TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/21 W175 2167707-1

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Veröffentlicht am 21.11.2017
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Entscheidungsdatum

21.11.2017

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W175 2167714-1/7E

W175 2167678-1/7E

W175 2167707-1/7E

W175 2167711-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. NEUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX ,

2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2017, Zlen. 1.) 1145404708-170310252, 2.) 1145404806-170310244, 3.) 1145404501-170310279 und 4.) 1145404610-170310287, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet

abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide rechtmäßig war.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer (in weiterer Folge: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (in weiterer Folge: BF2) sind Ehegatten; der

minderjährige Drittbeschwerdeführer (in weiterer Folge: BF3) und die

minderjährige Viertbeschwerdeführer (in weiterer Folge: BF4) sind ihre beiden gemeinsamen Kinder. Am 11.03.2017 stellten die BF die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Laut den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen stellten die BF bereits im September 2016 einen Asylantrag in Deutschland (DE1 14.09.2016). Zudem waren der BF1, die BF2 und die BF4 im Besitz eines vom 05.09.2016 bis zum 28.09.2016 und der BF3 im Besitz eines vom 05.09.2016 bis zum 01.10.2016 gültigen tschechischen Visums.

Im Verlauf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 11.03.2017 brachte der BF1 vor, eine Nebenhöhlenentzündung und Kopfschmerzen zu haben, der Einvernahme aber folgen zu können. Am 05.09.2016 habe er seine Heimat gemeinsam mit seiner Familie verlassen. Sie seien von Armenien über Griechenland nach Tschechien geflogen und weiter über Deutschland nach Österreich gereist. In Griechenland und Tschechien seien sie nur auf der Durchreise gewesen. In Deutschland, wo sie um Asyl angesucht hätten, sei es sehr gut gewesen. Da sie aber eine negative Entscheidung erhalten hätten, hätten sie nicht mehr in Deutschland bleiben können, andernfalls sie nach Tschechien und in weiterer Folge in ihre Heimat zurückgeschickt worden wären. Der BF1 gab weiters an, dass seine Frau in der Heimat politische Aktivistin gegen die amtierende Regierung gewesen und dadurch in Schwierigkeiten geraten sei; sie habe seither psychische Probleme; es gebe darüber auch Aufzeichnungen aus Deutschland. Der BF1 legte noch das Schreiben eines deutschen katholischen Pfarramtes vor, welches sich für einen Verbleib der BF in Deutschland aussprach.

Die BF2 machte in der Erstbefragung im Wesentlichen gleichlautende Angaben zum Reiseweg wie der BF1. Hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes räumte sie ein, psychische Probleme zu haben und dagegen Medikamente einnehmen zu müssen. Sie habe auch Bestätigungen von deutschen Ärzten darüber. In Deutschland sei es generell sehr gut gewesen, weil die BF2 dort eine ärztliche Unterstützung in Hinblick auf ihre gesundheitlichen Probleme bekommen habe. Ihr Sohn sei in Deutschland auch wegen psychischer Probleme in Behandlung gewesen. Die BF hätten dort jedoch nicht bleiben können, da man sie aufgrund der negativen Entscheidung in ihrem Asylverfahren nach Tschechien habe zurückschicken wollen und die BF Angst vor einer weiteren Abschiebung nach Armenien gehabt hätten.

Die von der BF2 in Vorlage gebrachten ärztlichen Schreiben aus Deutschland bestätigen im Wesentlichen die von ihr thematisierten psychischen Probleme, welche in Deutschland medikamentös behandelt wurden. Insbesondere wurden bei ihr folgende Diagnosen in Deutschland gestellt: F45.0; F41.2; chronisches Schmerzsyndrom; rez. depressive Episoden; Verdacht auf PTBS. Ebenso wurde bei ihr eine Gastritis festgestellt, welche mit PPI behandelt wurde.

Nachdem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: BFA) ein Konsultationsverfahren mit Tschechien gem. der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: "Dublin III-VO") einleitete, stimmten die tschechischen Behörden mit Schreiben vom 19.04.2017 gemäß Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO ausdrücklich zu, die BF aufzunehmen.

Am 16.05.2017 erfolgte, in Anwesenheit einer Rechtsberaterin und nach durchgeführter Rechtsberatung, die niederschriftliche Einvernahme des BF1 und der BF2 vor dem BFA.

