TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/28 W165 2159714-1

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Veröffentlicht am 28.11.2017
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Entscheidungsdatum

28.11.2017

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W165 2159714-1/7E

W165 2159710-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX und 2.) XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die Kindesmutter XXXX , beide StA. Tadschikistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2017, Zlen. 1.) 1135592806-161565421-EAST Ost und 2.) 1135591504-161565430-EAST Ost, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide rechtmäßig war.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht

zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin. Beide Beschwerdeführerinnen sind Staatsangehörige von Tadschikistan. Die Beschwerdeführerinnen gelangten unter Nutzung von Schengenvisa, welche im Auftrag der schwedischen Behörden von der lettischen Vertretungsbehörde in Kasachstan für den Gültigkeitszeitraum 01.11.2016 bis 28.11.2016 ausgestellt wurden, in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und stellten am 20.11.2016 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Im Verlauf ihrer polizeilichen Erstbefragung am 20.11.2016 brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, an keinen Beschwerden oder Krankheiten, welche sie an der Einvernahme hindern würden zu leiden. Sie sei ca. im zweiten Monat schwanger. In Österreich oder der sonstigen EU habe sie keine Familienangehörigen. Zu ihrer Reiseroute gab sie an, dass sie ihren Wohnort am 24.10.2016 gemeinsam mit ihrer Tochter verlassen und sich danach einige Tage in Kasachstan aufgehalten habe. Anschließend seien sie ca. einen Tag in Weißrussland und danach ca. zwei Wochen in Lettland aufhältig gewesen. In weiterer Folge seien sie glaublich durch Polen und sodann durch ihnen unbekannte Länder nach Österreich gereist. Sie seien illegal gereist und seien durch einen Schlepper Dokumente, darunter ein Visum, ausgestellt von der lettischen Botschaft in Astana, besorgt worden. Der Schlepper hätte ihnen die Dokumente dann weggenommen. Sie hätten in keinem anderen Land um Asyl angesucht. Sie seien schlepperunterstützt über Lettland bis nach Polen gereist. In Polen habe sie sich selbst eine Fahrgelegenheit gesucht und sei in einem Bus bis nach Österreich gebracht worden. Sie wolle mit ihrer Tochter in Österreich bleiben.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 25.11.2016 auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestützte Aufnahmeersuchen an Lettland.

Mit E-Mail vom 06.12.2016 lehnte die lettische Dublin-Behörde die Übernahme der Beschwerdeführerinnen ab. Die lettische Dublin-Behörde begründete die Ablehnung damit, dass die für die Beschwerdeführerinnen von der lettischen Botschaft in Kasachstan erteilten Visa im Auftrag der schwedischen Behörden ausgestellt worden seien. Aus diesem Grund sei Schweden gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Führung der Verfahren zuständig. Als Beweis dafür wurden dem E-Mail Visa-Informationsblätter in lettischer Sprache angeschlossen, worin jeweils SWE (ZVIEDRIJA) aufscheint.

Das BFA richtete in weiterer Folge am 30.12.2016 auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 Dublin III-VO gestützte Aufnahmeersuchen an Schweden. Darin wurde darauf hingewiesen, dass die für die Beschwerdeführerinnen von der lettischen Botschaft in Kasachstan ausgestellten Visa laut angeschlossenem Schreiben der lettischen Behörden im Auftrag der schwedischen Behörden ausgestellt worden seien.

Mit per E-Mail übermittelten Schreiben vom 04.01.2017 stimmte die schwedische Dublin-Behörde den Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Am 15.03.2017 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin vor dem BFA.

