegung, soziale Unterstützung (Taschengeld), Krankenversorgung und psychologische Hilfe. In der Praxis werden bei Platzknappheit mittellose AW prioritär in den Unterbringungszentren versorgt. Spezielle Bedürfnisse und Obdachlosigkeitsrisiko (Vorhandensein von Mitteln, Beruf und potentielle Jobaussichten, Zahl der Familienmitglieder und etwaige Vulnerabilität) werden in jedem Fall berücksichtigt. Folgeantragsteller haben diese Rechte nicht, es sei denn, es handelt sich um Vulnerable (wobei auch diese wegen des steten Zustroms neuer Antragsteller, in der Praxis angeblich keinen Zugang zu Unterbringung und Versorgung haben) (AIDA 31.1.2015).

Die materielle Versorgung der AW umfasst Unterbringung in Zentren und Sozialhilfe in Form eines monatlichen Handgeldes in Höhe von BGN 65,- (ca. EUR 33,23) pro Person (auch Kinder). Die Höhe dieses Betrags wird von UNHCR und NGOs als ungenügend kritisiert. Gibt es nach einem Jahr noch keine Entscheidung im Asylverfahren, hat der AW Zugang zum Arbeitsmarkt. Was die monatliche finanzielle Unterstützung betrifft, werden AW nicht schlechter behandelt als Bulgaren, nur verfügen sie in der Regel nicht über Ersparnisse, Besitz oder Familie im Lande, um sich zusätzlich abzusichern (AIDA 31.1.2015).

Wenn AW bestätigen, dass sie über Mittel verfügen, können sie auch außerhalb eines Zentrums wohnen, sie verlieren dann aber auch die monatliche Sozialunterstützung. Wird die Unterbringung in einem Zentrum verweigert, ist das vor Gericht binnen 7 Tagen anfechtbar (AIDA 31.1.2015).

Mit Stand 1. Jänner 2015 lebten nur noch 430 AW unter externen Adressen. Wer außerhalb der Zentren lebt, bekommt das monatliche Taschengeld nicht mehr (AIDA 31.1.2015). Die Praxis, eine fixe externe Adresse vorzutäuschen, um außerhalb eines Zentrums leben zu können, existiert. Zahlen sind zu diesem Phänomen keine bekannt. SAR überprüft die Adressen nicht. SAR bemerkt das Vorliegen einer Scheinmeldung zumeist daran, dass auf die Post (Vorladungen etc.) nicht reagiert wird (SAR 11.6.2015).

Die Gesetze sehen vor, bei der Festlegung einer Unterbringung auf eine bestehende Vulnerabilität Rücksicht zu nehmen. Inwieweit das tatsächlich passiert, hängt von der Auslastung der Unterbringungskapazitäten ab. In der Praxis soll das selten bis nie der Fall sein. Es gibt keine gesonderten Zentren für UMA oder Vulnerable. UMA unter 14 Jahren werden in der Praxis in Waisenhäusern untergebracht (AIDA 31.1.2015).

In Busmantsi und Liubimets befinden sich die dem bulgarischen Innenministerium (Direktion für Migration) unterstehenden "Zentren für die vorübergehende Unterbringung von Fremden". Das sind geschlossene Schubhaftzentren. Asylwerber kommen mit diesen Zentren in der Regel nur in Kontakt, wenn sie beim illegalen Grenzübertritt betreten wurden und erst in der Haft einen Asylantrag stellten. Im Oktober 2013 wurde von der Direktion für Migration in Elhovo ein sogenanntes "Verteilungszentrum" eröffnet (Kapazität: 300 Plätze), in dem AW für max. 20 Tage untergebracht werden, bevor sie auf die Unterbringungszentren aufgeteilt werden können. Wer an der Grenze einen Asylantrag stellt, wird in der Praxis in das geschlossene Verteilungszentrum Elhovo gebracht, wo AW binnen etwa 3-6 Tagen auf die Unterbringungszentren aufgeteilt werden. Die Kapazität dieser 3 Haftzentren liegt bei insgesamt 1.000 Plätzen (AIDA 31.1.2015).

Grundsätzlich ist die automatische Inhaftierung von Asylwerbern in Bulgarien verboten. Haft von AW, die ihren Antrag noch nicht formal einbringen konnten, soll hingegen oft vorkommen. Haft ist auch bei begleiteten Minderjährigen (für max. 3 Monate) möglich. Die Haft unbegleiteter Minderjähriger ist seit 2013 verboten. 2015 waren mit Stand Februar 1.041 Personen in Haft, von denen 649 einen Asylantrag stellten (CoE 22.6.2015). 2014 haben von den insgesamt 11.080 Antragstellern 9.843 aus der Haft heraus ihren Asylantrag gestellt,

3.851 davon aus dem Zentrum Elhovo. Die durchschnittliche Haftdauer in Elhovo lag 2014 bei 6 Tagen. Die durchschnittliche Haftdauer in Busmantsi und Liubimets liegt bei 11 Tagen (2013: 45 Tage; 1. Hälfte 2014: 22 Tage) (AIDA 31.1.2015).