Hierbei gab der BF1 an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren. Er leide aber unter einer Nasennebenhöhlenentzündung und ständigen Kopfschmerzen. Zudem nehme er Medikamente gegen seine Schlafstörungen und Schmerzen in der Blase. Vor 10 Tagen sei er bereits bei einem Urologen gewesen; den nächsten Termin habe er im Juni. Sein Sohn leide unter Epilepsie und allergischem Asthma, weshalb er bei einem Arzt gewesen sei und Medikamente nehme. Seine Tochter sei vor zwei Jahren wegen Polypen operiert worden und habe jetzt einen Nasenspray; ansonsten sei sie aber gesund. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes seiner Frau gab der BF1 an, dass sie unter Migräne und einem Magengeschwür leiden würde. Aufgrund nervlicher Probleme habe sie auch einen Termin beim Neurologen; sie habe Angst vor Polizisten bzw. einer möglichen Abschiebung. Abgesehen von den mitgereisten Familienangehörigen gebe es keine weiteren Verwandten in Österreich. Über Vorhalt der beabsichtigten Überstellung nach Tschechien räumte der BF1 ein, bei einer Rückkehr dorthin Angst vor einer Überstellung nach Armenien zu haben, wo die BF Probleme gehabt hätten. Die BF hätten ein tschechisches Visum gehabt und sich 8 Tage lang in einem Hotel in Prag aufgehalten.

Der BF1 legte eine (undatierte und ohne Adressaten bezeichnete) Terminbestätigung für eine Untersuchung beim Urologen am 25.07.2017 vor.

Die BF2 gab im Rahmen der Einvernahme vom 16.05.2017 an, wegen ihrer psychischen Probleme in Behandlung zu sein und Medikamente zu nehmen. Zudem habe sie hohen Blutdruck, den sie mit Tropfen behandeln solle. Den nächsten Arzttermin habe sie im Juni. Ihrem Sohn gehe es ebenfalls nicht so gut. Er leide unter Epilepsie, allergischem Asthma und habe auch schon mehrere Operationen wegen der Epilepsie hinter sich. So habe er eine Gastroskopie gehabt und sei auch eine Computertomographie des Kopfes in Armenien durchgeführt worden. Ihre Tochter verwende nur einen Nasenspray wegen Polypen; sie sei in Armenien operiert worden. Was ihren Mann anbelange, so habe dieser einen Arzttermin wegen der Bauchspeicheldrüse. Er nehme Medikamente wegen Nerven und für den Unterleib. Nachdem der BF2 die beabsichtigte Überstellung nach Tschechien mitgeteilt wurde, gab sie an, nicht dorthin zurückkehren zu wollen, da sie nicht nach Armenien abgeschoben werden wolle. Sie habe sich in Tschechien 8 bis 9 Tage in einem Hotel aufgehalten. Am Ende der Einvernahme beantragte die anwesende Rechtsberaterin eine PSY-III-Untersuchung in Hinblick auf die psychischen Probleme der BF2; sowohl sie auch ihr Sohn würden in ärztlicher Behandlung stehen und hätten im Juni weitere Untersuchungstermine.

Am 31.05.2017 wurde die BF2 einer ärztlichen Untersuchung unterzogen, wobei in der gutachterlichen Stellungnahme vom 07.06.2017 folgendes Ergebnis festgehalten wurde: "Zur Zeit der Befundaufnahme würden sich Symptome als Reaktion auf belastende Ereignisse oder zu erwartende unerwünschte Handlungen (Abschiebung) finden. Diese könnten als reaktive depressive Störung (Anpassungsstörung, F43.2) aufgefasst werden. Weiters dürfte ein migräneartiger Kopfschmerz – ev. auch als belastungsabhängiges depressives Äquivalent – bestehen. Für eine andere Störung bestehe derzeit kein Hinweis." Es gebe auch keine Hinweise für eine akute Suizidalität. Zudem wurden weder therapeutische noch medizinische Maßnahmen angeraten. Zuletzt wurde noch festgehalten, dass eine Verschlechterung des psychischen und physischen Zustandes bei einer Überstellung nicht sicher auszuschließen sei, jedoch derzeit keine akute Suizidalität bestehe, wobei Affekthandlungen niemals auszuschließen seien.