Hiebei gab diese an, sich geistig und körperlich in der Lage zu fühlen, die Einvernahme durchzuführen. Sie sei sehr gestresst und habe Angst. Sie sei nicht mehr schwanger und habe ihr ungeborenes Kind Mitte Jänner verloren. Durch die Bedrohungen in ihrem Heimatland habe sie so viel Druck und Stress gehabt, dass es ihr psychisch nicht mehr gut gehe. Sie habe gedacht, dass sie Herzprobleme habe und sei beim Arzt gewesen. Dieser habe ihr gesagt, dass dies psychische Ursachen habe. Befragt, ob sie derzeit in Behandlung stehe, führte sie aus, dass sie beim Arzt gewesen sei und Medikamente bekommen habe. Die Medikamente habe sie bis vor einem Monat genommen. Jetzt nehme sie diese jedoch nicht mehr und versuche selbst klarzukommen. Es seien Medikamente gegen Stress und für den Schlaf gewesen. Jetzt gehe es ihr besser. Der Zweitbeschwerdeführerin gehe es gut. Die Zweitbeschwerdeführerin besuche den Kindergarten, sie selbst wolle einen Deutschkurs besuchen. Angehörige habe sie in Österreich keine. Sie lebe mit der Zweitbeschwerdeführerin in einem Frauenhaus in Grundversorgung. Auf die beabsichtigte Ausweisung nach Schweden hingewiesen, gab sie an, dass sie Angst hätte, in Schweden gefunden zu werden und dass ihnen dort etwas Schreckliches passieren würde. Polizisten in Tadschikistan hätten sie verfolgt, bedroht und erpresst. Diese hätten von ihrer Schwester erfahren, welches Visum sie habe. Der Polizist habe ihrer Schwester erzählt, dass er über das schwedische Visum Bescheid wisse. Dieser würde dorthin gehen und sie verfolgen. Der Polizist sei ein persönlicher Feind ihrer Familie. Wegen dieser Angst habe sie auch ihr ungeborenes Baby verloren. In Österreich seien sie sicher. Auf Vorhalt, dass nach den Länderfeststellungen in Schweden ausreichende Versorgung und Sicherheit für Asylwerber gewährleistet seien, erklärte die Erstbeschwerdeführerin, dass sie einen Fall kenne, in dem eine tadschikische Familie von ihrem Feind verfolgt worden sei. Diese Familie sei in der Türkei oder in Belgien, sie wisse nicht genau wo, gefunden und getötet worden. Sie habe Angst, gefunden zu werden. Ihre Feinde würden nicht wissen, dass sie in Österreich sei. Sie wolle mit ihrer Tochter hier in Sicherheit leben. Befragt, ob es konkrete Anhaltspunkte dafür gebe, dass Schweden keinen Schutz gewährleisten könne, erklärte die Erstbeschwerdeführerin erneut, dass sie von ihren Feinden gefunden werden könnte. Eine Kopie bzw. eine Übersetzung der Länderfeststellungen zu Schweden wolle sie nicht. Der Rechtsberater beantragte die Einholung eines PSY III-Gutachtens.

Es wurden folgende die Erstbeschwerdeführerin betreffende medizinische Unterlagen vorgelegt:

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Ambulanzbefund Innere Medizin vom 25.01.2017. Diagnosen:

Vertebragene Thorakodynie, Überlastungssituation. Anamnese: Aktuelle

Beschwerden: Seit zwei Monaten immer wieder Schmerzen im Bereich der linken Brust ohne Ausstrahlung. Bislang nie beim Hausarzt gewesen. Pat gibt an vermehrt Stress zu haben und habe dafür einen Termin beim Psychotherapeuten. In der Nacht teilweise Palpitationen. Keine Dyspnoe, keine AP, Pat wirkt etwas bedrückt, Pat gebe dem Stress die Schuld an ihren Beschwerden. In der Amb. keine Schmerzen. Relevante

Vorerkrankungen: keine bekannt; Allergien: keine bekannt;

Vorbestehende Medikation: keine Dauermedikation; Akuttherapie:

keine; Beurteilung und Procedere: Ausschluss einer akuten internistischen Erkrankung, DS-hafte Nackenmuskulatur und DS der paravertebralen Muskulatur, Patientin meinte sie habe privaten Stress. Pat. möchte heute keine Vorstellung beim Psychiater, hat nächste Woche einen Termin beim Psychotherapeuten;

Therapievorschlag: Xefo, Pantoloc,

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Statusblatt eines Landeskrankenhauses,

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Laborbefund eines Landeskrankenhauses vom 25.01.2017 (unkommentiert),

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Radiologischer Befund vom 25.01.2017 (Untersuchung am 25.01.2017);

Kurzanamnese: linksthorakale Schmerzen seit 2 Monaten;

Fragestellung: Pneu, Infiltrat, Stauung, Erguss, Herzgr., FB h.e.;

Thorax p.a. und seitlich: Cor und Pulmo unauffällig.

