TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/21 W205 2014414-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.2017
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Entscheidungsdatum

21.11.2017

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W205 2014414-2/3E

W205 2175757-1/3E

W205 2175754-1/3E

W205 2175750-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX ,

2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. am

XXXX , StA. Libanon, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.10.2017, Zahlen 1.) 800796901/171024541, 2.) 1166541305/171024592, 3.) 1166541000/171024754, 4.) 1166541109/171024775, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Libanon, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind geschieden und Eltern des minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführers. Die Zweitbeschwerdeführerin ist die gesetzliche Vertreterin der beiden Kinder. Sie gelangten gemeinsam illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellten – die Kinder vertreten durch ihre Mutter – am 04.09.2017 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

Hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers scheinen folgende EURODAC-Treffer auf: Asylantragstellungen in Österreich am 30.08.2010 und 18.09.2014, Asylantragstellungen in Deutschland am 09.01.2012 und 02.12.2013. Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin scheint ein EURODAC-Treffer aufgrund einer Asylantragstellung in Deutschland am 20.04.2015 auf.

Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass der Erstbeschwerdeführer erstmals am 30.08.2010 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht hatte, der gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 rechtskräftig abgewiesen worden war, woraufhin der Erstbeschwerdeführer am 14.01.2011 in den Libanon ausreiste. Am 18.09.2014 stellte er nach erfolgter Wiedereinreise in Österreich einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, der mit dem im Beschwerdeweg (durch hg. Erkenntnis vom 13.01.2015, W184 2014414-1/7E) bestätigten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen, die Zuständigkeit Deutschlands nach der Dublin-VO festgestellt und die Außerlandesbringung nach Deutschland angeordnet wurde. Am 18.02.2015 wurde der Erstbeschwerdeführer aufgrund dieser Entscheidung nach Deutschland überstellt (Abschiebung-Flug unbegleitet).

Im Verlauf seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 05.09.2017 brachte der Erstbeschwerdeführer vor, an keinen Beschwerden oder Krankheiten zu leiden, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen könnten. Nach Abweisung seines Asylantrages habe er Österreich verlassen. Von Februar 2015 bis September 2017 habe er sich in Deutschland aufgehalten, es habe keine Überstellung stattgefunden, die Ausreise nach Deutschland sei ihm "nahegebracht" worden.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab bei dieser Erstbefragung an, sie habe Schmerzen in der Halswirbelsäule, eine Schilddrüsenüberfunktion und nehme Medikamente ein. Sie habe sich vor ca. 2,5 Jahren dazu entschlossen, ihren Herkunftsstaat zu verlassen, Zielland sei Österreich gewesen, ihr Ehegatte sei bereits hier geweswen. Sie sei mit dem Flugzeug im April 2015 in Griechenland gelandet und von dort über unbekannte Länder nach Deutschland gereist, wo sie zweieinhalb Jahre gelebt habe. Seit 04.09.2017 befinde sie sich in Österreich. In Deutschland sei das Asylverfahren negativ entschieden worden und sie hätte in den Libanon abgeschoben werden sollen, deshalb sei sie nach Österreich gekommen.

Das BFA richtete am 07.09.2017 jeweils ein den Erstbeschwerdeführer und ein alle übrigen Beschwerdeführer betreffendes, auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Deutschland, dem die deutschen Behörden mit zwei Schreiben vom 13.09.2017 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO betreffend alle Beschwerdeführer ausdrücklich zustimmten.