Die NGO Pro Asyl berichtet für Busmantsi, Liubimets und Elhovo von sehr schlechten Unterbringungsbedingungen, Überbelegung und Gewaltanwendung durch das Aufsichtspersonal (Pro Asyl 04.2015).

In Busmantsi und Liubiments werden Familien und alleinstehende Frauen getrennt von den anderen Inhaftierten untergebracht. Innerhalb der Zentren ist in der Regel freie Bewegung erlaubt. Bildungsprogramme für Kinder oder Sprachunterricht sind nicht vorgesehen. Kostenlose Übersetzerleistungen werden angeboten. Tägliche Hofgänge sind vorgesehen, es gibt die Möglichkeit für religiöse Betätigung, TV und Sportgelegenheiten. In puncto medizinische Versorgung wird hauptsächlich ambulant und präventiv behandelt. Wenn nötig können Inhaftierte auch in Spitälern behandelt werden. Vulnerable werden je nach Einzelfall gesondert untergebracht, etwa im Krankenrevier (EMN 2014).

Auf Ein Urteil des VGH Baden-Württemberg referenzierend, schreibt das deutsche BAMF bezüglich Bulgarien, dass in BG ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens besteht, das – von einzelnen Unzulänglichkeiten abgesehen – auch Unionsrecht noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht. Die im Jahre 2013 festgestellten Missstände wurden im Laufe des Jahres 2014 mit Hilfe der Europäischen Union behoben. Laut UNHCR gab es im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten. Hinsichtlich der durchgängig zumindest als wenig zufriedenstellend beschriebenen Lage von international Schutzberechtigten in Bulgarien darf nicht übersehen werden, dass das Unionsrecht lediglich Inländergleichbehandlung oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern vorsieht. Schutzberechtigte teilen damit nur die schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Die rechtliche Gleichbehandlung ist weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige eigene Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. (U.v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 <5691230>). Das Gericht lässt offen, ob für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige etwas anderes gilt. Vergleichbar VG Bremen, B.v. 01.09.2014 - 3 V 644/14 <5721916> unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung u. ausdrücklichem Anschluss an VG Bremen, U.v. 16.07.2014 - 1 K 152/14 <5675052>) (BAMF 6.2.2015).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Bulgarian Helsinki Committee (31.1.2015): National Country Report Bulgaria, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bulgaria_report_third_update_final_january_2015.pdf, Zugriff 1.7.2015

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BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (6.2.2015):

Entscheiderbrief 2/2015, per E-Mail

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EMN – European Migration Network (2014): The use of detention and alternatives to detention in the context of immigration policies. Synthesis Report for the EMN Focussed Study 2014, http://www.emn.at/images/stories/2014/studien_2014/emn_study_detention_alternatives_to_detention_synthesis_report_en.pdf, Zugriff 1.7.2015

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Pro Asyl (4.2015): Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien,

https://www.ecoi.net/file_upload/6_1432292558_15-04-proasyl-bulgarien-web-end.pdf, Zugriff 1.7.2015

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SAR - State Agency for Refugees with the Council of Ministers (11.6.2015): Besprechung mit Vertretern von SAR, Protokoll

Medizinische Versorgung

AW haben dieselben Rechte auf Krankenversorgung wie bulgarische Staatsbürger. SAR ist verpflichtet ihre Krankenversicherung zu gewährleisten. In der Praxis haben AW Zugang zu Gesundheitsdiensten. Sie begegnen dabei denselben Schwierigkeiten wie bulgarische Staatsbürger auch, aufgrund des generell schlechten Zustands des nationalen Gesundheitssystems. Unter diesen Umständen soll spezielle Behandlung für Folteropfer oder Personen mit psychischen Problemen nicht verfügbar sein. Zugang zu medizinischer Versorgung ist auch bei Verlust des Rechts auf materielle Versorgung gegeben (AIDA 31.1.2015).

Medizinische Versorgung in den Unterbringungszentren der SAR ist im Zentrum Sofia (Ovcha Kupel) täglich durch einen Arzt und eine Krankenschwester gewährleistet, in Vrazhdebna durch einen Arzt, in Banya und Pastrogor durch eine Krankenschwester. In Vrazhdebna, Voenna Rampa und Harmanli ist die Krankenversorgung offenbar weniger strikt geregelt (AIDA 31.1.2015).

Der Menschenrechtskommissar des Europarats betrachtet die medizinische Versorgung in den Unterbringungszentren als unbefriedigend (CoE 22.6.2015).