Zudem sind noch folgende ärztliche Unterlagen die BF2 betreffend im Akt aufliegend:

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eine Ambulanzkarte vom 25.03.2017, wonach bei der BF2 Migräne diagnostiziert wurde;

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ein Befundbericht vom 24.04.2017, wonach die BF2 wegen UB-Schmerzen vorstellig geworden sei und bei ihr die Diagnose "Fluor. vag." gestellt wurde;

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die Ambulanzkarte eines Landesklinikums über einen am 10.06.2017 verzeichneten Unfall bzw. Verletzung der linken Hand; die Verletzung sei entsprechend behandelt worden (Reinigung, Desinfektion, Wundversorgung, Sit Naht), wobei am 12.06.2017 eine Wundkontrolle erfolgen solle; die Diagnose lautet: "Vuln. sciss. reg. dist. rad. sin.";

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ein handschriftlich verfasster, schwer leserlicher vorläufiger Arztbrief, welcher der BF2 psychische Probleme attestiert;

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eine fachärztliche Stellungnahme vom 14.06.2017, wonach sich die BF2 seit 12.06. an einer sozialpsychiatrischen Abteilung in stationärer Behandlung befinde;

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ein ärztlicher Entlassungsbrief vom 19.06.2017 mit folgenden Diagnosen: "Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1);

Somatisierungsstörung (F45.0); Z.n. Schnittverletzung am distalen Unterarm beugeseitig bds. und am rechten Innenknöchel; latente Hypothyreose dzt. nicht therapiepflichtig; die BF war vom 12.06.2017 bis zum 19.06.2017 stationär aufhältig und wurde am 19.06.2017 nach eigenem Wunsch entlassen, wobei sie zum Zeitpunkt der Entlassung akute und aktuelle Suizidgedanken negiert habe, jedoch mit Suizid nach einer eventuellen Abschiebung gedroht habe; ihr wurden u.a. eine engmaschige fachärztliche Betreuung und Psychotherapie sowie entsprechende ärztliche Kontrollen und der Umzug in eine kleinere familiäre Einrichtung empfohlen;

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ein Ambulanzprotokoll vom 26.06.2017 mit den folgenden Diagnosen "Emesis; Antrumgastritis; diskrete Refluxösophagitis;

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ein ärztlicher Entlassungsbrief vom 14.07.2017, wonach die BF2 (nach dem letzten stationären Aufenthalt vom 12.06. bis zum 19.06.2017) ohne Vorankündigung mit der Rettung in die psychiatrische Ambulanz gekommen sei; sie sei graduell ruhiger, affektiv relativ stabil und von akuter Suizidalität distanziert gewesen, aber mit ständigen Flashbacks und Albträumen; sie war vom 27.06.2017 bis zum 14.07.2017 stationär aufhältig und wurde am 14.07.2017 auf eigenen Wunsch entlassen, wobei sie zum Zeitpunkt der Entlassung akute und aktuelle Suizidgedanken negiert habe, jedoch mit Suizid nach eventueller Abschiebung gedroht habe; ihr sei u.a. eine engmaschige fachärztliche und psychotherapeutische Betreuung sowie eine Sonderbetreuungsstelle dringend empfohlen worden; die Diagnosen bei der Entlassung lauteten wie folgt: "PTBS (F43.1);

Somatisierungsstörung (F45.0); Antrumgastritis; latente Hypothyreose; superfizielle Thrombophlebitis am rechten Oberschenkel";

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das Schreiben eines psychosozialen Dienstes vom 20.07.2017, wonach bei der BF2 Schlafstörungen, Suizidgedanken und Ängste zugenommen hätten; nachdem sie eine Überforderung und Kontrollverlust im ambulanten Setting beschrieben habe, werde eine neuerliche stationäre Aufnahme von ihr erbeten;

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ein ärztlicher Entlassungsbrief vom 24.07.2017, wonach die BF2 wegen Verschlechterung bei bek. PTSD zur neuerlichen Aufnahme gekommen und vom 20.07.2017 bis zum 24.07.2017 stationär aufhältig gewesen sei; die Diagnosen bei der Entlassung lauteten wie folgt:

"PTBS (F43.1); Somatisierungsstörung (F45.0); Antrumgastritis; latente Hypothyreose; superfizielle Thrombophlebitis am rechten Oberschenkel; Obstipatio"

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einige Überweisungsschreiben und ärztliche Schreiben aus Deutschland

Hinsichtlich des BF3 wurden ebenso einige ärztliche Unterlagen in Vorlage gebracht (es handelt sich hierbei um eine Kopie einer handschriftlichen Zusammenfassung der Krankengeschichte aus Deutschland vom 22.11.2016 sowie Befunde vom 20.04.2017 und 10.05.2017), aus welchen sein Epilepsieleiden ersichtlich wird.