Am 29.09.2017 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführer vor dem BFA im Beisein einer Rechtsberaterin nach durchgeführter Rechtsberatung. Hierbei gab der Erstbeschwerdeführer zu Protokoll, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren. Zu schwerwiegenden Erkrankungen befragt gab er an, er stehe unter psychischem Druck und gehe einmal in der Woche zur Ärztin in der Betreuungsstelle. Er sei von der Zweitbeschwerdeführerin geschieden, lebe aber derzeit mit ihr zusammen, weil sie wegen der Kinder (ergänze: Dritt- und Viertbeschwerdeführer) wieder zusammenkommen wollten. In Österreich würden außer der geschiedenen Frau und den beiden Söhnen seit 13 Jahren noch sein Bruder und sein Cousin leben. Sein Bruder besuche ihn täglich und sie würden telefonieren. Zum Kontakt zu diesen Verwandten in den letzten 13 Jahren befragt gab der Erstbeschwerdeführer an, sie hätten miteinander telefoniert, außerdem sei sein Bruder oft in den Libanon geflogen. Nach seiner Überstellung am 18.02.2015 von Österreich nach Deutschland habe er sich bis zu seiner neuerlichen (gegenständlichen) Asylantragstellung in Österreich durchgehend in Deutschland aufgehalten. Über Vorhalt der Zuständigkeit Deutschlands und der erfolgten Zustimmung gab er an: In Deutschland habe man ihm gesagt, Österreich sei für sein Asylverfahren zuständig, er habe bis 04.09.2017 Zeit gehabt, Deutschland in Richtung Österreich zu verlassen. Man habe ihm zudem gesagt, ihn sonst zwangsweise nach Österreich zu schicken, weswegen sie freiwillig nach Österreich gegangen seien. Er wolle hier arbeiten, dies sei in Deutschland nicht möglich gewesen. Zur allgemeinen Situation in Deutschland befragt gab der Erstbeschwerdeführer an, sie hätten zwei Jahre in einem Camp gelebt, die Kinder seien bereits deprimiert gewesen, die Sozialarbeiterin hätte ihm gesagt, er solle nach Österreich gehen, in Deutschland hätte er kein Recht zu bleiben. Wenn er nach Deutschland geschickt würde, würde er wieder hierher zurückkommen.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab bei dieser Einvernahme an, für ihre Kinder würden dieselben Gründe wie für sich selbst gelten. Zu schwerwiegenden Erkrankungen befragt führte sie an, sie hätte Schmerzen im Nackenbereich und Probleme mit der Schilddrüse, wegen Letzterem sei ihr ein Medikament verschrieben worden und sie bekomme auch Medikamente wegen psychischer Probleme (Amitriptylin). Der Drittbeschwerdeführer bekomme eine Salbe für sein Nasenbluten, das habe er öfters stressbedingt. Außer den mitgereisten Familienmitgliedern würden noch ein Bruder und ein Cousin ihres Ex-Ehemannes in Österreich leben, der Bruder habe außerdem noch Kinder. Sie hätten zweieinhalb Jahre in Deutschland gelebt, dort hätten sie sehr gelitten, die Deutschen seien Rassisten. Sie hätten nicht arbeiten und keinen Deutschkurs besuchen dürfen. Im Camp, wo sie gewohnt hätten, seien Mäuse und Ratten gewesen und sie hätten ständig Angst gehabt, dass sie von der Polizei abgeholt und in den Libanon geschickt würden. Die Behörden hätten ihnen geraten, freiwillig in den Libanon zu reisen, ansonsten würde man sie abschieben. Die Kinder hätten deswegen Angst gehabt und hätten nicht schlafen können. Sie hätten immer wieder einen Ausweis bekommen, der eine Woche gültig gewesen sei, sie hätten in Deutschland Stress gehabt. Die Zweitbeschwerdeführerin ersuchte, sie nicht nach Deutschland zu schicken, sie hätten nichts mehr im Libanon, weil sie alles verkauft hätten. Sie wolle in Österreich bleiben und arbeiten und wünsche, für ihre Kinder eine gute Ausbildung zu bekommen.

Das BFA führte bei der Arztstation der Betreuungsstelle Ermittlungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer durch. Dem diesbezüglichen Aktenvermerk des BFA vom 02.10.2017 ist zu entnehmen, dass keine auffälligen Erkrankungen der Familie festzustellen seien, die Familie sei auch psychisch unauffällig. Behandelt worden seien bisher ein Schnupfen des Drittbeschwerdeführers sowie eine kleine Brandwunde der Zweitbeschwerdeführerin, die sie sich vermutlich beim Kochen zugefügt habe.

2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Deutschland wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 16.11.2015; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle). Im Jahr 2016 hat das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 695.733 Asylanträge entschieden. Das ist ein Anstieg von ca. 146% gegenüber 2015 (282.726 Entscheidungen). 2016 wurden 745.545 Asylanträge entgegengenommen, 268.869 mehr als im Vorjahr. Insgesamt 256.136 Personen erhielten 2016 internationalen Schutz (36,8% der Antragsteller), 153.700 Personen (22,1%) erhielten subsidiären Schutz und 24.084 Personen (3,5%) Abschiebeschutz (BAMF 11.1.2017).