In weiterer Folge holte das BFA eine gutachterliche Stellungnahme einer Ärztin für Allgemeinmedizin mit ÖÄK-Diplom für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin ein. Laut der gutachterlichen Stellungnahme vom 23.04.2017 (Untersuchung am 20.04.2017) hat die Erstbeschwerdeführerin folgende subjektive Beschwerden angegeben: Schlafstörungen, Herzklopfen, Albträume, Schmerzen in den Beinen, ständige Angst, Beinzittern, Wirbelsäulen/Nackenschmerzen, sie höre das "Klopfen an einer Metalltür". Sie nehme die Medikamente Passedan, Trittico retard, Mexalen, Mondial und Magnosolv ein. Geschlussfolgert wurde, dass die Beschwerden/Symptome der Erstbeschwerdeführerin eher vage und nicht emotional begleitet und teils auch erst auf Nachfrage bzw. widersprüchlich angegeben wurden. Angegeben wird das Hören "Klopfen an der Tür", welches eventuell als intrusive Symptomatik zu werten sei. Dies aber selten auftretend und beim Berichten nicht emotional begleitet. Insgesamt zeigt sich eine sehr milde Symptomatik, welche eventuell als Restsymptomatik einer ehemals bestehenden PTSD zu sehen ist. Derzeit kann eine (ebenfalls milde) Anpassungsstörung F 43.2, sowie der Verdacht auf einen milden Restzustand einer PTSD F

43.1 diagnostiziert werden. Angemerkt wird, dass im Zweifel für die Asylwerberin entschieden wurde. Beides stellt aus medizinischer Sicht keinen Grund dar, das Asylverfahren nicht in Schweden zu führen. Therapeutische und medizinische Maßnahmen sind nicht anzuraten. Sonstige psychische Krankheitssymptome liegen nicht vor.

Am 02.05.2017 langte eine Stellungnahme der Erstbeschwerdeführerin zur gutachterlichen Stellungnahme vom 23.04.2017 beim BFA ein. Darin wurde ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin am 14.04.2017 ohnmächtig geworden und in weiterer Folge zu Sturz gekommen sei. Sie habe sich dabei leicht am rechten Bein verletzt, sich den Kopf angestoßen und am Rücken verletzt. Sie habe vergessen, den Sturz bei ihrer Untersuchung am 20.04.2017 zu erwähnen, da sie aufgrund ihrer belastenden Situation an Konzentrationsschwierigkeiten und Vergesslichkeit leide. Es falle ihr schwer, sich aktuelle Ereignisse oder Informationen zu merken. Ihre sozialmedizinische Betreuerin könne den Vorfall bestätigen. Sie leide an Schwindel, Herzrasen und Beinzittern wie bereits im Rahmen der Untersuchung angegeben. Da in ihrem Herkunftsland bekannt sei, dass sie mit einem schwedischen Schengen-Visum nach Europa gereist sei, habe sie Angst, in Schweden von ihren Verfolgern gefunden zu werden. Zudem sei ihr Ehemann vermisst und unbekannten Aufenthaltes. Ihre Furcht vor den Verfolgern im Herkunftsland sei aufgrund ihres telefonischen Kontakts mit ihrer Schwester in Tadschikistan sehr aktuell, da diese angegeben habe, dass nach wie vor nach ihr gesucht werde. Dies belaste ihren psychischen und physischen Gesundheitszustand massiv. Dass sie im Gutachten ihre Angaben wenig emotional begleitet berichtet habe, sei auf ihren Charakter zurückzuführen. Sie ziehe sich zurück und sei sehr introvertiert. Zudem sei die Situation der Zweitbeschwerdeführerin im Gutachten nicht beurteilt worden, um welche sie sich große Sorgen mache. Die Flucht und das erzwungene Verlassen des Herkunftsstaates würden die Zweitbeschwerdeführerin sehr belasten und hätten Spuren hinterlassen. Sie würde bettnässen und viel weinen. Zu Beginn habe sie in Österreich mit niemanden sprechen wollen und sei sehr verschlossen gewesen. Nunmehr habe sich dies verbessert. Diese besuche den Kindergarten und habe ein wenig Vertrauen in ihrem Umfeld aufgebaut. Ein Abbruch des nunmehr aufgebauten Lebensalltages wäre mit dem Kindeswohl nicht vereinbar.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Schweden für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerinnen gemäß § 61 Abs. 1 Z. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge deren Abschiebung nach Schweden gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.)

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Schweden wurden in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 5.12.2015; für weitere Informationen siehe dieselbe Quelle).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database (5.12.2015): National Country Report Sweden, provided by Caritas Sweden and European Council on Refugees and Exiles,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_update.iii_.pdf, Zugriff 21.9.2016

2. Dublin-Rückkehrer

Dublin-Rückkehrer in Schweden haben Zugang zum Asylverfahren laut Dublin-III-VO. Auch haben sie Zugang zu Versorgung wie andere Asylwerber auch. Eine Ausnahme bilden hierbei lediglich Rückkehrer mit bereits vorhandener abschließend negativer Entscheidung bis zur Effektuierung dieser Entscheidung (Migrationsverket 19.9.2016).

