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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §119 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des PS in W, vertreten durch Mag. Maria-Elisabeth Steinwandtner, Wirtschaftsprüferin in 1130 Wien, St.-Veit-Gasse 50, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 8. November 1999, RV/146-16/17/99, betreffend Haftung für Lohnsteuer für den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Ziviltechniker. Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung für den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1996 traf der Prüfer die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bestimmten seiner Arbeitnehmer Schmutzzulagen von monatlich ca. 1.000 S bzw. ca. 2.000 S bezahlt habe. Diese pauschalen Zulagen könnten nicht nach § 68 EStG 1988 steuerfrei sein. Dafür müssten die Arbeitsleistungen in einem erheblichen Ausmaß eine Verschmutzung bewirken. Der Beschwerdeführer habe keine Aufzeichnungen über Höhe, Zeitpunkt und Berechnung vorgelegt. Zudem seien die Schmutzzulagen im Kollektivvertrag für Angestellte bei Ziviltechnikern nicht vorgesehen.
Gegen den Bescheid, mit welchem das Finanzamt den Beschwerdeführer zur Haftung für Lohnsteuer heranzog, brachte dieser Berufung ein. Der Kollektivvertrag für Angestellte bei Ziviltechnikern sehe in § 21 "Erschwerniszulagen" und in § 22 "Bauzulagen" vor, die als Schmutzzulagen angesehen werden könnten.
§ 24 des Kollektivvertrages regle die Möglichkeit der Auszahlung in Form von Pauschalbeträgen. Die Pauschalierung sei eine Vereinfachung der Administration. Die Aufforderung der Abgabenbehörde zur Vorlage detaillierter Aufzeichnungen betrachte der Beschwerdeführer als Zumutung. Im Zuge der Baustellentätigkeit werde die Kleidung (Hosen und Jacken) derart schmutzig, dass ein Ausbürsten zur vollständigen Entfernung nichts beitrage. Die Erfordernisse des § 68 Abs. 5 seien erfüllt.
Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Die Begünstigung für Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen habe zur Voraussetzung, dass nachgewiesen werde, für welche Arbeiten die Zulagen gewährt werden. Die Tatsache allein, dass beispielsweise Bautechniker und Bauleiter überwiegend Außendiensttätigkeiten erbrächten, rechtfertige nicht die Gewährung der Begünstigung. Es könne im gegenständlichen Fall nicht von einer in erheblichem Maß gegebenen zwangsläufigen Verschmutzung gesprochen werden.
Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Bei den Tätigkeiten, die seine Mitarbeiter auf Baustellen erbrächten, handle es sich um folgende: Tätigkeiten im Rahmen der Planung (zB Naturaufnahmen), Tätigkeiten im Rahmen der Bauaufsicht (z.B. Begehungen von Schalungen für Träger und Decken sowie von Gerüsten, Gerüsttürmen oder Treppentürmen) und Tätigkeiten im Rahmen von Begutachtungen (Besichtigung von Konstruktionen und örtlichen Gegebenheiten). Die Arbeiten würden zum Teil in Tiefen bis zu 10 m (Aushubbereiche) und Höhen bis zu 60 m (Silos) erbracht. Es komme immer wieder vor, dass Hosen und Jacken zerrissen und verschmutzt werden. Je nach Situation sei geeignetes Schuhwerk (Stiefel oder Bergschuhe) erforderlich.
Der Beschwerdeführer legte den ab 1. Oktober 1994 gültigen Kollektivvertrag zwischen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten einerseits sowie der Gewerkschaft der Privatangestellten andererseits vor. § 21 des Kollektivvertrages regelt, wann den Angestellten eine Erschwerniszulage zusteht. Nach § 22 des Kollektivvertrages hat jeder Angestellte, der auf Baustellen mindestens zwei Stunden beschäftigt ist und eine entsprechende Tätigkeit überwiegend im Freien ausübt, Anspruch auf eine Bauzulage (81 S pro Tag). § 24 des Kollektivvertrages regelt, dass die Erschwerniszulage und die Bauzulage in Pauschalbeträgen festgesetzt werden können, die zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer schriftlich zu vereinbaren sind, wobei die durchschnittliche Dauer der Leistung zu Grunde zu legen ist. Die Pauschalbeträge sind für den Zeitraum eines Monatsgehalts zu bemessen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Schmutzzulagen seien Teile des Arbeitslohnes, die gewährt würden, weil die Arbeitsleistungen überwiegend unter Umständen erbracht würden, die eine Verschmutzung bewirkten. Es sei zu prüfen, ob bezogen auf die gesamten vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten eine erhebliche Verschmutzung gegeben sei. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, die Schmutzzulage werde stundenmäßig ausbezahlt. Eine Schmutzzulage von 1000 S würde aber bei 160 Monatsstunden zu einem Stundensatz von 6,25 S und damit einen unrealistischen Wert führen. Die Schmutzzulage sei pauschal ausbezahlt worden. Die Steuerfreiheit der Zulage setze voraus, dass der Behörde nachgewiesen werde, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt habe und wann sie erbracht worden seien. Der Beschwerdeführer habe diesen Nachweis nicht erbracht.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 1 und 5 EStG 1988 sind unter anderem Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Als solche Zulagen sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken oder im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen oder infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.
Diese Begünstigungen setzen u.a. voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeiten verrichtet, die überwiegend unter Umständen erfolgen, die die eben angeführten Voraussetzungen erfüllen. Der Arbeitnehmer muss also während der Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, die die genannte Verschmutzung zwangsläufig bewirken oder eine außerordentliche Erschwernis oder Gefahr darstellen (vgl. das hg Erkenntnis vom 22. April 1998, 97/13/0163). Dies erfordert nach Rechtsprechung und Lehre, dass der Behörde nachgewiesen wird, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden (siehe das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1999, 94/13/0008).
Pauschalierte Zulagen können begünstigt besteuert werden. Dafür müssen aber vorher über eine längere Zeit Aufzeichnungen geführt worden sein, aus denen sich die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und die Tatsache, dass die Arbeit überwiegend unter Umstände erfolgt, die eine erhebliche und zwangsläufige Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken, ergeben, es sei denn, das Überwiegen wäre schon im Hinblick auf die erwiesene Art der Berufstätigkeit evident. Für daran anschließende Lohnzahlungszeiträume ist nur mehr nachzuweisen, dass sich die Verhältnisse nicht geändert haben (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 68 Tz 3.5).
Im gegenständlichen Fall ist entscheidend, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren weder ein konkretes Vorbringen erstattet hat, aus welchem sich ein Überwiegen im vorgenannten Sinn ergibt, noch entsprechende, ein solches Überwiegen darlegende Aufzeichnungen vorgelegt hat. Auch in der Beschwerde wird nicht aufgezeigt, dass Dienstnehmer des Beschwerdeführers überwiegend unter Umständen gearbeitet hätten, die zur Verschmutzung führen.
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die Abgabenbehörden hätten es im gesamten Verfahren verabsäumt, ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Nachweismängeln zu geben, so ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass bereits im Bericht über die Lohnsteuerprüfung auf die fehlenden Aufzeichnungen hingewiesen wird, und der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren Gelegenheit gehabt hätte, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten.
Soweit sich die Beschwerde gegen Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung wendet, sei angemerkt, dass sich der Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens darauf beschränkt, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde in seinen Rechten verletzt worden ist.
Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt worden. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 27. Juni 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999140342.X00Im RIS seit
27.11.2000