Quellen:

-

AIDA – Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 3.2.2017

-

BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (11.1.2017):

Jahresbilanz 2016,

http://www.bamf.de/SharedDocs/Meldungen/DE/2017/20170111-asylgeschaeftsstatistik-dezember.html, Zugriff 6.2.2017

2. Dublin-Rückkehrer

Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 16.11.2015).

Quellen:

-

AIDA – Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 3.2.2017

3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Gemäß Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher werden unbegleitete Kinder und Jugendliche auf Grundlage einer bundes- und landesweiten Aufnahmepflicht gleichmäßig in Deutschland verteilt. Das Mindestalter zur Begründung der Handlungsfähigkeit im Asylverfahren wurde von 16 auf 18 Jahre hinaufgesetzt (BR 26.10.2015).

Im deutschen Asylverfahren gelten Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ohne Begleitung als Unbegleitete Minderjährige. Unbegleitete Minderjährige, die nach dem 1. November 2015 in Deutschland eingereist sind, werden zunächst durch das vor Ort zuständige Jugendamt in Obhut genommen. Im Rahmen dieser vorläufigen Inobhutnahme werden sie bei einer geeigneten Person (Verwandte oder Pflegefamilien) oder in einer geeigneten Einrichtung (sogenannte Clearinghäuser, die auf die Betreuung von Unbegleiteten Minderjährigen spezialisiert sind, oder Jugendhilfeeinrichtungen) untergebracht. Im Zuge der vorläufigen Inobhutnahme findet auch das sogenannte Erstscreening des Gesundheitszustands statt und stellt auch das Alter der Minderjährigen fest. Die dafür verwendeten Methoden reichen von einer reinen Altersschätzung über körperliche Untersuchungen bis hin zu radiologischen Untersuchungen, der Handwurzel, des Gebisses oder des Schlüsselbeins. Darüber hinaus schätzt das zuständige Jugendamt ein, ob die Durchführung des späteren Verteilungsverfahrens in physischer oder psychischer Hinsicht das Kindeswohl gefährden könnte. In diesem Zusammenhang wird auch die Möglichkeit einer Familienzusammenführung mit in Deutschland lebenden Verwandten geprüft. Bestehen enge soziale Bindungen zu anderen Unbegleiteten Minderjährigen, prüft das Jugendamt, ob eine gemeinsame Unterbringung sinnvoll ist. Um eine dem Kindeswohl entsprechende Unterbringung, Versorgung, Betreuung und Unterstützung der Unbegleiteten Minderjährigen sicherzustellen, gibt es ein bundesweites Verteilungsverfahren, das innerhalb von 14 Tagen durchgeführt wird. Nach dieser Verteilung ist neue Jugendamt für die weitere Inobhutnahme zuständig. Die Unterbringung erfolgt wieder bei einer geeigneten Person oder in einer geeigneten Einrichtung (siehe oben). Im Anschluss daran werden die Beantragung einer Vormundschaft, weitere medizinische Untersuchungen, die Ermittlung des Erziehungsbedarfs sowie eine Klärung des Aufenthaltsstatus veranlasst. Für Unbegleitete Minderjährige muss vom Familiengericht ein Vormund oder Pfleger bestellt werden. Eine Vormundschaft besteht in der Regel bis zur Volljährigkeit. Dabei orientiert sich die Volljährigkeit an dem Recht im Herkunftsland des Minderjährigen und nicht am deutschen Recht. Tritt also nach diesem Recht die Volljährigkeit erst nach Vollendung des 18. Lebensjahrs ein, endet die Vormundschaft auch erst zu diesem Zeitpunkt. Im anschließenden Clearingverfahren werden weitere Schritte im Bereich des Jugendhilferechts oder des Aufenthaltsrechts eingeleitet. Es umfasst unter anderem die Klärung des Aufenthaltsstatus. Auf dessen Basis wird entschieden, ob ein Asylantrag gestellt wird. Ist ein Asylverfahren nicht erfolgversprechend, kann die zuständige Ausländerbehörde auch eine Duldung ausstellen. Kommt auch dies nicht in Frage, berät die Ausländerbehörde über andere aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten. Falls ein Asylantrag gestellt werden soll, ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BMF) die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Innerhalb des Asylverfahrens gelten für die Bestimmung der Volljährigkeit die nationalen Vorschriften. Das heißt: Asylwerber müssen mit Vollendung des 18. Lebensjahrs ihren Asylantrag selbst stellen. Ein etwaiger Vormund kann in diesem Fall aber weiterhin das Asylverfahren begleiten. Asylwerber unter 18 Jahren sind im Asylverfahren nicht handlungsfähig und ein Asylantrag muss vom Jugendamt oder Vormund schriftlich gestellt werden. Da Unbegleitete Minderjährige als besonders schutzbedürftige Personengruppe mit besonderen Garantien für ihr Asylverfahren gelten, werden ihre Asylverfahren von Sonderbeauftragten betreut, die für eine sensibilisierte Herangehensweise geschult wurden. Anhörungen finden grundsätzlich in Anwesenheit des Vormunds statt. Zusätzlich kann auch ein Beistand, z. B. eine Betreuerin oder ein Betreuer bei den Anhörungen anwesend sein. Unterbringung, Versorgung – hierzu gehört auch die sozialpädagogische Begleitung und Betreuung, Gesundheitsversorgung sowie Rechtsberatung – sind gesetzlich sichergestellt (BAMF 1.8.2016a; vgl. IAM 30.5.2016).