Schweden erhielt in den ersten 10 Monaten des Jahres 2015 rund 4.500 Dublin-In-Requests. Tatsächlich nach Schweden überstellt wurden 160 Personen. Die Dublin-Verordnung wird seitens Schwedens sehr strikt ausgelegt und deren hierarchischer Aufbau respektiert. Das schwedische Fremdengesetz bezieht sich zwar auf die Dublin-Verordnung, allerdings nicht im Detail, als die Dublin-Verordnung selbst schwedisches Recht darstellt (AIDA 5.12.2015).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database (5.12.2015): National Country Report Sweden, provided by Caritas Sweden and European Council on Refugees and Exiles,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_update.iii_.pdf, Zugriff 21.9.2016

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Migrationsverket (19.9.2016): Anfragebeantwortung, per E-Mail

3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Entsprechend der Bestimmungen im Fremdenrecht, muss Kindern im Asylverfahren spezielle Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Prüfung der Asylgründe soll dabei separat erfolgen, da Kinder andere Asylgründe als ihre Eltern haben können. Die Befragung muss dem Alter, dem Gesundheitszustand und besonderen Umständen des Kindes entsprechend angepasst sein. Kinder haben dabei das Recht von ihren Eltern, einem Rechtsberater oder einem Vormund begleitet zu werden. Kinder haben das Recht auf eine schulische Ausbildung, sowie kostenlose medizinische Versorgung und Zahnbehandlung wie schwedische Kinder (Migrationsverket 20.7.2016).

Auf den Umgang mit den speziellen Bedürfnissen vulnerabler Asylwerber wird im Gesetz und beim Training der Verfahrensführer besonders eingegangen. Zumindest 50% der Antragsteller nehmen die Möglichkeit der Gesundenuntersuchung wahr, was wichtig für die Identifizierung von Folteropfern etc. ist. Wegen der Schweigepflicht wird dies dem Verfahrensführer aber nicht automatisch bekannt gegeben. Der Rechtsbeistand des AW, kann dies aber ins Verfahren einbringen. Nicht geschäftsfähigen Antragstellern muss ein Vormund zur Seite gestellt werden (AIDA 5.12.2015).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database (5.12.2015): National Country Report Sweden, provided by Caritas Sweden and European Council on Refugees and Exiles,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_update.iii_.pdf, Zugriff 21.9.2016

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Migrationsverket (20.7.2016): Children in the asylum process, http://www.migrationsverket.se/info/4328_en.html, Zugriff 21.9.2016

4. Non-Refoulement

In Übereinstimmung mit EU-Recht verweigert Schweden Personen Asyl, welche bereits in einem anderen EU-Land oder einem Staat mit dem ein entsprechendes Abkommen existiert, registriert wurden. Eine Ausnahme stellt Griechenland dar (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Sweden, http://www.ecoi.net/local_link/322576/462053_de.html, Zugriff 21.9.2016

5. Versorgung

5.1. Unterbringung

Mit 20.Juli 2016 ist in Schweden eine Regelung in Kraft getreten, die festlegt, dass für die Dauer von 3 Jahren alle schwedischen Bestimmungen bezüglich Aufenthaltsrecht auf die EU-Minima zurückgeschraubt werden. Das bringt Befristungen beim Aufenthaltsrecht und beim Familiennachzug mit sich (siehe Kap. 7.) (Migrationsverket 16.8.2016).

Die schwedische Migrationsbehörde bietet bei Bedarf kostenlose Unterbringungsmöglichkeiten während des Asylverfahrens an. Auch eine private Unterbringung auf eigene Faust ist möglich. Individuelle Bedürfnisse werden nach Möglichkeit berücksichtigt. Familien werden immer getrennt von anderen AW und in eigenen Zimmern untergebracht. Wird ein Antrag abgelehnt, steht die Unterbringung bis zum Ende der Ausreisefrist zur Verfügung. (Migrationsverket 20.7.2016b).

Die schwedische Asylbehörde stellt Unterbringungseinrichtungen zur Verfügung. Auch ein Taggeld ist vorgesehen. Im Falle von Folgeanträgen besteht nur ein eingeschränktes Recht auf Versorgung (AIDA 5.12.2015). Da zuletzt die Antragszahlen in Schweden wieder sanken, baut die Behörde zuvor benötigte und geschaffene Unterbringungskapazitäten wieder ab (Migrationsverket 12.8.2016).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database (5.12.2015): National Country Report Sweden, provided by Caritas Sweden and European Council on Refugees and Exiles,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_update.iii_.pdf, Zugriff 21.9.2016