Mit den angefochtenen Bescheiden vom 27.07.2017 wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Tschechien für die Prüfung ihrer Anträge gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Tschechien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Tschechien wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (MVCR 19.8.2014a; vgl. MVCR o.D.a; MVCR o.D.b; für weitere Informationen siehe dieselben Quellen)Quellen:

-

Eurostat (19.3.2015): Data in focus 3/2015, http://ec.europa.eu/eurostat/documents/4168041/6742650/KS-QA-15-003-EN-N.pdf/b7786ec9-1ad6-4720-8a1d-430fcfc55018, Zugriff 30.6.2016

-

Eurostat (3.3.2016a): Statistics explained, File: Asylum applicants (including first time asylum applicants), Q4 2014 – Q4 2015.png,

http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Asylum_applicants_(including_first_time_asylum_applicants),_Q4_2014_%E2%80%93_Q4_2015.png, Zugriff 31.3.2016

-

Eurostat (18.9.2015a): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 1st quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_1st_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016

-

Eurostat (18.9.2015b): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 2nd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_2nd_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016

-

Eurostat (10.12.2015): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 3rd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_3rd_quarter_2015.png, Zugriff 22.2.2016

-

Eurostat (3.3.2016b): Statistics explained, File: First instance decisions by outcome and recognition rates, 4th quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_4th_quarter_2015.png, Zugriff 31.3.2016

-

MVCR - Tschechisches Innenministerium (19.8.2014a): Procedure for Granting International Protection in the Czech Republic, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/procedure-for-granting-international-protection-in-the-czech-republic.aspx, Zugriff 16.8.2016

-

MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.a): Course of administrative proceedings for granting international protection, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/course-of-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 16.8.2016

-

MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.b): Court review of actions and cassation complaints filed against decisions issued during administrative proceedings for granting international protection,

http://www.mvcr.cz/mvcren/article/court-review-of-actions-and-cassation-complaints-filed-against-decisions-issued-during-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 16.8.2016

Dublin-Rückkehrer

Dublin-Rückkehrer haben Zugang zum Asylverfahren. Wenn ein vorheriges Asylverfahren eingestellt wurde weil sich der Antragsteller dem Verfahren entzogen hat (z.B. Nichterscheinen zum Interview), wird ein neuer Antrag inhaltlich behandelt. Wenn ein Rückkehrer bereits eine inhaltlich negative Asylentscheidung in der Tschechischen Republik erhalten hat, muss ein Folgeantrag neue Elemente enthalten um zulässig zu sein. Dublin-Rückkehrer haben denselben Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung und Unterbringung wie andere Antragsteller (MVCR 16.8.2016).

Quellen:

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MVCR – Tschechisches Innenministerium (16.8.2016), per E-Mail

Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Unbegleitete Minderjährige (UMA) müssen während des Verfahrens von einem Vormund vertreten werden (MVCR o.D.a). In der Tschechischen Republik gibt es 4 Arten von Vormunden: den Verfahrensvormund, den Vormund für den Aufenthalt, den Vormund für die Ausweisung und den Vormund für die Haft. In der Praxis ist das immer dieselbe Person, üblicherweise ein Anwalt der NGO Organizace pro pomoc uprchlík?m (OPU) (FTDA 2012).

In der Tschechischen Republik werden spezielle Bedürfnisse von vulnerablen AW im Interview erhoben. Als Vulnerable gelten UMA, Kinder mit speziellen Bedürfnissen, Opfer von Menschenhandel, Personen mit medizinischen oder psychologischen Bedürfnissen/Traumatisierte und Menschen mit erhöhtem Sicherheitsbedürfnis. UMA und Vulnerable werden in eigenen Bereichen der Zentren, getrennt von anderen AW untergebracht (EMN 2014).Quellen:

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EMN - European Migration Network (2014): The Organisation of Reception Facilities for Asylum Seekers in different Member States (veröffentlicht von Europäische Kommission), http://www.emnbelgium.be/sites/default/files/publications/emn_organisation_of_reception_facilities_january_2014_3.pdf, Zugriff 16.8.2016

-

FTDA - France terre d’asile (2012): Le droit d’asile des mineurs isolés étrangers dans l’Union Européenne. Etude comparative dans les 27 pays de l’UE

-

MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.a): Course of administrative proceedings for granting international protection, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/course-of-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 16.8.2016

Non-Refoulement

Personen, welche die Bedingungen für internationalen Schutz nicht erfüllen, aber wegen eines Risikos ernster Gefährdung nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, können subsidiären Schutz erhalten (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Czech Republic, https://www.ecoi.net/local_link/322586/462063_de.html, Zugriff 16.8.2016