Laut der Gesetzgebung der Republik Bulgarien haben Ausländer im Rahmen des Verfahrens zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz ein Recht auf Krankenversicherung, zugängliche medizinische Grundversorgung und unentgeltliche medizinische Versorgung unter den für bulgarische Staatsbürger geltenden Bestimmungen und Bedingungen, und zwar ab dem Zeitpunkt ihrer Registrierung als Schutzsuchende. Unter Berücksichtigung des besonderen Status dieser Personenkategorie sieht der Gesetzgeber vor, dass ihre Rechte als Krankenversicherte ab dem Datum der Eröffnung eines Asylverfahrens entstehen. Im Zuge des laufenden Asylverfahrens genießen Ausländer Rechte als Krankenversicherte im selben Umfang wie bulgarische Staatsbürger. Im Hinblick auf die Erhaltung der öffentlichen Gesundheit werden AW nach der Eröffnung eines Asylverfahrens einer medizinischen Untersuchung unterzogen. Im Falle einer Krankheit werden entsprechende Behandlungsmaßnahmen eingeleitet. Diese Maßnahmen sind für AW kostenlos und werden in den Unterbringungszentren durchgeführt. Nach Eröffnung eines Asylverfahrens und Erhalt einer Registrierungskarte haben AW das Recht, einen Arzt (Allgemeinarzt) und einen Zahnarzt auszuwählen.

Folgende Leistungen sind umfasst: Prophylaxe; ambulante und Krankenhausbehandlung; Rehabilitation; Versorgung in der Schwangerschaft; Entbindung und Mutterschaft; Abtreibungen aufgrund medizinischer Indikation und nach Vergewaltigung; zahnmedizinische und zahntechnische Behandlung; Verschreibung und Abgabe von zugelassenen Arzneimitteln; usw. Die Kosten werden von der Nationalen Krankenkasse getragen. Wer nicht krankenversichert ist, muss diese Leitungen selbst bezahlen. Immer gewährt wird medizinische Nothilfe. Die Nationale Krankenkasse übernimmt gänzlich oder teilweise die Kosten für Arzneimittel, medizinische Erzeugnisse und diätetische Lebensmittel für spezielle medizinische Zwecke, welche für die häusliche Krankenpflege pflichtversicherter Personen gedacht sind, und zwar für bestimmte Erkrankungen, die mit einer Verordnung des Gesundheitsministers festgelegt worden sind (VB 24.6.2014).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and the Bulgarian Helsinki Committee (31.1.2015): National Country Report Bulgaria, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bulgaria_report_third_update_final_january_2015.pdf, Zugriff 1.7.2015

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CoE – Europarat (22.6.2015): Report by Nils Muiznieks Commissioner for Human Rights of the Council of Europe following his Visit to Bulgaria from 9 to 11 February 2015, https://wcd.coe.int/com.instranet.InstraServlet?command=com.instranet.CmdBlobGet&InstranetImage=2768089&SecMode=1&DocId=2277360&Usage=2&utm_source=Weekly+Legal+Update&utm_campaign=60b75b35dd-WLU_26_06_2015&utm_medium=email&utm_term=0_7176f0fc3d-60b75b35dd-419650341, Zugriff 1.7.2015

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VB des BM.I in Bulgarien (24.6.2014): Bericht des VB, per E-Mail

Beweiswürdigend führte das BFA aus, dass aus den Angaben des BF keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass er tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Bulgarien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Sollte es tatsächlich zu den vom BF behaupteten Verletzungen bzw. Misshandlungen durch bulgarische Polizisten gekommen sein, so sei auszuführen, dass diese ein Fehlverhalten von Einzelpersonen darstellen, das dem Staat nicht zuzurechnen sei; im Übrigen seien Übergriffe von einzelnen Beamten zu ahnden. Soweit der BF im Verfahren die Versorgungslage in Bulgarien bemängelt habe, sei darauf hinzuweisen, dass sein Vorbringen nicht geeignet sei, eine konkret ihn persönlich drohende Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechten im Falle seiner Überstellung nach Bulgarien aufzuzeigen. Insbesondere sei hervorzuheben, dass in Bulgarien eine ausreichende Versorgung für Asylwerber gewährleistet sei, wie sich aus den Feststellungen zu Bulgarien ergebe. Dass dem BF Versorgungsleistungen für Asylwerber in Bulgarien in rechtswidriger Weise vorenthalten werden könnten, habe sich im Verfahren nicht ergeben. Im gegenständlichen Fall seien keine familiären Anknüpfungspunkte des BF in Österreich noch Anhaltspunkte für eine Integrationsverfestigung im österreichischen Bundesgebiet ersichtlich. Es sei davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung der Dublin-III-VO sowie von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei.