-

Migrationsverket (20.7.2016b): Accommodation, http://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Accommodation.html, Zugriff 21.9.2016

-

Migrationsverket (12.8.2016): Avveckling av tillfälliga asylboenden,

http://www.migrationsverket.se/Andra-aktorer/Fastighetsagare-och-uthyrare/Nyhetsarkiv/Nyhetsarkiv-for-fastighetsagare/2016-08-12-Avveckling-av-tillfalliga-asylboenden.html, Zugriff 21.9.2016

-

Migrationsverket (16.8.2016): The new temporary law has entered into force,

http://www.migrationsverket.se/English/About-the-Migration-Agency/News-archive/News-archive-2016/2016-08-16-The-new-temporary-law-has-entered-into-force.html, Zugriff 21.9.2016

5.2. Medizinische Versorgung

Asylwerber haben das Recht auf medizinische Notfallhilfe, unaufschiebbare medizinische und zahnmedizinische Versorgung, sowie Versorgung bei Schwangerschaft etc. Alle AW erhalten auch die Möglichkeit einer Gesundenuntersuchung. Wer nicht Schwedisch spricht, hat das Recht auf eine Übersetzer. Für medizinische Leistungen ist je nach Art eine gewisse Gebühr zu bezahlen. Es gibt auch eine Rezeptgebühr. Unter gewissen Bedingungen kann ein Teil dieser Gebühren von der Migrationsbehörde rückerstattet werden (Migrationsverket 1.6.2016; vgl. AIDA 5.12.2015).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database (5.12.2015): National Country Report Sweden, provided by Caritas Sweden and European Council on Refugees and Exiles,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_update.iii_.pdf, Zugriff 21.9.2016

-

Migrationsverket (1.6.2016): Health care for asylum seekers, http://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Health-care.html, Zugriff 21.9.2016

6. Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine auf 3 Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung, mit denselben Rechten wie bei unbefristetem Aufenthalt. Läuft diese aus und man ist selbsterhaltungsfähig, kann man eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis beantragen (Migrationsverket 20.7.2016c). Subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für 13 Monate, mit denselben Rechten wie bei unbefristetem Aufenthalt. Auch die Arbeitsaufnahme ist erlaubt, aber beim Familiennachzug gibt es erhebliche Einschränkungen. Auch diese Aufenthaltserlaubnis ist unter bestimmten Bedingungen verlängerbar (Migrationsverket 20.7.2016d).

Antragsteller, denen eine Aufenthaltsberechtigung zuerkannt wurde, können von den Behörden Hilfe bei der Suche nach einer eigenen Wohnung erhalten. Bis es so weit ist, können sie in der Unterbringung bleiben (Migrationsverket 20.7.2016b). Sie müssen sich im Melderegister eintragen lassen und haben Zugang zu Schwedisch-Kursen und ein Recht auf Sozialhilfe (Migrationsverket 6.9.2016). Es gibt eine Reihe von Institutionen, welche Schutzberechtigte in verschiedener Weise bei der Integration unterstützen (Migrationsverket 20.7.2016c).

Quellen:

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Migrationsverket (20.7.2016b): Accommodation, http://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Accommodation.html, Zugriff 21.9.2016

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Migrationsverket (20.7.2016c): Residence permits for those granted refugee status,

http://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/When-you-have-received-a-decision-on-your-asylum-application/If-you-are-allowed-to-stay/Residence-permits-for-those-granted-refugee-status.html, Zugriff 21.9.2016

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Migrationsverket (20.7.2016d): Residence permits for those granted subsidiary protection status,

http://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/When-you-have-received-a-decision-on-your-asylum-application/If-you-are-allowed-to-stay/Residence-permits-for-those-granted-subsidiary-protection-status-.html, Zugriff 21.9.2016

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Migrationsverket (6.9.2016): Permanent residence permit for asylum seekers,

http://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/When-you-have-received-a-decision-on-your-asylum-application/If-you-are-allowed-to-stay/Permanent-residence-permits.html, Zugriff 21.9.2016