Versorgung

Die Tschechische Republik verfügt zur Unterbringung von Asylwerbern über Empfangszentren, Unterbringungszentren und Integrationsasylzentren. Sie alle unterstehen dem tschechischen Innenministerium und werden von der Refugee Facility Administration verwaltet. Zuerst kommen Antragsteller in ein geschlossenes Reception Center (ReC). ReC gibt es in Zastávka u Brna und am Flughafen Prag Ruzyn?. Der Aufenthalt dort ist verpflichtend, es erfolgen Maßnahmen zur Identitätsfeststellung und eine medizinische Untersuchung. Weiters gibt es dort soziale und psychologische Dienste, Workshops etc. Danach kommen AW bis zum rechtskräftigen Ende ihres Verfahrens in ein offenes Residential Center (RC). Sie haben das Recht auf Unterkunft, Verpflegung usw., sowie ein Taschengeld. Sozialarbeit hat einen hohen Stellenwert. Wenn AW über Finanzmittel über dem Existenzminimum verfügen, müssen sie sich an den Kosten für Unterkunft und Essen beteiligen. Besondere Aufmerksamkeit wird Vulnerablen gewidmet (UMA; alleinstehende Frauen mit Kindern; Behinderte; Opfer von physischer oder psychologischer Gewalt). AW haben unter bestimmten Voraussetzungen das Recht auch außerhalb des Unterbringungszentrums privat zu wohnen. AW können dann auch, wiederum unter bestimmten Bedingungen, für 3 Monate finanzielle Zuwendungen erhalten. RC gibt es in folgenden Gemeinden:

Kostelec nad Orlicí und Haví?ov (MVCR 19.8.2014b; vgl. RFA o.D.).

Die Höhe des Taschengeldes liegt in den Zentren in denen Essen bereitgestellt wird, bei 1,20 Euro pro Person und Tag. In den Zentren in denen selbst gekocht werden kann, liegt sie bei 4,50 Euro. Die Qualität der Unterbringung wird alle 6 Monate kontrolliert. Unabhängige Überprüfungen durch den Ombudsmann sowie das Gesundheitsamt sind möglich. Tschechien verfügt über etwa 673 Unterbringungsplätze, inklusive jener für Vulnerable und UMA. In den Empfangszentren gibt es Büchereien, Interneträume, Sportplätze, Gelegenheiten zur künstlerischen, handwerklichen und musischen Betätigung, Bereiche für Kinder und Basis-Sprachkurse. In den Unterbringungszentren, welche offene Institutionen sind, gibt es zusätzlich Möglichkeiten außerhalb der Zentren, wie etwa Ausflüge. Nach Ablauf eines Jahres ab Antragstellung, haben AW legalen Zugang zum Arbeitsmarkt (EMN 2014).

Es gibt darüber hinaus noch eine Schubhafteinrichtung in B?lá pod Bezd?zem (RFA o.D.).

Quellen:

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EMN - European Migration Network (2014): The Organisation of Reception Facilities for Asylum Seekers in different Member States (veröffentlicht von Europäische Kommission), http://www.emnbelgium.be/sites/default/files/publications/emn_organisation_of_reception_facilities_january_2014_3.pdf, Zugriff 16.8.2016

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MVCR - Tschechisches Innenministerium (19.8.2014b): Procedure for Granting International Protection in the Czech Republic, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/procedure-for-granting-international-protection-in-the-czech-republic.aspx?q=Y2hudW09Mw%3d%3d, Zugriff 16.8.2016

-

RFA – Refugee Facility Administration (o.D.): Asylum Centers, http://www.suz.cz/en/our-centres/what-we-do/, Zugriff 16.8.2016

Medizinische Versorgung

AW genießen die Leistungen des öffentlichen Krankenversicherungssystems (MVCR o.D.b).

Das tschechische Finanzministerium bezahlt die monatlichen Sozialversicherungsbeiträge für bestimmte Gruppen wirtschaftlich inaktiver Personen, darunter auch Asylwerber (HiT 2015). Quellen:

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HiT - European Observatory on Health Systems and Policies: Health Systems in Transition, Vol. 17 No. 1 2015; Czech Republic, Health system review, 2015,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1441871505_czech-hit.pdf, Zugriff 16.8.2016

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MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.b): Court review of actions and cassation complaints filed against decisions issued during administrative proceedings for granting international protection,

http://www.mvcr.cz/mvcren/article/court-review-of-actions-and-cassation-complaints-filed-against-decisions-issued-during-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 16.8.2016

Schutzberechtigte

Gemäß dem neuen staatlichen Integrationsplan vom November 2015 haben international Schutzberechtigte ein Recht auf temporäre Unterbringung, Sprachtraining und Unterstützung bei der Suche nach Arbeit und permanenter Unterkunft (USDOS 13.4.2016).