In Deutschland wurden 2015 42.309 UM in staatliche Obhut genommen,

22.255 davon stellten Asylanträge. 2016 gab es rund 50.300 Inobhutnahmen und 35.939 Asylanträge von UM (BAMF 31.12.2016; vgl. FRA 1.2017). Vergleicht man die Zahl der Inobhutnahmen von UM mit der Anzahl der von ihnen gestellten Asylanträge, wird deutlich, dass ein relevanter Teil der Minderjährigen auf einen Asylantrag verzichtet und sie (bzw. ihre gesetzlichen Vertreter) einen anderen aufenthaltsrechtlichen Weg suchen (BAMF 31.12.2016).

Es gibt keine gesetzliche Vorschrift zur Identifizierung Vulnerabler, mit Ausnahme von unbegleiteten Minderjährigen. Alle AW durchlaufen eine medizinische Untersuchung, die aber mehr dem Aufspüren ansteckender Krankheiten dient. Manchmal melden medizinisches Personal oder andere Mitarbeiter in den Unterbringungszentren, dass sie Anzeichen von Traumata entdeckt haben, das ist aber keine systematische Prüfung. Einige Bundesländer haben Pilotprojekte für die Identifizierung vulnerabler Asylwerber eingeführt. Vom BAMF erlassene Richtlinien sehen vor, dass insbesondere UM, Opfer geschlechtsspezifischer Verfolgung sowie Opfer von Folter und traumatisierte Asylwerber besonders sensibel und bei Bedarf von speziell ausgebildeten Referenten behandelt werden sollen. Die Einführung dieser Spezialisten (80 für UMA, 40 für Traumatisierte und 40 für Opfer geschlechtsspezifischer Verfolgung) hat die Handhabung derartiger Verfahren etwas verbessert, wobei es aber auch Beispiele gibt, wonach Hinweise auf Traumata bzw. sogar Folter nicht zur Konsultierung solcher Spezialisten geführt haben (AIDA 16.11.2015; vgl. FRA 1.2017).

Medizinische Spezialbehandlung für Traumatisierte und Folteropfer kann durch einige Spezialisten und Therapeuten in verschiedenen Behandlungszentren für Folteropfer gewährleistet werden. Da die Plätze in diesen Zentren begrenzt sind, ist der Zugang nicht immer garantiert. Da die Behandlungskosten von den Behörden nur teilweise übernommen werden (Übersetzerkosten werden etwa nicht gedeckt), sind die Zentren zu einem gewissen Grad auf Spenden angewiesen. Große geographische Distanzen zwischen Unterbringung und Behandlungszentrum sind in der Praxis auch oft ein Problem (AIDA 16.11.2015).