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Identität der Beschwerdeführerinnen feststehe. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Erstbeschwerdeführerin wurde festgestellt, dass diese an vertebragener Thorakodynie (Schmerzen im Bereich des Brustkorbes) leide und dagegen Schmerzmittel verschrieben worden seien. Weiters seien einen milde Anpassungsstörung F 43.2 sowie der milde Restzustand einer posttraumatischen Belastungsstörung F 43.1 diagnostiziert worden. Diese nehme die Medikamente Passedan, Trittico retard, Mexalen, Mondial und Magnosolv ein und befinde sich gegenwärtig nicht in lebensbedrohlichem Zustand. Die Einnahme der zur Behandlung notwendigen Medikamente könne auch nach Außerlandesbringung problemlos fortgesetzt werden bzw. wäre dadurch nicht unterbrochen. Die Behandlung ihres psychischen Leidenszustandes sei auch in Schweden möglich. Ihre gesundheitlichen Probleme würden auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Stellungnahme nicht jene erforderliche Schwere aufweisen, die eine Außerlandesbringung nach Schweden als unzulässig erscheinen lassen würde. Zum Gesundheitszustand der Zweitbeschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass diese weder an einer schweren körperlichen oder ansteckenden Krankheit noch an einer schweren psychischen Störung, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes bewirken würde, leide. Die Erstbeschwerdeführerin habe zwar angegeben, dass die Zweitbeschwerdeführerin aufgrund des erzwungenen Verlassens ihres Heimatstaates belastet sei, was sich durch Bettnässen, häufiges Weinen und Zurückziehung äußere. Es seien jedoch keine Bescheinigungsmittel vorgelegt worden und sei auch die Notwendigkeit einer Therapie oder sonstigen Behandlung nicht behauptet worden. Auch habe sich die Situation mittlerweile gebessert. Die Zweitbeschwerdeführerin befinde sich in einem anpassungsfähigen Alter. Eine Gefährdung des gesundheitlichen Zustandes oder des Kindeswohls im Falle einer Überstellung nach Schweden könne daher nicht angenommen werden. Zur Begründung des Dublin-Tatbestandes wurde ausgeführt, dass den Beschwerdeführerinnen von der lettischen Vertretungsbehörde in Kasachstan im Auftrag der schwedischen Behörden Schengenvisa für den Gültigkeitszeitraum von 01.11.2016 bis 28.11.2016 ausgestellt worden seien. Schweden habe sich mit Schreiben vom 04.01.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für zuständig erklärt. Eine besondere Integrationsverfestigung der Beschwerdeführerinnen in Österreich bestehe nicht. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung stelle insgesamt keinen Eingriff in Art. 8 EMRK gewährleistete Rechte dar. Es seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass die Beschwerdeführerinnen tatsächlich konkret in Gefahr liefen, in Schweden Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden oder dass ihnen eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK garantierten Rechte drohen könnte. Hinsichtlich der Befürchtung, in Schweden von tadschikischen Verfolgern gefunden und bedroht zu werden, habe die Erstbeschwerdeführerin nicht substantiiert darlegen können, inwiefern der schwedische Staat nicht ausreichend fähig bzw. willens sein sollte, diese vor einer Bedrohung – sofern eine solche bestehe – zu schützen. Die Erstbeschwerdeführerin stützte sich lediglich auf "Hörensagen" und habe insgesamt nicht konkret darlegen können, weshalb sie sich im Falle einer tatsächlichen Gefährdung nicht an schwedische Sicherheitsbehörden wenden können sollte. Aus den Länderberichten ergebe sich kein Hinweis, dass die schwedischen Behörden Asylwerbern nicht ausreichend Schutz bieten würden. Eine Schutzverweigerung Schwedens könne somit nicht erwartet werden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 treffe zu und es habe sich kein zwingender Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts ergeben.

Die Bescheide wurden den Beschwerdeführerinnen am 11.05.2017 durch persönliche Ausfolgung zugestellt. (Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin durch Ausfolgung an die Erstbeschwerdeführerin als deren gesetzliche Vertreterin).