Integrationsasylzentren (Integration Asylum Centers, IAC) dienen als temporäre Unterkünfte für anerkannte Flüchtlinge, die am staatlichen Integrationsprogramm teilnehmen. Der Aufenthalt dauert max. 18 Monate und dient dem Erwerb der tschechischen Sprache und dem Finden von Arbeit und Wohnung. IAC gibt es in Brünn - Židenice, ?eská Lípa, Jarom??, und P?edlice. Mitarbeiter der Zentren und kooperierende NGOs beraten und unterstützen die Bewohner. Für den Aufenthalt in IAC wird ein gewisser Selbstbehalt eingehoben. Generell haben Asylberechtigte betreffend Zugang zum Arbeitsmarkt, soziale Wohlfahrt, Krankenversorgung und Bildung dieselben Rechte wie tschechische Bürger (MVCR 19.8.2014b; vgl. RFA o.D.).

Das staatliche Integrationsprogramm bietet anerkannten Flüchtlingen und seit 2014 auch subsidiär Schutzberechtigten Unterstützung. Die Teilnahme ist freiwillig und beginnt mit der Rechtskraft des Schutzstatus. Der Fokus liegt auf Spracherwerb (kostenloser Kurs im Ausmaß von 400 Stunden), Wohnungs- und Jobsuche. Währenddessen können die Betroffenen für 18 Monate in einem Asylintegrationszentrum bleiben. Danach kann man für 3 Monate eine Mietunterstützung erhalten. Größere Hindernisse in der Integration Fremder in Tschechien sind nicht bekannt. Ein Kritikpunkt ist lediglich, dass die 4 Asylintegrationszentren in eher strukturschwachen Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit gelegen sind (CoE 13.10.2015).

In die Umsetzung des staatlichen Integrationsprogramms sind auch NGOs eingebunden, wie etwa Counselling Centre for Integration, Association of Citizens Looking after Emigrants (SOZE), Caritas Czech Republic, Deaconry of the Evangelical Czech Brothers Church, Organisation for Aid to Refugees, Centre for Integration of Foreigners, Counseling Centre for Refugees, Association of Refugees in the Czech Republic. Diese arbeiten u.a. auf den Gebieten Unterbringung und Beschäftigung von Schutzberechtigten und erhalten staatliche Subventionen (MVCR o.D.c). Quellen:

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CoE-ECRI - Council of Europe - European Commission against Racism and Intolerance (13.10.2015): ECRI Report on the Czech Republic (fifth monitoring cycle),

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1460532419_cze-cbc-v-2015-035-eng.pdf, Zugriff 16.8.2016

-

MVCR - Tschechisches Innenministerium (19.8.2014b): Procedure for Granting International Protection in the Czech Republic, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/procedure-for-granting-international-protection-in-the-czech-republic.aspx?q=Y2hudW09Mw%3d%3d, Zugriff 16.8.2016

-

MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.c): Integration of Recognized Refugees,

http://www.mvcr.cz/mvcren/article/integration-of-recognized-refugees-913320.aspx?q=Y2hudW09NA%3d%3d, Zugriff 16.8.2016

-

RFA – Refugee Facility Administration (o.D.): Asylum Centers, http://www.suz.cz/en/our-centres/what-we-do/, Zugriff 16.8.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Czech Republic, https://www.ecoi.net/local_link/322586/462063_de.html, Zugriff 16.8.2016

Sodann wurde in den Bescheiden im Wesentlichen ausgeführt, dass aus den Angaben der BF keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass sie tatsächlich konkret Gefahr liefen, in Tschechien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihnen eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Ebenso wenig könne festgestellt werden, dass im Fall der BF schwere psychische Störungen oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen würden, sodass eine Überstellung nach Tschechien für sie unzumutbar wäre. Vor einer Überstellung werde nochmalig mit den tschechischen Behörden Kontakt aufgenommen, um eine lückenlose und unproblematische Überstellung zu gewährleisten. Die BF würden vor der Überstellung nochmalig gesundheitlich untersucht. Falls notwendig, werde auch eine medizinische Anschlussversorgung veranlasst. Bei Notwendigkeit begleite die Überstellung auch ein Arzt. Im vorliegenden Fall bestehe ein Familienleben. Sämtliche BF würden dieselbe Entscheidung erhalten bzw. sei ihr Verfahren negativ entschieden worden, da Tschechien für die Führung des Asylverfahrens zuständig sei. Es würden sich keine Verwandten der BF in Österreich befinden. Ebenso wenig bestehe eine besondere Integrationsverfestigung der BF in Österreich. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung der Dublin-III-VO sowie von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei.