Mit Schreiben vom 24.05.2016 gab das BFA bekannt, dass der BF untergetaucht sei, weshalb es zu einer Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate komme.

Gegen den oben angeführten Bescheid langte in weiterer Folge eine fristgerecht eingebrachte Beschwerde ein. Im Wesentlichen wurde darin kritisiert, dass das BFA auf die massiven Mängel im bulgarischen Asylverfahren sowie die konkreten vom BF vorgebrachten Befürchtungen bezüglich einer Abschiebung und seine persönliche Situation in Österreich nicht nachvollziehbar eingegangen sei. Obwohl es im Jänner 2014 einen Aufruf des UNHCR gegeben habe, Überstellungen im Rahmen der Dublin-VO nach Bulgarien zu stoppen, komme die belangte Behörde zur Ansicht, dass in Bulgarien nunmehr alles menschenrechtskonform wäre. Übersehen werde, dass im Asylverfahren stets eine Einzelfallprüfung durchzuführen und in diesem Sinne bezogen auf Bulgarien besonders sensibel vorzugehen sei. Das BFA sei jedoch auf das konkrete Vorbringen des BF nicht eingegangen und habe die von ihm angegebenen Vorfälle überhaupt nicht untersucht. Unter Zitierung eines Berichts von ECRE wurde sodann dargelegt, dass durch das Vorbringen des BF unter Berücksichtigung der Berichtslage jedenfalls besondere Gründe glaubhaft gemacht worden seien, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor unmenschlicher Behandlung in Bulgarien sprechen würden. Aufgrund der dargestellten Tatsachen sei festzustellen, dass eine Abschiebung nach Bulgarien eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK darstelle. Auch hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des BF sei gegenständlich nur eine unzureichende Behandlung mit seinem Vorbringen erfolgt. So wäre festzustellen gewesen, dass der BF nach den traumatischen Erlebnissen in seiner Heimat und den Strapazen der langen Flucht nunmehr in Österreich Ruhe gefunden und bereits große Anstrengungen hinsichtlich seiner Integration unternommen habe.

Mit Eingabe vom 25.09.2016 wurde vorgebracht, dass die Frist für die Überstellung des BF gem. Art. 29 Abs. 2 der Dublin-III-VO inzwischen abgelaufen sei.

In einem mit 09.03.2017 datierten Schreiben wurde dargelegt, dass der BF im gegenständlichen Verfahren substantiiert vorgebracht habe, in Bulgarien unmenschlicher und erniedrigender Behandlung ausgesetzt gewesen zu sein. Unmittelbar nach seiner Einreise nach Bulgarien sei er festgenommen, mit Gewalt zur Abgabe seiner Fingerabdrücke gezwungen und für ca. 20 Tage lang unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert worden. Dabei sei er wiederholt von bulgarischen Polizeibeamten geschlagen worden. Die aktuell zu verzeichnende Überbelegung in zahlreichen bulgarischen Unterbringungszentren führe zu einer weiteren Verschlechterung der ohnehin schon schlechten Aufnahmebedingungen. Die reale Gefahr, dass Dublin-Rückkehrer durch die Überstellung nach Bulgarien unmenschlicher Behandlung ausgesetzt sein können, sei zuletzt auch durch Anordnungen einstweiliger Verfügungen des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen in ähnlich gelagerten Fällen bestätigt worden.

Am 20.03.2017 wurde der BF auf dem Luftweg nach Bulgarien überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF, ein Staatsangehöriger aus Afghanistan, stellte am 05.02.2016 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Zuvor wurde er am 04.01.2016 in Bulgarien erkennungsdienstlich behandelt und suchte dort sodann am 20.01.2016 um internationalen Schutz an.

Nach Konsultationen mit Bulgarien stimmten die bulgarischen Behörden mit Schreiben vom 19.02.2016 zu, den BF auf Grundlage von Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin-III-VO zu übernehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Bulgarien an.

Konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Überstellung nach Bulgarien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Der BF leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen.

Besondere private, familiäre oder berufliche Bindungen des BF im österreichischen Bundesgebiet bestehen nicht.

Am 20.03.2017 kam es zur Überstellung des BF nach Bulgarien.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der illegalen Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie der erkennungsdienstlichen Behandlung und Asylantragstellung des BF in Bulgarien ergeben sich insbesondere aus den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "2" und "1" zu Bulgarien und dem Konsultationsverfahren mit den bulgarischen Behörden.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Wiederaufnahme des BF seitens Bulgariens leitet sich aus dem ordnungsgemäß durchgeführten Konsultationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt dem Verwaltungsakt ein - zwischen der österreichischen und der bulgarischen Dublin-Behörde ab.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen und in denen neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Bulgarien auch Feststellungen zur bulgarischen Rechtsl

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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