Gegen die Bescheide richten sich die am 24.05.2017 per E-Mail fristgerecht eingebrachten, gleichlautenden Beschwerden, in welchen die Beschwerdeführerinnen im Wesentlichen geltend machen, dass die Behörde keine individuellen Abwägungen getroffen habe und auf die konkrete Situation der Beschwerdeführerinnen nicht eingegangen sei. Die Behörde hätte eine Anwendung des Selbsteintrittsrechts prüfen und die Beschwerdeführerinnen intensiver befragen müssen. Hätte die Behörde entsprechende Ermittlungen durchgeführt, hätte sie festgestellt, dass eine Ausweisung nach Schweden unter Berücksichtigung aller Umstände im Hinblick auf das durch Art. 8 EMRK bzw Art. 7 GRC geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens unverhältnismäßig erscheine und damit unzulässig sei. Das BFA hätte die humanitäre Klausel anwenden und das Verfahren zulassen müssen. Zudem sei der Gesundheitszustand der Erstbeschwerdeführerin nicht hinreichend berücksichtig worden. Diese habe bereits in der Einvernahme und in der Stellungnahme dargelegt, dass ihr psychischer Zustand prekär sei. Aus dem (neu) vorgelegen psychiatrischen Befund vom 23.05.2017 gehe hervor, dass die Erstbeschwerdeführerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung, Panikattacken und Spannungskopfschmerzen leide. Eine Einnahme von Medikamenten sei daher dringend notwendig. Sie sei zudem nicht durchgehend klar im Kopf, da diese – wie aus dem vorgelegten Befund ersichtlich sei – angegeben habe, immer wieder extrem Angst erzeugende "weiße Ziegenbeine" vor sich zu sehen und auf den Ohren ein Gefühl habe als ob "Ameisen laufen würden". Die Erstbeschwerdeführerin fürchte verrückt zu werden und habe Halluzinationen. Auch aus dem (neu) vorgelegten Befund vom 17.05.2017 würde sich der kritische psychische Zustand der Erstbeschwerdeführerin ergeben. Die Stresssituation unter der die Erstbeschwerdeführerin stehe, habe bereits dazu geführt, dass diese ihr ungeborenes Kind verloren habe. Zudem habe das BFA das subjektive Angstgefühl nicht hinreichend berücksichtigt. Allein der Gedanke einer Überstellung nach Schweden führe zu einer Intensivierung ihrer psychischen Probleme. Auch werde nochmals auf den instabilen psychischen Gesundheitszustand der Zweitbeschwerdeführerin hingewiesen, welche bettnässe, sich zurückgezogen verhalte und ständig weine. Unter einem wurde beantragt, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit der Beschwerde wurden folgende die Erstbeschwerdeführerin betreffende medizinische Unterlagen vorgelegt:

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Psychologischer Kurzbericht einer klinischen Psychologin vom 17.05.2017, wonach die Erstbeschwerdeführerin über psychosomatische Symptome wie Atemschwierigkeiten – die auf eine Hyperventilation hindeuten würden - , Schwindel, Ohnmachtsgefühl, Zittern, Kopfschmerzen und Schlafstörungen berichtet habe. Es würden schwere Existenz- und Zukunftsängste auftreten und leide diese ebenfalls unter Verfolgungsangst, Antriebslosigkeit, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwierigkeiten und einem permanenten Unruhegefühl. Sie sei bereits auf einem Warteplatz für einen Psychotherapieplatz vorgemerkt,

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Psychiatrischer Befund eines Vereins für Opfer von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen vom 23.05.2017, wonach die Erstbeschwerdeführerin angegeben habe, dass es ihr seit einem angsterregenden Vorfall in der Straßenbahn schlecht gehe. Zudem hätten im Heim zwei Frauen eine gewalttätige Auseinandersetzung gehabt und habe eine der beiden Frauen zu ihr ins Zimmer flüchten wollen. Dieser Vorfall habe bei der Erstbeschwerdeführerin zu schlimmen Albträumen geführt, in denen sie Vorfälle ihrer Heimat wieder erlebe. Am Tag sehe sie immer wieder extreme Angst erzeugende "weiße Ziegenbeine" vor sich. An beiden Ohren würde sie ein Gefühl, als ob "Ameisen laufen würden", verspüren. Sie fürchte, dass sie verrückt sei und habe bereits Halluzinationen. Oft habe sie starke

Kopfschmerzen. Sie nehme Mexalen. Psych.: wach, orientiert, unruhig, angespannt, schreckhaft, Stimmung ängstlich besorgt, Antrieb etwas gesteigert, Gedankengang hastig, sprunghaft, inhaltlich

Nachhallerinnerungen, aktuell keine Suizidalität. Diagnosen:

Posttraumatische Belastungsstörung, Panikattacken,

Spannungskopfschmerz. Behandlung: Statt Trittico nun Olanzapin.

Am 22.06.2017 wurden die Beschwerdeführerinnen auf dem Luftweg nach Schweden überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin. Beide Beschwerdeführerinnen sind Staatsangehörige von Tadschikistan.

Die Beschwerdeführerinnen gelangten schlepperunterstützt über Kasachstan, Weißrussland und Lettland in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und reisten sodann über Polen nach Österreich ein, wo diese am 20.11.2016 um die Gewährung internationalen Schutzes ansuchten.

Zu den Beschwerdeführerinnen liegen keine EURODAC-Treffermeldungen vor.

Im Zeitpunkt ihrer Asylantragstellung in Österreich waren die Beschwerdeführerinnen im Besitz von gültigen Schengenvisa, die im Auftrag der schwedischen Behörden von der lettischen Vertretungsbehörde in Kasachstan für den Gültigkeitszeitraum 01.11.2016 bis 28.11.2016 ausgestellt wurden.