Mit Schreiben vom 31.07.2017 wurden dem erkennenden Gericht die bereits vorhin angeführten medizinischen Befunde die BF2 betreffend erneut vorgelegt.

Gegen die Bescheide richtet sich die am 10.08.2017 fristgerecht eingebrachte, für alle BF gleichlautende Beschwerde. Darin wird erneut auf den schlechten Gesundheitszustand der BF2, aber auch des BF3 hingewiesen, der nach Übermittlung der Bescheide durch die Polizei eine Belastungsreaktion erlitten habe und ins Spital gebracht worden sei. Weiters wurde ausgeführt, dass das bei der BF2 eingeholte Sachverständigengutachten und die weiters im Verfahren vorgelegten Befunde zu einer unterschiedlichen Diagnose gelangen würden. Es wäre demnach Aufgabe der belangten Behörde gewesen, auszuführen, ob nun dem Gutachten oder den anderen Befunden der Vorzug gegeben werde bzw. von welchem Sachverhalt bzw. welchem Krankheitsbild nunmehr ausgegangen werde. Dies sei den angefochtenen Bescheiden nicht zweifelsfrei zu entnehmen. Gegenständlich wäre es jedenfalls erforderlich gewesen, ein Gutachten zur Frage einzuholen, ob mit der Überstellung eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der BF2 – insbesondere aufgrund einer latenten Suizidgefahr – verbunden wäre. Im Übrigen seien die von der belangten Behörde herangezogenen Länderberichte unvollständig, da etwa die Thematik der negativen Rhetorik gegenüber Flüchtlingen sowie Gewalt gegenüber Flüchtlingen gar nicht behandelt werde. Ebenso wenig werde der Umstand behandelt, dass Asylwerber in Tschechien eine Inhaftierung befürchten müssten. Im Fall der BF2 und des BF3 wäre eine Inhaftierung aufgrund ihrer psychischen Erkrankung besonders schlimm, da sich die Haftbedingungen für Personen mit psychischen Beeinträchtigungen besonders prekär darstellen würden. Abgesehen von der Inhaftierungsproblematik erscheine eine adäquate Behandlung der psychischen Erkrankungen, insbesondere der BF2, in Tschechien nicht gewährleistet. Die belangte Behörde hätte eine individuelle Zusicherung im Sinne der Judikatur des EGMR (EGMR vom 04.11.2014, Tarakhel vs Switzerland) hinsichtlich der angemessenen Unterbringung sowie medizinischen/psychologischen Versorgung und Betreuung einholen müssen, um den Vorgaben der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK Genüge zu tun. Zuletzt wurde die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zum Beweis des Umstandes, dass die Überstellung der BF2 nach Tschechien eine wesentliche und unumkehrbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes bewirken würde, beantragt.

Der Beschwerde wurden ein Ambulanzbefund vom 28.06.2017 sowie ein Arztbrief vom 27.07.2017 betreffend den BF3 beigefügt. Aus diesen geht hervor, dass der BF3 am 28.06.2017 wegen fokaler Epilepsie in der Ambulanz vorstellig geworden sei; die Beurteilung des digitalen EEG-Videomonitoringbefundes lautet wie folgt: EEG abnorm; geringe Zeichen für eine fokal erhöhte cerebrale Erregungsbereitschaft. Am 27.07.2017 wurde bei ihm wiederum eine "Hyperventilation/Belastungsreaktion" festgestellt. Ihm wurde einmalig ein Parkemed Saft gegeben und empfohlen, auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme zu achten. Bei anhaltenden oder zusätzlichen Krankheitszeichen wurde eine neuerliche Wiedervorstellung empfohlen.

Am 16.08.2017 langte ein weiterer Befund eines Facharztes für Neurologie vom 10.08.2017 die BF2 betreffend beim erkennenden Gericht ein. Aus diesem ergeben sich die Diagnosen "posttraumatische Belastungsstörung, Somatisierungsstörung, Galaktorrhoe". Die BF nehme derzeit entsprechende Medikamente und solle in erster Linie mit ihrer Familie an einen Ort verlegt werden, an dem sie relativ niederschwellig eine regelmäßige psychiatrische Behandlung bzw. psychiatrische Kontrollen erfahren könne. Bezüglich der Galaktorrhoe wurde ihre eine Kontrolle des Prolaktin Spiegels empfohlen.