Quellen:

-

AIDA – Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 3.2.2017

-

BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016a):

Unbegleitete Minderjährige,

http://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/UnbegleiteteMinderjaehrige/unbegleitete-minderjaehrige-node.html, Zugriff 26.1.2017

-

BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (31.12.2016):

Unbegleitete Minderjährige (UM), http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Asyl/um-zahlen-entwicklung.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 26.1.2017

-

BR – Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland (26.10.2015):

Effektive Verfahren, frühe Integration, http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/10/2015-10-15-asyl-fluechtlingspolitik.html, Zugriff 3.2.2017

-

FRA – European Union Agency for Fundamental Rights (1.2017):

Monthly data collection: January 2017, http://fra.europa.eu/en/theme/asylum-migration-borders/overviews/january-2017, Zugriff 3.2.2017

-

IAM – Informationsverbund Asyl und Migration (30.5.2016): Die Rechte und Pflichten von Asylsuchenden. Aufenthalt, soziale Rechte und Arbeitsmarktzugang während des Asylverfahrens, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1464681466_basisinf-3-160415fin.pdf, Zugriff 26.1.2017

4. Non-Refoulement

Im Oktober 2015 wurden Albanien, Montenegro und Kosovo der Liste sicherer Herkunftsstaaten hinzugefügt, was auch Kritik hervorrief, besonders im Hinblick auf Personen aus der Gruppe der Roma. Deutschland gewährt Personen, die sich nicht für internationalen Schutz qualifizieren mitunter auch subsidiären oder humanitären Schutz. Freiwilligen Rückkehrern wird Hilfe gewährt (USDOS 13.4.2016).

Kann weder Asyl noch Flüchtlingsschutz gewährt werden, dann prüft das BAMF im Asylverfahren auch, ob subsidiärer Schutz gewährt wird oder ein Abschiebungsverbot vorliegt. Außerhalb eines Asylverfahrens werden mögliche Abschiebungsverbote durch die zuständige Ausländerbehörde, die eine fachliche Stellungnahme des BAMF einholt, geprüft (BMdI o.D.).

Quellen:

-

BMdI – Bundesministerium des Innern (o.D.): Asyl- und Flüchtlingspolitik in Deutschland, http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Migration-Integration/Asyl-Fluechtlingsschutz/Asyl-Fluechtlingspolitik/asyl-fluechtlingspolitik_node.html, Zugriff 1.2.2017

-

USDOS – US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Germany, http://www.ecoi.net/local_link/322521/461998_de.html, Zugriff 1.2.2017

5. Versorgung

Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen erhalten AW Verpflegung, Unterkunft, Krankenversorgung und Verbrauchsartikel. Der notwendige Bedarf wird durch Sachleistungen gedeckt. Wenn das nicht möglich ist werden Wertgutscheine oder ähnliches bis hin zu Geldleistungen gewährt. Werden alle notwendigen persönlichen Bedarfe durch Geldleistungen gedeckt, so beträgt der Geldbetrag zur Deckung aller notwendigen persönlichen Bedarfe monatlich:

Bezieher

Betrag

Für alleinstehende Leistungsberechtigte

135 €

Für zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen

je 122 €

Für weitere erwachsene Leistungsberechtigte ohne eigenen Haushalt

je 108 €

Für sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres

76 €

Für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres

83 €

leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres

79 €

Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen werden vorrangig Geldleistungen gewährt. Der notwendige Bedarf beträgt monatlich:

Bezieher

Betrag

Für alleinstehende Leistungsberechtigte

216 €

Für zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen

je 194 €

Für weitere erwachsene Leistungsberechtigte ohne eigenen Haushalt

je 174 €

Für sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres

198 €

Für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres

157 €

leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres

133 €

Anstelle der Geldleistungen können auch Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, Wertgutscheinen oder Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat wird gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Es gibt Leistungen für Bildung etc. (AsylbLG 23.12.2016, §3).

In Deutschland gibt es grundsätzlich 3 verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist Ländersache. In den Jahren 2014 und 2015 waren aufgrund der zahlreichen Migranten auch Notunterkünfte gebräuchlich (AIDA 16.11.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Zum Teil sind Notunterkünfte immer noch in Verwendung (Pro Asyl 10.1.2017).