Das BFA richtete am 25.11.2016 Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO an Lettland, welche die lettische Dublin-Behörde mit E-Mail vom 06.12.2016 ablehnte. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass die für die Beschwerdeführerinnen von der lettischen Botschaft in Kasachstan erteilten Visa im Auftrag der schwedischen Behörden ausgestellt worden seien und daher Schweden gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei.

In der Folge richtete das BFA am 30.12.2016 auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 Dublin III-VO gestützte Aufnahmeersuche an Schweden, welchen die schwedische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 04.01.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zustimmte.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Schweden an.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführerinnen gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerinnen im Falle einer Überstellung nach Schweden Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten Gefahr unterworfen zu werden.

Die Beschwerdeführerinnen leiden an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Die Erstbeschwerdeführerin hat laut eigenen – unbelegten - Angaben Mitte Jänner 2017 eine Fehlgeburt erlitten. In einem internistischen Ambulanzbefund vom 25.01.2017 wurden eine vertebragene Thorakodynie und eine Überlastungssituation diagnostiziert. Eine akute internistische Erkrankung wurde ausgeschlossen. Eine radiologische Untersuchung vom 25.01.2017 (Thoraxröntgen) blieb unauffällig. Laut einer gutachterlichen medizinischen Stellungnahme vom 23.04.2017 zeigt sich eine sehr milde Symtomatik, welche eventuell als Restsymptomatik einer ehemals bestehenden PTSD F 43.1. zu sehen sei und kann derzeit eine (ebenfalls milde) Anpassungsstörung F 43.2. diagnostiziert werden. Therapeutische und medizinische Maßnahmen sind nicht anzuraten und sonstige psychische Krankheitssymptome liegen nicht vor. Laut einem psychologischen Kurzbefund vom 17.05.2017 hat die Erstbeschwerdeführerin über Atemschwierigkeiten, Schwindel, Ohnmachtsgefühl, Zittern, Kopfschmerzen und Schlafstörungen berichtet. Es würden schwere Existenz- und Zukunftsängste und Verfolgungsangst, Antriebslosigkeit, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwierigkeiten und ein permanentes Unruhegefühl bestehen. In einem psychiatrischen Befund vom 23.05.2017 wurden die Diagnosen Posttraumatische Belastungsstörung, Panikattacken und Spannungskopfschmerzen erstellt. Eine aktuelle Suizidalität wurde darin ausgeschlossen.

Die Zweitbeschwerdeführerin befand sich laut einer im Verwaltungsakt einliegenden Aufenthaltsbestätigung eines Landesklinikums – aus nicht näher genannten Gründen - vom 20.11.2016 bis 22.11.2016 in stationärer Behandlung. Die Zweitbeschwerdeführerin soll laut Schilderung der Erstbeschwerdeführerin bettnässen, häufig weinen und ein zurückgezogenes Verhalten zeigen. Medizinische Befunde wurden nicht vorgelegt.

In Schweden ist ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet. Es sind alle Krankheiten behandelbar und alle gängigen Medikamente verfügbar.

Im österreichischen Bundesgebiet bestehen keine privaten, familiären oder beruflichen Bindungen.

Die Beschwerdeführerinnen wurden am 22.06.2017 auf dem Luftweg nach Schweden überstellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen hinsichtlich der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Lettland und der gültigen Schengen-Visa für Schweden ergeben sich aus einer Einsicht in die österreichische Visa-Datenbank sowie in Zusammenschau mit den durchgeführten Konsulationsverfahren mit Lettland und Schweden sowie der Zustimmungserklärung der schwedischen Behörden zur Aufnahme der Beschwerdeführerinnen gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO.

Die Feststellung der Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführerinnen seitens Schwedens leitet sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren – der diesbezügliche Schriftwechsel liegt den Verwaltungsakten ein – zwischen der österreichischen und der schwedischen Dublin-Behörde ab.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seinen Entscheidungen neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Schweden auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, haben die Beschwerdeführerinnen nicht dargetan. Eine die Beschwerdeführerinnen konkret treffende Bedrohungssituation in Schweden wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe dazu die Ausführungen unter 3. Rechtliche Beurteilung).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerinnen ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage (insbesondere auch aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen). Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerinnen ergeben sich aus den eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage.

Die am 22.06.2017 erfolgte Überstellung der Beschwerdeführerinnen nach Schweden ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Überstellungsbericht vom 22.06.2017 bzw aus Auszügen aus dem IZR.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

...

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

...

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt."

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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