Am 06.09.2017 erfolgte die Überstellung der BF nach Tschechien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF reisten über Tschechien in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und suchten am 11.03.2017 in Österreich um die Gewährung internationalen Schutzes an. Zuvor stellten sie noch am 14.09.2016 Asylanträge in Deutschland. Bei ihrer Einreise waren der BF1, die BF2 und die BF4 im Besitz eines vom 05.09.2016 bis zum 28.09.2016 und der BF3 im Besitz eines vom 05.09.2016 bis zum 01.10.2016 gültigen tschechischen Visums.

Das BFA richtete ein Aufnahmeersuchen an Tschechien, welchem die tschechischen Behörden mit Schreiben vom 19.04.2017 gemäß Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Tschechien an.

Konkrete, in der Person der BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle einer Überstellung nach Tschechien Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Die BF leiden an keinen lebensbedrohenden Erkrankungen.

Die vom BF1 vorgebrachten gesundheitlichen Beschwerden (Nebenhöhlenentzündung, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Schmerzen in der Blase) wurden durch keine medizinischen Befunde bestätigt.

Bei der BF2 wurden bereits in Deutschland psychische Probleme festgestellt. Sie war in Österreich mehrmals in ärztlicher Behandlung und erhielt Medikamente. Sie war vom 12.06.2017 bis zum 19.06.2017, vom 27.06.2017 bis zum 14.07.2017 sowie vom 20.07.2017 bis zum 24.07.2017 in stationärer Behandlung. Zusammengefasst wurden bei ihr folgende Diagnosen gestellt: "Migräne; Fluor. vag.; Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1); Somatisierungsstörung (F45.0); Z.n. Schnittverletzung am distalen Unterarm beugeseitig bds. und am rechten Innenknöchel; latente Hypothyreose dzt. nicht therapiepflichtig; Emesis; Antrumgastritis; diskrete Refluxösophagitis; superfizielle Thrombophlebitis am rechten Oberschenkel; Obstipatio; Galaktorrhoe".

Bei der am 31.05.2017 durchgeführten PSY-III-Untersuchung wurde der BF2 eine Anpassungsstörung, F43.2 attestiert.

Beim BF3 wurde bereits in Deutschland der Verdacht auf Epilepsie festgestellt. Auch in Österreich wurde bei ihm Epilepsie diagnostiziert. Am 27.07.2017 wurde bei ihm eine Hyperventilation/Belastungsreaktion festgestellt.

Bei der BF4 konnten keine aktuellen gesundheitlichen Beschwerden festgestellt werden.

In Tschechien ist eine ausreichende medizinische Versorgung gegeben.

Am 06.09.2017 kam es zur Überstellung der BF nach Tschechien.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Tschechien und des Vorliegens eines gültigen Schengen-Visums für Tschechien ergeben sich aus einer Einsicht in die österreichische Visa-Datenbank sowie den Angaben der BF in Zusammenschau mit der Zustimmungserklärung der tschechischen Behörden vom 19.04.2017 zur Aufnahme der BF gemäß Art 12 Abs. 4 der Dublin III-VO.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme der BF seitens Tschechiens leitet sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren – der diesbezügliche Schriftwechsel liegt dem Verwaltungsakt ein – zwischen der österreichischen und der tschechischen Dublin-Behörde ab.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den ausreichend aktuellen Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, haben die BF nicht dargetan. Eine die BF konkret treffende Bedrohungssituation in Tschechien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen unten).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF ergeben sich aus der Aktenlage (insbesondere aus dem vorgelegten Konvolut an ärztlichen Schreiben die BF2 betreffend: gutachterliche Stellungnahme vom 07.06.2017; Ambulanzkarte vom 25.03.2017;

Befundbericht vom 24.04.2017; Ambulanzkarte eines Landesklinikums vom 10.06.2017; fachärztliche Stellungnahme vom 14.06.2017;

ärztlicher Entlassungsbrief vom 19.06.2017; Ambulanzprotokoll vom 26.06.2017; ärztlicher Entlassungsbrief vom 14.07.2017; Schreiben eines psychosozialen Dienstes vom 20.07.2017; ärztlicher Entlassungsbrief vom 24.07.2017; Befund eines Facharztes für Neurologie vom 10.08.2017; einige ärztliche Schreiben aus Deutschland; ebenso aus ärztlichen Schreiben den BF3 betreffend:

Krankengeschichte aus Deutschland vom 22.11.2016; Befunde vom 20.04.2017 und 10.05.2017; Ambulanzbefund vom 28.06.2017; Arztbrief vom 27.07.2017). Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse der BF ergeben sich aus den eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage.

Die am 06.09.2017 erfolgte Überstellung der BF nach Tschechien ergibt sich aus einem Schreiben des BFA vom 07.09.2017 samt den dazugehörigen Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 F

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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