Asylwerber müssen bis zu 6 Monate in den Erstaufnahmezentren bleiben. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, werden AW normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, das sind generell Unterbringungszentren im selben Bundesland. AW müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen (AIDA 16.11.2015; vgl. auch BAMF 10.2016)

Deutschland verfügt mittlerweile bundesweit über 24 Ankunftszentren. Dort werden viele, bis dahin auf mehrere Stationen verteilte Schritte im Asylverfahren, gebündelt. Nach Möglichkeit findet das gesamte Asylverfahren unter dem Dach des Ankunftszentrums statt - von der ärztlichen Untersuchung, über die Aufnahme der persönlichen Daten und der Identitätsprüfung, der Antragstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Bei Menschen mit sehr guter Bleibeperspektive sowie Antragstellenden aus sicheren Herkunftsländern mit eher geringen Bleibeaussichten kann in der Regel vor Ort innerhalb von 48 Stunden angehört und über den Asylantrag entschieden werden (BAMF o.D,a). Neben der Bearbeitung von neuen Anträgen, werden in den Ankunftszentren seit Sommer 2016 auch ältere Verfahren bearbeitet und Anhörungen durchgeführt. Somit werden die BAMF-Außenstellen in der jeweiligen Region entlastet. Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Sie erhalten ebenfalls eine Beratung zum möglichen Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Bundesagentur für Arbeit (BAMF 1.8.2016b).

Quellen:

-

AIDA – Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 10.01.2017

-

AsylbLG – Asylbewerberleistungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), das durch

Artikel 20 Absatz 6 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3324) geändert worden ist (23.12.2016): § 3 Grundleistungen, https://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/BJNR107410993.html, Zugriff 2.2.2017

-

BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2016): Ablauf des deutschen Asylverfahrens,

http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 2.2.2017

-

BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a):

Ankunftszentren,

http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Aufbau/Standorte/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 2.2.2017

-

BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016b):

Ankunftszentren,

http://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 2.2.2017

-

Pro Asyl (10.1.2017): Ein Leben ohne Privatsphäre? Sammelunterbringung darf nicht zum Dauerzustand werden, https://www.proasyl.de/news/ein-leben-ohne-privatsphaere-sammelunterbringung-darf-nicht-zum-dauerzustand-werden/, Zugriff 2.2.2017

-

USDOS – US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Germany, http://www.ecoi.net/local_link/322521/461998_de.html, Zugriff 1.2.2017

5.1. Medizinische Versorgung

NGOs kritisieren dass die medizinische Versorgung von Asylwerbern nur bei akuten Erkrankungen oder Schmerzen kostenlos ist. Einige Gemeinden und private Gruppen initiierten zusätzliche Gesundheitsprojekte. Einige Bundesländer stellen Krankenversicherungskarten zur Verfügung (USDOS 13.4.2016).

Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für AW in Fällen akuter Erkrankung oder Schmerzen vor, welche Behandlung (auch Zahnbehandlung), Medikation etc. umfasst. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Krankenscheine bekommen AW beim medizinischen Personal der Erstaufnahmeeinrichtung oder später auf dem zuständigen Sozialamt. Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die – aus welchen Gründen auch immer - kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Nach 15 Leistungsmonaten im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes haben AW Zugang zu Versorgung nach dem Sozialgesetzbuch. Das beinhaltet auch Zugang zu Gesundheitsversorgung nach denselben Bedingungen wie für deutsche Staatsbürger (AIDA 16.11.2015).

Deutschland garantiert allen AW ein Mindestmaß an Gesundheitsversorgung. Das gilt auch für zurückgewiesene AW bis zum Tag ihres Transfers. Die Bundesländer können autonom die elektronische Gesundheitskarte für Asylwerber einführen. Die gesetzlichen Krankenkassen können demnach von den Ländern verpflichtet werden, gegen Kostenerstattung die Krankenbehandlungen bei Asylwerbern zu übernehmen. Der Leistungsumfang und die Finanzierung der medizinischen Versorgung erfolgt unverändert im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes (BMdI 29.9.2015; vgl. BMG 3.11.2015).

