Entscheidungsdatum
28.11.2017Norm
AVG §32 Abs2Spruch
W157 2150687-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margret KRONEGGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 08.09.2016, XXXX, beschlossen:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG an das Fernmeldebüro für Oberösterreich und Salzburg weitergeleitet.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem bekämpften Straferkenntnis verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer als Vorsitzenden des XXXX eine Verwaltungsstrafe gemäß § 107 Abs. 2 Z 1 iVm § 109 Abs. 3 Z 20 TKG.
2. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 09.01.2017 unter Beifügung einer Stellungnahme des Öffentlichkeitsverantwortlichen des Vereins, XXXX, vom 08.01.2016 Beschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer bestritt die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 13.09.2016 und brachte insbesondere vor, seine dauernde persönliche Anwesenheit am Vereinssitz sei ihm nicht zumutbar und auch gesetzlich nicht verpflichtend; eine eigenhändige Zustellung an seine Meldeadresse sei jederzeit möglich. Der Beschwerdeführer verwies in diesem Zusammenhang auf eine beigefügte Sachverhaltsdarstellung des Finanzverantwortlichen des Vereins, XXXX, und stellte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG.
Aus der angeführten Stellungnahme von XXXX vom 29.12.2016 geht im Wesentlichen hervor, dieser habe am 22.08.2016 von der Hinterlegung eines an den Beschwerdeführer adressierten Schreibens der belangten Behörde erfahren (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18.08.2016). Nach telefonischer Rücksprache mit dem Beschwerdeführer habe er dieses Dokument am 30.08.2016 unter Vorlage einer "entsprechenden Vollmacht" abholen wollen. Dies sei ihm allerdings verweigert worden, da der Beschwerdeführer den Brief nur persönlich in Empfang nehmen dürfe. XXXX habe den Abholversuch daraufhin beendet. "Das Gleiche" habe sich am 15.09.2016 betreffend den am 12.09.2016 hinterlegten RSa-Brief (mit dem angefochtenen Bescheid) wiederholt. Erst ein weiterer Brief der belangten Behörde sei ihm am 29.12.2016 - unter Vorlage eines Ausweises und ohne Vorlage einer Vollmacht - ausgehändigt worden.
3. Mit undatiertem Schriftsatz, beim Bundesverwaltungsgericht am 21.03.2017 eingelangt, übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde einschließlich des unerledigten Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der angefochtene Bescheid vom 12.09.2016 wurde nach einem Zustellversuch an der Adresse des XXXX am 12.09.2016 bei der Post hinterlegt (Beginn der Abholfrist: 13.09.2016).
Die am 12.01.2017 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde datiert vom 09.01.2017.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes und dem damit in Einklang stehenden Vorbringen des Beschwerdeführers.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist (im Wesentlichen gleichlautend Art. 135 Abs. 1 B-VG sowie § 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013).
Mangels einer solchen gesetzlichen Anordnung einer Senatszuständigkeit liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 38 VwGVG auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes - FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A)
3.1. Zur Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 09.08.2016:
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Das bekämpfte Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer laut dem im Verwaltungsakt aufliegenden Rückschein am 13.09.2016, einem Dienstag, durch Hinterlegung zugestellt. Die Beschwerdefrist endete daher mit Ablauf des Dienstags vier Wochen später, sohin mit Ablauf des 11.10.2016.
Die Beschwerde vom 09.01.2017 war daher gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG wegen Verspätung zurückzuweisen.
Bei Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers, er halte sich am Vereinssitz nicht regelmäßig auf, wäre die Wirksamkeit der gemäß § 17 ZustG erfolgten Hinterlegung des Bescheides zu prüfen, zumal er offenbar nicht innerhalb der Abholfrist an die Abgabestelle zurückgekehrt ist. Es kann im Ergebnis für die vorliegende Entscheidung aber dahinstehen, ob der Bescheid am 13.09.2016 ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellt und damit erlassen wurde, da andernfalls die Beschwerde aufgrund der unterbliebenen Zustellung des Bescheides ebenso gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG unzulässig wäre.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
3.2. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
§ 33 VwGVG lautet auszugsweise:
"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
[...]
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. [...]
(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
[...]
(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
[...]"
Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt mitsamt der Beschwerde und dem unerledigten Antrag auf Wiedereinsetzung dem Bundesverwaltungsgericht vor. Damit verabsäumte die belangte Behörde die Wahrnehmung ihrer Zuständigkeit.
Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seiner Entscheidung vom 28.09.2016, Ro 2016/16/0013, aus, die Verwaltungsbehörde sei zur Entscheidung über den bei ihr eingebrachten, überdies an sie gerichteten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zuständig. Begründend stützte sich der Verwaltungsgerichtshof auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zu Art. 18 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG, wonach der Gesetzgeber zu einer präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit berufen sei (vgl. VfGH 24.06.1994, G 20/94). Es verbiete sich eine Auslegung des § 33 Abs. 4 VwGVG, die es der belangten Behörde überlassen würde, wer über die Wiedereinsetzung zu entscheiden hat. § 33 Abs. 4 VwGVG könne verfassungskonform nur die Bedeutung zugemessen werden, dass über Wiedereinsetzungsanträge, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Verwaltungsbehörde eingebracht werden, von dieser, und über jene, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, von jenem mit Beschluss zu entscheiden sei (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 33 VwGVG K18 und E22;
Eberhard/Ranacher/Weinhandl, ZfV 2016/48, Rechtsprechungsbericht:
Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof 48-18).
Gegenständlich war eine Weiterleitung unter sinngemäßer Anwendung des § 6 AVG durch verfahrensleitende Anordnung in Beschlussform zu treffen (VwGH 24.06.2015, Ra 2015/04/0040), da die Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts angesichts der zitierten Judikatur unzweifelhaft ist und die belangte Behörde eine vermeintliche Unzuständigkeit nicht nachhaltig zum Ausdruck brachte (VwGH 18.02.2015, Ko 2015/03/0001; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 31 VwGVG E7 und E8). In einer solchen Konstellation wäre nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes dem Beschwerdeführer nicht gedient, wenn sofort mit einer zurückweisenden Entscheidung wegen Unzuständigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht vorgegangen würde.
Im Rahmen der Prüfung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird sich die belangte Behörde auch mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seine Abwesenheit von der Abgabestelle auseinanderzusetzen und Ermittlungen betreffend die Wirksamkeit der durch Hinterlegung erfolgten Zustellung des Bescheides durchzuführen haben.
3.3. Aus den dargestellten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.4. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abgabestelle, Abwesenheit, Beschwerdefrist, Fristablauf,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W157.2150687.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.12.2017