Die medizinische Versorgung von Asylwerbern ist zwischen den verschiedenen Kommunen und Bundesländern unterschiedlich organisiert. Während in manchen Ländern fast alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Antragsteller zur Verfügung stehen, muss in anderen Ländern vor vielen Untersuchungen beim Amt um Kostenübernahme angefragt werden. In dringenden Notfällen dürfen Ärzte immer behandeln, unabhängig von den Papieren. Meistens aber müssen Asylsuchende ins zuständige Sozialamt, bevor sie einen Arzt aufsuchen dürfen. Dort erhalten sie einen Behandlungsschein, mit dessen Hilfe Ärzte ihre Kosten abrechnen können. Hinzu kommt, dass der Behandlungsschein in manchen Kommunen nur für den Hausarzt gültig ist. Wollen die Betroffenen zum Facharzt, müssen sie vor jeder Überweisung die Zustimmung des Amts einholen. In manchen Ländern erhalten Asylwerber eine elektronische Gesundheitskarte einer Krankenkasse, mit der sie direkt zum Arzt gehen können. Die Krankenkasse organisiert nur die medizinische Versorgung der Antragsteller, die Kosten tragen trotzdem die Behörden. Wenn Asylwerber länger als 15 Monate in Deutschland sind, können sie sich eine gesetzliche Krankenversicherung aussuchen, die Behörden bezahlen die Beiträge. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. freiwillige Zusatzleistungen der Krankenkassen) werden sie dann behandelt wie alle gesetzlich Versicherten. Erst wenn die Antragsteller eine Arbeit finden und selbst einzahlen, klinkt sich der Staat aus ihrer medizinischen Versorgung aus (SO 22.3.2016; vgl. BMG 6.2016).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 10.01.2017

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BMdI – Bundesministerium des Innern (29.9.2015): Änderung und Beschleunigung von Asylverfahren beschlossen, http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2015/09/kabinett-beschliesst-asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.html, Zugriff 3.2.2017

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BMG – Bundesministerium für Gesundheit (3.11.2015): Verbesserung der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, http://www.bmg.bund.de/ministerium/meldungen/2015/asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.html, Zugriff 3.2.2017

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BMG – Bundesministerium für Gesundheit (6.2016): Ratgeber Gesundheit für Asylwerber in Deutschland, http://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Broschueren/Ratgeber_Asylsuchende_DE_web.pdf, Zugriff 3.2.2017

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SO – Spiegel Online (22.3.2016): So werden Flüchtlinge medizinisch versorgt,

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/fluechtlinge-so-laeuft-die-medizinische-versorgung-a-1081702.html, Zugriff 3.2.2017

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USDOS – US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Germany, http://www.ecoi.net/local_link/322521/461998_de.html, Zugriff 1.2.2017

Die Anträge auf internationalen Schutz seien zurückzuweisen, weil gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO Deutschland für die Prüfung der Anträge zuständig sei. Es könne nicht festgestellt werden, die Beschwerdeführer an lebensbedrohenden Krankheiten leiden würden. Bezüglich der Angaben der Zweitbeschwerdeführerin, dass sie Schmerzen im Nackenbereich, Probleme mit der Schilddrüse und psychische Probleme hätte, werde angeführt, dass aus der Aktenlage nicht ersichtlich sei, dass diese Probleme von lebensbedrohlichem Charakter wären. Wie sie selbst angeführt habe, habe sie vom Arzt lediglich Medikamente bekommen, eine stationäre Betreuung sei medizinisch nicht notwendig.

Im gegenständlichen Fall handle es sich um ein Familienverfahren und es habe sich für sämtliche Beschwerdeführer dieselbe aufenthaltsbeendende Maßnahme ergeben. Durch die Außerlandesbringung der gesamten Familie aus Österreich nach Deutschland bleibe die Einheit der Familie gewahrt, die getroffene Entscheidung würde demnach keinen Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens darstellen. Bezüglich der Angaben des Erstbeschwerdeführers, dass sein volljähriger Bruder und ein Cousin in Österreich leben würden, werde angeführt, dass zwar ein familiäres Verhältnis zwischen erwachsenen Verwandten vorliege, doch nichts darauf hindeute, dass ein Abhängigkeitsverhältnis (besondere Hilfsbedürftigkeit bzw. besondere Pflegebedürftigkeit) vorliege. Es liege auch kein gemeinsamer Haushalt vor und es habe -außer telefonisch - seit 13 Jahren keine persönlichen Kontakte gegeben.

Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Parteien ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

Die Bescheide wurden den Beschwerdeführern nachweislich am 11.10.2017 durch persönliche Ausfolgung zugestellt.

3. Die Zweitbeschwerdeführerin hat für sich und die minderjährigen Beschwerdeführer einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe gestellt.

4. Gegen die Bescheide richten sich die fristgerecht eingebrachten Beschwerden, mit denen der Antrag auf aufschiebende Wirkung verbunden wurde. Die Zweitbeschwerdeführerin verweist auf ihr Vorbringen bei den Einvernahmen und bringt für sich und ihre Kinder vor, sie wolle nicht nach Deutschland zurückkehren, sie fürchte, dort kein ordentliches Verfahren mehr zu bekommen, weil sie schon eine negative Entscheidung erhalten habe. Außerdem habe sie sich und ihre minderjährigen Kinder bereits zur freiwilligen Rückkehr in den Libanon angemeldet und würde lieber direkt ins Heimatland zurückkehren.

Der Erstbeschwerdeführerin verweist ebenfalls auf seine Angaben bei den Einvernahmen und gibt ergänzend folgendes an: Nunmehr werde angeführt, dass der Erstbeschwerdeführer mit der syrischen Staatsangehörigen XXXX nach islamischem Recht verheiratet sei und diese in Österreich eine Aufenthaltsberechtigung besitze. XXXX wohne an einer namentlich genannten Adresse in Österreich, sie sei psychisch krank und auf die Unterstützung ihres Mannes angewiesen. Eine Kopie der Heiratsbestätigung sowie der Scheidungsurkunde von der Zweitbeschwerdeführerin werde vorgelegt. Der Erstbeschwerdeführer habe das deshalb bisher nicht vorgebracht, weil er nicht gewollt habe, dass seine Kinder davon erfahren würden. Nun habe sich die Situation aber geändert und die geschiedene Frau und die Kinder hätten die freiwillige Rückkehr beantragt. Auch sei die jetzige Ehefrau des Erstbeschwerdeführers aufgrund der unsicheren Lage des Erstbeschwerdeführers bisher dagegen gewesen, die Ehe offiziell bekanntzugeben. Nun würden sie aber endlich richtig zusammen leben können. Im Falle seiner Überstellung nach Deutschland würde das Familienleben praktisch unmöglich gemacht werden, was eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würde.

Der Beschwerde wurde eine islamische Heiratsurkunde einer österreichischen islamischen Glaubensgemeinschaft mit Registrierungsdatum XXXX beigelegt.

Weiters ist ein persönliches Empfehlungsschreiben von Frau XXXX beigeschlossen, in dem angeführt ist, sie wohne alleine und sei krank und es sei sehr schwer für sie, alleine zu wohnen. Daher wünsche sie sich, dass der Erstbeschwerdeführer bei ihr in Österreich bleibe.

5. Mit Schreiben vom 08.11.2017 teilte die Rückkehrbetreuerin der Zweitbeschwerdeführerin dem BFA mit, dass die Zweitbeschwerdeführerin und die beiden Kinder untergetaucht seien. Es werde ersucht, das Verfahren für die freiwillige Rückkehr zu widerrufen.

Seit 30.10.2017 (bis zu seinem Untertauchen am 19.11.2017) wohnte der Erstbeschwerdeführer von seiner Familie getrennt in einer anderen Grundversorgungseinrichtung.

Eine Einsichtnahme in GVS und ZMR vom 21.11.2017 ergibt zu keinem Beschwerdeführer eine aktuelle Meldeadresse.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Libanon, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind geschieden und Eltern des minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführers. Die Zweitbeschwerdeführerin ist die gesetzliche Vertreterin der beiden Kinder. Sie gelangten gemeinsam illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellten – die Kinder vertreten durch ihre Mutter – am 04.09.2017 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

Ein vom Erstbeschwerdeführer am 02.12.2013 sowie den übrigen Beschwerdeführern am 20.04.2015 in Deutschland gestellter Antrag auf internationalen Schutz wurde in der Zwischenzeit von den deutschen Asylbehörden abgelehnt.

Das BFA richtete am 07.09.2017 jeweils ein den Erstbeschwerdeführer und ein die übrigen Beschwerdeführer betreffendes, auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Deutschland, dem die deutschen Behörden mit zwei Schreiben vom 13.09.2017 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO betreffend alle Beschwerdeführer ausdrücklich zustimmten.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Deutschland an.

Konkrete, in den Personen der beschwerdeführenden Parteien gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Die Beschwerdeführer leiden an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen. Die Zweitbeschwerdeführerin leidet an Schmerzen im Nackenbereich, hat Probleme mit der Schilddrüse sowie psychische Probleme, ihr wurden vom Arzt entsprechende handelsübliche Sc

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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